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Die Lichtgestalt bedachte ihn auf der Stelle mit einem Strang weißer, knisternder Energie. Die Magie prallte gegen den Harnisch und brachte die Symbole zum Leuchten, ohne dass Djerůn sichtbares Leid zustieß. Die abprallenden Strahlen suchten sich ihre Ziele unter den umstehenden Soldaten, sodass es Djerůn ein Leichtes war, den Avatar zu erreichen.

Wieder verließ er sich auf seine übermenschliche Stärke; die eisenbewehrten Finger griffen in das Licht, das daraufhin greller und intensiver wurde, bis sie einen lauten, schrillen Todesschrei vernahmen und der Glanz erlosch.

Grollend reckte Djerůn den Leichnam des zweiten Magus empor, dem er das Genick gebrochen hatte. Purpurfarben strahlte es aus den Augenschlitzen seines Helms hervor, als hätte sich sein Stolz in ein Leuchten gewandelt. Er genoss seinen Sieg, drehte und wendete sich, um sicherzugehen, dass das Heer den Tod ihres Anführers erkannte, ehe er ihn wie ein langweilig gewordenes Spielzeug davonwarf.

Der Körper flog weit und landete in den Spitzen der Hellebarden und Piken seiner eigenen Leute.

Nun wurde es mit einem Schlag ruhig auf dem Schlachtfeld.

Hatten die Feinde das Ableben des ersten Avatars vielleicht noch als Zufall erklären können, zeigte sich nun, dass die Wesen alles andere als göttlich und unbesiegbar waren. Das Blut des Magus rann über das Eisen und die Holzschäfte wie bei einem gewöhnlichen Toten. Kein Heil bringendes Licht umgab ihn, und alle Reinheit war verschwunden.

»Jetzt«, schrie Tungdil laut und voller Begeisterung. »Macht sie nieder, bevor sie sich von ihrem Schrecken erholen!« Seine Axt krachte durch einen Schild und zertrümmerte den Arm dahinter; schreiend fiel der Mann auf die aufgewühlte Erde.

Der Kampf entbrannte von neuem, dieses Mal war die Zuversicht auf der Seite von Tungdils Männern und Frauen.

Als die Albae aus der Deckung des Waldes herauskamen, um sich ebenfalls in den Nahkampf zu stürzen, und ein lautes Hornsignal die Ankunft von Xamtys und dem restlichen Heer aus Freien, Ersten und Dritten verkündete, geriet Djerůn in eine Falle.

Die Pikenträger sahen es längst als ihr oberstes Ziel an, die Kreatur zu töten, die ihnen die Avatare raubte. Sie drangen unablässig auf ihn ein, stachen zu, sprangen gerade noch rechtzeitig wieder zurück; erschlug er dennoch einen von ihnen, fielen ihm vier weitere in den Rücken.

Boïndil bemerkte Djerůn Bedrängnis. »Schaut, der Topfkopf hat Schwierigkeiten.« Ein kurzer Blick zu Tungdil und Boëndal genügte, und er sah die Zustimmung in ihren müden Gesichtern. »Gehen wir ihn retten. Ich habe mich so an ihn gewöhnt, dass es schade um ihn...«

Boëndal schrie eine Warnung und hob den Krähenschnabel zum Wurf. Die schwere Waffe wirbelte los und flog dem Reiter entgegen, der mit eingelegtem Speer von hinterrücks auf Djerůn zu galoppierte. Aber der Krieger bemerkte, was auf ihn zukam, und duckte sich unter der verheerenden Waffe hinweg.

Djerůn war zu sehr mit den Pikenträgern beschäftigt, er hörte das Trappeln der Hufe zu spät. Zwar drehte er sich noch halb zur Seite, dennoch fuhr ihm der Speer quer durch den Unterleib. Der Soldat bezahlte den wagemutigen Angriff mit seinem Leben, die Keule zerschmetterte seine Brust.

Sofort setzten die Pikenträger nach, sie stießen den geschwächten Leibwächter zu Boden. Für Tungdil und die anderen Zwerge geriet Djerůn außer Sicht.

»Narmora!«, rief Tungdil und machte die Maga auf das Schicksal ihres Leibwächters aufmerksam.

Narmora suchte mit den Blicken nach ihm und konnte ihn zwischen den tobenden Kriegern nicht ausmachen. »Ich sehe ihn nicht«, rief sie zurück und sandte einen Flammenstrahl in die Richtung, die Tungdil ihr gewiesen hatte. »Ich brenne euch den Weg frei, sucht ihr ihn.« Die Zwerge nickten und hielten sich bereit, nach dem nächsten Flammenstoß zu Djerůn vorzudringen.

Was sie nicht ahnten, war, dass die Maga nicht ihre gesamte Energie aufwendete, um ihre Zauber zu sprechen.

Djerůn war sicherlich nützlich gewesen, sie hatten durch ihn erkannt, dass es eine Rüstung gab, die Magie trotzte. Aber Narmora hatte ihm nicht vergeben, dass er an der Verschwörung gegen sie beteiligt gewesen war.

Stirbt er, ist es gut. Überlebt er, so wird er den Tod an einem anderen Tag finden, dachte sie gleichgültig und schaute den Zwergen hinterher, die sich mit einer Abordnung von Dritten daranmachten, Djerůn zu retten. Ich werde mich keinesfalls verausgaben. Nicht für ihn.

*

Die Pikenträger erwiesen sich als die zähesten Widersacher.

Jeden Vorstoß der Zwerge wehrten sie mit ihren langen Hellebarden und Spießen ab. Eine Reihe Eisenspitzen reckte sich ihnen entgegen und hielt sie auf Abstand, eine zweite zuckte immer wieder nach vorn und verletzte jeden, der sich einen Weg durch das Lanzengewirr zu bahnen und die Schäfte zu zerschlagen versuchte. Irgendwo dahinter lag Djerůn.

»Ho, jetzt habt ihr es geschafft! Ihr werdet gleich erfahren, was es heißt, den Zorn eines Zwerges auf sich zu ziehen«, rief Ingrimmsch wütend und wollte angreifen, aber sein besonnener Bruder hielt ihn zurück.

»Sie würden dich aufspießen wie ein Brathuhn«, warnte er ihn und verstummte, als sich mehrere hoch gewachsene Gestalten um sie herum postierten, die Langbögen im Anschlag und auf die Pikenträger zielend. Kurz darauf schwirrten die Pfeile in die Feinde, töteten etliche von ihnen und schufen eine Schneise von knapp zwei Schritt Breite.

»Lasst euch nicht aufhalten«, sagte eine weibliche Stimme, und Tungdil erkannte die Tochter von Sinthoras. »Beeilt euch.«

»Das schmeckt mir nicht.« Boïndil betrachtete sie argwöhnisch. »Wir hätten sie mit ihren verfluchten Bögen in unserem Rücken«, zischte er seinem Bruder zu.

»Ja. Wir könnten euch jederzeit erschießen«, bestätigte Ondori lächelnd. »Aber warum sollten wir? Im Augenblick haben wir dieselben Feinde.« Sie schaute zu den Gegnern und befahl ihren Leuten, eine zweite Salve abzuschießen, da sich der Wald aus Eisenspitzen bereits wieder schloss. »Los, Goldhand.« Sie nahm sich einen Bogen und legte einen Pfeil auf die Sehne. »Ich wache persönlich über dein Leben, damit ich es mir ein anderes Mal nehmen kann.« Die grauen Augen waren voller Hass.

Tungdil blieb keine Wahl, wollte er Djerůn retten. Ein stummes Schutzgebet an Vraccas richtend, stürmte er in die Bresche, die Zwillinge und die Dritten folgten ihm. Auch wenn er sich fest vorgenommen hatte, es nicht zu tun, drehte er dennoch den Kopf, um nach der Albin zu sehen.

Sie stand aufrecht, hatte den Bogen gespannt und zielte genau auf ihn. Schon gaben ihre Finger die Sehne frei, und das Geschoss schnellte heran. Er bildete sich ein, bereits den Schmerz zu spüren, aber wie durch ein Wunder verfehlte ihn der Pfeil.

Sie senkte den Bogen und deutete nach vorn.

Tungdil drehte sich um und sah, dass sie einen Gegner unmittelbar vor ihm mit einem Schuss getötet hatte. Weil er sich zu ihr umgewandt hatte, wäre er geradewegs in dessen Schwert gelaufen. Ich werde auf ihren Hass vertrauen. Er ist mein bester Schutz, dachte er, sprang über den Toten und attackierte die Soldaten, um zu Djerůn vorzudringen. Doch von dem Leibwächter der Maga fehlte jede Spur.

Jetzt, da sie sich mitten unter den Kriegern befanden, gab es kein Halten mehr für Ingrimmsch. Die Pikenträger führten Kurzschwerter als zweite Waffe mit sich, die so gar nichts gegen die wuchtigen Keulen, Beile, Äxte und Hämmer der Zwerge taugten. Mit einem Mal besaßen die Zwerge die Übermacht. Sie gewährten ihren Feinden keinerlei Schonung und hatten auch nicht vor, Gefangene zu machen. Es dauerte bis zum Einbruch der Nacht, und der Rest des Heeres der Avatare lag erschlagen vor dem Wald Dsôn Balsurs.

Schließlich fanden sie Djerůn.

Er lag umgeben von getöteten Soldaten und regte sich nicht mehr. Weder sprach er auf lautes Rufen an noch auf heftiges Rütteln an seiner Schulter. Aus den zahlreichen Löchern seiner Rüstung rann das unheimliche, grellgelbe Blut und bildete eine enorme Lache um ihn herum. Tungdil rief Narmora herbei.