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Die Elben hinwiederum warfen die leeren Fässer durch die Falltüren. Dann öffneten sie die Gatter, und hinaus tanzten die Fässer auf dem Rücken des Flusses, bis die Strömung sie weit stromhinab bis zu jener Stelle trug, wo am Ostsaum des Nachtwaldes das Ufer scharf vorsprang. Dort wurden sie gesammelt, zusammengebunden und zurück zur Seestadt geflößt, die im Langen See, gleich an der Mündung des Nachtwaldflusses lag.

Eine geraume Zeit saß Bilbo hinter seinem Faß und dachte über das Fallgatter nach und überlegte, ob es seinen Freunden zur Flucht verhelfen könnte. Schließlich sah er die Anfänge eines tollkühnen Planes vor sich.

Das Abendessen war gerade den Gefangenen in die Zellen gebracht worden. Dunkel klang der Schritt der Wachen die Gänge hinab. Sie hatten die Fackeln mitgenommen und ließen alles in tiefer Finsternis zurück. Dann hörte Bilbo, wie der Kellermeister dem Befehlshaber der Wache gute Nacht sagte.

»Jetzt kommst du mit«, sagte er, »und versuchst den neuen Wein, der gerade eingetroffen ist. Heut nacht habe ich viel zu tun, denn ich muß den Keller von den leeren Fässern räumen.

Doch damit die Arbeit besser von der Hand geht, wollen wir erst einmal einen kräftigen Zug nehmen!«

»Sehr gut«, entgegnete der Befehlshaber der Wache lachend.

»Ich werde gern mithalten und probieren, ob der Wein für die königliche Tafel wirklich der richtige ist.

Heut nacht ist ein Fest, und da kann man kein schlechtes Zeug hinaufschicken.«

Als Bilbo das hörte, wurde er ganz aufgeregt, denn er sah, daß das Glück mit ihm war und daß er jetzt die Möglichkeit hatte, seinen verzweifelten Plan auszuführen. Er folgte den beiden Elben, bis sie in einen kleinen Keller eintraten und sich an einem Tisch niederließen, auf dem zwei dicke Bocksbeutel standen. Bald fingen sie an zu trinken und fröhlich zu lachen. Bilbo hatte ganz besonderes Glück, denn es muß schon ein sehr starker Wein sein, der Waldelben schläfrig macht. Aber dieser Wein, so schien es, war eine berauschend zu Kopf steigende Lese aus den großen Gärten von Dorwinion und nicht für des Königs Soldaten und Diener bestimmt, sondern einzig und allein für den König selbst – und außerdem für kleinere Karaffen und nicht für des Kellermeisters großen Krug.

Sehr bald sank dem Wachhabenden der Kopf vornüber. Er legte ihn auf die Tischplatte und fiel in Schlaf Der Kellermeister jedoch, der es nicht zu merken schien, fuhr noch eine Zeitlang fort, mit sich selbst zu reden und zu lachen. Aber bald fiel auch ihm der Kopf auf den Tisch, und er schlief ein und schnarchte neben seinem Freund. Da kroch der Hobbit hinein. Es dauerte gar nicht lang, und der Wachhabende hatte keine Schlüssel mehr, aber Bilbo trabte, so schnell er nur konnte, die Gänge hinunter zu den Zellen. Der große Bund war sehr schwer für seine Arme, und das Herz schlug ihm bis zum Hals (trotz des Ringes), denn er konnte nicht verhindern, daß die Schlüssel dann und wann mit einem lauten Kling oder Klang aneinanderschlugen. Und das jagte ihm jedesmal einen Schauder über den Rücken.

Zuerst schloß er Balins Tür auf. Kaum war der Zwerg draußen, so schloß er wieder sorgfältig ab. Balin war höchst überrascht, das könnt ihr euch denken. Und so froh er war, aus seinem jämmerlichen kleinen Felsenkerker herauszukommen, wollte er doch gleich stehenbleiben und Fragen stellen und genau wissen, was Bilbo vorhatte und noch eine Menge mehr.

Keine Zeit jetzt!« sagte der Hobbit. »Folgt mir nur. Wir müssen zusammenbleiben und dürfen uns auf keinen Fall voneinander trennen. Alle müssen entkommen oder keiner, und dies ist unsere letzte Chance. Wenn wir erwischt werden, dann mag der liebe Himmel wissen, wohin Euch der König als nächstes steckt – mit Ketten an den Händen und an den Füßen noch obendrein, vermute ich. Redet nicht, seid vernünftig!«

Dann ging er weiter von Tür zu Tür, bis sein Gefolge auf zwölf angewachsen war – von denen keiner sich sehr geschickt anstellte, was natürlich mit der Finsternis und der langen Gefangenschaft zusammenhing. Bilbos Herz drohte jedesmal zu zerspringen, wenn sie sich gegenseitig im Dunkeln anrempelten, wenn sie sich anbrummten oder miteinander flüsterten. Zum Henker mit diesem Zwergenspektakel! sagte er zu sich selbst. Aber alles ging gut, und sie trafen auf keine Wache.

Schließlich war in dieser Nacht in den Wäldern und in den oberen Hallen ein großes Herbstfest im Gange. Fast das gesamte Volk des Königs vergnügte sich dort.

Nach vielem Umhertappen erreichten sie weit unten im tiefsten Höhlenbereich und glücklicherweise dicht bei den Kellern Thorins Verlies.

Donnerwetter!« sagte Thorin, als Bilbo ihm zuraunte, herauszukommen und sich wieder mit seinen Freunden zu vereinen. »Gandalf sprach die Wahrheit, wie gewöhnlich! Ihr seid ein prächtiger Meisterdieb, scheint mir, wenn’s soweit ist. Wir sind Euch auf ewig zu Dank verbunden, was auch immer noch geschehen wird. Aber was geschieht jetzt?«

Es war Zeit, seinen Plan zu erklären, soweit Bilbo es überhaupt konnte. Aber er war keineswegs sicher, wie die Zwerge ihn aufnehmen würden. Und in der Tat – seine Befürchtungen waren berechtigt, denn mit einem solchen Gedanken mochten die Zwerge sich nicht im geringsten befreunden. Trotz der Gefahr fingen sie laut zu murren an.

»Wir werden zerquetscht und in Stücke gehäckselt und ersäuft werden obendrein murrten sie. »Wir dachten, Euch wäre etwas Vernünftiges eingefallen, als Ihr Euch die Schlüssel beschafftet. Aber dies ist eine verrückte Geschichte.«

»Auch gut«, sagte Bilbo niedergeschlagen und ziemlich verärgert. »Kommt zurück in eure hübschen Zellen. Ich sperre euch alle wieder ein, und ihr könnt bequem darin sitzen und einen besseren Plan ausdenken – aber ich werde vermutlich nie wieder an die Schlüssel kommen, selbst wenn ich noch einmal die Neigung verspüren sollte, es zu versuchen.«

Das war zuviel für sie, und sie schwiegen augenblicks still. Am Ende mußten sie also doch tun, was Bilbo ihnen vorschlug, denn es war offensichtlich unmöglich, einen Weg durch die oberen Hallen zu suchen oder sich einen durch die großen Tore zu bahnen, die am Ende durch Zauber verschlossen waren. Und wenn sie nicht aufgegriffen werden wollten, so mußten sie die Nörgelei in den Gängen aufgeben. Sie folgten also dem Hobbit und krochen in die tiefsten Keller. Sie kamen auch an der Tür vorbei, hinter der der Wachhabende und der Kellermeister zu sehen waren. Die beiden schnarchten noch immer mit einem glücklichen Lächeln auf dem Gesicht. Der Wein von Dorwinion bringt tiefe und angenehme Träume. Am nächsten Tag würde wohl der Befehlshaber der Wache anders dreinschauen, wenn auch der gutmütige Bilbo, ehe sie weiterzogen, sich hineinstahl und ihm die Schlüssel wieder an den Gürtel hängte.

Das wird ihm einen Teil des Ärgers ersparen, der ihm ohne Frage bevorsteht, sagte Mister Beutlin zu sich selbst. Er war kein schlechter Kerl und geradezu höflich zu seinen Gefangenen. Es wird sie sowieso ganz schön aus der Fassung bringen. Sie werden glauben, daß wir einen sehr starken Zauber besitzen, mit dem wir durch all diese verschlossenen Türen hindurchgehen und verschwinden können, ja – aber wir müssen uns mächtig beeilen, damit überhaupt etwas daraus wird!

Balin wurde beauftragt, den Befehlshaber der Wache und den Kellermeister im Auge zu behalten und sofort Warnungszeichen zu geben, wenn sie sich rührten. Die anderen schlichen in den benachbarten Keller mit den Falltüren. Da war wenig Zeit zu verlieren. Wie Bilbo wohl wußte, würde es nicht lange dauern, bis einige Elben den Auftrag erhielten, hinunterzusteigen und dem Kellermeister zu helfen, die leeren Fässer durch die Türen in den Strom zu werfen. Die Fässer standen schon reihenweise in der Mitte und warteten bloß darauf, hinuntergestoßen zu werden. Es waren einige Weinfässer dabei. Aber die waren schlecht zu gebrauchen, denn sie konnten nur schwer an einem Ende geöffnet werden, ohne daß es eine Menge Lärm gab. Außerdem konnten sie nicht so leicht wieder sicher verschlossen werden. Aber da standen noch mehr Fässer in der Reihe, die Butter, Äpfel und alles mögliche andere in den Königspalast gebracht hatten.