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Bald hatten sie dreizehn beisammen, die geräumig genug für einen Zwerg waren. Einige waren sogar zu geräumig. Als sie hineinkletterten, dachten die Zwerge angstvoll an das Schütteln und Rumpeln, das sie drinnen erleben sollten, obgleich Bilbo sein Bestes tat, um Stroh und anderes Zeug zu finden.

Er wollte jeden so ordentlich verpacken, wie es in der kurzen Zeit nur eben möglich war. Schließlich waren zwölf Zwerge verstaut. Thorin hatte viel Verdruß gemacht. Er drehte und wand sich in seinem Faß und knurrte wie ein großer Kettenhund in einer viel zu kleinen Hütte, während Balin, der zuletzt an die Reihe kam, Theater wegen der Luftlöcher machte. Er behauptete zu ersticken, noch ehe der Deckel drauf war.

Bilbo hatte getan, was er konnte. Er hatte die Löcher in den Seiten abgedichtet und die Deckel so sicher wie nur möglich eingesetzt. Und jetzt blieb er allein zurück, rannte umher, legte letzte Hand an die Verpackung und hoffte gegen alle Vernunft, daß sein Plan nicht entdeckt würde.

Nicht einen Augenblick zu früh war Bilbo fertig geworden. Höchstens eine oder zwei Minuten, nachdem er Balins Deckel aufgesetzt hatte, kamen Stimmen näher, war Fackelschein im Gang zu sehen.

Mehrere Elben eilten lachend und schwatzend in die Keller und trällerten ein paar Liedfetzen. Sie hatten ein fröhliches Fest in der Halle verlassen und wollten, so schnell es ging, dorthin wieder zurückkehren.

»Wo ist der alte Galion, unser Kellermeister?« rief einer.

»Ich habe ihn heut nacht nicht an den Tischen gesehen. Er sollte doch hier sein und uns zeigen, was zu tun ist.«

»Wenn dieser alte Bummelant sich verspätet, dann werde ich ihm ordentlich die Meinung geigen«, sagte ein anderer ärgerlich. »Ich habe keine Lust, meine Zeit hier zu verschwenden.«

»Ha, ha!« hörte man es plötzlich lachen. »Da hängt der alte Gauner mit dem Kinn überm Krug. Er hat sein eigenes Fest mit seinem Freund, dem Befehlshaber, gefeiert.«

»Schüttelt ihn! Rüttelt ihn!« schrien die anderen ungeduldig. Aber Galion gefiel es gar nicht, geschüttelt und gerüttelt und obendrein noch ausgelacht zu werden. »Warum kommt ihr so spät brummte er. »Hier sitze ich und warte und warte, während ihr da oben trinkt und euren Spaß habt und eure Pflicht darüber vergeßt. Kein Wunder, wenn ich vor Müdigkeit eingeschlafen bin.«

»Kein Wunder?« entgegneten sie. »Nein, der Krug neben Euch erklärt alles viel besser! Kommt, gebt uns eine Kostprobe von Eurem Schlafmittel, ehe wir über die Arbeit herfallen. Den Gefängnisaufseher braucht Ihr nicht mehr zu wecken, der hat sein Teil, wie es scheint.«

Dann tranken sie eine Runde und wurden plötzlich mächtig fröhlich. Aber ihren Verstand verloren sie doch nicht ganz.

»Galion!«, schrien einige, Ihr habt Euer Zechgelage offenbar schon recht früh angefangen. Euer Grips war benebelt! Da stecken ja volle Fässer zwischen den leeren – einige sind viel schwerer!«

»Macht weiter«, knurrte der Kellermeister. »Nichts ist schwerer. Nur eure Arme sind bei der Sauferei schwerer geworden. Diese Fässer hier müssen weg, und keine andern. Tut, was ich sage!«

»Gut, schon gut«, antworteten sie und rollten die Fässer zur offenen Falltür. »Es kommt ja auf Euren Kopf, wenn des Königs volle Butterfässer und seine besten Weine in den Fluß geschmissen werden, damit die Seemenschen sich auch ein billiges Fest machen können.«

»Roll, roll, roll und roll, roll, was leer, und roll, was voll rums und plumps den Schacht hinunter, Faß um Faß, das schwappt so munter! «

So sangen sie, als zuerst ein Faß und dann ein anderes zur dunklen Öffnung rumpelte und einige Fuß tief in das kalte Wasser gestoßen wurde. Einige Fässer waren wirklich leer, andere hübsch mit einem Zwerg ausgestopft. Aber hinunter sausten sie alle, eins nach dem anderen. Mit viel Gekrach und Gebumse stürzten sie aufeinander, klatschten ins Wasser, stießen gegen die Tunnelwände und sausten mit der Strömung davon.

Erst in diesem Augenblick bemerkte Bilbo den schwachen Punkt in seinem Plan. Vielleicht habt ihr ihn schon eine ganze Weile vorher entdeckt und Bilbo ausgelacht. Aber ich vermute, ihr hättet es an seiner Stelle nicht besser gemacht. Bilbo saß weder in einem Faß, noch war jemand da, der ihn hätte einpacken können (selbst wenn die Möglichkeit bestanden hätte). Es sah also ganz danach aus, als würde Bilbo diesmal seine Freunde verlieren (die mittlerweile fast alle durch die dunkle Falltür verschwunden waren), als würde er ein für allemal zurückbleiben und müßte wie ein ewiger Meisterdieb in den Elbenhöhlen auf immer sein Leben fristen. Denn selbst wenn er oben durch die Haupttore einmal entkommen konnte, so hätte ihn nur ein außerordentlicher Glückszufall wieder mit den Zwergen zusammengeführt. Bilbo kannte den Landweg nicht, der zum Sammelplatz der Fässer führte. Er sorgte sich, was in aller Welt ohne ihn mit den Zwergen geschehen würde, denn er hatte noch keine Zeit gefunden, ihnen alles zu erklären, was er erfahren hatte oder was er zu tun für richtig hielt, wenn sie erst einmal den Wald hinter sich hatten.

Während ihm all diese Gedanken durch den Kopf schossen, stimmten die Elben, die sehr lustig waren, am Stromtor ein Lied an. Einige waren schon dabei, an den Tauen zu ziehen, die das Fallgatter hochhoben, damit die Fässer, sobald sie antrieben, gleich hinausschwimmen konnten.

»Rasch den schnellen Strom und weit, heim, wie ihr gekommen seid: Treibt aus dunklem Felsengang, lasset Berg und Elbensang, laßt den Wald, der schwarz und schwer kommt von West und Norden her grüßt den letzten Wildnisbaum, spürt den Nachtwind dort am Saum rauh aus Ost entgegenwehn, hört das Schilf am Ufer gehn, hört die Dommel, spürt das Moor, schickt es seine Nebel vor, wie es braut und Nacht um Nacht an den bleichen Tümpeln wacht, folgt dem hohen Sternengang höret der Planeten Klang, und wenn Frühtau fällt ins Land, wandert weiter – über Sand, über Kiesel, über Stein, treibt in Fall und Schnellen ein weit nach Süd, nach Süd und weit in der Sonne Heiterkeit, heim zu Weide, Gras und Wind, grüßt mit großem Horn das Rind, grüßt die Herden, grünes Land und der großen Gärten Rand, Hügel, Hänge, Beerenstrauch, Blumen, Früchte, Bienen auch und der Sonne Heiterkeit, weit nach Süd, nach Süd und weit heim, wie ihr gekommen seid.«

Und damit wurde das allerletzte Faß zu den Falltüren gerollt! Voll Verzweiflung, und weil er einfach nicht wußte, was er sonst tun sollte, klammerte der arme kleine Bilbo sich an dieses letzte Faß und wurde mit ihm über den Rand gestoßen. Rums, da stürzte er ins Wasser hinab, und patsch, da klatschte er in den eisigen Strom, und das Faß tanzte ihm über dem Kopf.

Spuckend tauchte Bilbo wieder auf und klammerte sich wie eine Ratte ans Holz. Aber allen Anstrengungen zum Trotz gelang es ihm nicht, hinaufzuklettern. Jedesmal, wenn er es versuchte, rollte das Faß herum und drückte ihn unters Wasser. Es war eines von den wirklich leeren Fässern, und deshalb schwamm es leicht wie ein Kork. Bilbos Ohren waren voll Wasser, aber er konnte die Elben oben im Keller noch singen hören. Da fielen auf einmal krachend die Falltüren zu, und die Stimmen starben hinweg. Ganz allein trieb Bilbo in dem eiskalten Wasser des dunklen Tunnels dahin denn Freunde, die in Fässer verpackt sind, kann man in einem solchen Fall ja nicht mitzählen.

Sehr bald tauchte ein grauer Fleck voraus in der Finsternis auf Bilbo hörte das Knirschen des sich hebenden Fallgatters, und schon befand er sich in der Mitte hopsender, bumsender Massen von Fässern, die eines nach dem andern unter dem Felstor hinaus in den offenen Strom schwammen.