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»Ich bin der gleichen Meinung«, sagte Peter. »Es beunruhigt mich aber, daß wir gar nichts zu essen haben. Ich würde vorschlagen, uns einiges aus der Speisekammer zu holen, nur ist es nicht sicher, ob wir wieder hierher zurückfinden, wenn wir einmal draußen sind. Deshalb bleibt uns wohl nichts übrig, als weiterzugehn.«

»Also dann gehn wir«, sagten tapfer die beiden Mädchen.

»Wenn wir nur wüßten, wo der arme Kerl sitzt!« sagte Peter. Sie schwiegen und sannen darüber nach, wie sie vorgehn sollten, da rief Lucy: »Seht das Rotkehlchen dort vor uns! Was für eine rote Brust es hat! Der erste Vogel hier! Ob die Vögel in Narnia wohl sprechen können? Es sieht fast so aus, als hätte es uns etwas zu sagen.« Sie wendete sich zum Rotkehlchen und fragte: »Bitte, kannst du uns sagen, wo sie den Faun Tumnus hingeschleppt haben?« Sie trat einen Schritt näher auf den Vogel zu, der flog auf einmal fort, aber nicht weiter als bis zum nächsten Baum. Dort setzte er sich nieder und betrachtete die Kinder sehr aufmerksam. Er schien alles zu verstehn, was sie redeten. Die zwei Mädchen, kaum sich dessen bewußt, traten einige Schritte näher. Da flog das Rotkehlchen wieder zum nächsten Baum und blickte sie abermals an.

Nie hat man ein Rotkehlchen mit röterer Brust und glänzenderen Augen gesehn.

»Wißt ihr, was?« fragte Lucy. »Ich glaube tatsächlich, es will, daß wir ihm folgen.«

»Ich habe denselben Eindruck«, sagte Suse, »was denkst du, Peter?«

»Ganz meine Meinung, jedenfalls können wir es probieren«, antwortete Peter.

Das Rotkehlchen schien sie genau zu verstehn. Es flog weiter von Baum zu Baum, doch blieb es stets so nahe, daß sie ihm gut folgen konnten. So führte es sie hügelabwärts.

Wo sich das Rotkehlchen niederließ, stäubte der Schnee von den Zweigen. Bald zerteilten sich die Wolken über ihren Köpfen, die Wintersonne kam heraus, und der Schnee ringsum funkelte blendend weiß. Sie waren schon eine halbe Stunde lang unterwegs, die beiden Mädchen voraus, als Edmund zu Peter sagte: »Falls du dir nicht zu gut vorkommst, um mit mir zu reden, so hätte ich dir etwas zu sagen, was du anhören solltest.«

»Was ist es?« fragte Peter.

»Pst, nicht so laut«, warnte Edmund. »Es ist nicht nötig, die Mädchen zu erschrecken. Aber bist du dir klar, was wir tun?«

»Was denn?« fragte Peter. Er dämpfte seine Stimme zu einem Flüstern. »Wir folgen einem Führer, den wir nicht kennen. Woher wissen wir, auf welcher Seite der Vogel steht? Wenn er uns nun in eine Falle lockt?«

»Was für ein gräßlicher Gedanke… noch dazu ein Rotkehlchen! Du weißt doch, sie sind in allen Geschichten gute Vögel. Ein Rotkehlchen würde niemals auf der falschen Seite stehn.«

»Wenn es darauf ankommt, fragt es sich noch: Welches ist die rechte Seite? Woher wissen wir, wer im Recht ist: der Faun oder die Königin? Ja, ich weiß, sie sagen, sie sei eine Hexe. Aber Genaues wissen wir nicht.«

»Der Faun hat Lucy gerettet.«

»Das erzählt er ihr. Woher wissen wir aber, ob es stimmt? Und außerdem gibt es noch etwas zu bedenken: Wer von uns kennt den Weg zurück?«

»Heiliger Bimbam!« murmelte Peter. »Daran habe ich ja gar nicht gedacht.«

»Und keine Aussicht auf ein Abendessen!« trumpfte Edmund auf.

EIN TAG BEI DEN BIBERN

Während die beiden Knaben noch hinter dem Rücken der Mädchen tuschelten, schrien diese plötzlich »Ach!« und blieben stehn.

»Das Rotkehlchen ist fortgeflogen.«

So war es auch. Es war einfach weg und verschwun­den.

»Was sollen wir nun machen?« fragte Edmund und warf Peter einen Blick zu, der soviel hieß wie: »Na, was habe ich dir gesagt!«

»Pst, schaut doch!« rief Suse.

»Was denn?« fragte Peter.

»Unter den Bäumen bewegt sich etwas. Dort drüben links.«

Alle starrten, so aufmerksam sie konnten, nach links. Es war ihnen nicht sehr wohl zumute. »Da kommt es wieder«, flüsterte Suse.

»Nun sehe ich es auch«, wisperte Peter. »Gerade jetzt ist es hinter den dicken Baum gekrochen.«

»Was ist es denn?« fragte Lucy und gab sich große Mühe, ihre Aufregung zu verbergen.

»Was es auch sein mag«, meinte Peter, »es weicht uns aus und will nicht gesehn werden.« »Laßt uns doch heimgehn«, bat Suse. Obgleich es keiner laut zu sagen wagte, begriff plötzlich jeder, was Edmund schon vorhin Peter zugeflüstert hatte: Sie waren verloren!

»Was ist es denn eigentlich?« fragte Lucy zum zweitenmal.

»Irgendein Tier«, antwortete Suse, und gleich darauf rief sie: »Schnell, schnell, seht, dort ist es!«

Nun sahen es alle. Hinter den Bäumen schaute ein pelziges, bärtiges Gesicht hervor, und diesmal zog es sich nicht sofort zurück. Statt dessen legte das Tier die Pfote auf das Maul, wie Menschen den Finger auf den Mund legen, wenn sie einem einen Wink geben, leise zu sein.

Dann verschwand es wieder. Die Kinder blieben stehn und hielten den Atem an. Im nächsten Augen­blick kam der Unbekannte hinter dem Baum hervor, blickte scheu um sich, als befürchte er Lauscher, raunte: »Pst!« und machte ihnen Zeichen, ihm in den dichteren Wald zu folgen. Dann verschwand er aufs neue.

»Ich weiß, was das ist«, erklärte Peter, »das ist ein Biber. Ich habe seinen Schwanz gesehn.«

»Wir sollen zu ihm kommen«, sagte Suse. »Aber er warnt uns, kein Geräusch zu machen.«

»Das glaube ich auch. Sollen wir ihm folgen oder nicht?« fragte Peter. »Was denkst du, Lucy?«

»Es ist ein netter Biber«, meinte sie.

»Woher wissen wir das?« fragte Edmund.

»Wir müssen es wohl wagen«, schlug Suse vor. »Es hat keinen Sinn, hier länger rumzustehn. Auch hab' ich Hunger.«

Da streckte der Biber aufs neue seinen dicken Kopf hinter den Bäumen hervor und winkte ihnen eifrig mit der Pfote.

»Los!« rief Peter. »Wir versuchen es und lassen es darauf ankommen. Wir werden dicht zusammenbleiben dann können wir den Kampf mit einem Biber aufnehmen falls er sich als Feind entpuppt.«

So gingen die Kinder dicht aneinandergedrängt zum Baum und fanden dahinter wirklich den Biber. Er zog sie weiter ins Dickicht hinein und raunte ihnen heiser zu: »Kommt weiter, weiter, bis hierher! Draußen sind wir nicht sicher.«

Erst als er sie an eine dunkle Stelle geführt hatte, an der vier Bäume so dicht beisammenstanden, daß sich die Äste berührten und sie unter ihren Füßen die schneefreie braune Erde voll Tannennadeln sehn konnten, sprach er mit ihnen.

»Seid ihr Adamssöhne und Evastöchter?« fragte er.

»Ja«, sagte Peter, »das sind wir!«

»Pst«, raunte der Biber. »Ach bitte, nicht so laut! Sogar hier sind wir nicht sicher.«

»Wieso? Wovor fürchten Sie sich denn?« fragte Peter mit gedämpfter Stimme. »Außer uns ist doch keiner hier.«

»Die Bäume! Sie hören zu! Die meisten sind auf unserer Seite, aber es gibt Bäume, die uns an sie verraten. Ihr wißt, wen ich meine.«

»Wenn wir schon von Seiten sprechen«, sagte Edmund, »woher können wir denn wissen, daß Sie unser Freund sind?«

»Verstehn Sie Edmund nicht falsch, Herr Biber«, fiel Peter ein. »Aber wir sind hier fremd.«

»Schon gut, schon gut«, raunte der Biber. »Hier ist mein Erkennungszeichen.«

Mit diesen Worten hielt er ihnen ein kleines weißes Tüchlein entgegen. Sie betrachteten es überrascht, bis Lucy plötzlich ausrief: »Aber das ist ja mein Taschen­tuch! Ich gab es dem armen Herrn Tumnus.«

»Jaja«, sagte der Biber. »Armer Bursche. Er bekam Wind von der bevorstehenden Verhaftung und übergab mir das. Er trug mir auf, falls ihm etwas zustieße, sollte ich versuchen, euch hier zu treffen, euch das zu übergeben und euch nach…«