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»Was wirst du gegen sie ausrichten können?«

Sie lachte freudlos auf. »Wenn die Legende stimmt, habe ich es mit elf Splittern eines Gottes zu tun.« Sie sah ihn mutlos an. »Ich bin einen halben Sonnenzyklus bei Andôkai in die Lehre gegangen. Sie war eine Maga, die mehr als einhundert Zyklen an ihrer Kunst feilte und noch lange nicht die Vollendung fand, die sie gesucht hatte.« Narmora senkte die Stimme. »Und auch sie wusste nicht, was sie gegen die Avatare tun sollte. Niemand weiß Genaues, außer dass sie dem Land, in dem sie niedergehen, Tod und Verderben bringen. Nôdʹonn hatte Recht, Tungdil. Er warnte uns vor ihnen, und wir haben ihn getötet. Der Einzige, der stark genug gewesen wäre, sie zu vernichten, musste sterben.« Sie atmete tief ein. »Dies ist einer der letzten ruhigen Tage, Tungdil. Genießen wir ihn, ehe die Welt untergeht.« Sie wandte sich zum Gehen. »Ich sage Furgas, dass er die Katapulte laden soll.«

»Lass den Posten auf der Westseite ausrichten, dass sie jede noch so kleine Beobachtung melden sollen«, bat er sie. »Ich hoffe, dass wir die Sache mit Lorimbas geklärt haben, bevor die Avatare anrücken oder sie Xamtys auf offenem Feld begegnen.«

Narmora nickte und kehrte in die Festung zurück.

»Sie hat ihren Geliebten vom Gift befreit«, sagte Myr nachdenklich. »Sie muss ihre Kräfte rasch vervielfacht haben, denn bis vor kurzem behauptete sie noch, dazu nicht in der Lage zu sein.«

»Ich erinnere mich. Und ich hoffe, dass sie stark genug ist. Nicht nur, was die Zaubermacht angeht, sondern auch, was ihre Zuversicht anbelangt.« Tungdil schloss die Zwergin in die Arme. »Wie geht unsere Geschichte zu Ende, Myr? Werden wir von Lorimbas und Salfalur erschlagen, oder vergehen wir im Angesicht von Tions Avataren? Oder schlagen wir beide in die Flucht?«

Sie streichelte seine Wange. »Ich bin Chirurga, keine Seherin. Was auch immer geschehen wird, ich stehe an deiner Seite. Einmal habe ich dich allein gelassen, und es wird nicht noch einmal geschehen, dass durch mich dein Leben in Gefahr gerät. Kein Avatar und kein Salfalur können mich abhalten, zu dir zu gelangen, wenn du mich brauchst.« Sie schaute auf die Vielzahl von Zwergen auf ihrer Seite des Bollwerks, die sich in den Schutz der warmen Feuer Ost-Eisenwarts zurückzogen. »Ich werde in zwei Umläufen meine Instrumententasche zurechtlegen. Es wird viele Verletzte geben, wenn Lorimbas angreift.«

»Nein. Sie gelangen nicht über die Mauer.«

»Bist du sicher? Warum sollten sie klettern, wenn sich das Tor öffnet?«

Beide schauten zu Sanda Feuermut, die sich mit den Wachen unmittelbar am Durchlass unterhielt und ihnen Anweisungen erteilte.

»Sie wird unser Verderben sein, wenn sie keiner im Auge behält«, sagte Myr gedankenverloren. »Das wird meine Mission sein.«

*

Die Frist verstrich wie im Flug.

Nach den beiden Sonnenumläufen warteten Tungdil, Narmora und die Zwillinge auf dem Wehrgang auf die nächste Ausrede Lorimbas oder den Angriff. »Was haben sie in den vergangenen Tagen unternommen?«, fragte Tungdil den wachhabenden Zwerg.

»Gesungen. Ein Lied nach dem anderen. Vor unseren Toren. Schlachtenlieder, Lieder voller Beleidigungen, von morgens bis abends«, knurrte er, und man sah ihm an, dass ihm die Zeilen mächtig missfallen hatten. »Man konnte kein Auge zutun, so laut waren sie. Aber ihre Stimmen haben den Wall nicht zu Fall gebracht.«

»Und das Singen nimmt kein Ende.« Boëndal nickte zur Höhle, aus der die Dritten geströmt kamen. »Sie versuchen es erneut.«

Sie hielten geradewegs auf den Wall zu, formierten sich zu einem großen Rechteck, dessen untere Linie ebenso lang wie die Mauer der Verteidiger war, und näherten sich singend. Lorimbas marschierte an der Spitze und hielt an, als er und sein Heer 30 Schritte vom Tor entfernt waren.

»Keine Waffe, Lorimbas?«, fragte Tungdil spitz, die Antwort wohl wissend.

»Es gab niemals eine, Tungdil Goldhand, Verräter an deinem eigenen Blut«, brüllte der König der Dritten zurück. »Vor deinem Ende sollst du hören, dass ihr alle - du, die schlauen Menschen, die hochmütigen Elben und die weisen Zwerge - auf uns hereingefallen seid. Es gibt keine Avatare.«

»Das nenne ich einfallsreich. Nun leugnest du einfach die Gefahr.« Tungdil gab den Zwergen ein Zeichen, dass sie sich bereithalten sollten. »Was wird das Nächste sein?«

»Mein Angriff. In diesem Augenblick stehen viertausend Zwerge vor dem Westeingang des Geborgenen Landes und werden ihn stürmen, während ich diese Mauern zu Fall bringe. Keine Magie, kein Gott, nichts wird mich daran hindern, alle Zwergenreiche zu erobern. Unsere Vorbereitungen sind abgeschlossen, unsere Spione haben gute Arbeit geleistet.«

»Wo ist der Dicke?« Argwöhnisch blickte Ingrimmsch über die Reihen der Gegner. »Ich kann ihn nirgends sehen. Und die Portionen da unten, das sind höchstens viertausend, also haben sie irgendwo ihre restlichen tausend verborgen.«

»Ich gebe dir Recht. Irgendetwas stimmt nicht«, antwortete Tungdil und richtete die Worte wieder an Lorimbas. »Wenn es die Avatare nicht gibt, was sehen wir dann Nacht für Nacht am Himmel, Lorimbas? Kannst du zaubern?«

Der König lachte. »Ja, ich kann zaubern. Aber anders als diese Maga. Ich kann Zwerge wie der Wind ins Jenseitige Land tragen und sie dort riesige Feuer entfachen lassen, in denen sie Schwefel und andere Dinge verbrennen, damit ihr an die Legende von den Avataren glaubt.«

»Wie soll das...«

»Es ist das Geheimnis des Schwarzjochs, du großer Held, das du nicht erkundet hast«, zog er ihn auf. »Ihr seid auf dem Tafelberg herumgetrampelt und habt den wahren Wert nicht erkannt. Er besitzt eigene Tunnel, gegraben von den Dritten vor tausenden von Zyklen, um Angriffe von vielen Seiten zu ermöglichen. Als ich hörte, dass ihr euch alle vor der Gefahr aus dem Westen fürchtet, habe ich euch eben eine Gefahr geboten.«

»Du lügst schon wieder!«

»Nein, es ist die Wahrheit. Meine besten Ingenieure sitzen vor den Toren von Xamtysʹ Königreich und sorgen mit den Feuerspielen dafür, dass sich das gesamte Geborgene Land in die Hosen macht«, triumphierte Lorimbas.

»Sie können keine fallenden Sterne nachahmen. Es gibt keine Schleuder, die so groß...«

»Nun, der Stern war echt. Eine glückliche Fügung für uns. Er schlug ein, ja, mehr aber auch nicht. Meine Leute haben sich den Ort von weitem angeschaut, wo er runter fiel. Nichts, keine Spur eines Gottes, es sei denn, er bestünde aus blubberndem Schlamm.« Er klopfte sich auf die Schenkel. »Und wie er so herrlich eure Furcht vor dem nährte, was Nôdʹonn euch prophezeite! Letztlich wart ihr so davon überzeugt, dass ich alles verlangen konnte.«

»Und es beinahe auch bekommen hättest«, murmelte Tungdil.

»Ich stelle dich vor die Wahclass="underline" Öffne uns das Tor und liefere dich uns aus, und wir lassen die Zwerge in Frieden abziehen - oder bleib und stirb mit ihnen zusammen. Es wird keine Gnade geben.«

Narmora starrte auf den König der Dritten. Alles nur Lüge! Ich habe mein Kind verloren, Andôkai ermordet, Furgas stand auf der Schwelle zum Tod, und das alles wegen seiner Intrige! Sie hob die Arme, die Augen färbten sich Schwarz. »Lorimbas Stahlherz«, rief sie mit dunkler Stimme, und die Zwerge um sie herum wichen zurück, »du wirst für dein Werk vergehen.«

»Nicht jetzt, Hexe!«, gab er zurück und blies sein Rufhorn. Gleich darauf senkte sich der Fels unter dem Wall ab, und die Mauer sackte lärmend in sich zusammen.

Die Verteidiger stürzten mit in die Tiefe. Die Mehrzahl derer, die sich auf dem Wehrgang befunden hatten, wurde zwischen den zwergengroßen Quadern zerquetscht oder von ihnen begraben.