Выбрать главу

Das Verschwinden der Piloten gab mir als erstes zu denken. Natürlich sagte jeder, sie seien ins Meer gefallen, aber das war für mich keine befriedigende Erklärung. Der erste war Verzier in Frankreich; man fand seine Maschine in der Nähe von Bayonne, aber seine Leiche blieb verschwunden. Es gab auch den Fall Baxter, der verschwand, obwohl sein Motor und einige Eisenteile in einem Waldstück in Leicestershire gefunden wurden. In jedem Fall erklärte Dr. Middleton aus Amesbury, der den Flug durch ein Teleskop beobachtete, er hätte die Maschine, die in enormer Höhe flog, kurz bevor sie in den Wolken verschwand, noch gesehen; in einer Folge von Sprüngen in einer Art, wie er sie nicht für möglich gehalten hätte, sei sie plötzlich senkrecht nach oben geschossen. Das war das letzte, was man von Baxter gesehen hat. In den Zeitungen wurde einiges geschrieben, aber es führte zu nichts. Es gab dann noch mehrere andere, ähnliche Fälle und schließlich den Tod von Hay Connor. Welches Geschnatter über ungelöste Mysterien der Lüfte, was für Schlagzeilen in den Groschenblättern gab es da, und wie wenig wurde getan, um der Sache auf den Grund zu kommen! In einem fürchterlichen Sturzflug kam er aus unbekannter Höhe herunter. Er ist nie aus seiner Maschine herausgekommen und starb in seinem Pilotensitz. Woran? »Herzschlag«, sagten die Ärzte. Unsinn! Hay Connors Herz war so gesund wie meines. Was sagte Venables? Venables war als einziger bei dem Sterbenden. Er sagte, daß er zitterte und wie ein Mann aussah, der böse erschrocken war. »Vor Schreck gestorben«, sagte Venables, aber er konnte sich nicht vorstellen, was ihn so erschreckt hatte. Er sprach nur noch ein Wort zu Venables, das klang wie »monströs«. Bei der Untersuchung konnten sie nichts damit anfangen, aber ich konnte. Monster! Das war das letzte Wort des armen Harry Hay Connor. Und er starb wirklich vor Entsetzen, genau wie Venables gedacht hatte.

Und dann war da Myrtles Kopf. Glauben Sie wirklich - kann irgendjemand wirklich glauben, die Gewalt eines Aufpralls könne den Kopf eines Menschen sauber in seinen Rumpf treiben? Gut, vielleicht ist es möglich, aber ich jedenfalls habe niemals geglaubt, daß es bei Myrtle so war. Und der Schleim auf seinem Anzug - »Alles voller Schleim« -, sagte jemand bei der Untersuchung. Verrückt, daß keiner sich dabei etwas gedacht hat! Außer mir - aber ich hatte mir bis dahin schon einiges gedacht. Ich bin seitdem noch dreimal aufgestiegen -wie Dangerfield sich lustig machte wegen meines Gewehrs -, aber ich bin nie hoch genug gewesen. Jetzt, mit dieser neuen, leichten Paul-Veroner-Maschine und ihrem hundertfünfundsiebziger Triebwerk, sollte ich morgen mit Leichtigkeit die dreißigtausend Fuß erreichen. Ich werde den Rekord aufs Korn nehmen. Vielleicht nicht nur den. Natürlich ist es gefährlich. Will ein Mann der Gefahr aus dem Weg gehen, so soll er sich am besten ganz aus der Fliegerei heraushalten und sich in Filzpantoffeln und Morgenmantel zur Ruhe setzen. Ich werde morgen den Dschungel der Lüfte besuchen - und wenn dort irgend etwas existiert, ich werde es erfahren. Wenn ich zurückkomme, werde ich eine kleine Berühmtheit sein. Wenn nicht, so möge dieses Notizheft erklären, was ich zu tun versuchte und wie ich dabei umkam. Aber kein Gefasel über Unfälle oder Mysterien, ich bitte darum.

Ich nehme meinen Paul-Veroner-Eindecker für diese Aufgabe. Wenn man wirklich etwas schaffen will, geht nichts über einen Eindecker. Beaumont fand das schon sehr früh heraus. Jedenfalls stört Feuchtigkeit eine solche Maschine nicht, und nach dem Wetter zu urteilen, werden wir uns die ganze Zeit in Wolken bewegen. Es ist ein hübsches kleines Modell und gehorcht meiner Hand wie ein straff gezügeltes Reitpferd. Das Triebwerk ist ein Zehn-Zylinder-Sternmotor, der bis zu einhundertfünfundsiebzig PS leistet. Das Flugzeug hatte alle modernen Verbesserungen - abgeschlossene Kabine, Landeklappen, Bremsen, gyrostatische Stabilisatoren und eine Einrichtung zur Veränderung des Tragflächenwinkels in drei Stufen für verschiedene Geschwindigkeitsbereiche. Ich nahm ein Gewehr und ein Dutzend Schuß schwere Jagdmunition mit auf die Reise. Sie hätten das Gesicht meines alten Mechanikers Perkins sehen sollen, als ich ihm befahl, die Sachen einzuladen. Ich war gekleidet wie für eine Nordpolexpedition, mit zwei Hemden unter meinem Overall, dicken Socken in den gefütterten Stiefeln, einer Sturmmütze mit Ohrenklappen und meiner Schutzbrille. Vor den Hangars war es drückend heiß, aber ich war auf dem Weg zum Dach der Welt und mußte mich entsprechend anziehen. Perkins wußte, daß irgend etwas im Gange war und bedrängte mich, ihn mitzunehmen. Das würde ich vielleicht tun, wenn wir mit dem Doppeldecker starteten. Doch ein Eindecker ist ein Instrument für Solisten, wenn man das letzte an Steigleistung herausholen will. Natürlich nahm ich auch Sauerstoff an Bord; ein Mann, der sich ohne Sauerstoffgerät am Höhenrekord versucht, wird entweder erfrieren oder ersticken - oder beides.

Bevor ich einstieg, checkte ich noch einmal Tragflächen, Rudergestänge und den Steigflughebel. Soweit ich sehen konnte, war alles in Ordnung. Ich startete den Motor und war von seinem Lauf entzückt. Die Maschine rollte sofort langsam los, als die Bremsklötze entfernt waren. Nach ein oder zwei Aufwärmrunden um den Platz stellte ich den flachsten Flügelwinkel ein, dann winkte ich Perkins und den anderen noch einmal zu und gab Vollgas. Acht bis zehn Meilen weit strich das Flugzeug wie eine Schwalbe dicht über den Erdboden. Als ich dann seine Nase ein wenig nach oben richtete, begann es sich in einer großen Spirale zu der Wolkenbank über mir hinaufzuschrauben. Es ist lebenswichtig, langsam zu steigen, um sich dem sinkenden Luftdruck anzupassen. Es war ein sehr warmer Tag für den englischen September, und es herrschte die gewisse Ruhe, die einem Wolkenbruch vorausgeht. Dann und wann kamen plötzliche Windstöße von Südwesten; als ich gerade meinen Gedanken nachhing, traf mich einer so stürmisch und unvermittelt, daß ich mich für einen Augenblick in Seitenlage befand. Ich erinnere mich an Zeiten, als Sturmböen, Wirbel und Luftlöcher noch gefährlich waren - bevor wir lernten, unseren Motoren souveräne Leistungsfähigkeit zu geben. Als ich eben die Wolkenbänke erreichte, das Altimeter zeigte dreitausend Fuß, begann es zu regnen. Auf mein Wort, und wie es goß! Es trommelte auf die Flügel und klatschte mir ins Gesicht. Die Tropfen auf meinen Brillengläsern nahmen mir fast alle Sicht. Weil es so qualvoll war, gegen den Regen anzufliegen, drosselte ich das Tempo. Weiter oben begann es zu hageln, und ich mußte zusehen, daß ich weiterkam. Ein Zylinder hatte ausgesetzt - eine verrußte Zündkerze, dachte ich mir, aber die Maschine leistete immer noch mehr als genug, und ich gewann weiter stetig an Höhe. Welcher Art der Schaden auch immer gewesen war, nach einer Weile lief der Motor wieder rund. Ich hörte wieder das volle, kehlige Schnurren - ein Konzert für zehn Zylinder, Das ist der wahre Vorteil unserer modernen Schalldämpfer. Wir können unsere Triebwerke heute mit den Ohren unter Kontrolle halten. Wie sie klagen und kreischen, wenn sie in Schwierigkeiten sind! In alten Zeiten waren alle diese Hilferufe vergebens, weil jeder Laut vom unheimlichen Getöse des Motors verschlungen wurde. Könnten nur die Pioniere der Luftfahrt wiederauferstehen und die Schönheit und Perfektion der Triebwerke betrachten, die wir mit ihrem Leben bezahlt haben!

Gegen neun Uhr dreißig näherte ich mich den Wolken. Unter mir lag, dunkel verschleiert vom Regen, die Ebene von Salisbury in ihrer ganzen Ausdehnung. Auf etwa tausend Fuß Höhe entdeckte ich ein halbes Dutzend Flugmaschinen, die mit ihren Propellern die Luft zerhackten und dabei aussahen wie kleine schwarze Schwalben vor grünem Hintergrund. Bestimmt fragten sie sich, was ich hier oben im Wolkenland wohl trieb. Plötzlich schloß sich ein grauer Vorhang unter mir, und feuchte Dunstschwaden wirbelten vor meinem Gesicht. Es war naßkalt und ungemütlich. Aber ich war über dem Hagelsturm, womit etwas gewonnen war. Die Wolke war dick und düster wie Londoner Nebel. Um nur schnell herauszukommen, richtete ich die Maschine steil auf, bis die automatische Alarmglocke ertönte. Sofort begann ich zurückzufallen. Meine triefenden, tropfenden Flügel waren schwerer geworden als ich dachte, aber im Augenblick war ich in leichterer Bewölkung, bald hatte ich die erste Schicht hinter mir. Die zweite, opalfarbene Flocken, lag in großer Höhe über mir, einförmig weißer Himmel oben und ein ungebrochener, dunkler Teppich unter mir. Dazwischen der Einflügler, der sich in einer weiten Spirale aufwärts zieht. Tödliche Einsamkeit in diesen Wolkenräumen. Einmal begegneten mir irgendwelche kleinen Wasservögel, ein ganzer Schwarm, der sehr schnell westwärts flog. Das Flügelgeschwirr und ihre Schreie, die wie Musik waren, taten meinen Ohren wohl. Ich glaube, es waren Krickenten, aber ich bin ein erbärmlicher Zoologe. Jetzt, wo wir Menschen zu Vögeln geworden sind, müssen wir unsere Brüder wirklich anschaulich kennenlernen.