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Rasch kehrte Beorn zurück. Sein Zorn hatte sich verdoppelt, nichts widerstand ihm, keine Waffe schien gegen ihn etwas zu nützen. Er jagte die Leibwache auseinander, faßte Bolg und zermalmte ihn.

Da überfiel Entsetzen die Orks, und sie flohen nach allen Richtungen. Mit der neuen Hoffnung gewannen ihre Feinde neue Kräfte. Sie verfolgten die Flüchtenden und ließen die wenigsten entkommen. Viele trieben sie in das Eilige Wasser, und wer nach Süden oder Westen zu fliehen suchte, den jagten sie in die Sümpfe um den Nachtwaldfluß, wo der größere Teil der Flüchtenden umkam. Und wer bis ins Elbenreich gelangte, wurde dort erschlagen oder in die dunkle Weglosigkeit des Nachtwaldes gelockt, aus dem es kein Auftauchen mehr gab. Die Lieder haben später erzählt, daß drei Viertel der Orkkrieger an diesem Tag umkamen und die Berge für viele Jahre Frieden hatten.

Noch ehe die Nacht anbrach, war die Schlacht entschieden. Aber die Verfolgung war noch im Gang, als Bilbo in das Lager zurückkehrte. Außer den ernsthaft Verwundeten waren nur sehr wenige im Tal geblieben.

»Wo sind die Adler?« fragte er Gandalf an diesem Abend, als er, in viele warme Decken eingewickelt, dalag.

»Einige nehmen an der Verfolgung teil«, antwortete der Zauberer, »aber die meisten sind zu ihren Horsten zurückgekehrt. Sie wollten nicht länger bleiben und schieden mit dem ersten Morgenlicht.

Dain hat ihren Anführer mit Gold gekrönt und ihnen Freundschaft auf immer zugeschworen.«

»Das tut mir leid. Das heißt, ich meine, ich hätte sie auch noch einmal gern gesehen«, sagte Bilbo schläfrig.

»Vielleicht treffe ich sie auf dem Nachhauseweg. Jetzt kann ich doch bald nach Hause gehen, nicht wahr?«

»Sobald Ihr wollt«, entgegnete der Zauberer.

Aber es dauerte noch einige Tage, bis Bilbo wirklich auf brechen konnte. Sie begruben Thorin tief unter dem Berg; und Bard legte ihm den Arkenjuwel auf die Brust. »Dort soll er liegen, bis der Berg stürzt«, sagte er. »Möge er Thorins Volk Glück bringen!«

Auf sein Grab aber legte der Elbenkönig Orkrist, das Elbenschwert, das er Thorin in der Gefangenschaft abgenommen hatte. Lieder erzählen, daß es immer in der Finsternis auf glühte, wenn Feinde nahten. So konnte die Festung der Zwerge nie durch einen überraschungsangriff genommen werden. Dain, Sohn von Nain, schlug seinen Wohnsitz hier auf und wurde König unter dem Berge. Mit der Zeit sammelten sich zahlreiche andere Zwerge in den alten Hallen um seinen Thron. Von den zwölf Gefährten Thorins blieben zehn. Fili und Kili waren gefallen, als sie Thorin mit ihren Schilden und ihrem Körper verteidigten. Thorin war der ältere Bruder ihrer Mutter. Die anderen blieben bei Dain.

Dain aber teilte den Schatz weise, denn es war natürlich nicht länger mehr die Rede davon, Balin und Dwalin, Dori und Nori und Ori, Oin und Gloin, Bifur, Bofur und Bombur oder Bilbo den geplanten Anteil zu geben. Bard allerdings erhielt ein Vierzehntel allen Goldes und Silbers, ob verarbeitet oder nicht verarbeitet, denn Dain sagte: »Wir wollen den Vertrag des toten Thorin achten, denn er hat seinen Arkenjuwel zurückerhalten.«

Ein Vierzehntel war ein über alle Maßen großer Reichtum, größer als ihn manch sterblicher König sein eigen nennt. Von diesem Schatz sandte Bard dem Meister der Seestadt einen großen Anteil an Gold, und großzügig belohnte er seine Freunde und die Männer, die ihm gefolgt waren. Dem Elbenkönig gab er die Smaragde Girions, Juwelen, wie sie der König besonders liebte und die Bard von Dain erhalten hatte.

Zu Bilbo aber sagte Dain: »Dieser Schatz gehört so gut Euch, wie er mir gehört. Indessen können die alten Vereinbarungen nicht aufrechterhalten werden. Zu viele haben einen Anspruch, weil sie ihn mitgewonnen und mitverteidigt haben. Obgleich Ihr bereit wart, all Eure Forderungen fallenzulassen, möchte ich nicht, daß Thorins Worte, die er bereut hat, sich erfüllen. Von allen möchte ich Euch am reichsten belohnen.«

»Sehr freundlich von Euch«, entgegnete Bilbo. »Aber für mich ist es wirklich eine Erleichterung. Wie in aller Welt sollte ich einen so großen Schatz ohne Mord und Totschlag den ganzen Weg nach Hause tragen? Das kann ich mir nicht vorstellen. Und ebensowenig weiß ich, was ich zu Hause mit ihm anfangen soll. Ich bin sicher, daß er in Euren Händen besser aufgehoben ist.«

Schließlich stimmte Bilbo zu, zwei kleine Kisten zu nehmen, eine mit Gold und eine mit Silber (soviel ein kräftiges Pony tragen konnte). »Das ist gerade das, was ich schaffen kann«, sagte er. Dann war es Zeit, von den Freunden Abschied zu nehmen.

»Lebt wohl, Balin«, sagte er. »Und lebt wohl, Dwalin. Lebt wohl, Dori, Nori, Ori, Oin, Gloin, Bifur, Bofur und Bombur! Mögen eure Bärte sich niemals lichten!« Zum Berg gewandt, fügte er hinzu: »Lebt wohl, Thorin Eichenschild. Und Fili und Kili! Möge euer Andenken niemals vergessen werden!«

Die Zwerge vor dem Tor verbeugten sich tief Aber die Worte blieben ihnen in der Kehle stecken. »Lebt wohl, und viel Glück auf allen Euren Wegen!« erwiderte Balin schließlich. »Wenn Ihr uns je wieder besucht und unsere Hallen wieder schön eingerichtet sind, so soll es ein wunderbares Fest werden.«

»Und wenn ihr jemals bei mir zu Hause vorbeikommt« sagte Bilbo, »so klopft nicht erst an! Tee gibt es um vier. Aber jeder von euch ist zu jeder Zeit willkommen.«

Dann machte er sich auf den Weg.

Das Elbenheer war auf dem Marsch. Und wenn es auch traurig anzusehen war, wie viele für immer in ihren Reihen fehlten, so waren doch alle froh, daß die Welt des Nordens für lange Zeit glücklicher sein würde. Der Drache war tot, und die Orks waren vernichtet, und ihre Herzen freuten sich schon, daß nach dem Winter ein fröhlicher Frühling kommen würde.

Gandalf und Bilbo ritten hinter dem Elbenkönig, und neben ihnen schritt Beorn einher, wieder in menschlicher Gestalt. Er lachte und sang mit lauter Stimme den ganzen Weg. So zogen sie bis zum Saum des Nachtwaldes, nördlich der Stelle, wo der Nachtwaldfluß herauskam. Dann hielten sie an, denn der Zauberer und Bilbo wollten den Wald nicht betreten, wenn auch der König sie herzlich bat, eine Weile Gäste in seinen Hallen zu sein. Sie beabsichtigten, dem Saum des Waldes bis zu seinem Nordende zu folgen und die Einöde zu durchqueren, die zwischen ihm und dem Grauen Gebirge lag.

Es war ein langer, unerfreulicher Weg, aber jetzt, da die Orks vernichtet waren, schien er sicherer zu sein als die schrecklichen Pfade unter den Bäumen. Außerdem nahm auch Beorn diesen Weg.

»Lebt wohl, o Elbenkönig!« sagte Gandalf. »Fröhlichkeit sei in Eurem grünen Wald, denn die Welt ist wieder jung! Und fröhlich sei Euer ganzes Volk!«

»Lebt wohl, o Gandalf!« erwiderte der König. »Mögt Ihr immer dort auftauchen, wo man Eure Hilfe am meisten braucht und am wenigsten erwartet! Je öfter Ihr in meinen Hallen erscheint, je mehr werde ich mich freuen!«

»Ich möchte Euch bitten«, sagte Bilbo plötzlich stotternd und verlegen auf einem Bein stehend, »diese Gabe anzunehmen!«, und er holte ein silbernes Perlenhalsband hervor, das Dain ihm beim Abschied gegeben hatte.

»Womit habe ich eine solche Gabe verdient, o Hobbit?« fragte der König.

»Nun, hm, ich dachte, versteht Ihr«, antwortete der Hobbit ziemlich verlegen, »daß man sich schließlich, hm, für Eure Gastfreundschaft, hm, ein bißchen erkenntlich zeigen sollte. Ich meine, sogar ein Meisterdieb hat seinen Stolz. Ich habe viel von Eurem Wein getrunken und von Eurem Brot gegessen.«

»Ich nehme Eure Gabe an, o Bilbo«, sagte der König ernst.

»Und Euch ernenne ich zum Elbenfreund und segne Euren Weg. Möge Euer Schatten niemals kürzer werden (sonst wird das Stehlen zu leicht)! Lebt wohl!«

Bilbo mußte viele Mühsale und Abenteuer bestehen, ehe er daheim anlangte. Die Wildnis war noch immer Wildnis geblieben, und in jenen Tagen gab es außer Orks noch manche andere Gefahr. Aber Bilbo wurde gut geführt und gut beschützt – der Zauberer war bei ihm und ein gutes Stück Wegs auch Beorn. Und so geriet er nie in eine ernste Gefahr. Im Mittwinter erreichten sie Beorns Haus, und dort blieben beide für eine Weile. Weihnachten waren sie gut aufgehoben und hatten eine fröhliche Zeit.