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»Ihr schmeckt gut, Herrin. Sogar ein wenig nach Andôkai«, dröhnte Djerůn mit neuer Kraft wie ein junger Gott. »Und ihr schmeckt nach Macht, Herrin. Viel mehr Macht als Andôkai besaß. Eine gute Quelle, die mich nährt und heilt.« Er stand auf, frisch und ausgeruht, als erhöbe er sich von einem Mittagsschlaf, und neigte sein Haupt, das nach wie vor von einem Helm geschützt wurde. »Nun will ich Euch berichten, Herrin...

Andôkai sandte mich aus, um nach den Avataren zu suchen.

Ich durchquerte das Rote Gebirge, ich durchwanderte die Ebene dahinter und fand Zwerge, die merkwürdige Dinge trieben. Da es nicht mein Auftrag war, mich um sie zu kümmern, umging ich sie.

Ich passierte einen Krater, vierfach so breit, wie die Schlucht vor der Festung lang ist, in dem eine glühende Masse kochte, und dahinter einen verwüsteten, mit Asche bedeckten Landstrich, der großer Dürre zum Opfer gefallen war. Darin lagen Skelette von Soldaten in den Farben von Weyurn.

Dann stieß ich auf ein Heer.

Sie trugen weiße Banner mit zehn unterschiedlichen Runen; ihre Rüstungen waren so weiß, dass es in meinen Augen brannte, und sie ritten Schimmel, so weiß, wie ich noch kein Pferd gesehen habe.

Obwohl ich mich vor ihnen verbarg, um sie auszukundschaften, bemerkten sie mich und griffen mich an.

Für einen von ihnen, den ich erschlug, drangen vier neue auf mich ein, bis sie mich niederrangen und vor die Angesichter von zehn Gestalten zerrten, die sich in eine Aura aus Reinheit hüllten. Ein Strahlenkranz umspielte jeden von ihnen; derart geblendet, konnte ich ihre Gesichter nicht erkennen.

Sie fragten mich, woher ich käme, und weil ich nicht antwortete, überschütteten sie mich mit ihrer Gnade, Liebe, Hoffnung und Wärme, dass es mich schreien ließ.

Doch ich verging nicht darin, wie sie dachten.

Ich riss mich los und rannte, um Andôkai zu erzählen, was ich gesehen hatte.

Und sie riefen mir nach, dass die Ehrlichen und die Aufrichtigen des Geborgenen Landes sich nicht länger zu fürchten brauchten. Sie brächten allen anderen, die da unrein und böse seien, das Verderben und wollten das Land von dem Dämon Tions befreien, der hunderte von Zyklen über es geherrscht habe.

Ich lief durch Sonnen- und Mondenschein, bis ich über verborgene Pfade bis vor die Festung der Zwerge gelangte.«

Narmora fuhr sich über den Arm, der narbenlos verheilt war. Jetzt weiß ich wenigstens, was sie bei uns wollen. Sie denken, dass Nôdʹonn und das Tote Land noch immer existieren. Nur wissen sie nicht, dass wir ihn in der Zwischenzeit besiegt haben. »Danke, Djerůn«, sagte sie versonnen.

»Und die Zwerge, Herrin?«

»Was soll mit ihnen sein? Sie gehören zu den Dritten.«

»Ich meinte nicht die, die sich seltsam benahmen. Als ich flüchtete, waren Teile des Weißen Heeres mir dicht auf den Fersen. Sie müssten die Zwerge längst erreicht haben. Die Dritten und diejenigen, die mir entgegenkamen.«

Die Maga nickte. Mitleid für die Dritten wollte sich nicht einstellen, doch um Xamtys sorgte sie sich. Sie ging zum Durchgang, der sie aus der Halle in einen Korridor führte, wo Tungdil und seine Freunde warteten.

Als sie die Tür aufstieß, schnellten die Köpfe in ihre Richtung. Sie erkannte vor allem Neugier in den Gesichtern. »Die Avatare gibt es. Sie kommen.«

Und die Neugier schlug um in Furcht.

*

»Meint ihr, der kleine wütende Dreikäsehoch würde mit sich reden lassen, wenn wir ihm von der Bedrohung berichteten?« Rodario musste einfach etwas sagen, um die bleierne Stille zu durchbrechen, die in dem Saal herrschte.

Tungdil, Gemmil, Namora und die Zwillinge sowie alle mit Rang und Namen saßen zusammen, um zu bereden, was ihnen bevorstand, während draußen Salfalur eine Mauer nach der anderen überstieg und sich mit seinen Kriegern der Festung näherte.

Die Fallen, die Furgas eingerichtet hatte, hatten bereits dreihundert Dritten das Leben gekostet, doch aufhalten ließen sich die fanatischen Zwergenhasser nicht. Sie befanden sich kurz davor, das erste Zwergenreich einzunehmen und den letzten Widerstand, der sich ihnen entgegenstellte, ein für allemal zu brechen. Sie ahnten nichts davon, dass sich die Lüge über die Avatare als Wahrheit erwiesen hatte.

Boïndil prustete. »Er nun wieder, der Schwätzer! Denkst du wirklich, unglaublicher Rodario...«

Sogleich hob der Mime warnend den Zeigefinger. »Ich heiße fortan Rodario der Unglaubliche«, bestand er gegenüber dem Zwerg. »So viel Zeit muss sein, mein kurzbeiniger Freund mit dem heißen Blut.«

Ingrimmsch stemmte die Hände in die Hüften. »Du bist weder ein Famulus noch ein Magus. Du bist ein Betrüger, der das Glück hat, einen schlauen und beinahe zwergenbegabten Magister technicus als Mitstreiter zu haben.« Er schlug sich gegen die Stirn. »Ho! Ich weiß, was wir machen! Bei den Schweineschnauzen hat es nicht geklappt, aber vielleicht kannst du die Avatare mit deinem Mundwerk besiegen.«

»Kein Grund, mich zu beleidigen, Herr Ingrimmsch. Ich habe lediglich einen Vorschlag unterbreitet.«

»Schwachsinn ist das«, grummelte Boïndil.

»Nein, ist es nicht.«

»Ha, sicher!«

»Mitnichten.«

»Oh, doch.«

»Ruhe, ihr zwei!«, fuhr Narmora dazwischen. Sie schaute Rodario an. »Und Boïndil hat Recht, unglaublicher Famulus. Es ist Schwachsinn.«

»Fall mir nur in den Rücken«, beschwerte er sich. »Ich dachte lediglich, wir sollten an seine Vernunft appellieren. Immerhin hat er das Schwarze Gebirge die ganzen Zyklen über gehütet und den Ostpass gegen Ungeheuer verteidigt. Wenigstens diesen Rest Anstand scheinen sich die Dritten bewahrt zu haben.«

Boëndal schnalzte mit der Zunge. »Versuchen wir es. Mehr als ablehnen kann er nicht. Wir brauchen allerdings Beweise, denn unseren Worten wird er ebenso wenig trauen wie wir den seinen.«

»Ich habe Xamtys einen Boten gesandt, der sie vor den Avataren warnt und von unserer Lage berichtet«, warf Tungdil in die Runde. »Ich hoffe, er erreicht sie rechtzeitig.«

Die Tür wurde aufgerissen. »Kommt schnell! Wir brauchen Hilfe am ersten Tor. Die Dritten drohen durchzubrechen«, erstattete ein aufgeregter Zwerg Bericht.

»Man kann von ihnen halten, was man will, aber es sind begnadete Krieger«, brummte Boïndil, stand auf und folgte sogleich dem Boten; die Beile hielt er bereits in den Händen. »Aber ich zeige ihnen, dass ein Zweiter mindestens genauso gut ist, auch ohne die Linien im Gesicht.« Er lachte. »Ha, jetzt habe ich es verstanden! Das sind die Schnittmuster für meine Klingen.«

Tungdil hörte durchaus heraus, dass Ingrimmsch lange nicht so begierig klang wie sonst, wenn es darum ging, Orks, Bogglins oder ähnliche Bestien zu töten. Insgeheim ging Tungdil fast sogar davon aus, dass die Dritten als Sieger von diesem Schlachtfeld zu Füßen des Roten Gebirges gehen würden. Es wird seinem Namen alle Ehre machen, das Blut wird nicht wissen, wohin es fließen soll.

Es blieb abzuwarten, wie sich Narmoras Magie, Djerůns Stärke und Furgasʹ Einfallsreichtum auf das Kampfglück auswirkten. Tungdil hatte die Dritten bei der ersten Schlacht gesehen und war sprachlos über so viel Kraft, Disziplin und Geschicklichkeit im Umgang mit Waffen.

Doch es wird Salfalur nichts bringen. Ich werde ihn töten, gleich wie. Er nahm seine Axt, stapfte durch die Halle über die Brücke und gelangte über den Wehrgang zum höchsten der Türme, von dem aus er die beste Übersicht hatte.