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Federnde, kraftvolle Gegenwehr.

»Wie ich schon sagte, Heiliger Vater. Ihr leidet unter einer Erkrankung des Magens und des Darmes. Auch Verstopfungen dürften Euch nicht fremd sein.«

»Unsinn!«, rief der Medicus. »Der Heilige Vater ist gesund. Nur sein Blut ist manchmal dunkel, wir kurieren das neben strengster Urinschau und Verabreichung von Heilwasser durch fortgesetzten Aderlass.«

»Das hilft nichts, Magister«, sagte Clemens schwach. »Die Schmerzen bleiben – ständige Schmerzen.«

»Aber Exzellenz«, stotterte der Arzt. »Davon wusste ich nichts. Ihr sagtet doch…«

»Ich kenne das Heilmittel«, sagte Uthman gefasst. »Aber ich verrate es nur dem Papst selbst. Und ich muss ihn dazu noch einmal gründlicher untersuchen.«

Clemens dachte kurz nach, dann sagte er mit entschlossener Stimme: »Ihr folgt mir in meine Gemächer. Die Sitzung hier kann warten. Könnt Ihr mir wirklich helfen, mache ich Euch zu meinem Leibmedicus.«

Ricard warf ein: »Aber Papst, du kannst nicht allein mit diesem Ungläubigen sein! Ich traue ihm nicht. Wer weiß, was er im Schilde führt. Lass wenigstens mich mitkommen.«

Uthman sagte: »Es können auch Wachen dabei sein, aber keine Ärzte, sie haben seiner Heiligkeit schon zu viel zugemutet.«

Der Leibmedicus wollte aufbrausen, aber Clemens hob nur die Hand. »Folge mir, Herr Ricard, du kommst mit. Das genügt. Ihr anderen bleibt hier und wartet auf unsere Rückkehr.«

Sie durchquerten Gänge, jetzt noch eskortiert von zwei Wachhabenden. In das Privatgemach des Papstes trat nur noch der Burgherr ein.

Uthman bat den Papst, seinen Oberkörper zu entblößen. Was für eine unerwartete Situation, musste er denken. Ich bin hergekommen, um diesen Mann zu töten. Und jetzt helfe ich ihm. Wenn ich ihm das Pulver gleich verabreiche, dann ist das Werk getan. Aber wenn sie mich gefangen setzen und er stirbt in den nächsten Tagen, dann wissen sie, dass ich es war. Nein, ich muss warten. Das Gift entfaltet sich am unauffälligsten im Essen. Bis dahin muss ich Geduld haben.

»Media vita in morte sumus!« Die Worte des Papstes rissen ihn aus seinen Gedanken. Ja, dachte Uthman, ich weiß, mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben. Und doch wollen wir, dass man uns hilft und uns die Schmerzen nimmt.

»Aber was ich tun werde, ist kein Akt der Gnade«, sagte Uthman. »Dessen bedürft Ihr nicht, Heiligkeit. Ich werde Euch gesund machen.«

Clemens sagte: »Kennt Ihr die Geschichte vom reichen Prasser und dem armen Lazarus, Heide? Der Prasser erleidet den Tod im Unfrieden mit sich selbst und mit der Welt, Lazarus hingegen weiß, dass er nichts zurücklässt, wenn er in die himmlische Ewigkeit eingeht. Weder Reichtum noch Ärzte oder Geistliche helfen dem, der den Armen und damit Christus die Hilfe verweigerte.«

»So ist es gerecht«, warf Ritter Ricard ein und bekreuzigte sich.

Der Papst zog sich aus, hielt dann aber ein und schien ganz in Gedanken versunken. Uthman wagte nicht, ihn zu unterbrechen. »Und er kam an eine Brücke, unter der floss ein schwarzer, nebliger Fluss mit großem Gestank. Und da er über die Brücke kam, waren da liebliche Wesen, die waren geziert mit wohlriechenden Kräutern und Blumen, darauf wandelte eine Schar weiß gekleideter Menschen, die ersättigten sich an der Süßigkeit der Blumen. Es war aber bei dem Fluss die Prüfung: Welcher Ungerechte hinüberwollte, der glitt in den schwarzen, stinkenden Fluss. Die Gerechten aber gelangten sicheren Schrittes zu dem lieblichen Ort.«

»Du zitierst die Legenda Aurea, nicht wahr, mein Papst?«, sagte der Ritter Ricard. »Ein schönes Beispiel dafür, dass die Menschen nur hinüberwollen und nicht verweilen.«

Der Papst nickte andächtig.

»Und doch, Heiligkeit«, warf Uthman ein. »Wollen wir nicht die Zeit, die auf Erden uns gegeben ist, ohne körperliche Schmerzen verbringen?«

Erstaunt sagte Clemens: »Für einen Ungläubigen seid Ihr erstaunlich einfühlsam.«

Uthman betrachtete den weichen, unbehaarten Oberkörper des vor ihm Sitzenden, die schmalen Schultern, den vorgewölbten Bauch. Der Papst besaß schon schlaffe Haut, obwohl er erst im fünfzigsten Lebensjahr war. Uthman hatte plötzlich Mitleid. Sollte er diesen Mann wirklich töten? Konnte er es tun?

Ich töte ihn nicht, dachte er dann, um seine Hinfälligkeit abzukürzen. Ich töte ihn wegen der Tausenden, die er Marter, Willkür und Tod preisgegeben hat. Man darf kein Mitleid mit den Mächtigen haben, wenn sie Macht übertreten.

Allah sagt, übertretet nicht. Allah liebt nicht diejenigen, die übertreten.

Aber dieser hier hat seine Macht missbraucht. Man sieht ihm die Schuld nicht an. Aber er ist schuldig.

Er begann, den Oberkörper des Papstes abzutasten. Überall sanken seine Finger im hinfälligen Fleisch ein. Die Untersuchung führte zu keinem anderen Ergebnis als dem, das er schon besaß.

Wieder sinnierte der Papst: »Wir verfügen über die ars moriendi, aber dennoch fällt es uns schwer, den Tod, den wir fühlen, auch zu akzeptieren.«

Ritter Ricard sah seinen Papst erstaunt an, offenbar sprach dieser nicht oft so. Es war, als besäße er eine Art düsterer Vorahnung.

»Ich lasse Euch ein Pulver zerreiben. Euer Leibmedicus soll prüfen, ob es aus heilsamen Stoffen besteht. Sicher kennt er die Ingredienzien, obschon ich bezweifle, dass er die Mischung kennt.«

Uthman wollte keinen Fehler machen. Deshalb schrieb er leicht leserlich auf einen Zettel verschiedene Kräuternamen auf, die er beim Hereinkommen im Bestand des Gartens wahrgenommen hatte. Sie führten zu einem Abführmittel. Ein Bote wurde hereingerufen und verschwand mit dem Rezept. Nach einer Weile kam er wieder und sagte: »Der Medicus ist einverstanden, bezweifelt jedoch, ob es hilft.«

»Wir werden sehen«, sagte Uthman. Sein Mittel gegen Leibkrämpfe hatte er von seinem Vater. »Lasst es nun zerreiben und zu einem Sud aufkochen. Es muss heiß getrunken werden.«

Während sie warteten, ließ ihn Papst Clemens nicht aus den Augen. Er hatte sich wieder angezogen, nur die Tiara fehlte. »Sagt mir, Sarazene, was tun die arabischen Ärzte anderes als die unsrigen? Wir kennen nicht viel mehr als den Aderlasskalender, der auf astrologischen Beobachtungen fußt – und Ihr?«

»Nun, Austausch der Körpersäfte, die mit dem pünktlichen Aderlass zur rechten Zeit erzeugt werden, ist das eine«, erwiderte Uthman. »Aber zu häufiger Blutentzug führt zur Schwächung, nicht zur Stärkung des Körpers. So wird niemand gesund.«

»Aber unseren Ärzten und Badern fällt nichts anderes ein! Stärkung durch Speise und Trank, Aderlasswein, Weißbrot, dreitägige Ruhe. Und das sechsmal im Jahr. So schreiben es die Regima sanitatis, die Gesundheitsregeln, vor. Sie sagen, dass betrübtes Herz, häufiger Zorn und freudloses Gemüt lebensverkürzend sind und Fröhlichkeit langes Leben bringt – aber sie wissen nicht, wie sie es behandeln sollen.«

Uthman hütete sich davor, überlegen zu grinsen. »Hoher Herr Papst, ich will Euch gewiss keine Ratschläge erteilen, aber Eure Ärzte scheinen wirklich nicht viel zu wissen. Ich bekam die Grundregel eines Medicus im Westen mitgeteilt: Wer am Abend trinkt, dass er sich kaum auf den Beinen halten kann, der soll am Morgen wieder trinken, damit er länger lebt. Mit solchen Ärzten wird kein einziges Leben wirklich verlängert.«

»Alles liegt in Gottes Hand«, brachte sich Herr Ricard ein.

»Und Ihr, Sarazene?«, fragte Clemens. »Was habt Ihr uns zu bieten?«

»Ich bin nur ein kleiner Medicus, Herr. Eigentlich bin ich Korangelehrter. Aber diese beiden Gebiete des Lebens sind bei uns nicht getrennt – nicht so, verzeiht, wie bei Euch. Unsere Medizin befindet sich nicht im Gegensatz zu unserem Glauben, sie befindet sich deshalb weit voraus, weil wir keine Verbote kennen, zu forschen, um der Menschen willen. Denn verzeiht noch einmal – wir haben die antiken Schriftsteller nicht vergessen, sondern wieder zum Leben erweckt.«