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Ächzend kamen sie auf die Beine. Die Albin langte mit der freien Hand auf ihren Rücken und zog die sichelförmige Waffe, mit der sie ihn schon am Weiher hatte töten wollen. Tungdil hingegen fischte seinen Dolch hervor und senkte angriffslustig den Kopf. So umkreisten sie sich lauernd. Der armlange Griff der Axt diente als Abstandshalter zwischen den ungleichen Kontrahenten, der schwere Axtkopf befand sich auf Tungdils Seite. Noch immer glühten die Einlagen, als wartete die Waffe auf eine neue Möglichkeit, ihrem Herrn beizustehen.

»Warum verbirgst du dein Gesicht?«, fragte er sie. »Bist du zu feige, deinen Gegnern von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten?«

»Nur diejenigen, die durch meine Hand sterben, werden mein Antlitz sehen. Erst wenn die Mörder meiner Eltern getötet sind, enthülle ich mein Gesicht für alle, so lautet mein Schwur.«

Er erkannte graue Augen hinter der Maske, die ihn voller Unversöhnlichkeit anschauten. »Und ich soll dieser Mörder sein?«

»Du und die beiden Zwillinge. Ihr habt meine Mutter in Grünhain erschlagen«, sagte sie und attackierte jählings; Tungdil wich der halbmondförmigen Klinge mit Mühe aus, »und meinen Vater«, wieder griff sie an, und dieses Mal fügte sie ihm eine tiefe Verletzung am Hals zu, »beim Schwarzjoch getötet.« Mit Genugtuung sah sie, wie ein dicker Blutstrahl aus dem Schnitt quoll. »Ich fordere eure Leben für ihre.«

»Ich mache dir einen anderen Vorschlag.« Tungdil achtete genau auf ihren Oberkörper, um den nächsten Angriff eher kommen zu sehen. »Du folgst ihnen.« Er erahnte den Hieb, wich aus und schleuderte das schwere Ende der Axt wuchtig nach oben.

Der Axtkopf flammte augenblicklich auf, verfehlte sie, doch das eisenharte Sigurdazienholz des Stiels schlug ihr gegen die Maske, die daraufhin verrutschte und ihr die Sicht raubte. Die Hitze genügte, um den Stoff in Brand zu stecken, die Flammen schossen nach oben und versengten die braunen Haare.

Ondori taumelte benommen und blind an ihm vorüber.

Schneller als ein Tropfen Schweiß in heißer Esse verdampft, stand er neben ihr und jagte ihr den Dolch durch die Rüstung und bis zum Heft in den Leib. Japsend rang sie nach Luft und brach in die Knie. Tungdil wollte ihr die Feuerklinge vollends entwinden, als ihn ein Schrei von Balyndis ablenkte.

Er drehte den Kopf und sah, dass Glaïmbar zu Boden gegangen war. Ein übel zugerichteter, jedoch vor Schmerz rasender Ork holte beidhändig mit seinem rostigen, kerbenübersäten Schwert aus, um den Zwerg in der Mitte zu zerteilen.

Wie gern würde ich deinen Tod zulassen. Schimpfend hob Tungdil das Beil Ingrimmschs vom Boden auf und schleuderte es nach der Bestie. Nach kurzem Flug fuhr es dem Ork unter die Achsel ins olivfarbene Fleisch, dunkelgrünes Blut ergoss sich auf den am Boden Liegenden.

Der tödliche Schwertschlag ging prompt fehl.

Glaïmbar rammte dem Ork die Spitze der Axt in die Kehle und schlitzte sie auf, dann hob er dankend die Hand, doch Tungdil sah rasch weg, um nicht in sein Gesicht blicken zu müssen.

Du Narr, hörte er den kleinen Dämon höhnen.

»Nun zu dir...«, sagte er zu der Albin - aber sie war verschwunden, und auch die Feuerklinge fehlte. Die breite Blutspur, die sie hinter sich herzog, verlor sich im Getümmel der Schlacht. Tungdil machte sich nicht die geringste Hoffnung, sie zu finden. Seine Todfeindin war entkommen und hatte die Feuerklinge ein zweites Mal an sich gebracht.

Es war die Tochter von Sinthoras, fügte er das Gehörte zusammen, nahm eine herrenlose Waffe auf und warf sich gegen die letzten Orks, um seine Enttäuschung über den neuerlichen Verlust der sagenhaften Axt an ihnen auszulassen.

Getrieben von der vagen Hoffnung, die Albin vielleicht doch noch aufzustöbern, drosch er sich durch die Reihen der Flüchtenden.

Aber die Gestalt seiner Feindin und damit auch die Feuerklinge blieben ihm verborgen.

Am späten Nachmittag endete der harte Kampf im vollkommenen, aber traurigen Sieg der Zwerge.

Sie warfen die tausenden geköpften Leichen der Bestien in das Becken zu ihren tot umhertreibenden Artgenossen, denen sie die Schädel mit Steinen eingeschlagen hatten. Bald war die Grube fast bis obenhin mit ihnen gefüllt. Später würden sie das Wasser zum Versiegen bringen und die Kadaver der Sonne überlassen. Wenn nichts mehr von ihnen übrig war außer den Knochen, wollten sie die Reste vor den Steinernen Torweg legen, als Mahnung für ankommende Bestien.

Tungdil stand am Rand des Plateaus, seine Augen schweiften suchend über die Ebene.

Und wirklich glaubte er einen Punkt am Horizont auszumachen, der sich sehr schnell nach Südosten bewegte. Wenn es sich um die Albin handelte, war sie schon viel zu weit entfernt, als dass er sie mit einem Pony, geschweige denn zu Fuß, hätte einholen können.

Glaïmbar trägt die Schuld daran, sagte er sich und trat wütend gegen einen kleinen Stein, der mit wilden Hopsern den Abhang hinabsprang. Ohne ihn hätte ich sie getötet und hielte die Feuerklinge wieder in den Händen.

»Ich wollte mich bei dir bedanken, Tungdil Goldhand«, vernahm er die Stimme desjenigen, den er eben so hingebungsvoll verflucht hatte.

»Du bist der König. Es ist meine Pflicht, dich vor Gefahren zu schützen«, erwiderte er lahm und verbarg nicht, dass er etwas ganz anderes dachte. Er erlaubte sich die Unhöflichkeit, Glaïmbar weiterhin den Rücken zu zeigen. »Es ist schade, dass wir die Feuerklinge verloren haben«, konnte er sich die Spitze nicht verkneifen.

»Meinetwegen«, fügte Glaïmbar hinzu. »Das ist die Wahrheit.« Er stellte sich an Tungdils Seite. »Ich weiß, dass wir die Axt nicht noch einmal schmieden können, auch wenn Boïndil es glaubt.«

»Die Axt schon. Aber es ist fraglich, ob sie ohne den Stiel aus Sigurdazienholz ihre Wirkung entfaltet. Da es keine Bäume dieser Art mehr im Geborgenen Land gibt, macht es den Verlust der einmaligen Waffe umso schrecklicher. Sie wird uns im Kampf gegen die Gefahr aus dem Westen, so sie kommt, sicherlich fehlen.« Tungdil bereitete es stilles Vergnügen, immer mehr Salz in die Wunde zu streuen. »Hoffen wir, dass sich die Bedrohung ohne sie aufhalten lässt.« Er drehte sich nun doch zu Glaïmbar um. »Schlimmstenfalls gelangt die Feuerklinge über die Albin zu unserem neuen Feind.«

»Doch wir wären nicht die Kinder des Schmieds, wenn wir die Gefahren nicht meisterten«, entgegnete Balyndis, die sich ihnen näherte, und begab sich an Glaïmbars Seite. Ihr Gesicht verriet, dass sie Tungdils Verhalten nicht für gut befand.

»Zumal sich ein neues Bündnis anbahnt«, fügte Myr an, die eben einen Verletzen in ihrer Hörweite versorgt hatte. Sie stand auf und gesellte sich auffällig dicht an Tungdils Seite.

Tungdil erschien es, als hätten sich zwei Fronten gebildet; zufrieden erkannte er den aufglühenden Funken der Eifersucht in Balyndisʹ Augen.

»Es ist an der Zeit, dass wir uns vorstellen. Ich bin Myrmianda Alabasterhaut und gehöre denen an, die lange im Verborgenen lebten, ehe Tungdil uns erreichte und uns daran erinnerte, dass wir doch aus dem gleichen Stein geschlagen sind.« Sie reichte der Schmiedin und dem König die Hand. »Unser König Gemmil sandte mich ebenso zu euch wie das Heer, das zu Hilfe kam.«

Glaïmbar deutete eine Verbeugung an. »Übermittle meinen aufrichtigen Dank an deinen König. Ohne seine zweitausend Kriegerinnen und Krieger hätten wir das Graue Gebirge nicht halten können. Die Orks hätten sich ihrer besonderen Fähigkeit besonnen und wären zurückgekehrt.«

Tungdil schaute auf die Vielzahl von unterschiedlichen Zwergen, die gemeinsam gefochten hatten und sich nun das traurige Tagwerk der Leichenbeseitigung teilten.

Die etwa vierhundert Gefallenen ihres Stammes wurden ins Innere der Stollen gebracht, wo sie ehrenvoll aufgebahrt lagen und nach einem Sonnenumlauf in die Grabkammern gelegt würden. Auch die zu Hilfe geeilten Zwerge von Gemmil hatten reichlich Verluste zu beklagen, fast die Hälfte des kleinen Heeres war tot. Die gestorbenen Freien würden Seite an Seite mit den neuen Fünften ruhen.