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Ushnotz umfasste den Schwertgriff, zog die Waffe aus dem aufschreienden Ork und schlug ihm aus der Bewegung heraus den Kopf ab. Behände fing er den Schlauch auf, setzte ihn an die Lippen, leerte ihn und schleuderte ihn zu Boden. Er fühlte sich nicht anders als vorher, vertraute jedoch auf die Wirkung. Wenn es einer verdient hatte, unsterblich zu sein, dann er. Aber es wäre noch besser, ein Heer aus unsterblichen Kriegern zu haben.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, erklomm er die Anhöhe, um die Feinde zu beobachten und den rechten Augenblick abzupassen.

Sie fraßen sich voll, er roch das Menschenfleisch, das über den Feuern röstete. Ushnotz bekam bei diesem köstlichen Duft Hunger. Er und seine Krieger hatten sich unterwegs von allem ernährt, was ihren Weg kreuzte, Tiere, Schnecken, Käfer, aber leider hatten die Rotbluter nicht eben häufig dazugehört, denn die Nordorks hatten alles abgeschlachtet, ohne etwas zurückzulassen. Drei Dörfer, eine kleine Stadt und eine Bauernsiedlung waren ihnen zum Opfer gefallen.

Ushnotz wunderte sich über so viel Unverstand. Denn damit sorgten sie sicher für Aufmerksamkeit bei den Fleischlingen.

Nicht, dass er die paar lumpigen Menschenkrieger fürchtete, aber er wollte möglichst schnell und unbemerkt nach Norden gelangen, ehe ihnen die geballte Truppenmacht des Geborgenen Landes folgte. Umgeben von den festen Wänden einer Zwergenfestung und mit einem Gebirge im Rücken, fiel der Kampf weitaus leichter. Er hoffte, dass das Heer indessen von seinen einstigen Mitfürsten in Toboribor ausreichend beschäftigt wurde.

Die Sonne senkte sich immer weiter und bereitete sich nach einem anstrengenden Umlauf vor, in den Schlaf zu fallen und den Gestirnen der Nacht zu weichen. Die Zeit des Kampfes rückte näher, und so brüllte er Runshak zu sich, um ihm die Befehle mitzuteilen.

Da schlug der Wind um und trug ihnen, die auf der Kuppe lagerten, einen neuen Geruch zu. Die breiten Nasen schnüffelten erkundend, die Flügel blähten sich, sie witterten, bis es keinen Zweifel mehr gab: Pferde. Pferde, Metall und Schweiß. Schweiß der Rotbluter.

»Süden«, knurrte Runshak und drehte den Hals, um die Hügelkette, die zu ihrer Rechten lag, genauer zu betrachten. »Verdammte Fleischlinge!«

Es ist ihr großes Heer! Ushnotzs aufflammendes Bedürfnis, schnell den Rückzug vor der Übermacht anzutreten, legte sich, da er erkannte, was die Angreifer beabsichtigten, die bislang nur durch ihre Ausdünstungen zu erahnen waren. »Warte.«

»Du meinst, sie haben uns nicht gesehen?«, wunderte sich Runshak.

»Sie haben diejenigen gefunden, deren Fährte sie gefolgt sind.« Er grinste und dankte Tion, dass er ihm den Einfall gegeben hatte, wenige Meilen zuvor von der Route der Nordorks abzuweichen und durch einen Fluss zu marschieren. Das stark fließende Gewässer hatte ihre Spuren verwischt. Anscheinend gingen die Späher der Fleischlinge davon aus, dass es lediglich diese eine Streitmacht gab. Sonst wären er und seine Soldaten schon längst angegriffen worden.

Sein Rottenführer grollte unruhig, er hielt die flache Nase erneut in den Wind. »Ihr Geruch wird stärker. Sie kommen näher, der Angriff auf das Lager wird nicht mehr lange auf sich warten lassen.« Er schaute abwartend zu Ushnotz. »Greifen wir an, wenn sie mit den Nordorks beschäftigt sind?«

»Lass die Rotbluter unsere Arbeit tun. Wir schauen zu und warten ab, wie das Gefecht verläuft.« Der Fürst beschloss im Stillen, den Marsch noch in der Nacht fortzusetzen, falls das Heer gegen den Abschaum im Tal siegte. Die Menschlein sollten ruhig annehmen, dass dieser Teil des Geborgenen Landes damit von seiner Rasse gesäubert sei.

Er würde es vor Runshak niemals zugeben, aber die Worte Kashbuggs enthielten ein Stück Wahrheit: Sie waren nicht mehr so viele. Er konnte auch anders kämpfen, dazu brauchte er keinen Mahner in den eigenen Reihen. »Wir verhalten uns still. Die Streitmacht der Menschen wird in den Süden zurückkehren und denken, sie wären uns los. Wir aber können in aller Ruhe weiterziehen und nach mehr von diesem Schwarzen Wasser suchen. Es muss für alle von uns reichen. Damit sind wir so gut wie unüberwindlich, und dann nehmen wir uns die Leben, die wir heute verschont haben.«

Er blickte über die vor Fett starrende Schulterpanzerung hinter sich; seine gelben Augen glitten zu der Stelle, wo der Kadaver des Aufständischen lag. Ushnotz grunzte erheitert. Es schien, als blieben der vorschnelle Kashbugg und der unfreiwillige Vorkoster an diesem Sonnenumlauf die einzigen seiner Streitmacht, die starben.

*

Prinz Mallen von Ido schaute hinauf zu der Anhöhe, hinter der seine Reiterei Stellung bezogen hatte. Oben lagen zwei Späher und beobachteten das feindliche Lager, um sich einen eindeutigen Überblick zu verschaffen und nicht länger auf vage Schätzungen anhand der gefundenen Spuren angewiesen zu sein.

Er hatte sich dazu entschlossen, die entkommenen Orks und Bogglins zu verfolgen, um die Gefahr für die Dörfer endgültig zu bannen. Das, was er und seine Männer unterwegs hatten ansehen müssen, gab ihm Recht. Die Kreaturen durften keinen Umlauf länger am Leben bleiben.

Einer seiner Kundschafter kroch vorsichtig rückwärts und kam zu ihm. »Es sind ungefähr zweitausend, Prinz Mallen«, erstattete er Bericht. »Sie liegen satt und faul an den Feuern.«

»So haben wir uns getäuscht, als wir annahmen, es seien mehr als fünftausend?« Mallen richtete sich im Sattel auf; das Pferd schnaubte dankbar, weil ihm sein Herr das Kreuz etwas entlastete. Ein Ritt ohne nennenswerte Unterbrechungen verlangte nicht nur den Soldaten alles ab. Der warme Wind, der ihnen unvermittelt nicht mehr ins Gesicht, sondern in den Rücken wehte, trug den Geruch des nahenden Frühlings mit sich.

»Bedenkt, dass wir ihre Spuren oft im Schlamm und in auftauender Erde gelesen haben«, warf der Kundschafter ein. »Man sinkt tiefer darin ein. Außerdem sind die Grünhäute ohnehin schwerer als wir, ihre Rüstungen sind dicker.« Er blickte auf die Reihen der Kavallerie. »Es sind zweitausend, nicht mehr und nicht weniger, mein Prinz.«

Die Standarte des Geschlechts der Ido, die ein Reiter stolz führte, flatterte in der Brise; sie zeigte dem Letzten seiner Streitmacht, dass der Wind sich gedreht hatte. Schlecht für uns. Mallen wusste um die feine Nase der Scheusale, die ihre Beute und ihre Feinde wie die Tiere rochen, wodurch sie sich frühzeitig auf Bedrohungen einzustellen vermochten.

Die aufwändig gearbeitete, schwere Rüstung mit dem Zeichen der Ido blinkte in den Strahlen der untergehenden Sonne auf. Prinz Mallen langte nach dem altertümlich anmutenden Helm, den er mit dem Kinnriemen an seinem Gürtel befestigt hatte, löste ihn und zog ihn über das blonde Haupt. Es war eine anmutige Bewegung, sie zeugte von seiner Achtung vor dieser Insignie, die seit Generationen in der Familie weitergegeben wurde und lediglich leichte Ausbesserungsarbeiten erfuhr.

Seine Soldaten verstanden die Geste als Signal. Das leise, metallische Schaben in seinem Rücken verriet ihm, dass die Männer sich auf die Attacke vorbereiteten.

»Bogenschützen bis unterhalb der Hügelkuppe vorrücken«, befahl er mit fester Stimme, »die Fußsoldaten bleiben zum Schutz bei ihnen.« Er wandte den Blick nach rechts. »Erste Schwadron, Sturmangriff. Reizt sie, stecht sie, macht sie wütend und kehrt sofort um, wenn sie euch angreifen, als wolltet ihr die Flucht ergreifen. Sie werden euch in ihrer Dummheit folgen und uns in die Arme laufen. Vernichten wir die Brut ein für allemal.«

Er nickte auffordernd, und die ersten einhundertfünfzig Reiter sprengten den Hügel hinauf, um auf der anderen Seite wie ein Sturmwind aus Stahl hinabzufegen und die äußersten Reihen des gegnerischen Lagers zu verwüsten.

Die Augen fest geschlossen, konzentrierte sich Mallen auf die Geräusche. Er hörte das Donnern der beschlagenen Hufe, das erschrockene Gequieke der Orks und schrille Gekreisch der Bogglins. Dann krachte und klirrte es auch schon.