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Balendilín schnalzte mit der Zunge, um seine Vorbehalte ohne weitere Worte deutlich zu machen. »Vraccas möge uns beistehen und dem Dritten notfalls Verstand einhämmern.«

Sie hielten auf den Eingang im Schwarzjoch zu, in dessen Schatten zwanzig Zwerge als Wachposten abgestellt worden waren. Sie trugen lange Piken, deren spitze Enden sie den Reitern entgegensenkten.

»Halt«, befahl ein breit gebauter Krieger mit Tätowierungen im Gesicht, dessen rechte Hand am Griff eines Morgensterns lag. »Ich bin Romo Stahlherz aus dem Clan der Steinmalmer, Neffe des Königs Lorimbas Stahlherz. Bist du Gandogar?«, richtete er das Wort an den Großkönig und zeigte keinerlei Achtung vor der Würde des Amtes.

Balendilín las die schwarzen Runen im Gesicht des Dritten. Sie zeigten den Hass gegen die übrigen Stämme, sie schworen diesen den Tod und ewige Verdammnis, versprachen dem Feind keine Gnade und unsägliche Grausamkeiten. Zusammen mit den Schmuckzeichen ergab sich ein einschüchterndes Bild, das von dem feindlichen Ausdruck in den braunen Augen Romos noch verstärkt wurde. Der König der Zweiten zweifelte nicht daran, dass er vor einem leidenschaftlichen Zwergentöter stand.

»Ich bin Gandogar Silberbart aus dem Clan der Silberbärte vom Stamm des Vierten, Goimdil«, nickte der Großkönig. »Führe uns zu deinem...«

Romo zog die Nase hoch und spie einen Klumpen Rotz aus. »Steig ab und folge mir. Deine Freunde werden hier warten.«

Balendilín ließ sich von dem Gehabe des Dritten nicht schrecken. »Wir werden ihn begleiten und sicherlich nicht allein dahin gehen lassen, wo er von anderen deiner Sorte umzingelt ist.«

Romo zuckte gleichgültig mit den Achseln, die schwere Rüstung klirrte. »Dann reitet wieder nach Hause.« Seine linke Hand deutete auf Gandogar. »Er allein, oder die Unterredung findet nicht statt. So lauten meine Anweisungen.« Ein böses Lächeln legte sich auf sein Gesicht. »Oder hat der Großkönig Angst, meinem Oheim entgegenzutreten? Ich gebe dir sein Wort, dass du so unversehrt aus der Festung gelangst, wie du hineingingst. Beweise, dass du annähernd nicht der Weichzwerg bist, für den ich dich halte.«

Gandogar schwang sich aus dem Sattel, nicht auf die warnenden Blicke seines Beraters achtend. »Wenn es der Sache dient, tue ich es«, sagte er und schritt furchtlos auf die Pikenreihen zu, die sich für ihn kurz lichteten, um gleich danach wieder zu einem Wald aus Eisen zu werden.

»Oh, ein Funken Mut aus einer kalten Esse.« Romo marschierte vorweg, geradewegs in den immensen Leib des Tafelberges hinein. »Du bist ein Vierter, wie ich annehme«, meinte er unterwegs. »Deine Statur hat dich verraten. Die Gemmenschneider waren noch nie besonders stark gewachsen.«

»Es genügt, wenn man einen starken Verstand hat«, gab Gandogar freundlich zurück. »Deine Körperkräfte mögen den meinen überlegen sein, doch solange ich der schlauere von uns beiden bin, werden sie dir nichts nützen.«

»Das haben sicherlich schon viele gedacht, ehe sie von der Keule eines strohdummen Ogers getroffen wurden«, lachte der Dritte und bog in einen Seitengang ab.

Auch wenn er und sein Stamm noch nicht lange im Schwarzjoch hausten, Romo kannte sich aus und zögerte niemals, wenn sie an eine Gabelung oder einen Schacht mit mehreren Treppenaufgängen gelangten.

»Dann waren sie wohl nicht schlau genug«, erwiderte der Großkönig unverdrossen.

Da sein Führer schräg vor ihm lief, fiel sein Blick mehr durch Zufall auf eine wunderschön gearbeitete Dolchscheide, die am Gürtel auf seinem Rücken baumelte. Sie kam ihm äußerst bekannt vor. Er hatte sie an der Seite eines Zwerges gesehen, der nach Dsôn Balsur gegangen war, um die Albae zu bezwingen. Er fragte Romo nach der Herkunft, weil er nicht an einen Zufall glaubte, dass ein Schmied ein solch kostbares Stück zweimal anfertigte.

»Ich weiß nicht, wie er hieß. Er kreuzte meinen Weg in Richemark«, erhielt er als knappe Antwort. »Er und seine drei Begleiter. Dem Sieger gebührt das Gut des Verlierers, so ist es doch, oder?« Die braunen Augen legten sich herausfordernd auf Gandogars Gesicht. »Wenn du sie haben willst, müsstest du der Sieger sein.«

Der Großkönig ballte die Fäuste und zwang sich zur Ruhe, was ihm äußerst schwer fiel. Romo gestand ihm nebenbei einen dreifachen Mord, so als plauderte er über das Graben eines Tunnels oder das Schmieden eines einfachen Werkzeugs. »Ich wäre der Sieger«, murmelte er und schritt von da an schweigend hinter dem Dritten her.

»Wie wolltest du es anstellen? Möchtest du mich mit Edelsteinen totwerfen, Gemmenschneider?« Romo lachte. »Oder Goldkügelchen nach mir schleudern? Ich erzittere bei dem Gedanken daran, dich als Gegner zu haben.«

Die leisen Zweifel, ob es möglich war, sich mit den Nachfahren Lorimburs einigen zu können, wurden lauter. Doch der Großkönig wollte es wenigstens versucht haben, um sich später keine Vorwürfe machen oder gefallen lassen zu müssen.

Romo führte ihn in die große Halle, in der sie damals gegen Nôdʹonn gekämpft hatten.

Lorimbas Stahlherz stand dort und begutachtete die Ausbesserungsarbeiten an den Wendeltreppen, die nach oben zu den Querbrücken führten. Schließlich wandte er sich den Ankömmlingen zu. »Der neue Großkönig«, begrüßte er ihn herablassend. »Was willst du?« Sein Neffe begab sich an seine Seite.

Gandogar musterte den Herrscher, der das lange schwarze Haar mit den grauen Strähnen in drei eng am Kopf anliegende Zöpfe geflochten trug. Er hatte nicht gewusst, dass sich die Dritten ihre Bärte unterschiedlich färbten, der Sinn erschloss sich ihm nicht. Da er keine Tätowierungen wie sein Neffe oder die Wachen am Tor besaß, mussten wohl auch sie etwas Besonderes bedeuten. »Ich bin hier, um dich um einen Waffenstillstand zu bitten. Wenigstens bis wir die Albae aus dem Geborgenen Land vertrieben haben«, unterbreitete er dem König der Dritten den Grund für seine Reise in den Süden Gauragars.

Lorimbas lachte. »Wir haben nicht einmal gekämpft, und du möchtest einen Waffenstillstand? Sind die Zwergenstämme schon so verweichlicht, dass sie vor dem Gefecht um Gnade winseln?«

»Beschäme ihn nicht zu sehr, Oheim«, warf Romo ein. »Er ist immerhin bis hierher gelangt, ohne sich in die Hosen zu machen.«

»Wäre es ein ehrliches Gefecht, wüsste ich, woran ich bin«, antwortete Gandogar und überhörte der Verhandlung wegen den Einwurf. »Doch du stachelst die Menschen gegen uns auf. Ich weiß, welches Angebot du Prinz Mallen von Idoslân gemacht hast und dass ein Zwerg nach Urgon zu König Belletain kam und mit ihm sprach. Da es keiner von uns war, muss es ein Unterhändler gewesen sein, den du sandtest.«

»Mallen ist ein kurzsichtiger Dummkopf, der seine Ablehnung bald bereuen wird«, meinte der König der Dritten leichthin. »Mein Neffe hat ihm die Hand dargeboten, doch er entschied sich für die falsche Seite. Wenn seine Garnisonen erst ohne meine Zwerge auskommen müssen, wird er schon merken, was ihn seine Torheit kostet.« Er hob den Kopf und schaute zur Decke der Halle hinauf. »Es ist wunderbar, nach so vielen Zyklen in dem Berg zu stehen, in dem unsere Vorfahren lebten, bevor sie vertrieben wurden. Es wird der Ausgangsort für eine neue Ära im Geborgenen Land sein.« Ruckartig senkte er das Haupt und blickte Gandogar feindselig an. »Eine Ära ohne die Stämme von Borengar, Giselbart, Goimdil und Beroïn.« Er kam auf ihn zu und hielt erst an, als sich ihre Nasenspitzen fast berührten. »Und du, Großkönig, wirst nichts dagegen unternehmen können, wenn wir euch von der Karte fegen. Diesem Sturm hältst du nicht Stand. Er wird durch die hinterste eurer Höhlen und den schmalsten Gang blasen und euch hinfortwehen.« Mit dem dornenbesetzten Panzerhandschuh tippte er sich auf die gerüstete Brust. »Der Stamm Lorimbur wird alle Reiche besetzen und fortan für die Sicherheit der Völker sorgen. Die Namen eurer Stämme werden bald vergessen sein.« Er machte einen Schritt zurück und zog seine Axt. »Das schwöre ich bei dieser Klinge!«