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»Und hat dann abgewartet, bis er ganz sicher war, daß er nicht dabei erwischt wurde, als er es benutzte«, sagte der Marshal. »Dieser Draht ist weich genug, um leicht zerschnitten zu werden.« Er wandte sich an Jimenez. »Sie sollten eigentlich froh sein, daß ich nicht zum Geschworenen bestimmt werden kann. Warum geben Sie denn nicht auf und lassen Kellogg ein Gnadengesuch stellen?«

Die Suite im Hotel Mallory war überfüllt, als Jack Holloway mit Gerd van Riebeek zurückkam; lautes Stimmengewirr herrschte, und die Ventilatoren mühten sich redlich, den Tabakrauch hinauszupumpen. Gus Brannhard, Ben Rainsford und Baby Fuzzy hielten eine Pressekonferenz ab.

»Oh, Mr. Holloway, haben Sie sie schon gefunden?« rief jemand, als sie eintraten.

»Nein, wir haben das Wissenschaftszentrum vom Boden bis zum Keller durchsucht. Wir wissen, daß sie ein paar Stockwerke tiefer gegangen sind, aber das ist alles. Ich glaube nicht, daß sie das Haus verlassen konnten, denn der einzige Ausgang auf Straßenhöhe führt durch einen Raum, in dem ein Portier Dienst tut. Und sie sind ganz sicher nicht von einer Landeplattform oder einer Terrasse heruntergeklettert.«

»Ich denke, daß dieser Gedanke sehr unerfreulich ist«, sagte jemand, »aber könnten sie sich nicht in einem Abfallkorb versteckt haben und sind dann in den Massen-Energie-Konverter geworfen worden?«

»Wir haben auch daran gedacht, aber der Konverter befindet sich in einem Kellerraum, dessen einziger Zugang verschlossen war. Außerdem ist in der fraglichen Zeit kein Abfall abtransportiert worden.«

»Nun, das ist gut zu hören, Mr. Holloway. Sie haben die Suche noch nicht aufgegeben?«

»Sprechen wir jetzt über den Sender? Nein, ich habe nicht aufgegeben. Ich werde hier in Mallorys Port bleiben, bis sie gefunden worden sind oder ich sicher sein kann, daß sie sich nicht mehr in der Stadt aufhalten. Ich setze einen Finderlohn von zweitausend Sols für jeden Fuzzy aus, der zu mir zurückgebracht wird. In Kürze werde ich Ihnen genaue Beschreibungen geben…«

Victor Grego öffnete die eisgekühlte Cocktailflasche.

»Noch etwas?« fragte er Leslie Coombes.

»Ja, danke.« Coombes hielt sein Glas hin, bis es gefüllt war. »Wie Sie sagen, Victor, Sie haben die Entscheidung getroffen, aber das taten Sie auf meinen Rat hin, und der Rat war schlecht.«

Er hoffte nur, daß sich der Schaden in Grenzen hielt. Auf jeden Fall versuchte Leslie Coombes nicht, irgendwem den Schwarzen Peter zuzuschieben, und wenn man bedachte, wie ungeschickt O’Brien sich verhalten hatte, hätte er das guten Gewissens tun können.

»Ich bin von falschen Voraussetzungen ausgegangen«, sagte Coombes leidenschaftslos, als diskutiere er einen Fehler, den Hitler oder Napoleon begangen hatte. »Ich hatte gedacht, daß O’Brien nicht eine dieser Blankovollmachten benutzen würde, und ich hatte darüber hinaus nicht angenommen, daß Pendarvis öffentlich zugeben würde, daß er solche Gerichtsbeschlüsse blanko unterzeichnet. Er ist deshalb von der Presse stark kritisiert worden.«

Und er hatte nicht damit gerechnet, daß Holloway und Brannhard vor Gericht ziehen würden. Aber die Irrtümer hatten schon früher eingesetzt. Kellogg hatte nicht erwartet, daß Holloway ihn von seinem Grund und Boden jagen würde. Kurt Borch hatte angenommen, es reiche aus, wenn er mit einer Waffe herumfuchtelte. Und Jimenez hatte erwartet, daß die Fuzzys still in ihren Käfigen sitzen würden. Aber all das sprach er jetzt nicht aus.

»Ich frage mich«, sagte Coombes statt dessen, »wohin sie entkommen sind. Soweit ich weiß, wurden sie im gesamten Gebäude nicht gefunden.«

»Ruth Ortheris hat eine Idee geäußert — sie und ein Assistent mußten Geräte aus dem Zentrum abtransportieren, und sie vermutet, daß die Fuzzys als blinde Passagiere auf dem dazu benutzten LKW mitgefahren sind. Das klingt unglaubwürdig, aber in diesem Fall klingt alles so. Vielleicht können wir sie finden, bevor Holloway es tut. Auf jeden Fall sind sie nicht mehr im Wissenschaftscenter, das ist sicher.« Er füllte sich sein eigenes Glas wieder auf. »O’Brien ist also völlig erledigt?« fragte er dann.

»Völlig. Pendarvis hat ihn vor die Alternative gestellt, zurückzutreten oder eine Anzeige wegen Amtsmißbrauch über sich ergehen zu lassen.«

»Aber sie könnten ihn doch niemals deshalb verurteilen, oder? Vielleicht noch wegen Amtsmißbrauch, aber…«

»Sie könnten ihn verklagen, und dann käme er unter den Lügendetektor, und Sie wissen, was dann so alles herauskommen würde«, sagte Coombes. »Jedenfalls hat diese Geschichte Pendarvis gegen uns gebracht. Ich weiß, daß er völlig objektiv urteilt, aber das ändert nichts daran, daß er im Unterbewußtsein gegen uns sein wird. Für morgen nachmittag hat er eine Konferenz mit Brannhard und mir einberufen. Ich weiß nicht, wie die ausgehen wird.«

11.

Die beiden Anwälte hatten sich hastig erhoben, als Oberrichter Pendarvis eintrat; er nickte beiden höflich zu und setzte sich an seinen Tisch, griff nach seiner silbernen Zigarrenkiste und holte eine Panatella heraus. Gustavos Adolphus Brannhard hob seine Zigarre wieder auf, die er beiseite gelegt hatte und machte ein paar Züge. Leslie Coombes fischte eine Zigarette aus seinem Etui. Beide sahen dann den Oberrichter an, abwartend wie zwei gezückte Waffen — eine Streitaxt und ein Rapier.

»Nun, meine Herren, wie Sie wissen, haben wir hier zwei Mordfälle, in denen uns für jeden ein Anklagevertreter fehlt«, begann Pendarvis.

»Aber wieso, Euer Ehren?« fragte Coombes. »In beiden Fällen handelt es sich um Geringfügigkeit. Ein Mann hat ein wildes Tier getötet, und ein anderer tötete einen Menschen, der versuchte, ihn umzubringen.«

»Nun, Euer Ehren, ich glaube nicht, daß meinen Mandanten juristisch oder moralisch irgendeine Schuld trifft«, sagte Brannhard. »Ich möchte, daß das durch einen Freispruch bestätigt wird.« Er sah zu Coombes. »Ich nehme weiter an, daß Mr. Coombes ebenso daran interessiert ist, daß sein Mandant von jeder Spur einer Mordanklage reingewaschen wird.«

»Ich bin ganz Ihrer Meinung. Leute, denen man ein Verbrechen vorgeworfen hat, sollten, wenn sie unschuldig sind, dies auch öffentlich bestätigt bekommen. Aber jetzt zur Sache — ich hatte vor, den Fall Kellogg zuerst und dann den Fall Holloway zu verhandeln. Sind Sie beide damit einverstanden?«

»Absolut nicht, Euer Ehren«, erwiderte Brannhard prompt. »Die Grundlage unserer Verteidigung ist, daß dieser Borch im Zusammenhang mit der Ausübung eines ungesetzlichen Aktes getötet wurde. Wir sind bereit, das zu beweisen, aber wir wollen nicht, daß unser Fall durch eine vorhergehende Verhandlung präjudiziert wird.«

Coombes lachte. »Mr. Brannhard möchte seinen Mandanten reinwaschen, indem er den meinen von vornherein verurteilt. Damit können wir uns natürlich nicht einverstanden erklären.«

»Ja, und er bringt denselben Einwand gegen Sie vor. Nun, ich werde beide Einwände aus der Welt schaffen. Ich werde veranlassen, daß man beide Fälle zusammenlegt und beide Angeklagten zusammen vor Gericht stellt.«

Gus Brannhards Augen leuchteten kurz erfreut auf; Coombes dagegen war gar nicht einverstanden.

»Euer Ehren, ich gehe davon aus, daß dieser Vorschlag scherzhaft gemeint war«, sagte er.

»Das war er nicht, Mr. Coombes.«

»Dann, Euer Ehren, wenn ich das mit allem Respekt sagen darf, muß ich schon sagen, daß dies höchst ungewöhnlich ist — ganz zu schweigen davon, daß es inkorrekt ist, soweit ich mich mit Verfahrensvorschriften auskenne. Wir haben es hier nicht mit einem Fall von zwei Komplizen zu tun, denen man dasselbe Verbrechen vorwirft. Es handelt sich um zwei verschiedene Männer, die zweier verschiedener krimineller Akte bezichtigt werden, und die Verurteilung des einen würde beinahe automatisch den Freispruch des anderen bedeuten. Ich weiß nicht, wer anstelle von Mohammed O’Brien die Anklage vertreten soll, aber ich bedauere den armen Kerl jetzt schon zutiefst. Ja, Mr. Brannhard und ich könnten auch irgendwo Poker spielen, während der Ankläger den Fall allein löst.«