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In dem Glas war nicht genug Eis, und so warf Leonhard Kellogg noch etwas hinein. Dann wieder war es zuviel, und er schenkte noch etwas Weinbrand nach. Er hätte nicht so früh mit dem Trinken beginnen sollen. Bis zum Abendessen würde er betrunken sein, aber was sonst sollte er tun? So, wie sein Gesicht jetzt aussah, konnte er nicht hinausgehen, und er war sich zudem nicht sicher, ob er dazu überhaupt Lust verspürt hätte.

Sie alle hatten ihn im Stich gelassen — Ernst Mallin, Ruth Ortheris und sogar Juan Jimenez. Auf der Polizeistation hatten Coombes und O’Brien ihn wie ein dummes Kind behandelt, dem man verbieten mußte, vor Fremden auch nur ein Wort zu sagen. Wieder zurück in Mallorys Port hatten sie ihn völlig ignoriert. Victor Grego gar hatte ihm empfohlen, Urlaub zu machen, bis die Sache vorüber war…

Im Nebenzimmer summte das Visifon. Vielleicht war das Victor. Er stürzte den Inhalt seines Glases hinunter und eilte nach nebenan.

Es war Leslie Coombes, und sein Gesicht zeigte wie immer keinen Ausdruck.

»Oh, hallo Leslie.«

»Guten Tag, Dr. Kellogg.« Diese formelle Anrede ließ die Zurechtweisung förmlich spüren. »Oberrichter Pendarvis hat mich informieren lassen, daß der Antrag auf Niederschlagung Ihrer Anklage gegen Holloway abgelehnt worden ist. Beide Verfahren werden vor Gericht ausgetragen.«

»Sie meinen, das Gericht nimmt diese Sache ernst?«

»Es ist ernst. Wenn Sie verurteilt werden, wird der Vertrag der Gesellschaft fast automatisch ungültig. Und — obwohl das nur für Sie persönlich von Belang ist — man könnte Sie zum Tode durch Erschießen verurteilen.« Er tat das mit einem Achselzucken ab. »Jetzt möchte ich mit Ihnen über Ihre Verteidigung sprechen, für die ich verantwortlich bin. Sagen wir, zehn Uhr dreißig morgen in meinem Büro. Bis dahin werde ich wahrscheinlich wissen, welches Beweismaterial gegen Sie vorgebracht werden kann. Ich erwarte Sie also, Dr. Kellogg.«

Vielleicht hatte er noch mehr gesagt, aber das war alles, was bei Leonhard hängen blieb. Ihm war gar nicht bewußt, daß er wieder ins Nebenzimmer ging, bis er merkte, daß er in seinem Sessel saß und sein Glas erneut mit Weinbrand füllte. Er hatte nur noch wenig Eis, aber das störte ihn jetzt nicht mehr.

Stunden später stand er schwankend auf, stolperte zu seiner Liege hinüber und warf sich mit dem Gesicht nach unten auf die Kissen.

Als Leslie Coombes Victor Gregos Büro betrat, fand er dort Nick Emmert vor. Die beiden erhoben sich, um ihn zu begrüßen, und Grego fragte: »Sie haben es gehört?«

»Ja, O’Brien hat mich unverzüglich angerufen«, antwortete Coombes. »Ich benachrichtigte auch sofort meinen Klienten. Ich fürchte, es war ein ziemlicher Schock für ihn.«

»Pendarvis wird die Verhandlung selbst leiten«, sagte Emmert. »Ich hielt ihn immer für einen vernünftigen Mann, aber was hat er jetzt vor? Will er der Gesellschaft ans Leder?«

»Er ist nicht für die Gesellschaft, er ist auch nicht gegen sie. Er ist einfach für die Einhaltung der Gesetze. Das Gesetz schreibt vor, daß ein Planet mit vernunftbegabten Wesen ein Planet der Klasse IV ist, der eine Regierung der Klasse IV haben muß. Wenn Zarathustra ein Planet der Klasse IV ist, dann möchte er, daß dem Gesetz Genüge getan wird. Wenn es sich um einen Planeten der Klasse IV handelt, ist der Vertrag der Gesellschaft illegal zustande gekommen. Sein Job ist es, Ungesetzlichkeiten nicht vorkommen zu lassen. Frederic Pendarvis’ Religion ist das Gesetz, und er ist ein Priester. Man erreicht niemals etwas, wenn man mit einem Priester über Religion streitet.«

Nick Emmert sah seine Felle davonschwimmen. »Sie hatten gestern recht, Victor. Ich wünschte, Holloway hätte diesen Sohn eines Khoogra umgebracht. Vielleicht ist es noch nicht zu spät dazu…«

»Das ist es, Nick. Für so etwas ist es zu spät. Wir können nur noch den Prozeß gewinnen.«

»Dann kann ich nur hoffen, daß diese Fuzzys nicht vor Gericht aufstehen, ein Freudenfeuer anzünden und eine Rede in terranischer Sprache halten«, meinte Grego.

Nick Emmert schrak auf. »Sie glauben also selbst, daß sie vernunftbegabt sind!«

»Natürlich — Sie nicht?«

Grego lächelte säuerlich. »Nick glaubt, daß man eine Sache glauben muß, um sie beweisen zu können. Das hilft zwar, ist aber nicht notwendig. Nehmen wir mal an, wir diskutieren folgenden Fakt: Die Fuzzys werden im Urteilsspruch als vernunftbegabt bezeichnet.«

»Dazu«, warf Emmert ein, »müßte erst einmal definiert werden, was das ist.«

Grego sah überrascht auf. »Leslie, ich glaube, Nick hat da etwas Wichtiges angesprochen. Wie lautet die rechtliche Definition von Vernunft?«

»Soweit ich weiß, gibt es die nicht. Vernunft ist etwas, was einfach akzeptiert wird.«

»Und die ›Sprache-und-Feuer‹-Geschichte?«

Coombes schüttelte den Kopf. »Ist nicht. Das Volk der Kolonie von Vishnu gegen Emily Morrosh, 612 A.E.«

»Dann brauchen wir selbst Fuzzys, um sie studieren zu können«, schlug Grego vor.

»Zu dumm, daß wir an Holloway nicht herankommen«, sagte Emmert. »Vielleicht würde es klappen, wenn er sein Lager mal allein verläßt.«

»Nein, das können wir nicht riskieren.« Grego dachte einen Moment nach. »Einen Augenblick mal. Ich glaube, wir schaffen es doch. Und zwar auf legalem Weg.«

9.

Jack Holloway sah, wie Little Fuzzy die Pfeife beäugte, die er in den Aschenbecher gelegt hatte, dann hob er sie auf und steckte sie in den Mund. Little Fuzzy sah ihn tadelnd an und begann, auf den Fußboden hinabzuklettern. Pappi Jack war gemein; als ob ein Fuzzy nicht auch einmal eine Pfeife rauchen wollte. Na, vielleicht würde es ihm nicht schaden. Er hob Little Fuzzy auf und setzte ihn auf seinen Schoß, bot ihm die Pfeife an. Little Fuzzy zog daran. Er mußte nicht einmal husten; offensichtlich hatte er gelernt, nicht zu inhalieren.

»Der Kellogg-Fall soll zuerst verhandelt werden«, sagte Gus Brannhard. »Ich konnte das absolut nicht verhindern. Versteht ihr, was sie da so machen? Sie werden zuerst gegen Kellogg verhandeln, wobei Coombes gleichzeitig Ankläger und Verteidiger ist, und wenn es gelingt, daß er unschuldig gesprochen wird, ist das ein Präjudiz gegen die Beweise für die Intelligenz der Fuzzys, die wir in deinem Verfahren vorlegen wollen.«

Mama Fuzzy versuchte erneut, ihn am Trinken zu hindern, aber er wußte das geschickt zu umgehen. Baby hatte aufgehört, auf seinem Kopf zu sitzen und spielte jetzt Versteck hinter seinem Schnurrbart.

»Gleich zu Anfang«, fuhr er fort, »werden sie jeden Beweis für die Fuzzys ausschließen, wenn es geht. Viel wird das nicht sein, aber es wird uns schwerfallen, auch nur das Geringste durchzubekommen. Was sie nicht ausschließen lassen können, werden sie angreifen. Sie werden die Glaubwürdigkeit anzweifeln. Natürlich können sie beim Einsatz eines Lügendetektors niemandem vorwerfen, daß er lügt, aber sie können auf Selbsttäuschung bestehen. Du stellst also eine Behauptung auf, die du für richtig hältst, und der Lügendetektor gibt dir recht. Dann werden sie eben sagen, daß du dich im Recht glaubst, aber nicht die Fähigkeit besitzt, die Wahrheit zu erkennen. Und schließlich werden sie behaupten, daß das, was sie nicht angreifen oder leugnen können, kein Beweis für die Vernunft der Fuzzys ist.«

»Was zum Teufel wollen sie denn als Beweis?« fragte Gerd. »Atomenergie, einen Antigrav-Antrieb und einen Hyperantrieb?«

»Sie werden eine hübsche kleine, sehr genaue Definition von Vernunft haben, die so zugeschnitten ist, daß die Fuzzys dabei herausfallen. Und die werden sie dem Gericht vorlegen und versuchen, sie akzeptieren zu lassen. An uns liegt es jetzt, zu erraten, worin diese Definition bestehen wird, damit wir eine Gegenthese und unsere eigene Definition bereithalten können.«

»Ihre Definition wird auch Khoogras beinhalten müssen. Gerd — begraben die Khoogras ihre Toten?«