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»Was meinst du dazu?«

»Das ist ja toll! Wunderbar! Vollkommen und fehlerlos! Geradezu verblüffend!« rief Bilbo laut. Aber im Innern dachte er: Alter Narr! Da ist doch ein leerer Fleck an seiner linken Brust, so nackt wie eine Schnecke ohne Haus!

Nachdem er das gesehen hatte, wollte Mister Beutlin auf schnellstem Weg verschwinden. »Sehr schön«, sagte er. »Aber jetzt will ich deine Herrlichkeit nicht länger stören und dich deines vielbenötigten Schlafs nicht länger berauben. Ich glaube, daß Ponys schwer zu fangen sind, wenn sie einen großen Vorsprung haben, und mit Meisterdieben ist das ebenso!« fügte er als Abschiedsgruß hinzu, während er davonjagte und den Gang hinauffloh.

Es war eine unglückselige Bemerkung, denn der Drache spie enorme Flammen hinter ihm her. Und so schnell Bilbo auch geflüchtet sein mochte, war er doch längst nicht weit genug gerannt, als Smaug seinen gräßlichen Kopf gegen den Tunneleingang schlug. Glücklicherweise paßte der mächtige Kopf keineswegs ganz hinein. Aber die Nüstern spien Feuer und Qualmwolken hinter Bilbo her, so daß er beinahe das Bewußtsein verlor. Blind vor Schmerz und Angst stolperte er weiter. Er hatte sich schon sehr geschmeichelt gefühlt, weil er sich so klug mit Smaug unterhalten konnte, aber der Fehlgriff am Schluß brachte ihn zu Verstand.

Lach nie über Drachen, solang sie lebendig sind, Bilbo, du Narr! sagte er zu sich selbst – und das wurde später einer seiner Lieblingssprüche (heute ist es sogar ein Sprichwort). Du hast noch längst nicht dieses Abenteuer hinter dir, fügte er hinzu, und damit sollte er recht haben.

Fast war es Abend geworden, als Bilbo wieder herauskam, stolperte und auf der Türschwelle in Ohnmacht fiel. Die Zwerge brachten ihn wieder zum Bewußtsein und kümmerten sich um seine Brandblasen – so gut sie es konnten. Aber es dauerte noch lange, bis die Haare auf seinem Hinterkopf und auf seinen Fersen wieder richtig nachgewachsen waren. Sie waren versengt und bis auf die Haut hinunter gekräuselt. Seine Freunde taten ihr Bestes, um ihn wieder aufzumuntern. Sie waren begierig auf seinen Bericht, und ganz besonders interessierte es sie, warum der Drache einen solch schrecklichen Spektakel gemacht hatte und auf welche Weise Bilbo entkommen war.

Aber der Hobbit hatte Sorgen, und er fühlte sich unbehaglich. Sie hatten ihre Last damit, überhaupt etwas aus ihm herauszuholen. Nachdem er sich jetzt die Sache noch einmal überlegte, bedauerte er manches, was er zu Smaug gesagt hatte, und er war durchaus nicht darauf versessen, es zu wiederholen. Die alte Drossel saß dicht neben ihm auf einem Felsen und lauschte mit schiefem Kopf auf jedes Wort, das gesprochen wurde. Dies zeigt so richtig, welch schlechte Laune Bilbo hatte: Er nahm einen Stein und warf ihn nach der Drossel. Sie flatterte nur zur Seite und setzte sich gleich wieder.

»Zum Henker mit diesem Vogel!« rief Bilbo ärgerlich. »Ich glaube, er hört zu, und ich kann ihn einfach nicht mehr sehen!«

»Laßt ihn zufrieden!« sagte Thorin. »Drosseln sind freundlich und gutmütig. Dies ist ein sehr alter Vogel, und es kann sein, daß es der letzte Abkömmling jener uralten Rasse ist, die damals zahm in der Umgebung meines Vaters und Großvaters lebte. Es war eine langlebige und zauberische Rasse, und diese Drossel hier kann durchaus ein paar hundert Jahre alt sein. Die Leute von Dal hatten die Gabe, ihre Sprache zu verstehen. Sie benutzten die Drosseln als Boten und schickten sie zu den Menschen an den See und sonstwohin.«

»Schön, und so wird dieser Vogel bald Neuigkeiten nach Seestadt zu bringen haben, falls er darauf aus ist«, sagte Bilbo, »obgleich ich nicht annehme, daß dort noch irgend jemand übriggeblieben ist, der sich um die Drosselsprache kümmert.«

»Aber warum, was ist denn geschehen?« riefen die Zwerge.

»Nun erzählt doch endlich!«

So erzählte Bilbo schließlich alles, woran er sich erinnern konnte, und er vertraute ihnen an, daß er ein sehr unangenehmes Gefühl habe. Er meinte, der Drache habe aus seinen Rätseln über ihre Abenteuer und die Ponys viel zuviel herausgeraten.

»Ich bin sicher, Smaug weiß, daß wir von Seestadt gekommen sind und Hilfe von dort erhalten haben.

Und ich habe das schreckliche Gefühl, daß sein nächster Ausflug dorthin gehen wird. Ach, ich wünschte bloß, ich hätte nie etwas vom Faßreiter erzählt. In dieser Gegend würde selbst ein blindes Kaninchen gleich an die Menschen vom See denken.«

»Nun ja, wennschon! Es ist nicht mehr zu ändern, und es ist sehr schwer, der Fragerei eines Drachen auszuweichen. Das habe ich oft genug gehört«, sagte Balin, der ihn gerne trösten wollte. »Meiner Meinung nach habt Ihr Euer Bestes getan – Ihr habt etwas sehr Wichtiges herausgefunden. Außerdem seid Ihr lebendig zurückgekehrt, und das ist mehr, als die meisten von denen berichten können, die mit Smaug oder einem anderen von seiner Sippschaft gesprochen haben. Zu wissen, daß der alte Lindwurm auf seiner Diamantenweste eine nackte Stelle hat, ist ein Geschenk des Himmels.«

Dies lenkte das Gespräch in eine andere Bahn, und sie stritten über die Drachentöterei von den mannigfaltigsten historischen und mythischen Gesichtspunkten aus, sprachen auf geregt über die verschiedenen Hiebe und Haken und Tiefschläge und die unterschiedlichsten Angriffe und Kriegslisten, mit denen die Drachentötereien vollbracht zu werden pflegten. Die allgemeine Meinung war, daß das Umbringen eines schlafenden Drachen gar nicht so leicht war, wie man annehmen sollte, und daß ein solcher Versuch viel leichter mißglücken könnte als ein kühner Frontalangriff. Während der ganzen Zeit lauschte die Drossel auf ihre Wort, bis sie schließlich, als die Sterne herauskamen, still ihre Flügel ausbreitete und davonflog. Doch während sie immer noch sprachen und die Schatten länger wurden, fühlte sich Bilbo immer unglücklicher, und seine dunklen Vorahnungen wuchsen.

Endlich unterbrach er sie. »Ich bin ganz sicher, daß wir an dieser Stelle hier völlig ungeschützt sind«, sagte er, »und ich sehe keinen Grund, warum wir hier noch sitzen. Der Drache hat das schöne frische Gras verbrannt, die Nacht ist gekommen, und es ist kalt geworden. Außerdem habe ich das deutliche Gefühl, daß dieser Platz bald wieder angegriffen wird. Smaug weiß jetzt, wie ich hinunter in seine Halle gekommen bin, und ihr könnt ihm schon zutrauen, daß er auch weiß, wo der Eingang des Stollens liegt. Wenn nötig, zerschlägt er die ganze Bergflanke zu Krümeln, um uns den Eintritt zu verwehren. Und wenn wir dabei zerschmettert werden, so wird ihm das noch lieber sein.«

»Ihr seid ein richtiger Schwarzseher, Mister Beutlin!« sagte Thorin. »Warum hat Smaug das untere Ende nicht blockiert, wenn er so sehr darauf versessen ist, uns nicht herankommen zu lassen? Nichts tat er, sonst hätten wir ihn gehört.«

»Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht – vielleicht unterließ er es, weil er mich wieder zu sich hereinlocken wollte, vielleicht auch, weil er auf die Jagd heute nacht wartet oder weil er sein Schlafzimmmer nicht demolieren möchte, wenn er es irgend verhindern kann. Aber mir wäre es lieber, wenn ihr darüber nicht strittet. Smaug kann jede Minute herausfahren, und unsere einzige Hoffnung ist, gut in den Stollen zu kommen und die Tür zu schließen.«

Es war ihm so ernst, daß die Zwerge schließlich taten, was er sagte, obgleich sie das Schließen der Tür vorerst noch aufschoben. Es schien ihnen doch ein verzweifelter Plan zu sein, denn keiner wußte, ob oder wie man die Tür jemals von innen wieder öffnen konnte. Und der Gedanke, auf einem Platz eingesperrt zu sein, dessen einziger Weg hinaus durch das Drachenlager führte, war in keiner Weise verlockend. Auch schien alles ruhig zu bleiben, draußen sowohl als auch drunten im Stollen. Für eine Weile setzten sie sich nicht weit von der halboffenen Tür drinnen im Stollen nieder und fuhren fort in ihrem Gespräch.

Sie sprachen über die hinterhältigen Bemerkungen des Drachen über die Zwerge. Bilbo wünschte, er hätte sie nie gehört oder er könnte wenigstens beruhigt sein, daß die Zwerge es ehrlich meinten. Sie beteuerten nämlich, daß sie überhaupt noch nie daran gedacht hätten, was geschehen würde, wenn der Schatz gewonnen war. »Wir wußten, daß es ein verzweifeltes Abenteuer würde«, sagte Thorin, »und wir wissen es auch jetzt noch. Aber wenn wir den Schatz erobert haben, meine ich, wird auch Zeit genug sein, darüber nachzudenken, was zu tun ist. Und was Euren Anteil angeht, Mister Beutlin, so versichere ich Euch, daß wir mehr als dankbar sind und daß Ihr Euer Vierzehntel sogleich auswählen könnt, wenn wir etwas zum Teilen haben. Es tut mir leid, wenn Ihr Euch um den Transport sorgt, und ich gebe zu, daß die Schwierigkeiten groß sind. Die Länder, durch die wir gekommen sind, werden nicht friedlicher geworden sein. Aber wir werden tun, was wir für Euch tun können und unseren Kostenanteil übernehmen, wenn die Zeit gekommen ist, glaubt es, oder glaubt es nicht!«