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Eine dunkelgrüne Sonne detonierte in ihr, flutete sie mit Glut, mit Säure, mit eisigem Wasser, riss an ihren Adern, pumpte sie zum Bersten voll, und bevor sie das Gefühl hatte, wie eine reife Frucht zu platzen, endete es abrupt.

Narmora fiel auf die Knie und erbrach grüne Flüssigkeit auf den Boden. Die nächste Welle Übelkeit spülte ihren gesamten Mageninhalt als stinkende, moosfarbene Brühe durch ihre Kehle; sie klatschte in einem Schwall neben das Lager ihres Mannes.

»Wer bist du?«, rief jemand dröhnend.

Sie hustete die letzten Brocken aus, stützte sich mit zitternden Armen ab und drehte den Kopf suchend nach rechts und links. »Wer ist da?«, keuchte sie.

»Ich kann dir Dinge zeigen und Kräfte geben wie keiner anderen vor dir«, raunte es, und sie entdeckte Nudin, der plötzlich in einer Ecke des Raumes erschienen war. Er verharrte dort mit einem freundlichen Lächeln. An seinem Leib trug er Gewänder, wie sie schon lange aus der Mode gekommen waren.

»Du? Wir haben dich bezwungen, im Schwarzjoch!«

»Ich möchte dir helfen.« Vor ihren Augen verwandelte er sich unvermittelt zu dem aufgedunsenen Nôdʹonn in der dunkelgrünen Robe, der sie angriente. »Ich mache dich zu einer gefürchteten Maga.« Ein grelles Flackern folgte, nun schwebte die nebelhafte Gestalt des Dämons, den Tungdil in der Höhle des Tafelbergs zerstört hatte, über Furgas. »Armer Mensch. Er stirbt«, wisperte er. »Du kannst ihn retten. Jetzt. Weil ich dir die Macht dazu gegeben habe.«

Narmora schaute in ein grün gleißendes Licht und musste die Augen schließen. Als sie wieder etwas erkennen konnte, war die Wolke verschwunden, und es herrschte Stille im Zimmer, abgesehen von Furgasʹ ununterbrochenem Stöhnen.

Ich habe es mir nur eingebildet. Die Stelle, an der sie sich den Malachit eingesetzt hatte, präsentierte sich makellos, es gab keine verräterische Narbe oder ein klaffendes Loch, aus dem es grün schimmerte. Lediglich ein einsamer roter Blutstropfen zwischen ihren Brüsten bestätigte ihr, was sie getan hatte.

Furgas schrie laut auf, sein Leiden steigerte sich.

»Ich bin bei dir«, sagte sie schwach, zog sich am Bettgestell hoch und legte die Rechte auf den Wundverband. Nun wird sich zeigen, welche Macht ich tatsächlich erhalten habe.

Langsam und deutlich sprach sie die erste von vielen Formeln, die ihr wie von selbst in den Sinn kamen und ihrem Geliebten das Gift aus dem Leib jagen sollten.

Es begann mit einem Zischen.

Schwefelfarbene Dämpfe stiegen aus dem ruhenden Körper und lösten sich im Flug auf; winzige gelbe Tropfen drückten sich durch die Haut, tanzten und hüpften wie Wasser auf einer heißen Herdplatte, rannen herab und tünchten das Laken.

Furgasʹ Brust hob und senkte sich immer schneller, er ächzte.

Töte ich ihn? Erschrocken wollte Narmora die Hand zurückziehen.

»Mach weiter«, forderte Nudin neben ihr. »Du besitzt die Kraft, ihn zu heilen, Narmora. Du wirst ihn bald in die Arme schließen können!« Er lächelte sie freundlich an. »Vertraue mir und der Kraft des Steins. Alles wird gut. Du bist eine Maga.«

Narmora sah den Magus deutlich vor sich, als wäre er niemals gestorben. »Du bist ein Trugbild«, sagte sie mit fester Stimme. »Verschwinde!«

Die Erscheinung deutete auf den gelben Verband. »Du musst weitermachen«, wiederholte Nudin.

Narmora richtete ihre Aufmerksamkeit auf ihren Mann, ihr Verstand holte sich die magischen Silben aus dem Nichts, ihre Lippen gaben sie wieder.

Noch mehr Gift sickerte aus dem Körper des stöhnenden Furgasʹ, bis er abrupt schwieg und einen langen Atemzug tat, bevor er völlig still dalag.

»Furgas! Nein!«, rief sie entsetzt, rutschte zum Kopfende und streichelte angsterfüllt sein Gesicht. »Was habe ich...«

Der Mann schlug die Augen auf, schaute verwundert zur Decke, bemerkte Narmora und hob unsicher die Hand, um ihr geliebtes Gesicht zu berühren. »Du...«

Narmora schluckte, dann lachte und weinte sie gleichzeitig und schlang die Arme um ihn. Furgas richtete sich auf und drückte sie fest an sich. »Ich habe dich wieder«, schluchzte sie. »Ich danke Samusin auf Knien dafür.«

Furgas war verwirrt, genoss jedoch die Zärtlichkeit seiner Gefährtin. »Ich erinnere mich... an den Überfall«, sagte er angestrengt. »Was geschah dann?« Er küsste ihre schwarzen Haare und schob sie zärtlich von sich. Dabei entdeckte er, dass ihr Bauch verschwunden war. »Habe ich so lange Zeit im Bett verbracht?«, fragte er erschrocken.

»Warte. Du sollst sie endlich sehen.« Narmora eilte davon, um Dorsa zu holen.

Behutsam legte sie das kleine Mädchen in die Arme des Vaters, der beim Anblick des Bündels in Tränen des Glücks ausbrach. »Sie hatte noch einen Bruder, doch er ist bei der Geburt gestorben«, gestand sie ihm mit feuchten Augen. Dann berichtete sie ihm von dem unglückseligen Tag, an dem sich der Unfall ereignet hatte.

Furgas streichelte seine Tochter. »Wenigstens sie ist uns geblieben«, sagte er rau und küsste das kleine Köpfchen. Mit der anderen Hand zog er Narmora zu sich. »Ich liebe dich, Narmora. Ich liebe euch beide«, sagte er zu Dorsa. »Wir haben viel durchgemacht, um zu unserem Glück zu finden. Dafür ist es umso größer.«

Narmora gab ihm einen langen Kuss. »Ruh dich aus, Geliebter. Morgen berichte ich dir, was in der Zwischenzeit geschehen ist und was uns noch bevorsteht, damit unser Glück Bestand haben wird. Wir brauchen dringend dein technisches Geschick.« Sie schmiegte sich an ihn. In einer Ecke des Raumes meinte sie, Nôdʹonns Abbild kurz aufblitzen zu sehen, ehe es verblasste.

Das Geborgene Land, Dsôn Balsur,

6234. Sonnenzyklus, Spätherbst

Hosjep saß auf dem obersten Querbalken des größten Onagers, schlug die letzten Nägel ein und prüfte den Sitz der zusätzlichen Sicherungsseile, welche um die Holzstreben gewickelt worden waren. Sie waren notwendig, um den tonnenschweren Druck abzufangen, der auf den Balken lastete, wenn die Wurfmaschine ihre Arbeit verrichtete.

Der Zimmermann war nicht der Einzige, der in luftiger Höhe seiner Tätigkeit nachging. Um ihn herum hämmerten, zurrten, spannten und hobelten viele weitere Menschen, um aus den mitgebrachten Stämmen, Latten und Brettern Wurfmaschinen zu bauen.

Der nächtliche Überfall der Albae vor etlichen Sonnenumläufen hatte nicht nur zahlreiche Leben gekostet und die alte Feindschaft zwischen den Elben und Zwergen aufs Neue entfacht, er hatte auch eine gehörige Portion Siegesgewissheit zerstört, die in den Köpfen der Soldaten vorhanden gewesen war - bis zu diesem verheerenden Angriff. Die Folge war, dass viele Männer den Dienst quittierten oder sich davonstahlen und die Moral bei den Menschen sank.

Hosjep befand sich nur deswegen in unmittelbarer Nähe zu dem Albaereich, weil ihn das großzügige Entgelt für seine Arbeit lockte. Den Lohn, den er hier erhielt, verdiente er sich sonst in einem Sonnenzyklus. Ohne das Gold hätten ihn keine zehn Pferde an die Grenze zu Dsôn Balsur gebracht.

Er richtete den Blick auf den schwarzen Wald, der die breite Schneise säumte, welche das Feuer hineingebrannt hatte. Von hier oben sah er, dass sie höchstens eine Meile von der Ebene dahinter trennte. Von da an stand dem Heer nichts mehr im Weg.

Die schwarze Festung der Albae lag wie eine bösartige Geschwulst inmitten des Flachlands, in dem sich das Gras wieder grün färbte.

Es wird wunderschön anzusehen sein, wenn wir die letzten Albae vernichtet haben, dachte der Zimmermann und bemühte sich, sich seine Zuversicht zu bewahren.

Hinter der Festung erstreckte sich noch mehr Grasland, knapp vor dem Horizont erkannte er so etwas wie ein Loch, aus dem sich eine lange spitze Nadel erhob, die im Schein der Sonne knochenfahl schimmerte. Es war das Herz des Albaereichs, das es zum Verstummen zu bringen galt.