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»Jetzt«, begann der Biber, schob den leeren Bierkrug beiseite und zog die Teetasse heran, »wartet noch, bis ich meine Pfeife angezündet habe, dann wollen wir unsere Angelegenheiten besprechen. – Es schneit wieder«, stellte er mit einem Blick durchs Fenster fest. »So werden wir wenigstens keinen Besuch bekommen, und sollte uns jemand gefolgt sein, findet er unsere Spuren nicht.«

WAS SICH NACH DEM ESSEN EREIGNETE

»Und nun, bitte, erzählen Sie uns, was mit Herrn Tumnus geschah«, bat Lucy.

»Oh, das ist schlimm«, sagte der Herr Biber und schüttelte besorgt seinen Kopf, »das ist eine sehr, sehr böse Sache. Er ist zweifellos von der Polizei verhaftet worden. Ich hörte es von einem Vogel, der zusah.«

»Aber wohin haben sie ihn gebracht?« fragte Lucy.

»Sie brachten ihn nach Norden, und alle wissen, was das bedeutet.«

»Aber wir wissen es nicht«, wandte Suse ein. Der Biber bewegte seinen Kopf noch sorgenvoller.

»Ich fürchte, sie brachten ihn in ihr Haus.«

»Aber was werden sie dort mit ihm machen, Herr Biber?« Lucy stockte der Atem.

»Ja«, antwortete er, »das kann ich nicht genau sagen. Wer einmal drin ist, kommt eben meist nicht wieder heraus. Sie…«, er hielt inne und schauderte, »verstei­nert die Leute. Alle werden Steinfiguren. Das ganze Haus soll überfüllt sein mit ihnen, im Hof, auf den Trep­pen, in der Halle, überall stehn sie, alle versteinert.«

»Aber, Herr Biber«, jammerte Lucy, »könnten wir, sollten wir, müßten wir denn nicht etwas tun, um ihn zu retten? Das ist ja zu schrecklich, und noch dazu durch meine Schuld.« »Sicherlich würdest du ihn retten, wenn du könntest, Liebes«, sagte die Frau Biberin. »Aber du hast gar keine Möglichkeit, gegen ihren Willen in das Haus und jemals lebend wieder herauszukommen.«

»Man könnte einen Plan aushecken«, schlug Peter vor.

»Wir könnten uns verkleiden und als Hausierer auftreten oder so etwas Ähnliches oder aufpassen, bis sie einmal ausgeht. Zum Kuckuck noch mal, es muß sich doch ein Weg finden lassen. Dieser Faun hat meine Schwester auf eigene Gefahr gerettet, Herr Biber! Wir dürfen ihn nicht im Stich lassen, bis er… bis sie ihm das antut.«

»Es hat keinen Sinn, Adamssohn, keinen Sinn, daß du es unternimmst. Denn jetzt, wo Aslan unterwegs ist…«

»O ja, erzählen sie uns etwas über Aslan!« riefen sogleich mehrere Stimmen, und wieder überkam sie dieses wunderliche Gefühl von Frühling, von froher Botschaft.

»Wer ist Aslan?« fragte Suse.

»Aslan?« antwortete Herr Biber. »Das wißt ihr nicht? Er ist der König, er ist Herr über die Wälder, aber er ist nicht oft hier. Weder in meines Vaters Zeiten noch solange ich lebe war er hier. Aber wir haben gehört, daß er nun kommen wird, und er soll schon zurückgekehrt sein. Er wird mit der Weißen Hexe abrechnen. Er wird Tumnus retten, nicht ihr, liebe Kinder.«

»Wird sie ihn nicht auch in Stein verwandeln?« fragte Edmund.

»Mein Gott, Adamssohn, wie kannst du so etwas sagen?« antwortete der Biber mit lautem Gelächter. »Ihn in Stein verwandeln! Wenn sie in ihrer ganzen Größe vor ihm stehn und ihm ins Gesicht blicken kann, ist es das Äußerste, was ihr gelingt, mehr kann sie sicher nicht. Nein, nein, es wird alles recht werden, so, wie es in einem alten Spruch heißt:

Das Krumme wird gerad, sobald Aslan naht!

Beim Klang seiner Stimme verweht alles Schlimme.

Entblößt er die Zähne und schüttelt die Mähne,

wird Winter vergehn und Frühling erstehn.

Das begreift ihr erst, wenn ihr ihn seht.«

»Aber werden wir ihn denn sehn?« fragte Suse.

»Ja, Evastochter, darum habe ich euch hierher­gebracht Ich soll euch zu ihm führen«, sagte der Biber.

»Ist… ist er… ein Mensch?« fragte Lucy.

»Aslan ein Mensch?« sagte der Biber empört. »Keine Rede davon! Ich habe euch doch gesagt, daß er der König der Wälder ist und der Sohn des Großen Königs jenseits der Meere. Wißt ihr denn nicht, wer der König der Tiere ist? Aslan ist ein Löwe, der Löwe, der große Leu.«

»Oh«, rief Suse. »Ich dachte, er sei ein Mensch. Ist man dann auch sicher vor ihm? Vor einem Löwen habe ich Angst.«

»Das macht nichts, mein Kind, du sollst auch Angst haben«, sagte die Biberin. »Wenn jemand vor Aslan erscheint, ohne daß ihm die Knie zittern, dann ist er entweder unerhört mutig oder bloß ein Narr.«

»Dann ist man also doch nicht sicher vor ihm?« meinte Lucy.

»Sicher?« wiederholte der Herr Biber. »Ja, hast du denn nicht gehört, was meine Frau sagte? Wer hat denn von sicher geredet? Natürlich, man ist nicht sicher vor ihm, aber er ist gut, und er ist der König.«

»Ich möchte ihn sehn«, erklärte Peter, »auch wenn ich mich noch sosehr vor ihm fürchte.«

»Ausgezeichnet, Adamssohn!« rief der Biber und schlug seine Pfote so kraftvoll auf den Tisch, daß die Tassen und Schüsseln klirrten.

»Du sollst dich davor fürchten. Botschaft ist schon gekommen, morgen hast du ihm, wenn irgend möglich, am Steintisch zu begegnen.«

»Wo ist das?« fragte Lucy.

»Ich zeige es euch«, antwortete der Biber. »Unten am Fluß, ziemlich weit zu laufen. Ich bringe euch hin.«

»Und was wird indessen aus dem armen Herrn Tumnus?« fragte Lucy.

Am schnellsten helfen wir ihm, wenn wir Aslan aufsuchen« sagte der Biber. »Erst wenn er mit uns ist, können wir überhaupt etwas tun. Allerdings brauchen wir auch euch dazu, denn es gibt einen andern Spruch:

Sitzt einst auf Feenedens Thron

von Fleisch und Blut ein Adamssohn,

vorbei ist's mit der Teufelsbrut,

und alle Übel werden gut!

Da er und ihr alle gekommen seid, geht es einem guten Ende entgegen. Von Aslans Erscheinen in diesen Landen hatten wir schon gehört, lange vorher, keiner kann sagen, wann, aber nie vormals war einer der euern hier.«

»Da gibt es noch etwas, Herr Biber, was ich nicht verstehe«, sagte Peter. »Ist denn die Hexe selber kein Mensch?«

»Sie möchte, daß wir es glauben und daß sie deshalb ein Recht hat, unsere Königin zu sein. Nein, sie ist keine Evastochter. Sie stammt zwar von eurem Vater Adam« hier verbeugte sich der Biber –, »und zwar von der ersten Frau eures Adamvaters, Lilith hieß sie, und die war eine Dämonin und stammte einerseits von Geistern ab und anderseits von Riesen. Nein, nein, nicht ein Tropfen reines Menschenblut fließt in den Adern der Zauberin.«

»So ist sie also darum so durch und durch böse, mein lieber Biber?« sagte seine Frau.

»Sehr richtig«, erwiderte er. »Man kann zweierlei Meinung über menschliche Wesen haben – ich will dabei keinem der Anwesenden zu nahe treten, aber Wesen, die wie Menschen aussehn und keine sind, über solche Geschöpfe gibt es nur eine Meinung.«

»Ich habe aber gute Zwerge gekannt«, gab Frau Biberin zu bedenken.

»Ich auch, da du schon einmal davon sprichst. Die sind selten genug, sind Ausnahmen und gleichen allem andern eher als den Menschen. Aber im allgemeinen, das rate ich dir, wenn du irgendwo einem Wesen begegnest, das sich so anstellt, als sei es ein Mensch, oder einmal menschliches Wesen annimmt und es nicht ist oder ein Mensch sein sollte und es doch nicht ist, dann sei auf deiner Hut und greif nach dem Beil. Deshalb lauert die Hexe immer auf wirkliche menschliche Wesen, seit vielen Jahren schon wartet sie auf euch, und wenn sie wüßte, daß vier von euch hier weilen, wäre sie noch gefährlicher.«

»Wieso denn?« fragte Peter.

»Es gibt noch einen andern Wahrspruch«, sagte der Biber. »Unten auf Feeneden – das ist das Schloß an der Meeresküste, an des Flusses Mündung, es müßte eigentlich die Hauptstadt des Landes sein, wenn es mit rechten Dingen zuginge –, in Feeneden, da stehn vier Throne, und in Narnia geht die Sage, keiner weiß, wie lange es her ist: Sitzen zwei Adamssöhne und zwei Evastöchter auf diesen vier Thronen, dann ist die Herrschaft der Weißen Hexe zu Ende, und damit ist auch ihr Leben verwirkt. Das ist der Grund, warum wir auf dem Weg hierher so vorsichtig sein mußten. Hätte sie eine Ahnung, daß ihr vier hier seid, wäre euer Leben nicht mehr einen Pfifferling wert.«