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Die Barographennadel zeigte einundvierzigtausend-dreihundert, als mir klar wurde, daß es nicht weiterging. Die körperliche Anstrengung war nicht größer, als ich aushalten konnte, aber die Maschine stieß an ihre Grenze. Die verdünnte Luft konnte sie nicht mehr tragen, das Flugzeug schien träge zu werden, und bei der letzten Schleife fiel es zur Seite ab. Möglicherweise wären noch tausend Fuß drin gewesen, wenn das Triebwerk optimal funktioniert hätte, aber es gab immer noch Fehlzündungen, zwei der zehn Zylinder schienen ausgefallen zu sein. Hätte ich die anvisierte Zone nicht schon erreicht, dann würde ich sie auf dieser Reise wohl niemals sehen. Aber war es nicht durchaus möglich, daß ich angekommen war? Wie ein ungeheurer Adler schwebte ich auf vierzigtausend Fuß im Kreise. Den Eindecker überließ ich sich selber, während ich durch mein Mannheim-Glas die Umgebung genau beobachtete. Der Himmel war vollkommen klar; es gab kein Anzeichen der Gefahren, die ich mir vorgestellt hatte.

Ich sagte, daß ich in Kreisen flog. Plötzlich fiel es mir ein, daß es klug sein könnte, einen weiteren Bogen zu schlagen, um ein größeres Luftgebiet abzudecken. Betritt auf dem Erdboden ein Jäger den Urwald, so wird er ihn so lange durchstreifen, bis er sein Wild gefunden hat. Meine Überlegungen hatten dazu geführt, daß ich den Urwald der Atmosphäre irgendwo über Wiltshire suchen mußte. Das sollte südwestlich von mir sein. Ich orientierte mich an der Sonne, da der Kompaß hoffnungslos unbrauchbar war und kein Stückchen Erde zu sehen war - nichts als der ferne, silberne Wolkenteppich. Wie dem auch sei, ich orientierte mich so gut ich konnte und flog direkt in die ermittelte Richtung. Mein Benzinvorrat würde nicht länger als für eine weitere Stunde oder so reichen, aber ich konnte mir leisten, ihn bis zum letzten Tropfen zu verbrauchen, da ich jederzeit zur Erde zurückgleiten konnte.

Plötzlich bemerkte ich etwas Neues. Die Luft vor mir hatte ihre kristallene Klarheit verloren. Sie war voller langer, verwischter Streifen irgendeiner Substanz, die ich nur mit sehr feinem Zigarettenrauch vergleichen kann. In der Luft hingen Schlingen und Windungen, die sich im Sonnenlicht langsam drehten und teilten. Als ich hindurchschoß, hatte ich einen undeutlichen Geschmack von Öl auf den Lippen, auf den Holzteilen der Maschine war ein schleimiger Schaum. Irgendeine unendlich feine organische Materie schien in der Atmosphäre verteilt zu sein. Es gab dort kein Leben. Es war elementar und diffus, erstreckte sich über eine große Fläche, um dann in der Leere zu verschwinden. Nein, es war kein Leben. Aber könnten es nicht die Überreste von Leben gewesen sein? Ja, könnte es nicht Nahrung für Leben sein, für eine unheimliche Lebensform, so wie das Plankton im Ozean den Walen als Nahrung dient? Der Gedanke hatte mich erfaßt, und als ich meinen Blick nach oben wandte, sah ich die wundervollste Erscheinung, die je ein Mensch erblickt hat.

Kann ich hoffen, sie Ihnen so vermitteln zu können, wie ich sie am Donnerstag selbst gesehen habe?

Stellen Sie sich eine Qualle vor, wie sie an unseren Badestränden herumschwimmt, glockenförmig und von enormer Größe - ich würde sagen, viel größer als der Dom von St. Paul's. Die Kreatur war hellrosa mit feinen grünen Streifen, das Ganze aber so zart gezeichnet, daß es nur als schemenhafte Kontur vor dem dunkelblauen Himmel zu erkennen war. Es pulsierte schwach in regelmäßigem Rhythmus. Zwei lange grüne Tentakel hingen lose an ihm herunter und schwangen langsam vor und zurück. Dieses grandiose Bild zog allmählich in stiller Würde über mir vorbei, leicht und zerbrechlich wie eine Seifenblase.

Als ich das Flugzeug halb gewendet hatte, um dieser schönen Kreatur nachzublicken, fand ich mich plötzlich in einer ganzen Flotte von ihnen, alle Größen, doch keine so groß wie die erste. Einige von ihnen waren recht klein, die Mehrzahl jedoch so groß wie ein durchschnittlicher Ballon, auch ähnlich rund. Die Feinheit ihrer Zeichnung und Färbung erinnerte mich an bestes venezianisches Glas. Fahles Rosa und Grün waren die beherrschenden Töne, doch alles leuchtete wundervoll auf, wenn die Sonne hindurchschien. Einige hundert von ihnen trieben an mir vorüber, eine bezaubernde, märchenhafte Gruppe fremdartiger, unbekannter Himmelskreuzer -Geschöpfe, deren Form und Beschaffenheit in solchem Einklang mit dieser Höhenwelt waren, daß man sie vom Erdboden aus niemals erblicken konnte.

Doch bald wurde meine Aufmerksamkeit von einem neuen Phänomen angezogen - die Schlangen der Außenwelt. Sie waren lang und dünn, phantastische Windungen eines dunstartigen Stoffes. Sie umschlängelten mich mit so großer Geschwindigkeit, daß meine Augen ihnen kaum folgen konnten. Einige dieser gespenstischen Kreaturen waren zwanzig oder dreißig Fuß lang, es war jedoch schwer, ihren Umfang zu erkennen, da ihre Konturen so flüchtig waren, daß sie in der Luft zu verschwinden schienen. Diese Luftschlangen waren hellgrau oder rauchfarben mit einigen dunkleren Streifen darin, welche ihnen das Aussehen fest umschriebener Organismen verlieh. Eine von ihnen zischte direkt an meinem Gesicht vorbei, und ich spürte eine kalte, feuchte Berührung, aber ihre Physis war so ungreifbar, daß ich mich nicht im geringsten bedroht fühlte, nicht mehr als von den schönen, glockengleichen Geschöpfen, die ihnen vorhergegangen waren. Sie waren so körperlos wie die Gischt einer Brandung.

Ein Erlebnis, das noch vor mir lag, sollte viel schrecklicher sein. Aus großer Höhe bewegte sich ein purpurner Dunstfleck auf mich zu, der schnell größer wurde, als er näher kam. Schließlich schien er hunderte Quadratmeter groß zu sein. Obwohl er aus einer transparenten, geleeartigen Masse bestand, hatte er nichtsdestoweniger viel schärfere Konturen und eine weit festere Konsistenz als alles, was ich vorher gesehen hatte. Auch waren mehr Körperteile zu erkennen, besonders zwei unheimlich dunkle, runde Flecken an den Seiten, welche die Augen gewesen sein mögen, sowie ein vollkommen fester weißer Vorsprung zwischen ihnen, der so krumm und grausam war wie ein Geierschnabel.

Der ganze Anblick dieses Monsters war erschreckend, es veränderte sein Aussehen von hell malvenfarbig bis zu einem dunklen, bösen Violett, das dicht genug war, einen Schatten zu werfen. An der Oberseite seines Körpers waren drei große Ausbuchtungen, die ich nur als riesige Blasen beschreiben kann. Als ich sie ansah, war ich überzeugt, daß sie mit einem extrem leichten Gas gefüllt waren, das dazu diente, die formlose, halbfeste Masse in der dünnen Luft zu tragen. Die Kreatur hielt leicht die Geschwindigkeit meiner Maschine und war für zwanzig Meilen mein schrecklicher Begleiter, der über mir schwebte wie ein Raubvogel, bereit zuzuschnappen. Sie bewegte sich vorwärts, indem sie, so schnell, daß man es nur schwer verfolgen konnte, ein klebriges Band ausspuckte, an dem sich der restliche, sich krümmende Körper nach vorne zog. Es war so gallertartig elastisch, daß es jede Minute seine Form änderte, und nach jeder Veränderung sah es erschreckender und ekelhafter aus als vorher.

Ich wußte, daß es Ärger bedeutete. Jede purpurne Verdunklung seines widerwärtigen Körpers sagte mir das. Die verschwommenen, glotzenden Augen, immer auf mich gerichtet, waren kalt und gnadenlos in ihrem klebrigen Haß. Um ihm zu entkommen, tauchte ich ab. In diesem Augenblick kam aus der brodelnden Masse blitzschnell ein langer Tentakel herausgeschossen, der sich wie ein feuchtes Tuch um den Bug meiner Maschine legte. Als er den heißen Motor für einen Augenblick berührte, gab es ein lautes Zischen, und er zog sich wieder zurück, während sich der große flache Körper in schnellem Schmerz zusammenzog. Ich tauchte nochmals steil ab, aber wieder schnellte ein Fangarm zum Flugzeug und wurde, so leicht, wie man eine Rauchfahne zerschneidet, vom Propeller abgehackt. Ein langer, glitschig-glatter, schlangenartiger Arm kam jetzt von hinten, umgriff meine Taille und zog mich aus der Kabine. Ich zog an ihm, meine Finger sanken ein in der weichen, leimigen Oberfläche, für einen Augenblick war ich befreit, bevor ein anderer Arm einen Stiefel umschlang und mich fast umriß.