»Ich denke, das wäre alles. Bis Sonnenuntergang ist es noch eine Weile — wir sollten ein wenig auf unsere neue Partnerschaft trinken. Dann gehen wir hinaus und beobachten den Feind.«
Als sie hinauskamen und sich auf die Bank neben der Küchentür setzten, war noch keine Feindtätigkeit zu sehen. Kellogg hatte inzwischen vermutlich die Polizeistation angerufen und sich alles bestätigen lassen, und außerdem gab es sicherlich eine Menge zu packen. Nach einer Weile tauchte Kurt Borch mit einem Antigrav-Heber voller Kisten und anderem Gepäck auf. Jimenez ging daneben her und achtete darauf, daß nichts herunterfiel. Jimenez kletterte auf den Gleiter und Borch hob die Last an und kehrte wieder in die Hütte zurück. Dies wiederholte sich mehrere Male. Unterdessen schienen Kellogg und Mallin einige Meinungsverschiedenheiten zu haben. Ruth Ortheris kam mit einer Mappe unter dem Arm heraus und setzte sich unter dem Sonnenschutzzelt an einen Tisch.
Weder Jack noch Gerd hatten auf die Fuzzys geachtet, bis sie einen entdeckten, der gerade den Weg zu der kleinen Brücke hinunterlief.
»Sieh dir diesen Dummkopf an. Bleib hier, Gerd, ich hol sie schon ein.« Jack hatte Goldlöckchen erkannt.
Er lief den Weg hinunter, aber als er dann die Brücke erreicht hatte, war Goldlöckchen schon hinter einem Gleiter vor Kelloggs Lager verschwunden. Als er näherkam, noch etwa sechs Meter von dem Fahrzeug entfernt war, hörte er plötzlich einen Laut, wie er ihn noch nie zuvor gehört hatte — ein schrilles, dünnes Kreischen, als ob eine Feile auf einem Sägeblatt entlangfuhr. Im gleichen Augenblick schrie Ruth:
»Nicht! Tun Sie es nicht, Leonhard!«
Als Jack den Gleiter umrundete, erstarb das Kreischen urplötzlich. Goldlöckchen lag am Boden, ihr Fell hatte sich gerötet. Kellogg stand über ihr, hatte einen Fuß erhoben. Er trug weiße Schuhe; sie waren beide mit Blut verschmiert. Mit seinem Fuß trat er auf den kleinen, blutenden Körper, und dann war Jack über ihm. Etwas krachte furchtbar, als seine Faust im Gesicht des anderen landete. Wieder und wieder schlug er zu. Später wußte er nicht mehr, wie oft er das getan hatte, als Ruth Ortheris’ Stimme zu ihm durchdrang.
»Jack, passen Sie auf! Hinter Ihnen!«
Er ließ Kelloggs Hemd los, sprang zur Seite, drehte sich um und griff dabei nach seiner Pistole. Kurt Borch stand etwa acht Meter von ihm entfernt und hielt seine Waffe auf ihn gerichtet.
Jack feuerte blitzschnell, immer noch aus der Drehbewegung heraus. Auf Borchs Hemd bildete sich ein roter Fleck, der ein gutes Ziel abgab. Jack drückte noch einmal ab. Borch ließ seine Pistole fallen, die er nicht mehr hatte abfeuern können, knickte in den Knien ein, schlug dann vornüber auf den Boden.
Hinter ihm ertönte Gerd van Riebeeks Stimme. »Keine Bewegung; jeder nimmt die Hände hoch. Sie auch, Kellogg.«
Kellogg, der am Boden gelegen hatte, stemmte sich in die Höhe. Aus der Nase strömte Blut, und er versuchte, es mit dem Ärmel seiner Jacke abzuwischen. Als er auf seine Leute zutaumelte, prallte er mit Ruth Ortheris zusammen, die ihn wütend von sich stieß… Dann kniete sie neben dem kleinen geschundenen Körper nieder und berührte ihn. Ruth begann zu weinen.
Juan Jimenez war aus dem Gleiter geklettert und starrte mit schreckgeweiteten Augen auf die Leiche Kurt Borchs.
»Sie haben ihn umgebracht!« schrie er. »Ermordet!« Er rannte auf das Wohngebäude zu.
Gerd van Riebeek feuerte ihm einen Schuß vor die Beine, worauf er wie angewurzelt stehenblieb.
»Helfen Sie Dr. Kellogg, Juan«, trug er ihm auf. »Er ist verletzt.«
»Rufen Sie die Polizei«, sagte Mallin. »Ruth, machen Sie das, auf Sie wird man nicht schießen.«
»Lassen Sie nur. Ich habe sie ja schon gerufen, wie Sie sich vielleicht erinnern«, warf Jack ein.
Jimenez hatte ein Taschentuch hervorgeholt und versuchte, damit das Nasenbluten seines Vorgesetzten zu stillen. Kellogg versuchte die ganze Zeit mit undeutlicher Stimme Mallin zu erklären, daß das ganze nicht seine Schuld sei.
»Das kleine Biest hat mich angegriffen; es hat mich mit seinem Speer gestochen.«
Ruth Ortheris sah auf. Die anderen Fuzzys kauerten neben ihr um die Leiche von Goldlöckchen.
»Sie zupfte ihn nur am Hosenbein, so wie sie es immer machen, wenn sie jemanden auf sich aufmerksam machen wollen«, sagte sie dann. Sie verstummte, weil ihre Stimme versagte. »Und er hat sie solange getreten, bis sie tot war«, fügte sie dann hinzu.
»Ruth, schweigen Sie!« herrschte Mallin sie an. »Das Tier hat Leonhard angegriffen und hätte ihn ernsthaft verwunden können.«
»Was es auch getan hat!« Kellogg, der sich immer noch das Tuch vor die Nase hielt, zog mit der freien Hand sein Hosenbein in die Höhe, zeigte auf eine blutende Stelle an seinem Schienbein. Sie sah aus wie ein kleiner Kratzer. »Sie haben es selbst gesehen.«
»Ja, das habe ich! Ich sah, wie Sie sie wegstießen und dann auf ihr herumtrampelten. Dabei wollte sie Ihnen nur ihr neues Spielzeug zeigen.«
Jack tat es inzwischen leid, daß er Kellogg nicht in dem Augenblick erschossen hatte, als er sah, was vor sich ging. Die anderen Fuzzys hatten versucht, Goldlöckchen auf die Füße zu stellen. Als sie begriffen hatten, daß das keinen Sinn hatte, ließen sie den toten Körper wieder sinken und kauerten sich im Kreis herum, wobei sie leise Klagelaute von sich gaben.
»Wenn gleich die Polizei kommt, verhalten Sie sich still«, verlangte Mallin. »Überlassen Sie das Reden mir.«
»Sie wollen wohl Zeugen einschüchtern, Mallin, wie?« fragte Gerd. »Wissen Sie denn nicht, daß auf der Polizeistation jeder unter dem Lügendetektor aussagen muß? Und Sie werden als Psychologe bezahlt.« Dann bemerkte er, wie einige der Fuzzys ihre Köpfe hoben und nach Südosten sahen. »Jetzt kommt die Polizei.«
Aber es handelte sich nur um Ben Rainsfords Gleiter, auf dessen Ladedeck eine Zebralope festgebunden war. Ben überflog Kelloggs Lager, landete dann und sprang mit gezogener Waffe heraus.
»Was ist passiert, Jack?« fragte er und sah sich dann um. Sein Blick ging von Kellogg zu Borch und der Waffe neben Borchs Leiche und zu Goldlöckchen. »Ich verstehe. Das letzte Mal, als jemand eine Waffe gegen dich zog, nannte man es Selbstmord.«
»Das war es diesmal auch, mehr oder weniger. Hast du in deinem Fahrzeug eine Filmkamera? Dann mach ein paar Aufnahmen von Borch und Goldlöckchen. Und achte dann darauf, ob die Fuzzys irgend etwas unternehmen; nimm es ebenfalls auf. Ich denke, du wirst nicht enttäuscht sein.«
Rainsford sah ihn verblüfft an, steckte dann aber seine Waffe ein, ging zu seinem Gleiter zurück und kam mit einer Kamera wieder. Mallin bestand darauf, daß er als Arzt das Recht habe, Kelloggs Verletzungen zu behandeln. Gerd van Riebeek folgte ihm in das Wohngebäude, um eine Erste-Hilfe-Ausrüstung zu holen. Sie kamen gerade wieder heraus — van Riebeeks Waffe in Mallins Rücken —, als der Polizeigleiter neben Rainsfords Fahrzeug niederging. Das war nicht Wagen drei. George Lunt sprang heraus, öffnete dabei sein Pistolenhalfter, während Ahmed Khadra ins Funkgerät sprach.
»Was ist geschehen, Jack? Warum haben Sie nicht gewartet, bis wir hier sind?«
»Dieser Verrückte hat mich angegriffen und diesen Mann da drüben ermordet!« erregte sich Kellogg.
»Heißen Sie auch Jack?« fragte Lunt.
»Mein Name ist Leonhard Kellogg, und ich bin Chef der…«
»Dann halten Sie den Mund, bis Sie gefragt werden. Ahmed, rufen Sie die Station an, Knabber und Yorimitsu sollen mit ihren Untersuchungsgeräten herkommen. Und erkundigen Sie sich, was Wagen drei aufhält.«
Mallin hatte inzwischen das Verbandszeug ausgepackt, Gerd seine Waffe eingesteckt. Kellogg drückte sich immer noch das Tuch an die Nase und wollte wissen, was es hier noch zu untersuchen gäbe.
»Da haben Sie doch den Mörder. Sie haben ihn doch auf frischer Tat ertappt. Warum verhaften Sie ihn nicht?«
»Jack, gehen wir dort hinüber, wo wir diese Leute bewachen können, ohne sie ständig hören zu müssen«, sagte Lunt. Er sah zu Goldlöckchens Leiche. »Geschah das zuerst?«