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„Ich bin ganz Ihrer Meinung. Leute, denen man ein Verbrechen vorgeworfen hat, sollten, wenn sie unschuldig sind, auch öffentlich ihre Unschuld bestätigt bekommen. Aber um zur Sache zu kommen ich beabsichtige, den Fall Kellogg zuerst und dann den Fall Holloway zu verhandeln. Sind Sie beide damit einverstanden?“

„Absolut nicht, Euer Ehren“, erwiderte Brannhard prompt. „Die ganze Grundlage unserer Verteidigung ist, daß dieser Borch bei der Ausübung eines ungesetzlichen Aktes getötet wurde. Wir sind bereit, das zu beweisen, aber wir möchten nicht, daß unser Fall durch eine vorhergehende Verhandlung präjudiziert wird.“

Coombes lachte. „Mr. Brannhard möchte seinen Mandanten reinwaschen, indem er den meinen von vornherein verurteilt. Damit können wir uns natürlich nicht einverstanden erklären.“

„Ja, und er bringt denselben Einwand gegen Sie vor. Nun, ich werde beide Einwände aus der Welt schaffen. Ich werde veranlassen, daß die beiden Fälle vereinigt werden und daß man die beiden Beklagten gleichzeitig vor Gericht stellt.“

Gus Brannhards Augen leuchteten auf; Coombes dagegen war gar nicht einverstanden.

„Euer Ehren, ich nehme doch an, daß dieser Vorschlag scherzhaft gemeint war“, sagte er.

„Ganz und gar nicht, Mr. Coombes.“

„Dann, Euer Ehren — mit allem Respekt gesagt — muß ich doch sagen, daß das höchst ungewöhnlich ist — um nicht zu sagen unkorrekt. Es handelt sich hier nicht um zwei Komplizen, denen man das gleiche Verbrechen zur Last legt — es handelt sich hier um zwei Männer, die zweier verschiedener krimineller Akte bezichtigt werden, und die Verurteilung des einen würde beinahe automatisch den Freispruch des anderen bedeuten. Ich weiß nicht, wer anstelle von Mohammed O'Brien die Anklage vertreten soll, aber der arme Kerl tut mir jetzt schon leid.“

„Nun, wir werden nicht nur einen Anklagevertreter haben, Mr. Coombes, sondern zwei. Ich werde Sie und Mr. Brannhard als Anklagevertreter vereidigen, und Sie können Mr. Brannhards Mandanten und er den Ihren unter Anklage stellen. Ich glaube, damit wären alle Einwände beseitigt.“

Es kostete ihn sichtlich Mühe, einen der Würde seines Amtes entsprechenden Gesichtsausdruck beizubehalten. Brannhard hingegen grinste wie eine Katze, die soeben einen Sonntagsbraten aufgefressen hatte. Leslie Coombes dagegen stand der Schweiß auf der Stirn.

„Euer Ehren, das ist ein hervorragender Vorschlag“, erklärte Brannhard. „Ich werde mit dem größten Vergnügen die Anklage gegen Mr. Coombes' Mandanten vertreten.“

„Nun, alles was ich sagen kann, Euer Ehren, ist, daß dieser Vorschlag noch ungewöhnlicher ist als der erste, den Sie heute machten!“

„Mr. Coombes, ich habe das Gesetz und die Regeln der Jurisprudenz äußerst sorgfältig überprüft, und ich habe darin keine Vorschrift gefunden, die einem solchen Vorgehen widerspräche.“

Jack erreichte ein nicht endenwollender Strom von Berichten, wonach hier und dort Fuzzys gesichtet worden seien, oft sogar gleichzeitig in weit auseinanderliegenden Teilen der Stadt. Einige stammten von publicitysüchtigen Menschen oder pathologischen Lügnern und Verrückten, andere waren das Ergebnis üppiger Phantasie. Es bestand auch Grund zu der Annahme, daß eine nicht geringe Zahl davon ihren Ursprung in der Zarathustragesellschaft hatte und nur dazu bestimmt war, die Sucharbeiten zu erschweren. Ein Umstand aber machte Jack Holloway Mut. Die Firmenpolizei der Zarathustragesellschaft führte eine gründliche, wenn auch geheime Suchaktion durch, und gleichzeitig beschäftigte sich die Polizei von Mallorys Port, die unter der Kontrolle der Gesellschaft stand, mit der Suche nach den Fuzzys.

Max Fane widmete sich beinahe ausschließlich dieser Aufgabe. Das kam nicht davon, daß er schlecht auf die Gesellschaft zu sprechen war — wenn das auch der Fall war — und auch nicht daher, daß der Oberrichter ihn drängte. Marshal Fane war einfach für die Fuzzys eingestellt. Und das gleiche galt für die Kolonialkonstabler, über die Nick Emmerts Verwaltung praktisch keine Autorität hatte. Colonel Jan Ferguson, der Kommandant, unterstand direkt dem Kolonialbüro auf der Erde. Er hatte telephonisch seine Hilfe angeboten, und George Lunt, auf dem Betakontinent, rief täglich an, um sich nach den Fortschritten zu erkundigen, die die Suchaktion machte.

Binnen einer Woche waren die im Camp gemachten Filme im Fernsehen so oft gezeigt worden, daß das Interesse an ihnen langsam erlahmte. Aber Baby stand immer noch für neue Aufnahmen zur Verfügung, und es dauerte nur ein paar Tage, bis eine Sekretärin eingestellt werden mußte, um seine Verehrerpost zu beantworten. Einmal, als Jack eine Bar betrat, glaubte er, Baby auf dem Kopf einer Frau sitzen zu sehen. Als er genauer hinsah, stellte er fest, daß es sich um eine Fuzzy-Puppe handelte, die mit einem Elastikband festgehalten wurde. Binnen einer Woche sah er Baby-Fuzzy-Hüte in der ganzen Stadt, und die Schaufenster wimmelten von lebensgroßen Fuzzy-Puppen.

Zwei Wochen nach dem Verschwinden der Fuzzys besuchte Marshal Fane Jack. Sie saßen eine Weile im Wagen, und Fane sagte:

„Wissen Sie, Jack, es ist seltsam. Niemand hat eine Spur von ihnen gesehen. Die Gegend wimmelt von Landgarnelen, aber niemand hat geknackte Panzer gefunden. Und sechs aktive verspielte neugierige Fuzzys können nicht einfach verborgen bleiben. Normalerweise sollten sie versuchen, Obststände auszurauben und anderen Unfug zu stiften. Aber nichts dergleichen. Die Gesellschaftspolizei hat die Suche schon aufgegeben.“

„Nun, ich werde das nicht tun. Irgendwo müssen sie doch sein.“

Er schüttelte Fane die Hand und stieg aus dem Wagen. „Sie haben sich sehr bemüht, Max. Wirklich, ich danke Ihnen von Herzen.“

Gus Brannhard war nicht da, als er die Zimmerflucht betrat, die sie gemeinsam gemietet hatten. Ben Rainsford saß an einem Lesegerät und studierte einen Psychologietext, während Gerd an einem Schreibtisch arbeitete, den er sich hatte bringen lassen. Baby spielte auf dem Boden mit den hübschen neuen Spielsachen, die man ihm gebracht hatte. Als Pappi Jack hereinkam, ließ er sie fallen und rannte auf ihn zu, um sich aufheben zu lassen.

„George hat angerufen“, sagte Gerd. „Sie haben auf ihrer Station jetzt eine Fuzzyfamilie.“

„Oh, das ist aber fein.“ Jack war bemüht, ehrliche Begeisterung zu zeigen. „Wie viele?“

„Fünf, drei Männchen und zwei Weibchen. Sie nennen sie Dr. Crippen, Dillinger, Al Capone, Calamity Jane und Lizzy Borden.“

Typisch für einen Haufen Polizisten, unschuldigen Fuzzys solche Namen anzuhängen!

„Warum rufst du die Station nicht an und sagst guten Tag?“ fragte Ben. „Baby mag sie. Es hat ihm furchtbar Spaß gemacht, sie auf dem Bildschirm zu sehen.“

Jack ließ sich überreden und stellte die Verbindung her. Es waren nette Fuzzys, beinahe, wenn auch nicht ganz so nett wie seine eigenen.

„Wenn Ihre Familie nicht rechtzeitig für die Verhandlung auftaucht, kann Gus ja die unsere vorführen“, schlug Lunt vor. „Irgend etwas müßt ihr vor Gericht doch zeigen. In zwei Wochen kann diese Bande hier alle möglichen Tricks. Ihr solltet sie jetzt sehen — und dabei haben wir sie erst seit gestern nachmittag.“

Jack sage, er hoffte, seine eigenen bis dahin zurück zu haben; aber er wußte selbst, daß seine Stimme dabei nicht besonders überzeugt klang.

12.

Ben Rainsford flog zum Betakontinent zurück, Gerd van Riebeek blieb in Mallorys Port. Die Konstabler von Station fünfzehn hatten für ihre Fuzzys stählerne Garnelentöter angefertigt und berichteten einen merklichen Rückgang der Garnelenplage. Sie fertigten ihnen auch einen Satz maßstäblich verkleinerter Tischlerwerkzeuge, woraus sich ihre Fuzzys aus alten Kisten und Holzabfällen ein Haus zimmerten. Ein Paar Fuzzys tauchten in Ben Rainsfords Lager auf, der sie adoptierte und ihnen die Namen Flora und Fauna gab.

Ein jeder hatte jetzt Fuzzys, und Pappi Jack hatte nur Baby. Er lag auf dem Boden seines Wohnzimmers und lehrte Baby Knoten binden. Gus Brannhard, der den größten Teil des Tages in dem Büro des Gerichtsgebäudes verbrachte, das man ihm in seiner Eigenschaft als Sonderstaatsanwalt eingerichtet hatte, flegelte in einem Lehnstuhl und rauchte eine Zigarre. Dazu trank er Kaffee — sein Whiskykonsum war bis auf ein paar Drinks pro Tag zurückgegangen — und studierte an zwei Lesegeräten zugleich juristische Texte, wobei er hin und wieder Bemerkungen auf ein Bandgerät diktierte. Gerd saß am Schreibtisch, wo er große Mengen Papier mit dem Versuch verbrauchte, etwas mittels Logikkalkül zu lösen. Plötzlich knüllte er ein Blatt zusammen und warf es fluchend auf den Boden. Brannhard blickte von seinem Lesegerät auf.