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»Sag meinen Soldaten, sie sollen sich bereit machen. Wir greifen sie an, sobald sie sich die Wänste voll geschlagen haben und faul an den Feuern liegen.«

Runshak nickte und rutschte den Abhang hinab, kehlige Befehle rufend, die von den Sippenführern nicht minder leise aufgenommen wurden. Kurz darauf klirrten Rüstungen, Panzerplatten schabten aneinander, als sich aus dem gewaltigen Tross von fünftausend Orks kleinere Einheiten formierten. Bogenschützen wanderten nach hinten, die Spieß- und Lanzenträger nach vorn.

Der Orkfürst beobachtete die Vorbereitungen mit großer Zufriedenheit; die wulstigen, schwarzen Lippen verzogen sich zu einem Grinsen und zeigten seine bemalten Hauer in voller Pracht.

Was er sah, gefiel ihm. Ein tiefes, leises Grollen drang aus seiner Kehle.

Er holte tief Luft und ließ ein beeindruckendes Brüllen ertönen. Das Stampfen der Füße endete abrupt, Stille kehrte ein.

»Nôdʹonn hat sein Versprechen nicht gehalten und uns im Stich gelassen. Die Rotbluter vermuten uns im Süden, wir aber ziehen nach Norden, um uns ein neues Reich zu schaffen«, verkündete er ihnen. Mit dem Bild einer neuen Heimat vor Augen würden sie sich mit aller Macht in den Kampf stürzen, trotz der Strapazen des Gewaltmarsches. Er zog das gezackte Schwert und reckte es gegen die Ebene, wo die Feinde warteten. »Sie sind uns im Weg! Sie sind die Schoßhündchen des Zauberers, mit dem unser Elend erst anfing. Wenn wir sie vernichtet haben, steht uns nichts mehr im Weg. Die Rotbluter sind viel zu langsam, sie werden uns nicht mehr einholen.« Er lachte böse. »Die paar Reiter, die sie zu uns schicken, werden uns mitsamt ihrer Gäule als Mahl dienen!«

Seine Orks grölten quiekend ihre Zustimmung, klopften mit den Speerenden auf die Erde und trommelten mit den Schwertern gegen Schilde und Rüstungen.

Er hob die Waffe, worauf sie folgsam verstummten. In die eintretende Stille hinein aber drang die ketzerische Frage: »Warum überholen wir sie nicht, anstatt gegen sie zu kämpfen?«

Ushnotzs gute Ohren machten den Ork, der sich gegen seine Entscheidung stellte, sogleich in der Menge aus. Es war Kashbugg, ein stets aufmüpfiger Geist, den er von seinem Vater Raggshor vererbt bekommen hatte.

Der Orkfürst hatte diesen damals in einer ähnlichen Lage erschlagen. Es war vor der Schlacht am Schwarzjoch gewesen; Raggshor hatte seine Bedenken an einem Feldzug gegen einen Berg laut geäußert. Offene Auflehnung und Widerspruch duldete Ushnotz, der sich für den Klügsten von allen hielt, nicht, auch nicht von einem, den er als schlauen Krieger schätzte, und so war Raggshor durch seine Hand gestorben. Diese einfache Lösung zog er für dessen Nachkommen nun gleichfalls in Betracht.

»Kashbugg, haltʹs Maul«, röhrte er und setzte ein Brüllen zur Einschüchterung hinterher.

Das schien Kashbugg jedoch nicht zu beeindrucken. Er trat nach vorn, das Schwert gezogen und den Schild zur Abwehr erhoben. »Nein. Ich sage, wir überholen sie und sind vor ihnen am Steinernen Torweg. Wir besetzen die Tore und lassen sie sich die Köpfe einrennen.« Er stemmte die Stiefel fest gegen den Boden und suchte einen sicheren Stand, da er mit einem Angriff rechnete. »Wir sind nicht mehr so viele wie in den Tagen vor der großen Schlacht, Ushnotz, wir müssen jetzt anders kämpfen. Wir haben am Schwarzjoch genug verloren. Hättest du auf meinen Vater gehört, wäre uns die Niederlage dort erspart geblieben.« Einige zustimmende Grunzer ertönten aus der Masse.

Das gefiel Ushnotz gar nicht. Lag eben noch der süße Duft eines Sieges in der Luft, stank es jetzt unvermittelt nach Rebellion. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf, bleckte die Hauer und spannte seine Muskulatur an, dann nahm er Anlauf und sprang den Hang hinab, um genau vor Kashbuggs Füßen zu landen.

»Ich habe eine schlechte Nachricht für dich«, grollte er, den Kopf gesenkt und ein böses Funkeln in den gelben Augen. Er täuschte einen Schlag mit seiner Waffe an, und als der Ork mit seinem Schild parieren wollte, duckte er sich unter dem Schutz hindurch, zog dabei den Dolch und rammte ihn Kashbugg seitlich schräg unter die Achsel bis ins Herz. Dunkelgrünes Blut spuckend, brach der Ork zusammen. »Du bist der Erste von uns, der stirbt. Wie dein schlauer Vater damals am Schwarzjoch.« Herausfordernd hob er den breiten Kopf. »Noch jemand?«

Es verwunderte den Fürsten nicht, dass sich keiner meldete. Mehr jedoch verwunderte es ihn, dass sich der Erstochene plötzlich erhob. Kashbugg presste eine Klaue auf seine Wunde, die sich bereits wieder schloss.

Ushnotz erholte sich schneller von seiner Überraschung als Kashbugg, der immer noch über seinen Nichttod staunte, und jagte dem Aufmüpfigen die Klinge dieses Mal frontal durch den Leib. Der Ork plumpste auf seinen Hintern und starrte auf Blut. Wieder sah es nicht danach aus, als stürbe er.

»Was ist mit dir, verfluchter Unruhestifter?«, schrie ihn der Fürst wütend an, packte ihn am Kragen und riss ihn auf die Beine. »Wie kannst du es wagen, nicht zu krepieren?« Ein drittes Mal durchdrang das gezackte Schwert den Leib, aber außer einem gurgelnden Lachen aus Kashbuggs Mund, aus dem mit Speichel vermengtes Blut rann, ereignete sich nichts.

Der Ork stieß seinen Anführer grob zurück. »Tion ist mir gewogen, Ushnotz, nicht dir! Er ließ mich unsterblich werden. Der Tod meines Vaters verlangt Rache.« Er hob Schild und Waffe auf. »Ich soll der neue Herrscher sein, der über unser Reich im Norden gebietet!«

»Sicherlich nicht. Tion ist kein schwachsinniger Idiot wie du«, grollte Ushnotz und erwartete den Angriff. Niemand von seinen Leuten wagte, sich in den Zwist einzumischen; es war etwas Größeres im Gange als die üblichen Streitereien. »Was hat dich verändert?«

»Er hat von dem Schwarzen Wasser getrunken, das wir unterwegs fanden«, rief einer der Orks.

»Es war gesegnetes Wasser, ich ahnte es gleich, als ich es sah«, griente Kashbugg und pochte sich gegen den Lederschlauch an seinem Gürtel. »Ich habe noch mehr davon.« Er attackierte den Fürsten, der den Schlag parierte und ihm den Griff ins Gesicht rammte; grunzend taumelte er zurück.

»Schwarzes Wasser?« Ushnotz hatte es auch gesehen, es hatte in Tümpeln abseits ihres Weges gestanden, aber nichts hätte ihn dazu bewegen können, die faulende Flüssigkeit in den Mund zu nehmen.

»Es ist das Blut des Toten Landes«, behauptete sein Widersacher. »Es hat mich auserkoren, dass ich es entdecke.« Er sprang nach vorn, das Schwert schwingend.

Ushnotz ließ sich fallen und trat dem Heranstürmenden gegen die Knie, dass sie brachen. Kashbugg quiekte auf. Der Laut endete abrupt, als der Fürst ihn mit einem einzigen, mörderischen Hieb enthauptete. Kopf und Torso kippten in verschiedene Richtungen, und dieses Mal war Kashbugg wirklich tot.

Der Fürst nahm den Trinkschlauch an sich, winkte einen der Orks heran und hielt ihn ihm entgegen. »Trink«, befahl er, und der Soldat tat es.

Angewidert schluckte er das Wasser, schwarz quoll es rechts und links aus dem Maul, hustend setzte er ab. »Es schmeckt so, wie Trollpisse riecht und...«

Ushnotz stach zu, durchbohrte sein Herz und schaute teilnahmslos zu, wie der Ork tot zu Boden fiel. Das Schwert steckte noch in der Wunde. Nach einer Weile flatterten die Lider, und der Ork öffnete die Augen, während der Blutstrom aus der breiten Wunde versiegte.

»Und?«, fragte Ushnotz misstrauisch.

»Ich... lebe noch«, antwortete der Soldat zuerst entsetzt und voller Schmerz, bis er verstand, welche Gabe er von nun an besaß. Er brüllte vor Freude, zeigte seine Hauer und schwenkte den Lederschlauch. »Ich lebe noch! Das Schwarze Wasser...«