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Djerůn lief unerwartet vorwärts. Der Koloss stand mit drei schnellen Schritten neben der Gestalt, packte sie mit beiden Händen am Hals, umklammerte sie und schien zuzudrücken.

Der Avatar schrie und hüllte sich in blitzendes Licht; er überschüttete Djerůn damit, dem der Angriff nichts auszumachen schien. Der Geruch von heißem Metall lag in der Luft. Von der Seite des gegnerischen Heeres vernahmen sie einen entsetzten Aufschrei.

Dann gab es ein lautes Geräusch, als zerrisse man einen dicken, schweren Vorhang in der Mitte. Das Knacken von Knochen mischte sich darunter.

Urplötzlich erlosch das blendende Schimmern, und die Zwerge hörten Djerůns triumphierendes Grollen. Er reckte den in der Mitte geteilten Avatar, der nun sehr menschlich aussah, gegen den grauen Himmel. Es war ein Mann um die dreißig Zyklen, seine Robe aus beigem Stoff war mit Blut getränkt.

Der eiserne Leibwächter warf die triefenden Hälften in hohem Bogen durch die Luft; sie fielen in den Schnee, überschlugen sich einige Male und blieben liegen. Weder setzten sie sich erneut zusammen, noch begannen sie zu glühen. Es war nichts Göttliches mehr an ihnen.

»Da schlage Vraccas mit dem Hammer drein!« Boïndil schluckte. »Er hat ihn einfach zerrissen... wie ein... Hühnchen.«

»Ein Mensch«, raunte Narmora und lachte befreit. »Er hat gerochen, dass es ein Mensch ist! Sie sind nichts weiter als Zauberer, die uns mit ihrem Blendwerk glauben machen wollen, sie seien Avatare.«

Tungdil fiel in ihr Lachen mit ein, es befreite ihn von all seinen Ängsten, zu denen auch gehört hatte, diesen Tag nicht zu überstehen und Balyndis nicht retten zu können.

Die Heiterkeit breitete sich aus, und bald erscholl lautes, spöttisches Zwergengelächter, das selbst dann nicht endete, als die Reiterei ihren Angriff begann und herangaloppierte. Die Rüstungen, die zuvor noch geleuchtet hatten, hatten einen Teil ihres Glanzes eingebüßt. Er war mit dem Tod des unbekannten Magus gegangen.

Boïndil hob Schild und Axt. »Schlagt den Kleppern die Knie auseinander, dann kommen die Reiter von selbst zu euch«, rief er in bester Kampfeslaune. Wie alle anderen trug er nun wieder Zuversicht im Herzen.

Unter der Führung Tungdils rannten die achttausend Zwerge mit einem Kampfschrei auf den Lippen los.

*

So einfach es gewesen war, den ersten der scheinbaren Avatare zu vernichten, der bald unter den Stiefeln der Zwerge zertreten wurde, so schwierig wurde es, gegen die Soldaten zu bestehen.

Angepeitscht vom Tod eines ihrer Anführer, warfen sie sich voller Wut in die Schlacht und brachten die Zwerge gerade durch die flinke, wendige Reiterei in arge Bedrängnis.

Der Kraft, mit der die Pferde in ihre Reihen brachen, schuf Öffnungen in den Schildwällen, in welche die nachdrängenden Fußtruppen stießen und die Ordnung der Zwerge in Gefahr brachten.

»Rückzug!« Tungdil ließ das geschmälerte Heer zurückfallen, um es näher in den Schutz der Bäume zu bringen. Kaum erreichten sie den Rand des Waldes, brachen die restlichen Dritten daraus hervor und schlugen die Fußtruppen der Avatare zurück. »Haltet durch«, feuerte er sie an. »Die Sonne sinkt, es dauert nicht mehr lange, bis euer König Lorimbas kommt, um euch zu unterstützen.«

Da näherte sich die zweite Gestalt aus Licht, die jedoch nicht den Fehler beging, allzu dicht heranzukommen.

Sie schwebte drei Meter über der Erde hinter den eigenen Reihen und schleuderte Feuerbälle in das Gefecht. Narmora benötigte all ihre Kräfte, um sie abzuwehren und sie zwischen die Feinde zu lenken.

Als der Avatar erkannte, dass er eine Gegenspielerin vor sich hatte, die ihm gewachsen war, befahl er den restlichen Truppen, die Flanke anzugreifen, bei der sie sich aufhielt.

Tungdil rief die Zwillinge zu sich und hetzte mit ihnen zusammen zu Narmora, um sie zu verteidigen. Noch ehe sie ihren Standort erreichten, entbrannte das Gefecht, und die Maga verschwand in dem Durcheinander.

»Sie darf uns unter keinen Umständen verloren gehen«, schärfte ihnen Tungdil ein. Boïndil übernahm die Spitze, dahinter folgten Boëndal und er. Die Beile, der Krähenschnabel und die Axt hieben sich eine Schneise durch die Feinde; in gerader Linie schritten sie voran und visierten die Stelle an, an der sie die Maga glaubten.

Endlich erreichten sie Narmora, die sich einem gnadenlosen Ansturm der Soldaten erwehren musste. Noch dazu hatte sich der zweite Avatar in ihre Nähe begeben und setzte ihr mit unaufhörlichen magischen Angriffen zu.

Die Dritten um sie herum hielten Stand, Djerůns Keule und Schwert machte mit jedem Hieb drei oder mehr Männer nieder, die seiner Herrin zu nahe kamen. Aber die gegnerischen Krieger spürten, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis die Zwerge einbrachen. Es waren zu wenige.

Narmora stand schweißüberströmt neben Djerůn, ihre Hände formten Symbole und damit Zauber. »Ich kann ihn nicht länger aufhalten«, keuchte sie Tungdil zu. »Djerůn kommt nicht nahe genug an den Magus heran, um ihn zu töten. Und er ist stark!« Sie wehrte einen heranfliegenden Blitz ab und lenkte ihn zwischen die Angreifer; ein Dutzend von ihnen verbrannte in der Energie.

Tungdil zögerte, einen Ausfall zu befehlen, um mit den Dritten einen Weg für Djerůn zu bahnen. Wo sind die anderen neun Avatare?, fragte er sich unterdessen. Seit Beginn des Kampfes rechnete er damit, dass er und sein kleines Heer in einer Feuerwolke verbrannten, so wie es den Albae zuvor ergangen war. Warum tun sie nichts und opfern das Leben ihrer Soldaten? Er beschloss, es darauf ankommen zu lassen, und führte zusammen mit den Zwillingen die Offensive an. Die Dritten setzten sich an ihre Fersen und zeigten, dass sie selbst in der Unterzahl in der Lage waren, großen Schaden bei ihren Feinden anzurichten. Doch sie waren zu wenig.

Gerade als ihr Angriff in der Dämmerung ins Stocken geriet, erhielten sie Unterstützung.

Über die Köpfe der Zwerge schnellte ein gewaltiger Schatten hinweg, es rauschte und zischte vogelschwarmgleich, danach prasselte es laut, als die Rüstungen der gegnerischen Soldaten von hunderten von Pfeilen getroffen wurden. Pfeilen mit schwarzen Schäften und schwarzen Federn.

»Die schwarzäugigen Spitzohren haben es sich wohl überlegt«, brummte Boïndil. »Es wird immer schwieriger, aus diesem Kampf lebend davonzukommen.« Er parierte den Schlag eines Soldaten, schlug ihm die Hand mit der Waffe ab und hackte ihm in den ungeschützten Oberschenkel. »Dritte, Albae und Avatare.« Sein nächster Schlag traf einen Feind in die Hüfte, die Beilklinge durchbrach die Rüstung und hinterließ eine tiefe Wunde. »Ich müsste mich die ganze Zeit im Kreis drehen, um sie alle im Auge zu behalten.«

Boëndal schwang den Krähenschnabel und zertrümmerte mit der flachen Seite einen Helm samt Kopf; der Torso kippte nach hinten in die Reihen seiner Kameraden. »Richte deine Augen auf das, was vor dir steht, und hör auf, dir Gedanken zu machen«, wies er ihn an und wischte sich mit seinem langen Bart Schweiß und Blut aus dem Gesicht. »Da vorn ist der Avatar, da müssen wir hin.«

Unaufhörlich sirrten die Albaepfeile über sie hinweg und brachten den Feinden den gefiederten Tod. Die Soldaten verloren zusehends ihren Siegeswillen, die Ersten bewegten sich geordnet rückwärts, die Schilde zum Schutz gegen die Geschosse nach oben haltend.

Djerůns Stunde war gekommen. Er verließ die Seite Narmoras, preschte vorwärts, tötete jeden Gegner, der sich unvorsichtigerweise in die Reichweite seiner Waffen begab, und drückte sich unmittelbar hinter Tungdil vom Boden ab.

Mit einer Leichtigkeit, die ihm niemand zugetraut hätte, sprang er gut sieben Schritt durch die Luft, über die Helme, Schilde und Köpfe hinweg, landete mitten in einem Pulk und nur zwei Schritte von dem zweiten Avatar entfernt.