Van Riebeek trat ein, schnallte seinen Waffengurt ab. Er drehte seinen Stuhl so, daß er im Sitzen zur Tür hinausschauen konnte, die Waffe vor sich auf dem Boden. Dann begann er, Leonhard Kellogg in vier oder fünf Sprachen zu verfluchen.
»Nun, im Prinzip bin ich Ihrer Meinung«, sagte Jack. »Aber was hat er denn jetzt getan?«
»Wissen Sie, was dieser Sohn eines Kooghras vorhat?« fragte Gerd. »Er und dieser…« Er benutzte einige Worte in sheshanischer Sprache, die auf Terra nicht ihresgleichen hatten. »Er und dieser Schwachkopf Mallin bereiten einen Bericht vor, in dem sie Ihnen und Ben Rainsdorf vorwerfen, einen handfesten Schwindel inszenieren zu wollen. Sie haben die Fuzzys ein paar Tricks gelehrt, haben ihre Gerätschaften selbst hergestellt, und Sie und Rainsford haben sich zusammengetan, um die Fuzzys zu vernunftbegabten Wesen erklären zu lassen. Jack, wenn das nicht eine elende Gemeinheit wäre, wäre es der größte Witz des Jahrhunderts!«
»Ich nehme an, die beiden wollten, daß Sie diesen Bericht ebenfalls unterzeichnen?«
»Ja, und ich habe Kellogg gesagt, er könne mich…« Was Kellogg hätte tun sollen, war offenbar in jeder Weise unausführbar. Er fluchte erneut, zündete sich dann eine Zigarette an. »Folgendes ist passiert: Kellogg und ich, wir befanden uns etwa dreißig Kilometer nördlich des Cold Creek. Sie wissen sicherlich, wo ich meine? Oben an der Stelle, wo Sie gesprengt haben. Nun, wir fanden eine Stelle, an der Fuzzys gelagert hatten. Und wir entdeckten ein kleines Grab, wo die Fuzzys einen der Ihren bestattet hatten.«
Er hätte mit so etwas rechnen müssen, und doch überraschte es ihn sehr. »Sie meinen, sie begraben ihre Toten? Wie sah das Grab aus?«
»Ein kleiner Steinhügel, in der Fläche etwa neunzig Zentimeter mal einen Meter zwanzig, etwa dreißig Zentimeter hoch. Kellogg sagte, daß sei bloß ich großes Abfalloch, aber ich wußte sofort, worum es sich handelte. Ich habe es geöffnet. Unter den Steinen war festgestampfte Erde und dann ein toter Fuzzy, eingehüllt in Gras. Ein Weibchen; irgendein Raubtier, vielleicht ein Buschgoblin, hatte sie angefallen und zerrissen. Und passen sie gut auf, Jack: sie hatten ihren Garnelentöter mit begraben.«
»Sie begraben ihre Toten! Was hat Kellogg denn getan, während Sie das Grab öffneten?«
»Er rannte hektisch umher, während ich begeistert davon sprach, wie bedeutsam dieser Fund sei. Er drängte ständig nur darauf, endlich wieder ins Lager zurückzukehren. Über Funk forderte er Mallin auf, das auch zu tun, und als er ihm dann erzählte, was wir gefunden hatten, wollte Mallin sofort mit aschfahlem Gesicht wissen, wie wir die Geschichte verheimlichen könnten. Ich fragte ihn, ob er verrückt geworden sei, und dann kam Kellogg damit heraus — sie wollen auf keinen Fall, daß den Fuzzys Vernunft nachgewiesen wird.«
»Weil die Gesellschaft Fuzzyfelle verkaufen will?«
Van Riebeek sah ihn überrascht an. »Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ich glaube, sie aber auch nicht. Nein. Wenn die Fuzzys nämlich intelligente Wesen sind, dann ist der Vertrag der Gesellschaft null und nichtig.«
Diesmal fluchte Jack, aber nicht auf Kellogg, sondern auf sich selbst.
»Was bin ich doch für ein Tattergreis! Mein Gott, ich kenne das Kolonialgesetz, schließlich habe ich mich auf unzähligen Planeten hart an seinem Rand bewegt. Daß ich nie daran gedacht habe — ja, er wäre wertlos, Sie haben recht. Wie stehen Sie jetzt überhaupt zur Gesellschaft?«
»Ich gehöre nicht mehr dazu, aber das ist mein Problem. Ich habe genug Geld auf der Bank, um meine Reise nach Terra bezahlen zu können, ganz abgesehen davon, was ich für meinen Gleiter und einige andere Sachen erhalte. Und Xeno-Naturforscher brauchen sich um einen Job nicht zu sorgen. Da wäre ja noch Ben mit seiner Gruppe. Und, mein Lieber, wenn ich nach Terra zurückkomme, werde ich ordentlich auspacken!«
»Wenn Sie zurückkommen. Wenn Ihnen nicht vor Betreten des Schiffes ein Unfall zustößt.« Jack dachte einen Augenblick lang nach. »Verstehen Sie etwas von Geologie?«
»Nun, ein wenig; ich habe manchmal mit Fossilien zu tun. Ich bin gleichermaßen Paläontologe und Zoologe. Warum?«
»Möchten Sie nicht eine Weile bei mir bleiben und mit mir versteinerte Quallen suchen? Wir werden zu zweit nicht automatisch die doppelte Menge finden, aber während ich in eine Richtung schaue, können Sie die andere im Auge behalten. Dadurch leben wir vielleicht etwas länger.«
»Ist das Ihr Ernst, Jack?«
»Ich hab’s doch gesagt, nicht wahr?«
Van Riebeek erhob sich und streckte Jack seine Hand hin. Jack kam um den Tisch herum und schüttelte sie. Dann griff er nach seinem Waffengurt und schnallte ihn sich um.
»Leg deinen auch lieber um, Partner«, sagte er. »Vermutlich ist Borch der einzige, für den wir eine Pistole brauchen werden, aber…«
Van Riebeek tat es ihm nach, zog seine Pistole, um die Kammer zu laden. »Was tun wir jetzt?« fragte er dann.
»Nun, wir werden versuchen, diese Sache auf legalem Weg zu bereinigen. Ich werde sogar die Polizei verständigen.«
Er betätigte die Kontrollen am Visifon. Der Bildschirm wurde hell, und dann erkannte man darauf das Innere einer Polizeistation. Der Sergeant, der sie ansah, erkannte ihn und grinste.
»Hallo, Jack. Wie geht’s der Familie?« fragte er. »Ich komme mal einen Abend ‘raus, um sie mir anzusehen.«
»Sie können gleich welche sehen.« Ko-Ko, Goldlöckchen und Cinderella kamen aus dem Schlaf räum herüber, und Jack setzte sie alle drei auf den Tisch. Der Sergeant war fasziniert. Dann mußte er bemerkt haben, daß die beiden Anrufer selbst im Haus ihre Waffen trugen. Seine Augen verengten sich.
»Gibt es Schwierigkeiten, Jack?« fragte er.
»Einige kleine, aber sie könnten größer werden. Ich habe hier einige Gäste, die mir nicht mehr willkommen sind. Oder besser: ungebetene Gäste, die ich hinauswerfen möchte. Wenn hier ein paar blaue Uniformen wären, könnte ich mir ein paar Kugeln sparen.«
»Ich verstehe. George hat schon erwähnt, daß Sie noch bedauern würden, diese Bande zu sich eingeladen zu haben.« Er griff nach dem Telefon. »Calderon an Wagen drei«, sagte er. »Hören Sie mich, drei? Jack Holloway hat Ärger mit einigen Besuchern. Ja, ganz richtig. Er will sie wegschicken und befürchtet, daß sie ihm Ärger machen werden. Jawohl, der friedfertige Jack Holloway. Fliegt also mal zu ihm hinüber und jagt diese Leute von seinem Grund. Wenn sie sich aufblasen und anführen, daß sie große Tiere der Gesellschaft seien, so interessiert uns das überhaupt nicht.« Er legte den Hörer zurück. »In einer Stunde werden sie da sein, Jack.«
»Ja, vielen Dank, Phil. Kommen Sie ruhig mal abends herüber und bleiben Sie eine Weile.«
Er schaltete das Gerät ab. »Weißt du«, sagte er dann. »Ich hielte es für fair, Kellogg wenigstens davon zu unterrichten. Wie ist seine Nummer?«
Gerd gab sie ihm, und Jack wählte sie — es war eine dieser komplizierten Kombinationen der Gesellschaft. Augenblicklich erschien Kurt Borch auf dem Bildschirm.
»Ich möchte mit Kellogg sprechen.«
»Dr. Kellogg ist im Augenblick sehr beschäftigt.«
»Er wird noch viel beschäftigter sein, wenn er hört, was ich zu sagen habe. Ihre ganze Bande hat bis achtzehn Uhr Zeit, von meinem Grund und Boden zu verschwinden.«
Borch wurde beiseite geschoben, und Kellogg erschien. »Was soll der Unsinn?« fragte er verärgert.
»Ich befehle Ihnen, zu verschwinden. Wollen Sie auch wissen, warum? Gerd van Riebeek kann es Ihnen sagen.«
»Sie können uns nicht so einfach wegschicken. Sie selbst haben uns doch die Erlaubnis erteilt…«
»Ist hiermit zurückgezogen. Im übrigen schickt Lunt zwei seiner Leute herüber. Ich gehe davon aus, daß Sie Ihre Sachen gepackt haben, wenn die beiden da sind.«
Er schaltete ab, während Kellogg ihm noch zu erklären versuchte, daß alles auf einem Mißverständnis beruhe.