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Brannhard schenkte sich noch einen Whisky ein und trank ihn, bevor eines der vernunftbegabten Wesen in seiner Umgebung sich daran vergreifen konnte.

»Es ist also kein Problem«, fuhr er fort. »Wenn ich beweisen will, daß Jack Holloway im Recht war, als er Kurt Borch niederschoß, muß ich zuerst beweisen, daß Kurt Borch nicht im Recht war, als er Jack bedrohte und Kellogg zu Hilfe kommen wollte. Und um das tun zu können, muß wiederum bewiesen werden, daß Kellogg sich im Unrecht befand, als er den Fuzzy niedertrampelte. Das geht nur, wenn die Fuzzys vernunftbegabte Wesen sind. Dies wird ein Schwerpunkt meiner Verteidigung werden.«

»Dazu brauchen wir Aussagen von Experten«, warf Rainsford ein. »Aussagen von Psychologen. Und ich nehme an, wir alle wissen, daß die einzigen Psychologen auf diesem Planeten von der Gesellschaft angestellt sind.« Er leerte sein Glas und sah zu den letzten Eiswürfeln auf dem Boden seines Glases, dann erhob er sich, um nachzuschenken. »Ich hätte genauso gehandelt wie du, Jack, trotzdem wäre es mir lieber, daß das alles nicht geschehen wäre.«

»Ha!«

Mama Fuzzy sah überrascht auf, als Brannhard diesen Ruf ausstieß.

»Was glaubt ihr, was Victor Grego sich im Augenblick wünscht?«

Victor Grego legte gerade den Hörer auf die Gabel zurück. »Das war Leslie auf der Jacht«, sagte er. »Sie kommen jetzt herein. Sie werden am Krankenhaus Station machen, um Kellogg abzuliefern, dann kommen sie hierher.«

Nick Emmert knabberte an einer Scheibe Brot herum. Er hatte rötliches Haar, wäßrige Augen und ein weichliches Gesicht.

»Holloway muß ihn ziemlich zugerichtet haben«, sagte er.

»Ich wollte, er hätte ihn umgebracht!« stieß Grego hervor. Dabei sah er, daß der Generalresident zusammenzuckte.

»Das ist doch nicht Ihr Ernst, Victor!«

»Einen Teufel ist es!« Er deutete auf das Bandgerät, das sich gerade abgeschaltet hatte. »Das ist nur ein Vorgeschmack dessen, was bei der Verhandlung auf uns zukommen wird. Wissen Sie, was auf dem Grabstein der Gesellschaft einst stehen wird? ›Zu Tode getrampelt, mit Hilfe eines Fuzzy, von Leonhard Kellogg‹

»Aber, Victor, sie werden doch Kellogg nicht des Mordes überführen«, sagte Emmert. »Nicht, weil er eines von diesen kleinen Biestern umgebracht hat.«

»Unter Mord«, zitierte Grego, »ist die vorsätzliche und ungerechtfertigte Tötung eines vernunftbegabten Wesens einer jeden Rasse zu verstehen. So lautet das Gesetz. Wenn sie vor Gericht beweisen können, daß die Fuzzys vernunftbegabte Wesen sind…«

Dann würden eines Morgens zwei Gerichtsbeamte Leonhard Kellogg in den Gefängnishof führen und ihm eine Kugel durch den Kopf jagen, spann er den Gedanken weiter — was eigentlich kein Verlust sein würde. Das Problem dabei war, das gleichzeitig damit auch der Vertrag der Zarathustragesellschaft auslaufen würde. Vielleicht ließ sich verhindern, daß Kellogg überhaupt vor Gericht gestellt wurde. Kaum ein Raumschiff verließ je Darius, ohne daß im letzten Augenblick ein oder zwei betrunkene Raumfahrer an Bord geschleppt wurden. So, wie Holloway Kellogg zugerichtet hatte, dürfte es keine Schwierigkeit sein, ihn ebenso abzuschieben. Dafür mußte man die fünfundzwanzigtausend Sol zwar abschreiben, die als Kaution hinterlegt waren, aber für die Gesellschaft war das nur ein Pappenstiel. Nein, dann galt es immer noch den Holloway-Prozeß durchzustehen.

»Möchten Sie, daß ich draußen warte, während die anderen hereinkommen, Victor?« fragte Emmert, stand auf und schob sich dabei eine weitere Schnitte in den Mund.

»Nein, nein, bleiben Sie. Das wird die letzte Gelegenheit sein, daß wir alle gemeinsam über die Sache sprechen; danach müssen wir alles vermeiden, was nach Beeinflussung aussieht.«

»Nun, gern, wenn ich Ihnen helfen kann, Victor.«

Ja, das hatte er gewußt. Wenn es zum Schlimmsten kam und der Vertrag der Gesellschaft für ungültig erklärt würde, würde er sich irgendwie noch durchschlagen, könnte alles tun, um aus den Überresten der Gesellschaft noch etwas für sich herauszuholen. Wenn allerdings Zarathustra tatsächlich einen neuen Status erhielte, wäre Nick am Ende. Sein Titel, seine gesellschaftliche Stellung, seine Schmiergelder, seine Privilegien — alles würde sich in Luft auflösen. Daher konnte man davon ausgehen, daß man von Nick praktisch alles verlangen konnte, was man brauchte.

Die Sprechanlage auf dem Schreibtisch gab einen leisen Summ ton von sich, und eine weibliche Stimme teilte mit, daß Mr. Coombes und seine Begleiter eingetroffen waren.

»Bitte, führen Sie sie herein.«

Coombes trat als erster ein, eine hochgewachsene, elegante Gestalt mit einem ruhigen, zufriedenen Gesicht. Leslie Coombes würde diesen Gesichtsausdruck auch inmitten eines Bombenangriffs oder eines Erdbebens tragen. Grego hatte Coombes als seinen ersten Anwalt ausgewählt, und der Gedanke daran verlieh ihm Auftrieb. Mohammed Ali O’Brien war dagegen alles andere als hochgewachsen, elegant und ruhig. Seine Haut war fast schwarz — er war unter einer B3-Sonne auf Agni geboren worden. Sein kahler Schädel glänzte, und über einem mächtigen weißen Schnurrbart stach eine große Nase hervor. Was erzählte man sich von ihm? Er sei der einzige, der auch im Sitzen herumlaufen könne. Den beiden Genannten folgte jetzt der Rest der Expedition nach dem Beta-Kontinent — Ernst Mallin, Juan Jimenez und Ruth Ortheris. Mallin bedauerte sofort, daß Kellogg nicht bei ihnen war.

»Das bezweifle ich«, reagierte Grego darauf. »Aber bitte, setzen Sie sich. Wir haben leider eine ganze Menge zu besprechen.«

Oberrichter Frederic Pendarvis schob den Aschenbecher ein paar Zoll nach rechts und gleich darauf die schlanke Vase mit den Sternblumen ein paar Zoll nach links. Dann stellte er die gerahmte Fotografie der freundlichen, weißhaarigen Frau direkt vor sich. Jetzt nahm er aus der silbernen Schachtel eine dünne Zigarre heraus, schnitt sie sorgfältig an einem Ende ein und zündete sie an. Dann fiel ihm keine andere Verzögerungstaktik mehr ein, und er zog die beiden dicken Bücher näher an sich heran und schlug das rote, das mit den Kriminalakten, auf.

Der erste Fall war ein Mord — wie immer. Und zwar auf dem Beta-Kontinent, Polizeirevier Fünfzehn, Lieutenant George Lunt. Jack Holloway — der alte Jack hatte sich also wieder mal eine Kerbe in seine Waffe geschnitten —, Cold-Creek-Tal, Föderationsbürger, Terraner, menschlich; vorsätzliche Tötung eines vernunftbegabten Wesens, Kurt Boren, Mallorys Port, Föderationsbürger, Terraner, menschlich. Ankläger Leonhard Kellogg, dito. Verteidiger des Beklagten Gustavus Adolphus Brannhard. Das letzte Mal, als Jack jemanden erschossen hatte, hatte es sich um zwei Diebe gehandelt, die ihm seine Sonnensteine abnehmen wollten. Der Fall war niemals vor Gericht gekommen. Kellogg allerdings war Angestellter der Gesellschaft — diesen Fall mußte er selbst bearbeiten, denn die Gesellschaft könnte versucht sein, Druck auszuüben.

Im zweiten Fall ging es ebenfalls um Mord, und er stammte auch aus Revier Fünfzehn auf dem Beta-Kontinent. Er las den Bericht und blinzelte. Leonhard Kellogg, Tötung eines vernunftbegabten Wesens, Name unbekannt, daher Goldlöckchen genannt, Eingeborene, Rasse Fuzzy-Zarathustra. Ankläger Jack Holloway, Anwalt des Beklagten Leslie Coombes. Offensichtlich ein Versuch, Kelloggs Anklage lächerlich zu machen. Pendarvis mußte laut lachen. Kelloggs Klage sollte wegen Geringfügigkeit gar nicht erst zugelassen werden. Gut, daß es Leute wie Gus Brannhard gab, die ab und zu für einige Abwechslung sorgten. Rasse Fuzzy-Zarathustra!