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»Ich heiße diesen Entschluß weder gut noch schlecht,« krächzte der Rabe, »aber ich will tun, was getan werden kann.« Damit flog er langsam davon.

»Zurück jetzt zum Berg!« schrie Thorin. »Wir haben wenig Zeit zu verlieren!«

»Und wenig zu essen!« fügte Bilbo hinzu, der auf diesem Gebiet stets praktisch dachte. Für ihn war das Abenteuer mit dem Tode Smaugs zu Ende – ein großer Irrtum übrigens –, und er würde den größten Teil seines Anteils hingegeben haben, um den drohenden Streit friedlich zu lösen.

»Zurück zum Berg!«, schrien die Zwerge als ob sie ihn nicht gehört hätten. So mußte Bilbo mit ihnen gehen.

Da euch die Ereignisse schon bekannt sind, wißt ihr, daß die Zwerge noch einige Tage vor sich hatten.

Sie erkundeten abermals die Höhlen und fanden, wie sie es vermutet hatten, daß nur das Haupttor als einziges offengeblieben war. Alle anderen Tore (ausgenommen natürlich die kleine Geheimtür) waren seit langem von Smaug zerstört und gesperrt worden. Nicht eine Spur war übriggeblieben. Sie begannen also hart zu arbeiten, denn sie mußten den Haupteingang befestigen und einen neuen Pfad anlegen, der ins Tal hinabführte. Werkzeuge der alten Bergarbeiter, Steinbrecher und Bauleute fanden sich massenweise. Zwerge waren in solchen Aufgaben noch immer sehr geschickt.

Während ihrer Arbeit brachten die Bergraben ihnen fortlaufend Nachrichten. Sie hörten, daß der Elbenkönig sich zum See gewandt hatte, und so blieb ihnen noch eine Atempause. Noch besser, sie erfuhren, daß drei ihrer Ponys entkommen waren und wild an den Ufern des Eiligen Wassers umherstreiften, nicht weit von dem Platz, wo sie den Rest ihrer Vorräte gelassen hatten. Und während die anderen in ihrer Arbeit fortfuhren, wurden Kili und Fili unter der Führung eines Raben ausgesandt, um die Ponys zu fangen und soviel sie tragen konnten mitzubringen.

Vier Tage waren sie unterwegs, und inzwischen hatten sie erfahren, daß die vereinigten Heere der Menschen und Elben dem Berg zueilten. Aber jetzt wuchs ihr Mut, denn sie hatten für einige Wochen zu essen – hauptsächlich Cram, versteht sich, und Cram hatten sie sehr satt; trotzdem ist Cram immer noch besser als gar nichts.

Schon war das Tor durch eine Quadermauer gesperrt, die zwar ohne Mörtel gebaut, aber nichtsdestoweniger mächtig und hoch war. Scharten waren ausgespart, durch die man beobachten (oder schießen) konnte – aber einen Eingang hatten die Zwerge nicht frei gelassen. Hinein und hinaus kletterten sie mit Leitern. Material hievten sie mit Tauen hoch. Für den Austritt des Flusses hatten sie unter der Mauer einen niedrigen Gewölbebogen gebaut. Aber gleich vor dem ehemaligen Eingang war das enge Bett des Flusses so erweitert worden, daß eine breite Wasserfläche sich von der Bergwand bis zu den Fällen erstreckte, über die der Fluß hinunterstürzte. Wenn man nicht schwimmen wollte, konnte man sich dem Eingang nur noch auf einem ganz schmalen Sims dicht entlang der rechten Klippe (von draußen gesehen) nähern. Fili und Kili hatten die Ponys nur bis zu den Stufen über der alten Brücke gebracht. Dort waren sie abgeladen und reiterlos zurück nach Süden zu ihren Besitzern geschickt worden.

Dann kam eine Nacht, in der vor ihnen in Dal viele Lichter von Lagerfeuern und Fackeln aufflammten.

»Sie sind da«, rief Balin. »Und ihr Lager ist sehr groß. Sie müssen unter dem Schutz der Dämmerung auf beiden Seiten des Flusses ins Tal gekommen sein.«

In dieser Nacht schliefen die Zwerge wenig. Noch war das Morgenlicht schwach, als eine Schar sich ihnen näherte. Hinter ihrer Mauer beobachteten die Zwerge, wie die Leute das Tal entlangzogen und langsam heraufkletterten. Nicht lange, und man konnte erkennen, daß es Menschen vom See waren, kriegsmäßig bewaffnet, und Bogenschützen der Elben. Schließlich kletterten die ersten über die wüsten Blöcke und erschienen oben am Beginn der Fälle. Groß war ihre überraschung, als sie die breite Wasserfläche vor sich sahen und das Tor von einer Mauer frisch gehauener Quadern versperrt.

Als sie so dastanden, auf die Mauer zeigten und durcheinanderredeten, rief Thorin ihnen zu: »Wer seid ihr« (er rief mit sehr lauter Stimme),"die ihr kommt, als wolltet ihr Krieg tragen zu den Toren von Thorin, Sohn von Thrain, König unter dem Berg. Was wollt ihr?«

Aber sie antworteten nicht. Einige wandten sich rasch zurück, die anderen gafften noch eine Weile das Tor an und seine Befestigung, und dann folgten sie ebenfalls. An diesem Tag wurde das Lager verlegt, mitten zwischen die ausgreifenden Bergflanken. Die Felsen hallten von Stimmen und Liedern wider, wie sie es für eine lange, lange Zeit nicht mehr getan hatten. Auch Elbenharfen waren zu hören und süß klingende Musik. Und wie das Echo heraufdrang, war es, als erwärmte sich die kalte Luft, und ein Duft von Waldblumen und Frühling stieg zu den Zwergen herauf.

Da wünschte Bilbo nichts sehnlicher, als aus der dunklen Festung zu entfliehen. Er wollte hinuntergehen und an der Fröhlichkeit und dem Schmaus am Lagerfeuer teilnehmen. Auch einige der jüngeren Zwerge waren gerührt und murmelten, daß ihnen ein anderer Ausgang ihres Abenteuers lieber gewesen wäre und daß sie dieses Volk draußen besser als Freunde willkommen heißen sollten.

Doch Thorin schaute finster drein.

Dann brachten auch die Zwerge Harfen und Instrumente aus dem alten Schatz und musizierten, um sein Gemüt zu beschwichtigen. Aber ihr Lied war dem der Elben nicht vergleichbar. Es ähnelte sehr dem alten Gesang, den sie in Bilbos kleiner Hobbithöhle angestimmt hatten.

Doch dieses Lied gefiel Thorin. Er lächelte wieder und wurde fröhlich. Sogleich berechnete er die Entfernung zu den Eisenbergen und wie lang es dauern würde, bis Dain den Einsamen Berg erreichen konnte, falls er sogleich aufgebrochen war. Aber Bilbos Herz wurde schwer: Die Rede klang allzu kriegerisch.

Am nächsten Morgen sahen sie früh eine Schar Speerträger den Fluß überqueren und das Tal heraufkommen. Mit sich führten sie das grüne Banner des Elbenkönigs und das blaue Banner vom See. Sie kamen heran, bis sie dicht vor der Mauer unter dem Eingang standen.

Wieder rief ihnen Thorin mit lauter Stimme zu: »Wer seid ihr, die ihr in Waffen zu den Toren Thorins, des Sohns von Thrain, König unter dem Berg, kommt?« Diesmal erhielt er Antwort.

Ein großer Mann schritt nach vorn, dunkles Haar, grimmiges Antlitz, und er schrie: »Gruß, Thorin!

Warum verschanzt Ihr Euch wie ein Räuber in seiner Höhle? Noch sind wir keine Feinde. Wir freuen uns, daß Ihr, was keiner zu hoffen wagte, noch am Leben seid. Wir kamen und nahmen an, daß wir niemand mehr hier am Leben fänden. Jetzt aber, da wir Euch hier treffen, ist es angebracht, Unterhandlung zu führen und Rat zu halten.«

»Wer seid Ihr, und worüber wollt Ihr unterhandeln?«

»Ich bin Bard. Durch meine Hand wurde der Drache erschlagen und Euer Schatz befreit. Geht Euch das nichts an? Mehr noch: Ich bin Abkomme und rechtmäßiger Erbe Girions von Dal, und in Eurem Schatz befindet sich manches aus seinem Schatz und seiner Stadt, was der alte Smaug gestohlen hat.

Ist das nicht eine Angelegenheit, über die gesprochen werden muß? Weiter zerstörte Smaug in seiner letzten Schlacht die Wohnungen der Menschen von Esgaroth, und noch diene ich ihrem Meister. Ich will für ihn sprechen und fragen, ob Ihr kein Herz habt für die Sorgen und das Elend seines Volkes?

Sie halfen Euch in Eurem Elend, und als Dank habt Ihr, wenn auch ungewollt, ihnen einzig Zerstörung gebracht.«

Nun, dies waren ehrliche und gerechte Worte, so stolz und grimmig sie auch gesprochen wurden.

Bilbo dachte, daß Thorin dies auch sogleich zugeben würde. Natürlich erwartete Bilbo nicht, daß sich irgend jemand jetzt daran erinnerte, wie einzig und allein er die verwundbare Stelle des Drachen entdeckt hatte. Und daran tat er gut, denn keiner erwähnte es. Aber Bilbo hatte auch nicht damit gerechnet, was Gold, auf dem ein Drache lange gebrütet hat, für eine unwiderstehliche Macht ausübt.