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»Sie sehen also, Ernst, das ist das Problem.«

Leonhard Kellogg legte diese Worte noch auf das bisher Gesagte drauf, um ihm das rechte Gewicht zu verleihen. Dann wartete er. Ernst Mallin saß reglos da, die Ellbogen auf den Tisch und das Kinn in die Hände gestützt. Feine Runzeln erschienen an seinen Lippenrändern.

»Ja. Ich bin natürlich kein Anwalt, aber…«

»Das ist keine rechtliche Frage. Es ist ein Problem für einen Psychologen.«

Damit lag es wieder bei Ernst Mallin, wie er wußte.

»Ich müßte sie schon selbst sehen, bevor ich meine Meinung dazu sagen kann. Sie haben Holloways Band bei sich?« Als Kellogg nickte, fuhr Mallin fort: »Hat einer von ihnen ausdrücklich behauptet, es handle sich um vernunftbegabte Wesen?«

Kellogg gab die gleiche Antwort, die er Victor Grego gegeben hatte, fügte dann noch hinzu:

»Der Bericht besteht beinahe ausschließlich aus Holloways unbestätigten Behauptungen über Dinge, von denen er angibt, der einzige Augenzeuge gewesen zu sein.«

»Ah.« Mallin gestattete sich ein kleines Lächeln. »Und er ist kein qualifizierter Beobachter. Was das betrifft, ist das auch Rainsford nicht, unabhängig davon, welche Position er als Xeno-Wissenschaftler einnimmt. In den Psychowissenschaften ist er ein völliger Laie. Er hat einfach die Angaben eines anderen unkritisch übernommen. Und was die Beobachtungen betrifft, die er behauptet, selbst gemacht zu haben — woher wissen wir denn, daß darin nicht eine Menge falscher Eindrücke enthalten sind?«

»Woher wollen wir wissen, daß er nicht einen gewollten Betrug veranstaltet?«

»Aber, Leonhard, das ist doch eine schwerwiegende Anschuldigung.«

»Das ist alles schon dagewesen. Wie etwa der Kerl, der eine Marsianische Hochland-Inschrift in einer Höhle in Kenia angebracht hat, zum Beispiel. Oder Hellermans Behauptung, eine terranische Maus mit einem thoranischen Tilbras gekreuzt zu haben. Oder der Piltdown-Mensch im ersten präatomaren Jahrhundert?«

Mallin nickte. »Keiner von uns wünscht sich so etwas, aber Sie haben recht, es ist schon vorgekommen.«

»Dann ist es unsere Pflicht, diese Geschichte zu verhindern, bevor daraus ein Skandal in Hellermans’schen Dimensionen wird.«

»Zuerst müssen wir das Band überprüfen, damit wir wissen, womit wir es genau zu tun haben. Dann müssen wir diese Tiere gründlich und unvoreingenommen überprüfen und Rainsford und seinem Komplizen klarmachen, daß man der wissenschaftlichen Welt nicht ungestraft solche lächerlichen Behauptungen auftischen kann. Wenn wir sie nicht im Guten überzeugen können, bleibt uns nichts anderes übrig, als das in aller Öffentlichkeit zu tun.«

»Ich habe das Band schon gehört, aber wir können es ja noch einmal abspielen. Wir wollen diese Tricks analysieren, die dieser Holloway den Tieren beigebracht hat, und sehen, was sie beweisen.«

»Ja, natürlich, das müssen wir sofort tun«, sagte Mallin. »Dann werden wir überlegen müssen, was für eine Erklärung wir herausgeben und welche Art Beweismaterial wir zu ihrer Unterstützung benötigen.«

Nach dem Abendessen durften die Fuzzys auf dem Rasen herumtollen. Als aber dann die Dämmerung aufkam, gingen sie alle ins Haus, und jeder bekam eins der neuen Spielzeuge aus Mallorys Port — eine große Kiste mit vielfarbigen Bällen und kurze Stäbe aus durchsichtigem Plaste. Sie wußten nicht, daß es sich um einen Molekülmodellbaukasten handelte, stellten aber schnell fest, daß die Stäbe in die Löcher in den Bällen paßten und daß man auf diese Weise dreidimensionale Gebilde bauen konnte.

Das machte viel mehr Spaß als die bunten Steine. Sie bauten sich einige kleinere Gebilde, zerlegten sie dann aber wieder und begannen mit einem einzigen großen Stück. Ein paarmal rissen sie es wieder ab und begannen von vorn, gewöhnlich von erheblichem Quieken und Gestikulieren begleitet.

»Sie haben eine künstlerische Ader«, sagte van Riebeek. »Ich habe schon viele abstrakte Skulpturen gesehen, die nicht halb so gut waren wie das, was sie hier tun.«

»Gute Ingenieure sind sie auch«, fügte Jack hinzu. »Sie verstehen etwas von Gleichgewicht und vom Schwerpunkt. Sie stützen das Ganze gut ab und achten darauf, daß es nicht kopflastig wird.«

»Jack, ich habe über die Frage nachgedacht, die ich mir selbst stellen sollte«, sagte Jimenez. »Wissen Sie, ich kam voller Mißtrauen hierher. Nicht, daß ich an Ihrer Ehrlichkeit zweifelte; ich hatte nur gedacht, daß Sie Ihre Zuneigung, die Sie offenbar zu den Fuzzys verspüren, so weit gehen lassen, daß Sie ihnen mehr Intelligenz zuschreiben, als sie wirklich besitzen. Jetzt dagegen meine ich, daß Sie sie sogar unterschätzen. Abgesehen von tatsächlicher Vernunft habe ich noch nie etwas Ähnliches gesehen.«

»Warum abgesehen?« fragte van Riebeek. »Ruth, Sie waren den ganzen Abend so ruhig — was meinen Sie?«

Ruth Ortheris schien unschlüssig zu sein. »Gerd, es ist noch zu früh, um sich eine Meinung zu bilden. Ich weiß, daß die Art, wie sie zusammenarbeiten, nach zweckvoller Tätigkeit auf ein vereinbartes Ziel hindeutet, aber ich kann dieses Quieken einfach nicht als Sprache erkennen.«

»Lassen wir doch einmal die Sprache und die Feuer-Regel beiseite«, sagte van Riebeek. »Wenn sie an einem gemeinsamen Projekt arbeiten, müssen sie doch irgendwie kommunizieren.«

»Das ist keine Kommunikation, das ist Symbolisieren. Man kann einfach nicht vernunftbegabt denken, ausgenommen in verbalen Symbolen.«

»Ich beharre darauf, daß eine Sprache nicht entwickelt werden kann, wenn nicht vorher Vernunft existiert«, sagte Jack.

Ruth lachte. »Das erinnert mich an mein College. Es war die bedeutsamste Frage der Studenten im ersten Jahr. Im zweiten bereits wurde uns aber klar, daß es die alte Huhn-oder-Ei-Geschichte ist.«

»Nun, vielleicht sind sie nur geringfügig vernunftbegabt«, warf Jimenez ein.

Ruth Ortheris lacht wieder. »Das wäre dasselbe, als spreche man davon, daß jemand geringfügig tot ist oder nur ein wenig schwanger«, sagte sie dann. »Man ist es, oder man ist es eben nicht.«

»Vernunft«, versuchte van Riebeek zu erklären, »ist das Ergebnis der natürlichen Selektion in der Evolution, genauso, wie es bei körperlichen Merkmalen abläuft, und es ist ein äußerst wichtiger Schritt in der Evolution jeder Rasse, eingeschlossen unsere eigene.«

»Moment mal, Ruth«, meldete sich Rainsford. »Soll das heißen, daß es in bezug auf Vernunft keine graduellen Unterschiede gibt?«

»Nein. Es gibt Grade der geistigen Entwicklung — Intelligenz, wenn Sie so wollen —, genauso wie es Temperaturgrade gibt. Aber Vernunft ist eben fundamental unterschiedlich zu Nicht-Vernunft. Man könnte es so ausdrücken, daß eine Entwicklung der Intelligenz sich so steigert, daß sie schließlich einen Siedepunkt erreicht, von dem an man von Vernunft sprechen kann.«

»Ich halte das für eine sehr gute Analogie«, gestand Rainsford ein. »Aber was geschieht, wenn dieser Siedepunkt erreicht ist?«

»Genau das müssen wir herausfinden«, sagte van Riebeek ihm. »Wir wissen heute genausowenig, wann Vernunft aufgetreten ist, wie im Jahre Null oder im Jahr 654 der präatomaren Ära.«

»Einen Augenblick«, unterbrach Jack. »Bevor wir weiterreden, sollten wir einmal den Begriff ›Vernunft‹ definieren.«

Van Riebeek lachte. »Haben Sie schon einmal versucht, von einem Biologen eine Definition des Begriffs ›Leben‹ zu bekommen?« fragte er. »Oder von einem Mathematiker die Definition des Begriffs ›Zahl‹?«

»Das ist es ja gerade«, sagte Ruth Ortheris. Mit einem Blick zu den Fuzzys versuchte sie, eine Definition zu geben. »Ich würde sagen, ein gewisses Niveau geistiger Aktivität, das sich qualitativ von der Nicht-Vernunft darin unterscheidet, daß es die Fähigkeit einschließt, Ideen zu symbolisieren, aufzuspeichern und weiterzuleiten, ebenso wie die Fähigkeit zu Verallgemeinern und die Fähigkeit, abstrakte Ideen zu bilden. Da — jetzt habe ich kein Wort von Sprache und Feuermachen gesagt.«