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»Mut und Torheit mögen meine Begleiter sein, aber ich werde dich damit besiegen!« Tungdil stürmte voran, die Axt schwang er schon im Laufen, damit sie möglichst viel Schwung erhielt.

Doch noch während er auf den Eoîl zurannte, wurde er von zwei Gestalten rechts und links überholt. Sie trugen schwarze, prachtvolle Rüstungen aus Tionium in der Art der Albae, ihre Köpfe waren unter aufwändig gearbeiteten Helmen verborgen, und sie schwangen ebenso filigrane wie tödliche Schwerter mit Klingen, die nicht breiter waren als ein Finger.

Während er sich noch über den unerwarteten Beistand wunderte, fuhr ihm ein harter Gegenstand von hinten zwischen die Füße. Er strauchelte und rollte sich auf den Rücken, um dem Feind zu begegnen.

»Du?« Er schaute auf das maskierte Gesicht Ondoris.

Sie nahm die Larve ab, lächelte kalt. »Lass die Unauslöschlichen die Arbeit tun, zu der du niemals im Stande gewesen wärst.« Sie schlug mit dem Ende ihres Kampfstabes zu und traf seinen Helm. Tungdils Kopf dröhnte wie eine Glocke, und durch das Scheppern hindurch hörte er ihre düsteren Worte. »Ich sagte es einst zu dir und tue es noch einmaclass="underline" Sieh mich an. Dein Tod heißt Ondori«, übersetzte sie. »Ich nehme dir das Leben, Unterirdischer.« Zischend schnellte eine Klinge aus dem Ende ihrer Waffe und legte sich an seine Kehle. »Deine Seele mag gehen, wohin sie möchte.«

*

Von einem Blinzeln auf das nächste verlor der Kampf gegen den Eoîl für Tungdil jede Bedeutung; zuerst galt es, Ondori zu überwinden.

Sie stach zu, um die Klinge durch seine Kehle zu bohren; er aber rutschte zur Seite, so gut es ging, und spürte ein heißes Brennen rechts an seinem Hals. Warm lief das Blut hinab, er roch es, süßlich mit einer Prise Metall, die bei Zwergen stärker wahrzunehmen war als bei anderen Völkern.

Ondori trat nach ihm, als er sich wie ein unbeholfener Kavernenkäfer auf die Beine stemmte. Der Schwung schleuderte ihn in die Höhe, aber die Ausfallschritte, die er danach machen musste, brachten ihn gefährlich nah an die niedrige Brüstung des Balkons. Rechtzeitig genug drehte er sich um, um die Albin angreifen zu sehen.

»Ich verlange Rache für den Tod meiner Eltern, Unterirdischer.« Die Seite mit der Klinge ruckte vorwärts. Er wehrte sie mit der Axt ab, musste gleich darauf aber einen schmerzhaften Hieb des stumpfen Endes quer über das Helmvisier einstecken. Sein Kopf schnappte nach hinten, sein Genick knackte protestierend. Einem Menschen hätte der Schlag die Wirbel gebrochen, nicht jedoch einem zähen, hartnäckigen Zwerg.

»Du wirst ihnen folgen, Albin.« Er hackte mit der Axt nach ihr und rechnete damit, dass sie den Schlag mit der Stabmitte abfing, was sie auch tat. »Ich habe es dir auch schon einmal gesagt, und ich halte meine Versprechen.« Tungdil hakte das untere Ende seiner Waffe ein, riss die Albin näher zu sich heran und zog die Axt unvermittelt nach rechts.

Sein Plan ging auf. Ondori hatte sich so sehr darauf konzentriert, ihren Stab nicht loszulassen, dass sie die ungeschützten Finger ihrer Rechten nicht mehr schnell genug wegnehmen konnte. Die Schneide fuhr ihr bis zur Handmitte ins Fleisch, aufschreiend sprang sie zurück. Dunkles Blut rann auf den steinernen Boden.

»Ich werde aus deinen Knochen eine Skulptur zu Ehren meiner Eltern formen!« Zornig schleuderte sie den Kampfstab mit der Klinge voraus nach dem Zwerg und traf ihn ins rechte Bein. Tungdil prallte rückwärts gegen das Geländer und zog die Klinge heraus, was ihm mit Mühe gelang. Die Spitze hatte die Metallschiene durchschlagen und war bis auf den Knochen vorgedrungen. Er biss die Zähne so sehr zusammen, um nicht zu schreien, dass sie knirschten und zu zerspringen drohten.

Ondori nahm ihre Kurzwaffen, die denen von Narmora ähnelten, von der Gürtelhalterung und sprang auf ihn zu, um ihr Tod bringendes Werk fortzusetzen.

Zwischen dem Zwerg und der Albin begann ein hartes Duell. Beide fügten einander Wunden zu, ohne den anderen bezwingen zu können. Sie kämpften mit solcher Schnelligkeit und Unnachgiebigkeit, dass ihnen keine Zeit blieb, nach dem Gefecht zwischen den Unauslöschlichen und dem Eoîl zu sehen. Der winzigste Fehler bedeutete für einen von ihnen den Tod.

Tungdils Hinken wurde stärker, das Bein gehorchte ihm nicht mehr. Als Ondori mit beiden Waffen gleichzeitig nach ihm stach und der Druck zu groß wurde, knickte es einfach unter ihm weg und trug ihn in die Klinge der Albin hinein.

Die Waffe drang in die Naht zwischen der Vorder- und der Rückseite des Harnischs ein, durchstieß das Leder darunter und bohrte sich in die Rippen. Dem geschwächten Zwerg wurde schwarz vor Augen; durch den Schleier hindurch sah er den dunklen Umriss seiner Gegnerin, die ein weiteres Mal zuschlug.

Vraccas, sind es die Menschen und Elben nicht mehr wert, dass wir sie beschützen?, rief er in Gedanken seinen Gott an. Wende dich nicht von uns ab, ewiger Schmied, sondern stehe uns bei, damit wir deine Aufgabe erfüllen können. Er reckte Ondori die Axt entgegen, die sie mit einem wilden Lachen zur Seite fegte.

»Ein guter Gegner, aber nicht der beste«, höhnte sie. Mit einem Tritt ins Gesicht raubte sie ihm den letzten Widerstand, dann kniete sie sich neben ihn, und die Klinge ihrer Waffe presste sich unter dem Helm des Metalls hindurch gegen seine Kehle. »Stirb, Tungdil Goldhand.« Ihr entstelltes Gesicht war voller Erwartung; man sah ihr an, dass es sie gereizt hätte, ihre Schneiden langsam durch die Haut und in das Fleisch des Zwerges zu bohren, ihm dann ein, zwei Atemzüge der Erholung zu gönnen, nur um ihn erneut zu foltern und ihm die Schmerzen zuzufügen, die sie beim Tod ihrer Eltern empfunden hatte. Doch die Zeit blieb ihr nicht, und so würde sie den Mörder in aller Kürze maßlos leidvoll sterben lassen und sich an seinem Todeskampf weiden.

»Ich würde Sinthoras und deine Mutter jederzeit wieder töten«, sagte er mühsam; sein Mund fühlte sich nach dem Tritt taub und geschwollen an.

»Du wirst keinen Alb mehr töten.« Die Muskeln an Ondoris Oberarm spannten sich, der tödliche Stich stand kurz bevor.

Da krachte es laut. Teile des Turmdachs, Ziegelbröckchen und in kleine Stücke geborstene Holzbalken flogen durch die Luft und regneten auch auf Tungdil und Ondori nieder.

Ehe sie den Schreck überwunden hatten, entsprang über dem zweithöchsten Turm Poristas ein gleißend heller Stern.

*

Tungdil, der mit dem Rücken an der Balustrade lehnte und an der Albin vorbei einen guten Blick auf die Spitze des Turms hatte, sah, wie eine Säule aus Licht senkrecht nach oben in den grauen Winterhimmel stieg und sich zu einer zehn Schritt durchmessenden Kugel ballte. Nein! Der Eoîl hat es doch geschafft!

Die Energien stiegen aus dem Gewölbe des Palasts und rauschten pulsierend in sie hinein. Die magische Quelle pumpte ihre gesamte Kraft in die Sphäre, während der Boden unter Porista und damit auch der Turm ins Schwanken geriet.

Ich ahnte es. Es kann nicht gut sein, dass der Eoîl verändert, was von den Göttern so erschaffen wurde. Tungdil nutzte die Ablenkung, um Ondoris Handgelenk zu ergreifen und sie davon abzuhalten, seinen Hals aufzuschlitzen.

Sie rammte ihm den Ellbogen gegen den Helm, dann setzte sie ihr gesamtes Gewicht ein, um die Waffe in seinen Leib zu versenken. Beide zitterten, holten die letzten Reserven aus sich heraus, und es schien, als besäße die Albin mehr davon.

Die Schneide ritzte seinen Hals. Ondori schnaufte siegesgewiss. »Nichts wird dir helfen, dein unnützes Leben zu bewahren. Stirb endlich!«

Der neue strahlende Stern über den Dächern der Stadt saugte sich voll und voller, gierig verschlang er die rohe Magie, bis der Strahl zu flackern begann und erlosch.

Dann explodierte das Gestirn in einem einzigen, hellen Ton, klarer als das Klirren eines Hammers auf einem Amboss, lauter als grollender Donner und durchdringender als der Schrei eines kleinen Kindes. Es überschüttete Porista mit seinem Schimmer und badete die Menschen, Zwerge und Albae in seinem Licht.