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Dann wandte sich das Gespräch dem Schatz selbst und den Gegenständen zu, an die sich Thorin und Balin erinnerten. Sie hätten gern gewußt, ob sie noch alle unberührt in der Halle lagen: die Speere, die für die Heere des großen Königs Bladorthin gefertigt worden waren (er lebte schon lange nicht mehr). Jeder hatte eine dreifach geschmiedete Spitze, ihre Schäfte waren mit kunstreichen Goldarbeiten eingelegt, aber sie waren nie ausgeliefert oder bezahlt worden. Schilde, die für längst gestorbene Krieger hergestellt worden waren. Der große goldene Kelch von Thror, mit zwei Griffen, gehämmert und mit Vögeln und Blumen verziert, deren Augen und Blütenblätter aus Juwelen bestanden. Vergoldete, versilberte, undurchdringliche Kettenhemden. Der Halsschmuck von Girion, Fürst auf Dal, zusammengefügt aus 5oo tiefgrünen Smaragden. Girion hatte ihn für die Ausrüstung seines ältesten Sohnes hergegeben. Ein Kettenhemd aus winzig kleinen Ringgliedern, wie es nie zuvor gemacht worden war, denn es bestand aus lauterem Silber, von der Kraft und Stärke dreifach gehärteten Stahls. Aber das Wunderbarste von allem war der große weiße Edelstein, den die Zwerge unter den Wurzeln des Berges gefunden hatten: das Herz des Berges, der Arkenjuwel von Thrain.

»Der Arkenjuwel! Der Arkenstein!« murmelte Thorin in die Finsternis, halb träumend, das Kinn auf die Knie gestützt. »Er war einer Kugel mit tausend Facetten gleich, er schimmerte wie Silber im Schein des Feuers, wie Wasser im Sonnenlicht, wie Schnee unter den Sternen, wie Regen unter dem Mond!«

Bilbo jedoch hatte sich frei gemacht von der verhexten Sehnsucht nach dem Schatz. Während ihres Gesprächs hörte er nur halb zu. Er saß der Tür am nächsten. Mit einem Ohr lauschte er, ob draußen ein Geräusch aufkommen wollte, mit dem andern hörte er über das Gemurmel der Zwerge hinweg, ob weit unten sich etwas regte.

Die Finsternis wurde tiefer und tiefer, und Bilbo wurde immer unruhiger. »Schließt die Tür!« bettelte er. »Ich fürchte diesen Drachen bis ins Mark. Die Stille gefällt mir viel weniger als der Aufruhr in der letzten Nacht. Schließt die Tür, ehe es zu spät ist!«

Etwas in seiner Stimme machte den Zwergen die Geschichte ungemütlich. Thorin schob zögernd seine Träume beiseite, stand auf und trat den Stein fort, der die Tür festhielt. Dann legten sie sich gegen die Tür, und mit einem Schnappen und einem leisen Klingen fiel sie ins Schloß. Keine Spur von einem Schlüsselloch war auf der Innenseite übriggeblieben. Sie waren im Berg eingeschlossen!

Und nicht einen Augenblick zu früh. Kaum waren sie ein Stück in den Tunnel hinabgegangen, als die Bergflanke wie vom Aufkrachen eines Rammbockes getroffen wurde, als hätten Riesen einen Mauerbrecher aus gewaltigen Eichenstämmen dagegengeschleudert. Der Fels dröhnte, die Wände krachten, Steine fielen von der Decke ihnen auf den Kopf Was bei offener Tür geschehen wäre, möchte ich nicht ausdenken. Sie flohen tiefer in den Tunnel, froh, daß sie noch lebendig waren. Von draußen drang das Gebrüll und Gerumpel des wütenden Smaug herein. Er zerbrach die Felsen zu Splitt, zerschmetterte Wände und Klippen mit den Schlägen seines gewaltigen Schwanzes, bis ihr kleiner, luftiger Lagerplatz, das verbrannte Gras, der Drosselstein, die von Schnecken bedeckten Wände, der schmale Sims und alles andere zu einem Trümmerwirrwarr zerschmettert waren und eine Lawine zersplitterten Gesteins über die Klippe hinab ins Tal stürzte.

In aller Stille hatte Smaug sein Lager verlassen, lautlos war er in die Luft aufgeflogen. Und dann schwebte er langsam und schwer durch die Dunkelheit, wie eine riesige Krähe, hinab mit dem Wind zum Westhang des Berges. Er hoffte, unerwartet irgend etwas oder irgendwen dort fangen und den Tunneleingang erspähen zu können, den der Dieb benutzt hatte. Als er aber niemand und nichts fand, selbst dort nicht, wo der Eingang sein mußte, da entbrannte er in Zorn.

Nachdem er seine Wut ausgelassen hatte, fühlte er sich wohler, und in seinem Herzen dachte er, daß er von dieser Seite her nie wieder würde gestört werden. Indessen hatte er noch eine andere Rechnung zu begleichen. »Faßreiter!« schnaufte er. »Euer Fuß kam von der Wasserseite her, Ihr kamt zweifellos den Strom herauf Euer Geruch ist mir rätselhaft, aber wenn Ihr schon nicht einer von diesen Menschen am See seid, so hattet Ihr doch ihre Hilfe. Jetzt werde ich ihnen ins Gedächtnis rufen, wer der wahre König unter dem Berg ist!«

Er erhob sich in einer Wolke von Feuer und flog hinweg, südwärts, zum Eiligen Wasser.

13

Nicht zu Hause

Unterdessen saßen die Zwerge in der Finsternis. Tiefe Stille lastete auf ihnen. Sie aßen wenig und sprachen wenig. Sie konnten die Zeit nicht messen und wagten kaum, sich zu rühren, denn das Gewisper ihrer Stimmen klang rumorend im Tunnel wider. Schliefen sie ein, so wachten sie wieder zu Finsternis und lautloser Stille auf Nach unzähligen Tagen des Wartens (so schien es ihnen), als sie fast erstickt und betäubt vom Luftmangel waren, konnten sie es nicht länger ertragen. Selbst der Krach des zurückkehrenden Drachen wäre ihnen willkommen gewesen. Sie fürchteten, daß hinter dieser Stille eine seiner verschlagenen Teufeleien steckte. Aber sie konnten nicht auf ewig hier sitzen bleiben.

»Wir wollen versuchen«, sagte Thorin, »ob die Tür zu öffnen ist. Ich muß Wind auf meinem Gesicht spüren, sonst sterbe ich. Lieber von Smaug im Freien zerschmettert werden, als hier drinnen jämmerlich ersticken!« Einige Zwerge standen auf und krochen dorthin zurück, wo die Tür einmal gewesen war. Aber sie fanden, daß das obere Ende des Stollens zerstört und von herabgebrochenem Fels versperrt war. Weder Schlüssel noch Zauber, die diese Tür einmal bewegt hatten, würden sie je wieder öffnen.

»Wir sitzen in der Falle«, stöhnten sie. »Dies ist das Ende. Hier werden wir sterben.«

Aber gerade jetzt, da die Zwerge am verzweifeltsten waren, fühlte Bilbo eine seltsame Erleichterung in seinem Herzen, als ob ein schwerer Alpdruck von ihm gewichen sei. »Kommt!« sagte er. »Solange noch Leben da ist, ist auch Hoffnung da, wie mein Vater zu sagen pflegte. Und aller guten Dinge sind drei.

Ich gehe noch einmal in den Stollen hinunter. Zweimal war ich dort, als ich wußte, daß ein Drache am anderen Ende lauerte. Und jetzt wird der dritte Versuch gewagt, da vermutlich keiner dort unten ist.

Jedenfalls: Der einzige Weg hinaus führt hinunter. Und diesmal, meine ich, wäre es am besten für euch, wenn ihr alle mich begleiten würdet.«

In ihrer Verzweiflung stimmten sie zu, und Thorin war der erste, der an Bilbos Seite hinabging.

»Seid bitte wirklich vorsichtig«, wisperte der Hobbit, »und so still, wie ihr nur sein könnt! Kann sein, daß kein Smaug dort unten liegt, aber es kann auch sein, daß er doch dort liegt. Wir wollen keine überflüssigen Gefahren eingehen!«

Tief, tief hinab schlichen sie. Natürlich konnten sich die Zwerge, was Lautlosigkeit angeht, nicht mit dem Hobbit vergleichen. Sie schnauften und scharrten, und der Widerhall vervielfältigte die Geräusche auf schreckliche Weise. Aber wenn auch Bilbo dann und wann aus Furcht stehenblieb und lauschte, nichts rührte sich dort unten. Kurz vor dem Stollenende – so gut er das abschätzen konnte – streifte Bilbo den Ring an seinen Finger und ging voraus. Aber es war gar nicht nötig: Die Finsternis war vollkommen. Alle waren unsichtbar, mit Ring oder ohne Ring. Die Finsternis war in der Tat so schwarz, daß, als der Hobbit unerwartet den Stollenausgang erreichte, er mit den Händen in Luft griff, vorwärts stolperte und längelang hinab in die Halle rollte!