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»Kennst du die Halsgerichtsordnungen des Königs, Inquist?«, fragte Imbert höhnisch. »Darin heißt es, man soll den Verhörten so auseinander ziehen, dass man durch seinen Leib ein Licht scheinen sieht, das hinter ihm gehalten wird. Sollen wir das tun?«

»Fahr zur Hölle, Imbert!«, sagte Henri.

»Du willst nicht bekennen? Du willst nicht mit uns zusammenarbeiten, damit deine Seele gerettet wird?«

»Ich will, dass du zur Hölle fährst, Imbert!«

»Ich zeige dir jetzt einige Instrumente«, sagte der Großinquisitor mühsam beherrscht, »wähle selbst aus, von welchem du befragt werden willst. Fangen wir mit der Spinne an. Die tüchtigen Gehilfen schlagen dir die Eisenspitzen ins Fleisch und reißen damit große Stücke aus deinem Körper. Willst du diese Befragung?«

Henri ließ seinen Blick durch das halb dunkle Verlies gleiten. Oh ja, sie hatten unzählige Instrumente. Er erkannte darunter plötzlich auch die Vorrichtung der Eisernen Jungfrau, die schon im Keller der Alchemisten gestanden hatte. In seiner Heimat Schottland nannte man sie The scavengers daughter, des Gassenkehrers Tochter.

Man hatte dieser Erfindung, die einsam und schrecklich im Hintergrund des dunklen Gewölbes stand, die Ehre angetan, ihr einen Mantel wie von einer Bürgerfrau umzuhängen. Henri bemühte sich, darüber nachzudenken, wie das Instrument funktionierte. Er war sich schließlich bewusst, wo es stand, es musste sich darunter eine Falltür befinden, die in eine Tiefe ging, in der womöglich ein fließendes Gewässer war. Denn die Jungfrau öffnete sich, wenn der Delinquent vor sie trat, um ihr einen Kuss zu geben – so befahlen es die Richter –, durch in Bewegung gesetzte Federn. Ihr hohler Rumpf umschlang den Delinquenten und drückte ihn an sich, mit Gewalt schlug sie zu, und Dolche, die in die Brust drangen, und zwei Schwerter, die die Augen trafen, neben anderen Spitzen bedrohten den Unglücklichen. Wenn er gestand, öffnete sich der furchtbare Leib der Jungfrau wieder. Wenn nicht, dann fiel der Leichnam durch die geöffnete Falltür in den Schacht darunter.

Henri war von diesem plötzlichen Gedanken erregt. Wie konnte er es erreichen, dass sie ihm die Ketten abnahmen, dann würde er versuchen, durch den Schacht unter der Eisernen Jungfrau in das Gewässer darunter zu entkommen!

»Willst du diese Befragung?«

Henri hörte die wiederholte Frage wie aus weiter Ferne. Ein Fluchtplan nahm in ihm Formen an. Aber dann erkannte er seine Vergeblichkeit. Es war nur ein schöner Traum. Es gab kein Entkommen.

Und während er seine Blicke weiter durch den düsteren Keller schweifen ließ und jetzt einen abermaligen Faustschlag des Generalinquisitors in seinem Gesicht spürte, erinnerte er sich. Er hatte auch in den Kerkern der morgenländischen Sarazenen solche Instrumente erlebt. Er erkannte im Hintergrund des feuchten Kellers viele, die ihm vertraut waren. Einige standen auf den Steinen, die anderen hingen an der Wand, darunter war auch eine eiserne Maske, die innen mit spitzen Nägeln bestückt war. Er hatte einen teuren Gefährten darin verenden sehen.

Henris Blick flatterte zurück zu seinem Richter, der mit gerötetem Gesicht vor ihm stand. In ihm war keine Angst, aber er kämpfte gegen ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit, das ihm wie grauer Staub auf dem Gemüt lag. Er dachte: Wozu noch das Geplänkel! Sie werden mich zu Tode martern. Vielleicht wird es keinen Tag oder zwei Tage dauern, sondern es wird dauern, solange ich lebe. Denn ich bin in ihrer Gewalt und werde es bleiben. Und es wird mir schwerlich gelingen, die Zeit bis zum bitteren Ende als Geschenk zu empfinden.

Wie erträgt man es zu leben, dachte er, wenn es aus der Erwartung immer noch schrecklicherer Martern besteht? Das hatten sie ihn im Tempel nicht gelehrt.

»Schau her, Inquist. Dies ist der spanische Esel, darauf sitzt du auf dem ausgezackten Brett, und auf deinen Schoß legen wir diesen zentnerschweren Stein – siehst du? Ich kann dich auch mit brennendem Schwefel traktieren lassen, wenn dir das lieber ist, oder ich breche dir die Ellenbogen auf diesem Amboss. Willst du? Oder entscheidest du dich für das Streckbett? Du musst nur sprechen! Sprechen!«

Henri schwieg. Der Chirurg nickte zu allen Worten des Generalinquisitors. Dann sagte er:

»Ein interessantes Experiment, Montseigneur, erlebte ich in Spanien. Seid Ihr interessiert?«

»Oh ja!«

»Einem Delinquenten wurden spitze Pflöcke zwischen die Finger in die Hand eingekeilt. Schließlich gelang es uns, die Finger völlig auseinander zu brechen. Es war ein denkwürdiges Bild. Aber ich nähte die Knochen anschließend wieder zusammen.«

Henri musste an all die Opfer in den Folterkellern denken und spuckte auf den schmutzigen Boden. »Ihr wollt Medicus sein? Ihr seid ein Schlächter! Der Teufel richte Euch!«

Imbert nestelte an seinem Habit. In seinem Gesicht stand Schweiß. »Du bist ein schöner Mann, Templer. Aber wenn wir mit dir fertig sind, wirst du es nicht mehr sein. Vielleicht fehlen dir dann alle Zähne. Vielleicht bist du dann deiner Männlichkeit beraubt. Vielleicht ist dein Gesicht ein unkenntlicher Brei. Verrate uns doch die Namen deiner Gesinnungsgenossen, dann hören wir auf, dich zu belästigen. Und du wirst in eine saubere, warme Einzelzelle verlegt, wo du nachdenken kannst über dein sündiges Leben.«

»Bevor ich euch etwas verrate, Imbert, will ich lieber sterben.«

»Das wirst du, das wirst du, Inquist. Aber hübsch langsam. Du hast es doch nicht eilig damit? Schau hier. Ein wunderbares Instrument. Die spitze Zange. Wir machen sie glühend, schon wird das Kohlefeuer entzündet, siehst du? Schreien kannst du dabei so viel du willst. Wir stecken dir die Folterbirne in den Mund, es ist eine sehr sinnreiche Erfindung. Sie wird durch den Druck auf eine darin befindliche Feder weit auseinander getrieben. Man verstummt, sozusagen…«

»Bestien! Dafür verschwendet ihr das verbleibende Bisschen eures ketzerischen Verstandes?«

»Du hast ganz Recht! Du sollst ja nicht verstummen, sondern reden! Ich Narr, das hätte ich beinahe vergessen! Nun, so sprich schon, oder ich zeige dir noch ein paar andere Dinge…«

Der Chirurg mischte sich ein. »Montseigneur, zeigt ihm auch die Strafmaske und den Strafmantel mit den Eisengewichten, in denen wir ihn verhungern und verdursten lassen können – jedenfalls fast, bis ich ihn in seinen letzten Atemzügen seziere, um zu beobachten, wie sich so kurz vor diesem gewaltsamen Tod durch Entzug die Muskeln verhalten.«

»Gewiss doch! Wir wenden diese Dinge in unserem Land gern an. Aber wir besitzen noch viele andere sinnreiche Instrumente. Und glaube mir, Inquist, alle sind so wunderbar effektiv, dass dagegen das Verbranntwerden, das Enthauptet-, Gerädert- oder Gehängtwerden und der Tod durch Entzug des Schlafes eine wahre Mildtat sind! Nur das Sieden in Öl bei lebendigem Leib von unten her könnte unangenehmer werden. Es ist für besonders Verstockte gedacht, die alle Grade des Torquierens überlebt haben. Aber sieh dir beispielsweise noch dieses Ding hier an, das letzte, das ich dir zeige, bevor die Marter beginnt. Diese Maschine – ist sie nicht faszinierend? Willst du das nicht zugeben? Sie ist zusammengestellt aus Beinschrauben und Stachelring. Der Ring aus Eisen ist innen mit Spitzen versehen, die ich zur Form von Widerhaken bringen kann. Damit wird dein Fleisch langsam innerlich zerrissen. Ist es zu weit hergeholt, dieses Instrument als Krebs zu bezeichnen?«