Damit war einiges geklärt, aber Brannhard hatte noch viele ungelöste Fragen. Woher waren diese vier Fuzzys gekommen, die durch Emmerts wilde Jagd aufgescheucht worden waren? Irgend jemand mußte sie sich irgendwo gehalten haben — bei ihm hatten sie gelernt, Ex-Te-Drei zu essen, hatten an Bildschirmen herumhantiert. Ihr Erscheinen war zu sehr abgestimmt, um noch Zufall sein zu können. Die ganze Sache roch ihm nach einer üblen Falle.
Ben Rainsford, seine zwei Fuzzys, George Lunt, Ahmed Khadra und die anderen Konstabler und ihre Familien, trafen kurz vor Mittag am Samstag ein. Die Fuzzys wurden in dem geräumten Bankettsaal einquartiert und freundeten sich schnell mit den vier bereits dort befindlichen Artgenossen einschließlich Baby an. Jede Familie richtete sich ihren eigenen Lagerplatz her, aber sie aßen gemeinsam und spielten mit dem Spielzeug der anderen oder saßen gemeinsam vorm Fernseher. Anfangs war die Familie, die man am Fluß gefunden hatte, eifersüchtig, wenn man ihrem Kätzchen zu viel Aufmerksamkeit schenkte, aber das ließ nach, als sie erkannten, daß niemand sie ihnen wegnehmen wollte.
Das alles wäre ein großer Spaß gewesen — elf Fuzzys und ein Baby Fuzzy und eine schwarz-weiße Katze, wenn Jack nicht immer wieder an seine eigene Familie hätte denken müssen, die sich nicht an diesem fröhlichen Treiben beteiligen konnte.
Max Fane strahlte, als er sah, wer da auf seinem Bildschirm erschien.
»Nun, Colonel Ferguson, freut mich, Sie zu sehen.«
»Marshal.« Ferguson grinste breit. »In einer Minute werden Sie sich noch mehr freuen. Zwei meiner Leute von Station Acht haben Woller und seinen Sergeanten, diesen Fuentes, aufgegriffen.«
»Ha!« Er spürte eine innere Wärme, als hätte er soeben einen Becher Honig-Rum von Baldur getrunken. »Wie?«
»Nun, Sie wissen doch, daß Nick Emmert dort unten eine Jagdhütte besitzt. Station Acht paßt für ihn darauf auf. Heute nachmittag flog einer von Lieutenant Obefemis Gleitern darüber hinweg, und man ortete mit einem Detektor Strahlen im Infrarotbereich, als ob der Generator in der Hütte eingeschaltet ist. Als er landete, fanden die Beamten Woller und Fuentes, die sich dort wie zu Hause fühlten. Sie verhafteten sie, und beide gestanden unter dem Lügendetektor, daß Emmert ihnen die Schlüssel gegeben und sie hingeschickt hatte, damit sie sich bis nach dem Verfahren versteckten.
Sie leugneten, daß der Plan von Emmert inspiriert sei. Das war einer von Wollers Geistesblitzen gewesen, aber Emmert wußte, worum es ging, und machte sofort mit. Sie werden sofort morgen früh hierher gebracht.«
»Nun, das ist wirklich großartig, Colonel. Wissen die Nachrichtenagenturen schon davon?«
»Nein, wir möchten sie beide zuerst hier in Mallorys Port verhören und ihre Geständnisse zu den Akten nehmen, ehe wir die Geschichte verbreiten. Sonst könnte jemand noch auf den Gedanken kommen, sie für immer zum Schweigen zu bringen.«
Daran hatte der Marshal auch gedacht, und das sagte er Ferguson, worauf dieser nickte. Dann zögerte er einen Augenblick und sagte:
»Max, was halten Sie von der Situation hier in Mallorys Port? Mir gefällt sie gar nicht.«
»Wie meinen Sie das?«
»Es sind so viele Fremde in der Stadt«, führte Ian Ferguson aus. »Und alles Fremde von einer bestimmten Sorte — stämmige, junge Männer, zwischen zwanzig und dreißig; sie laufen zu zweit oder in kleinen Gruppen herum. Das ist mir seit vorgestern aufgefallen, und jedesmal, wenn ich mich umdrehe, scheinen es mehr geworden zu sein.«
»Nun, Ian, dies ist ein Planet der jungen Leute, und wir müssen schon mit einem großen Zuschauerandrang für den Prozeß rechnen.«
Ferguson schüttelte den Kopf.
»Nein, Max, das sind keine Prozeßbesucher; wir wissen beide, von welchem Schlag sie sind. Sie erinnern sich, wie es bei dem Verfahren gegen die Gebrüder Gawn war? Kein Radau in den Bars, keine Schlägereien, kein Gestänker. Die Leute gehen einfach spazieren und verhalten sich ruhig, als erwarten sie von irgend jemandem ein Stichwort.«
»Eine Infiltration!« Verdammt, jetzt hatte er es doch als erster gesagt! »Victor Grego beginnt, sich Gedanken zu machen.«
»Ich weiß, Max. Und Victor Grego verhält sich wie ein Veldtier-Bulle: Er ist ungefährlich, solange er keine Angst hat, aber dann muß man auf ihn aufpassen. Und gegen die Bande, die sich hier einnistet, haben die Leute, die Sie und ich aufbieten können, genauso lange keine Chance wie ein Glas billigen Gins auf einer Beerdigung auf Sheshan gefüllt bleibt.«
»Sie wollen doch nicht etwa auf den Feuermeldeknopf drücken?«
Der Konstabler-Commander runzelte die Stirn. »Das möchte ich natürlich nicht, denn man würde es auf der Erde als äußerst unangenehm vermerken, wenn ich es ohne Not täte. Noch mehr würde man es mir allerdings verübeln, wenn es notwendig sein sollte, und ich tue es nicht. Ich werd’ mir die Sache erst noch einmal genau ansehen.«
14.
Frederic und Claudette Pendarvis gingen gemeinsam durch den Dachgarten hinunter zur Landeplattform, und Claudette hielt wie immer inne, um eine Blume abzuschneiden und sie ihm ans Revers zu heften.
»Werden die Fuzzys vor Gericht auftreten?« fragte sie.
»Oh, das werden sie wohl müssen. Ich weiß nicht, wie es heute morgen sein wird; heute geht’s nämlich hauptsächlich um Formalitäten.« Er zog eine Grimasse, die halb ein Lächeln und halb ein Stirnrunzeln war. »Ich weiß noch nicht, ob ich sie als Zeugen oder als Beweisstücke betrachten soll, und ich hoffe, daß man nicht von mir verlangt, darüber gleich zu Anfang eine Entscheidung zu treffen. Was ich nämlich auch tun würde, entweder würden Coombes oder Brannhard mir vorwerfen, etwas zu präjudizieren.«
»Ich möchte sie sehen. Ich habe sie auf dem Bildschirm gesehen, aber ich möchte sie in der Wirklichkeit erleben.«
»Du bist schon lange nicht mehr in einer meiner Verhandlungen gewesen, Claudette. Wenn es sich herausstellt, daß sie heute vor Gericht gebracht werden, rufe ich dich an. Ich werde sogar meine Stellung insofern mißbrauchen, daß ich arrangiere, daß du sie außerhalb des Gerichtssaals erleben kannst. Hättest du dazu Lust?«
Natürlich; Claudette hatte an solchen Dingen ungeheuren Spaß. Sie küßten sich zum Abschied, dann ging er zu seinem Gleiter, dessen Tür der Fahrer bereits aufhielt. Aus dreihundert Meter Höhe sah er zurück — sie stand immer noch auf dem Dachgarten und winkte ihm nach.
Er würde sich erkundigen müssen, ob sie gefahrlos kommen konnte. Max Fane machte sich Sorgen, daß es Unruhen geben könnte, und Ian Ferguson teilte diese Befürchtung — beide waren sie keine Männer, die an zwanghaften Einbildungen litten. Als sich sein Gleiter auf das Gerichtsgebäude herabsenkte, sah er, daß Soldaten auf dem Dach postiert waren, die nicht nur Pistolen trugen — er sah Gewehrläufe und Helme in der Sonne blinken. Dann, als der Gleiter gelandet war, sah er, daß ihre Uniformen von einem helleren Blau als die der Konstabler waren. Schaftstiefel und rotgestreifte Hosen — das waren Angehörige der Raumflotte. Ian Ferguson hatte also tatsächlich Alarm gegeben. Er überlegte kurz, ob Claudette hier vielleicht in größerer Sicherheit als zu Hause war.
Ein Sergeant und zwei Männer kamen auf ihn zu, als er ausstieg. Der Sergeant tippte an den Schirm seiner Mütze.
»Richter Pendarvis? Guten Morgen, Sir.«
»Guten Morgen, Sergeant. Warum bewacht die Föderationsflotte das Gerichtsgebäude?«
»Wir halten uns in Bereitschaft. Befehl von Commodore Napier. Sie werden feststellen, daß Marshal Fanes Leute weiter unten das Kommando haben, aber Flotten-Captain Casagra und Captain Greibenfeld von der Navy erwarten sie in Ihrem Büro.«