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Natürlich machten sie nichts so Gräßliches, sondern spülten das ganze Geschirr und stellten es sauber weg, schnell wie der Blitz, während der Hobbit sich in der Mitte der Küche um sich selbst drehte und versuchte, sie dabei zu beaufsichtigen.

Dann kehrten sie zurück und fanden Thorin mit den Füßen auf dem Kamingitter eine Pfeife rauchen.

Dabei blies er die riesigsten Ringe in die Luft und befahl ihnen zu fliegen, wohin er wollte. Manche stiegen den Kamin hinauf oder hinter die Uhr auf dem Kaminsims, andere krochen unter den Tisch oder zogen unter der Decke immer im Kreis herum. Wohin die Ringe auch schwebten, so waren sie doch nie schnell genug, um Gandalf zu entkommen. Pop! Schon sandte er einen kleineren Rauchring aus seiner kurzen Tonpfeife geradewegs durch jeden von Thorins Ringen. Dann schien sich Gandalfs Rauchring über den Spaß zu freuen. Er kam zurück und schwebte eine Weile über des Zauberers Haupt. Er hatte schon eine ganze Wolke von solchen Ringen über sich, und das ließ ihn in der Tat sehr zauberisch aussehen. Bilbo stand stumm dabei und sah zu. Er liebte Rauchringe. Aber er errötete bei dem Gedanken, wie stolz er gestern morgen auf jene Rauchringe gewesen war, die er mit dem Wind hinaus und über den Berg gesandt hatte.

»Jetzt ein bißchen Musik«, sagte Thorin. »Packt eure Instrumente aus!«

Kili und Fili liefen zu ihren Rucksäcken und brachten kleine Fiedeln. Dori, Nori und Ori holten Flöten aus den unergründlichen Taschen ihrer Kapuzenmäntel. Bombur holte eine Trommel aus der Halle.

Bifur und Bofur gingen ebenfalls hinaus und kamen mit Klarinetten zurück, die sie bei den Spazierstöcken abgestellt hatten. Dwalin und Balin sagten: »Entschuldigung, unsere Instrumente liegen noch vor der Tür.«

»Dann bringt auch meines mit!« rief Thorin ihnen zu. Sie kamen zurück mit Bratschen, die größer als sie selbst waren, und mit Thorins in grünes Tuch eingeschlagener Harfe. Es war eine wunderbare goldene Harfe, und als Thorin sie schlug, begann die Musik so plötzlich und süß, daß Bilbo alles andere vergaß. Er wurde in dunkle Lande hinweggeführt, unter seltsame Monde, weit fort über das Wasser, sehr weit von seiner Hobbithöhle unter dem Berg entfernt.

Das Dunkel drang durch die kleinen Fenster, die in die Flanke des Berges eingelassen waren, in den Raum. Das Feuer flackerte. Es war April. Und noch immer spielten sie, während der Schatten von Gandalfs Bart unruhig über die Wände geisterte.

Die Dunkelheit füllte den ganzen Raum, und das Feuer verlöschte. Die Schatten ertranken, und immer noch spielten sie. Plötzlich begann erst einer, dann ein anderer, während sie weiterspielten, einen tiefen, kehligen Gesang von Zwergen in den verborgenen Landschaften ihrer alten Heimat. Und dies sind gleichsam Bruchstücke ihres Liedes, wenn es ohne Musik und Reim überhaupt ihrem Gesange gleichen kann:

»Weit über die kalten Nebelberge, zu den tiefen Verliesen und uralten Höhlen müssen wir fort, ehe der Tag anbricht, das bleiche verzauberte Gold suchen.
Die Zwerge der grauen Zeiten wußten mächtigen Zauber, während die Hämmer wie klingende Glocken erklangen, im Unterirdischen, wo die dunklen Geheimnisse schlafen, in den großen Höhlen unter den kahlen Hügeln.
Für vergessene Könige und Elfenfürsten schufen sie gleißende, güldene Schätze, schmiedeten, schafften, fingen das Licht ein in den Edelsteinen dunkler Schwertgriffe.
Auf silberne Halsketten reihten sie glitzernde Sterne auf, in Kronen fingen sie Drachenfeuer ein, in geflochtenen Drähten verstrickten sie das Licht von Mond und Sonne.
Weit über die kalten Nebelberge müssen wir fort, ehe der Tag anbricht, zu den tiefen Verliesen und uralten Höhlen und unser lang vergessenes Gold suchen.
Die Kiefern rauschten auf der Höhe, und die Winde stöhnten in der Nacht. Das Feuer war rot und barst wie ein Glutball. Die Bäume brannten hell wie Fackeln.
Dann tosten die Glocken unten im Tal, und die Menschen schauten mit fahlen Gesichtern herauf: der Zorn des Drachen entbrannte noch heller als Feuer, brach die Türme nieder und die zerbrechlichen Häuser.
Und der Berg rauchte unter dem Mond, und die Zwerge hörten den Schritt des Schicksals. Sie flohen aus ihrer Halle, um sterbend zu fallen, unter Drachentatzen, unter dem Mond.
Weit über die grimmigen Nebelberge, zu den tiefen Verliesen und düsteren Hallen müssen wir fort, ehe der Tag anbricht, und unsere Harfen, unser Gold heimholen.«

Während sie so sangen, verspürte der Hobbit in sich die Liebe zu den wunderbaren Schätzen, die mit soviel Mühe und Geschick geschaffen worden waren, und wie durch einen Zauber entstand in ihm ein wütender, gieriger Wunsch, der auch die Herzen der Zwerge erfüllte. Gleichzeitig erwachte etwas von der Tukseite in ihm. Er sehnte sich danach, hinauszuziehen und die großen Gebirge zu sehen und die Kiefern und Wasserfälle rauschen zu hören, die Höhlen auszukundschaften und ein Schwert zu tragen statt eines Spazierstocks. Er schaute aus dem Fenster. Die Sterne standen an einem schwarzen Himmel hoch über den Bäumen. Er dachte an die Juwelen der Zwerge, die in dunklen Gewölben schimmerten. Plötzlich sprang am Horizont jenseits des Wassers eine große Flamme auf (vielleicht hatte jemand ein Feuer entzündet), und er mußte an plündernde Drachen denken, die sich auf seinem ruhigen Berg niederließen und alles in Flammen erstickten. Da schauderte es ihn, und sehr schnell war er wieder Mister Beutlin von Beutelsend (Unter dem Berg).

Zitternd stand er auf. Gern wollte er die Lampe holen. Aber noch lieber wäre er unter diesem Vorwand nur hinausgegangen; dann hätte er sich hinter den Bierfässern im Keller versteckt und wäre erst hervorgekommen, wenn alle Zwerge auf und davon waren. Plötzlich merkte er, daß die Musik und der Gesang aufgehört hatten und daß sie ihn alle anschauten mit Augen, die im Dunkeln schimmerten.

»Wohin wollt Ihr?« fragte Thorin in einem Ton, der anzuzeigen schien, daß er unseres Hobbits Absichten erraten hatte.

»Wie wäre es mit einem bißchen Licht?« sagte Bilbo entschuldigend.

»Wir lieben die Dunkelheit«, antworteten die Zwerge. »Dunkelheit für die dunklen Geschäfte! Bis zur Dämmerung sind es noch viele Stunden.«

»Natürlich«, sagte Bilbo und setzte sich rasch wieder hin. Er verfehlte aber den Stuhl und setzte sich auf das Kamingitter, wobei er mit einem Krach den Schürhaken und die Schaufel umwarf.

»Ruhe!« sagte Gandalf. »Hört jetzt Thorins Rede!« Und Thorin begann: »Gandalf, Zwerge und Mister Beutlin! Wir haben uns im Hause unseres Freundes und Mitverschwörers zusammengefunden, dieses ausgezeichneten und wagemutigen Hobbits – mögen die Haare an seinen Zehen niemals ausfallen!

Alles Lob seinem Wein und seinem Bier!« Er machte eine Atempause, um dem Hobbit Gelegenheit zu einer höflichen Bemerkung zu geben. Aber seine Höflichkeit war gänzlich verloren, denn der arme Bilbo Beutlin machte nur protestierend seinen Mund auf und zu. Man hatte ihn wagemutig genannt und noch schlimmer: Mitverschwörer. Aber Bilbo bekam nicht einmal ein Krächzen heraus, so verstört war er.

Also fuhr Thorin fort: »Wir sind zusammengekommen, um unsere Pläne, unsere Wege, unsere Mittel, unsere Politik und unsere Listen zu besprechen. Wir wollen bald, noch ehe der Tag anbricht, unsere lange Reise beginnen, eine Reise, von der einige von uns oder vielleicht sogar alle (ausgenommen natürlich unser Freund und Ratgeber, der erfindungsreiche Zauberer Gandalf) nie mehr zurückkehren werden. Es ist ein feierlicher Augenblick. Unsere Absicht, das darf ich annehmen, ist allen wohlbekannt. Für den hochehrenwerten Mister Beutlin, aber auch für den einen oder anderen von den jüngeren Zwergen (ich denke hier beispielsweise an Kili und Fili) erfordert unsere augenblickliche Lage einige kürzere Erläuterungen...«