Выбрать главу

Mit seinen Worten senkte sich Stille in das Zelt herab. Der Elbenfürst gab den Anwesenden Gelegenheit, ihre Gedanken zu ordnen und über das nachzusinnen, was er ihnen eröffnet hatte. Nach einer kurzen Unterredung mit den Spähern entließ er sie, damit sie ihre Wunden behandeln ließen.

Danach trat er an den Zelteingang, lehnte sich an einen Seitenpfosten und blickte hinauf zu den Gestirnen.

Verband man einige der funkelnden Sterne mit gedachten Linien, zeigten sich die stilisierten Antlitze von legendären Elben am Schwarz des Himmels. Sie waren von ihrer Schöpferin Sitalia wegen ihrer Weitsichtigkeit, ihrer Tapferkeit und ihrer Weisheit nach ihrem Tode zu Höherem gemacht worden. Nun wachten sie von dort oben über ihre Nachkommen, sandten ihnen Visionen und Botschaften.

Liútasil suchte das Gesicht Fanturs, des zweiten Elbenfürsten Âlandurs und Bruders von Veïnsa, die einst Fürstin der Elben der Goldenen Ebene gewesen war. Ich ersuche deinen Beistand, betete er stumm zu den leuchtenden Punkten hinauf. Schick mir eine Eingebung, wie ich sie von meinem Standpunkt überzeugen kann. Er kehrte an seinen Platz zurück. »Wie ist Eure Meinung?«

»Es sind nach wie vor immer noch Bäume, richtig?«, wandte sich ihm der Befehlshaber von Rân Ribastur zu, und der Elb nickte. »Nun, wie wir alle wissen, fangen Bäume Feuer. Mein Vorschlag lautet daher, uns eine Schneise durch den verfluchten Wald bis ins Herz ihres Reiches zu brennen.«

»Damit werden sie genau wissen, wo wir sind«, gab Liútasil zu bedenken. »Wir wären ein leichtes Ziel für ihre Bogen und verlören hunderte...«

Der Mann zuckte mit den Schultern. »Wen kümmertʹs? Wir sind ihnen an Stärke weit überlegen. Sollen sie nur wissen, dass wir kommen, Fürst Liútasil. Und wenn sie sich uns nicht stellen, zünden wir eben den gesamten Wald an. Mich würde es nicht stören, wenn wir uns von dem Vermächtnis des Toten Landes befreiten.«

Die Menschen pochten auf den Tisch und zeigten ihre Zustimmung zu dem Vorschlag.

Liútasil ahnte, dass er diesen Handel eingehen musste. »Wir sollten warten, bis das Kontingent der Zwerge bei uns eingetroffen ist«, gab er zu bedenken. »Vielleicht weiß einer von ihnen eine bessere Lösung. Ich habe einen Trupp Späher unter der Führung meiner Vertrauten Shanamil ausgesandt, um sie zu unserem Lager zu geleiten. Sie müssten in zwei Umläufen zu uns stoßen.«

»Die Zwerge sind gut, wenn es um Arbeiten unter der Erde geht«, warf der Kommandant sofort ein, »aber von den Dingen über der Erde verstehen sie - bei aller Hochachtung für ihre scharfen Beile und ihren Mut - gewiss nicht viel. Wer ist für die Brandrodung?« Er hob den Arm, und die Mehrheit schloss sich ihm an.

»Wir werden sehen, was die Zwerge sagen«, beharrte der Elb freundlich, aber unnachgiebig. »Begebt Euch zu Bett. Wir warten, was uns die Sonne bringt.«

Nacheinander verließen sie das Zelt, und endlich war der Fürst allein. Er öffnete die Schnüre, die sein langes Haar zusammenfassten, und ließ es über den Rücken fallen.

Seine Sorge wuchs. Die Stärke der Albae lag im Hinterhalt, dem Angriff aus dem Verborgenen, ohne dabei selbst ein Ziel zu bieten; genau das würden die Menschen bei ihrem Marsch durch eine breite Schneise schmerzlich zu spüren bekommen.

Er nahm sich die Karte, überschlug die Entfernung, die sie von der Grenze bis zur Hauptstadt der Feinde marschieren mussten, und kam auf etwas über 51 Meilen. Wenn sie auf einer Meile fünfzig Leute ihrer Streitmacht einbüßten, wären es wenige. Ich habe sie gewarnt.

Das Geborgene Land, Königreich Gauragar,

32 Meilen südwestlich von Dsôn Balsur,

6234. Sonnenzyklus, Spätwinter

»Ich finde es äußerst ungerecht, dass die Langen und die Spitzohren vorgeprescht sind. Sie hätten auf uns warten müssen.« Gisgurd betrachtete die Gesichter von Bundror und Gimdur. »Es ist wohl kaum unsere Schuld, dass die Tunnel einbrachen und wir gezwungen waren, zu Fuß zu gehen. Sonst wären wir schon lange im Lager eingetroffen.«

»Was höre ich da? Spitzohren? Wir wollten sie doch nicht mehr so nennen«, rügte ihn Bundror, aber sein Grinsen bewies den anderen beiden, dass er es nicht ganz ernst meinte. »Wir sind doch jetzt so eine Art Familie und haben uns gern.«

Gimdur riss sich zwei breite Stücke von dem getrockneten Speisepilz ab und nahm den Käse, der an einem Stöckchen über dem Feuer röstete, um ihn dazwischen zu klemmen. »Ja, und? Ich kann meine Schwester nicht leiden, obwohl wir eine Familie sind«, grummelte er, bevor er die Zähne in seine Mahlzeit schlug. »Seid froh, dass sie vorausgezogen sind, dann müssen wir uns nicht die Hände mit Gräbenausheben schmutzig machen«, nuschelte er.

»Als ob ein Elb einen Graben schaufeln könnte. Sie schippen sich gegenseitig den Dreck in die Stiefel«, warf Bundror hämisch von der Seite ein. »Die Laute schlagen, meinetwegen. Einen Bogen trefflich bedienen, von mir aus. Aber mir machen sie nichts vor, wenn es um Hacke und Schaufel geht. Und von gutem Essen und gescheitem Bier haben sie auch keine Ahnung.«

Gisgurd schlug ihm auf die Schulter. »Ich weiß, was du meinst. Mir sind die Elben«, er betonte das Wort absichtlich, damit sie hörten, dass er das Schmähwort nicht mehr gebrauchte, »auch nicht geheuer, nur weil wir mit ihnen kämpfen. Unsere Stämme und sie haben sich seit tausenden von Zyklen nicht leiden können und Krieg geführt. Die Vergangenheit kann man nicht vergessen.«

»Das sollt Ihr auch nicht, Herr Zwerg. Doch blickt stattdessen zuversichtlich auf die kommenden Zyklen von neu gewonnener Freundschaft und Harmonie«, ertönte die singende Stimme einer Frau aus dem Dunkel abseits der Feuer. Schon trat sie näher, und die drei Zwerge sahen sofort, dass sie eine grazile Elbin vor sich hatten, deren langes dunkelbraunes Haar in der Abendluft wehte. »Schön, dass wir Euch so leicht gefunden haben, auch wenn es nicht gerade klug ist, in der Nähe von Dsôn Balsur ohne Wache und auf freiem Feld zu lagern. Der Schein Eurer Feuer ist meilenweit zu sehen.«

Gisgurd, Bundror und Gimdur waren aufgesprungen; die kräftigen Hände packten die Stiele der Äxte und hielten die Waffen schlagbereit. Ein lauter Ruf flog durch das Lager. Die übrigen dreihundert Krieger, aus denen ihre Truppe bestand, wurden geweckt und in Bereitschaft versetzt.

»Wir fürchten uns nicht vor den Albae, wir haben zu viele von ihnen am Schwarzjoch getötet«, erwiderte Gisgurd grimmig und betrachtete sie voller Argwohn, der sich verstärkte, als er ihre neun Begleiter aus den Schatten treten sah. »Wer bist du, und was willst du?«

»Ich bin Shanamil, ausgesandt von Elbenfürst Liútasil, um Euch zu finden und bei Anbruch der Sonne zum Heerlager zu geleiten.«

»Sicher. Und ich bin Balyndis Eisenfinger, die Schmiedin der Feuerklinge«, knurrte der Zwerg. »Zeig mir etwas, das mich deinen Worten glauben schenken lässt, oder...« Er biss sich auf die Zunge, um nicht zu sehr in Unhöflichkeiten abzugleiten.

Letzteres übernahm Gimdur bereitwillig für ihn. »Nachts sind alle Spitzohren gleich. Woher wissen wir also, was du bist? Alb oder Elb?«

Sie fasste die Kette, die um ihren Hals lag, und zog das Siegel des Elbenfürsten hervor. »Dies hier weist mich als seine persönliche Vertraute aus.« Sie warf es Gisgurd zu und setzte sich ans Feuer. »Wenn Ihr mir nicht glaubt, so tötet mich und erfahrt morgen aus dem Munde von Âlandurs Herrscher, wem Eure Axt das Leben raubte.«

Bundror stellte sich neben Gisgurd und betrachtete das Siegel. »Ich kenne es. Ich habe es in der Schlacht gesehen, als einer der Elben fiel und sich ein Bogglin das goldene Amulett schnappen wollte, ehe ihn meine Schneide in den Rücken traf.«