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Das genügte mir im Augenblick, und jetzt konnte mich nichts mehr von dem Sprung zum Balkon hinauf abhalten. Ich nahm einen kurzen Anlauf und tat einen Satz, der mich so hoch in die Luft schnellte, daß ich den untersten Sims erreichen konnte.

Im nächsten Moment war alles eine wilde Konfusion. Matai Shang zog sich erschreckt zurück. Thurid sprang mir mit gezücktem Schwert entgegen, um mich hinunterzustoßen. Wieder schwang Dejah Thoris ihre schweren Fesseln und schlug ihn zurück. Dann griff Matai Shang um ihre Taille und zerrte sie durch eine Tür zurück in den Turm.

Thurid zögerte einen Augenblick, doch da er zu fürchten schien, daß der Vater der Therns ihm mit der Prinzessin von Helium entwischen könnte, folgte er ihm mit einem Sprung durch die Tür in den Turm hinein.

Nur Phaidor behielt klaren Kopf. Sie befahl zweien der Wächter, Thuvia von Ptarth wegzuführen; die anderen mußten bleiben und mich daran hindern, in den Turm einzudringen. Dann wandte sie sich an mich.

»John Carter«, schrie sie, »ich biete dir zum letztenmal die Liebe von Phaidor, der Tochter des Heiligen Hekator an. Nimm mein Angebot an, und deine Prinzessin wird an den Hof ihres Großvaters zurückkehren, während du in Frieden und Glück leben wirst. Weigerst du dich, dann wird sich das Schicksal, das mein Vater deiner Dejah Thoris angedroht hat, erfüllen.

Du kannst sie jetzt nicht mehr retten, denn jetzt werden sie schon einen Ort erreicht haben, an den nicht einmal du ihnen folgen kannst. Weigere dich nur – dann kann nichts dich mehr retten. Man hat dir den Weg zur letzten Festung der Heiligen Therns leicht gemacht, jenen Weg, der sonst unmöglich gewesen wäre. Was sagst du nun?«

»Du kennst meine Antwort!« erwiderte ich. »Und du kanntest sie, Phaidor, ehe du selbst zu sprechen begannst. Geht mir aus dem Weg!« schrie ich die Wachen an. »Weg frei für John Carter, Prinz von Helium! Ich will vorbei!«

Damit sprang ich über das niedere Balkongeländer und stand mit gezogenem Schwert meinen Widersachern gegenüber. Es waren drei. Aber Phaidor muß gewußt haben, wie dieser Kampf ausgehen würde, denn sie wandte sich um und floh vom Balkon noch in dem Augenblick, da sie sah, daß ich ihre Vorschläge und Anträge niemals annehmen würde.

Die drei Wächter warteten nicht auf meinen Angriff, sondern drangen alle zusammen und gleichzeitig auf mich ein. Gerade das wurde für mich zum Vorteil, denn auf dem schmalen Balkon liefen sie einander ständig im Weg herum, so daß schließlich der vorderste beim ersten Streich direkt in meine Klinge rannte.

Der erste rote Fleck auf meiner Schwertspitze erweckte in mir wieder die alte Blutlust, die in meiner Kämpferbrust immer nur für kurze Zeit schlummerte. Meine Klinge durchschnitt die Luft mit solcher Schnelligkeit und tödlicher Genauigkeit, daß die zwei restlichen Therns ganz wild vor Verzweiflung wurden.

Als meine Schwertspitze das Herz des einen fand und es durchbohrte, floh der andere. Ich vermutete, daß er den anderen, die ich suchte, folgen würde und ließ ihm soviel Vorsprung, daß er wenigstens hoffen konnte, meinem Schwert glücklich entronnen zu sein.

Er raste durch etliche innere Kammern, bis er zu einem Spiralweg kam. Den rannte er hinauf, und ich folgte ihm. Am oberen Ende standen wir schließlich in einer kleinen Kammer, in deren Wänden sich nur ein einziges Fenster befand, von dem aus man die Hänge von Otz und dahinter das Tal der Verlorenen Seelen überblicken konnte.

Hier zerrte der Bursche heftig an etwas, das wie eine blanke Wand gegenüber dem Fenster aussah, aber ich vermutete natürlich sofort, daß dies ein geheimer Ausgang dieses Raumes sein mußte. Deshalb blieb ich stehen, um dem anderen zu ermöglichen, die Tür in der Wand zu öffnen, denn mir lag nichts daran, den armen Teufel ums Leben zu bringen. Ich wollte nur meiner geliebten Dejah Thoris, meiner lange verlorenen Prinzessin auf der Spur bleiben, um sie endlich finden zu können.

Leider bewegte sich die Wand nicht, so sehr er auch dagegen schlug und daran zu rütteln versuchte. Er gab seine Versuche also auf und drehte sich zu mir um.

»Geh deiner Wege, Thern«, sagte ich zu ihm und deutete auf den Zugang zu jenem Spiralweg, den wir eben gekommen waren. »Mit dir habe ich keinen Streit, und dein Leben interessiert mich nicht. Also geh!«

Zur Antwort sprang er mich mit seinem Schwert so unvermittelt an, daß ich um ein Haar zu Boden gegangen wäre. Ich mußte ihm also das verpassen, worauf er es offensichtlich angelegt hatte, und das so schnell wie möglich, damit ich bei der Verfolgung von Matai Shang und Thurid nicht zu lange aufgehalten wurde, die sowieso mit Dejah Thoris und Thuvia von Ptarth schon ein gutes Stück vor mir sein mußten.

Dieser Mann war ein ausgezeichneter Schwertkämpfer und kannte jeden fairen und faulen Trick. Von einem Ehrenkodex schien er noch nie etwas gehört zu haben, denn wiederholt verstieß er gegen eine ganze Anzahl von Kampfregeln, gegen die man auf Barsoom ganz einfach nicht verstoßen darf, und ein ehrenhafter Mann würde lieber untergehen, als sich gegen solche Regeln versündigen.

Er ging sogar so weit, daß er seine heilige Perücke von seinem Glatzkopf riß und sie mir ins Gesicht warf, so daß ich für einen Augenblick geblendet war und er gegen meine ungeschützte Brust einen Stoß führen konnte.

Allerdings war ich dann nicht mehr da, wohin er stieß, denn ich hatte schon vorher mit Therns gekämpft. Daher wußte ich auch, daß sie die unfairsten und am wenigsten ehrenhaften Kämpfer von ganz Barsoom waren, und das war auch der Grund dafür, daß ich mich, wenn ich mit einem von ihnen kämpfte, aller ehrlichen Finten bediente und ungeheuer wachsam war.

Und natürlich war ich auch jetzt wieder auf alle möglichen Teufeleien gefaßt.

Schließlich übertrieb er allzu sehr, denn er zog sein Kurzschwert, warf es mir wie einen Speer entgegen und drang gleichzeitig mit seinem Langschwert auf mich ein. Doch mein kreisendes Schwert fing die fliegende Waffe ab und schmetterte sie klirrend an die Wand. Dann wich ich dem neuen Ansturm meines Gegners seitlich aus, so daß er an mir mit vollem Schwung vorbeisauste, und diese Gelegenheit kam mir gerade recht, um ihm meine Schwertspitze in den Magen zu bohren. Bis zum Griff steckte mein Schwert in seinem Körper. Er tat noch einen entsetzlichen Schrei und sank dann tot zu Boden.

Ich nahm mir nur die Zeit, mein Schwert aus dem toten Gegner zu ziehen, und dann war ich auch schon an der blanken Wand, wo mein verblichener Feind immer durchzugehen versucht hatte. Hier suchte ich nach einem geheimen Schloß, leider vergeblich.

Ich probierte es auch mit Gewalt, doch das war ebenso umsonst, weil der massive Stein nicht nachgab. Mir war, als lache er mich aus wegen meiner vergeblichen Bemühungen, und ich hätte sogar schwören mögen, daß ich ein leises, spöttisches Lachen von jenseits dieser Mauern vernahm.

Verärgert ließ ich von der Wand ab und trat an das Fenster. Die Hänge der Berge von Otz und das dahinterliegende Tal der Verlorenen Seelen war nicht interessant für mich, aber die mit Reliefen geschmückte Turmmauer erweckte meine Aufmerksamkeit.

Irgendwo in diesen massiven Steinen wurde Dejah Thoris gefangen gehalten. Über mir sah ich Fenster. Vielleicht konnte ich auf diesem Weg zu ihr gelangen. Das Risiko war natürlich groß, aber wenn es um das Schicksal der wundervollsten Frau einer ganzen Welt geht, wird jedes Risiko klein.

Ich schaute hinunter. Ungefähr dreißig Meter unter mir lagen zerklüftete Granitfelsen am Rand einer ungeheuer tiefen, schrecklichen Schlucht, aus welcher der Turm aufstieg. Und wenn ich nicht auf den Granitfelsen zu Tode kam, dann bestimmt in dieser dunklen Schlucht, wenn mein Fuß auch nur einmal rutschte oder meine Finger ihren Halt nur für den Bruchteil einer Sekunde verloren.

Da es keinen anderen Weg gab, zuckte ich die Achseln und stieg auf das äußere Fensterbrett hinaus – zugegeben, mit einem ziemlichen Schaudern –, um meinen gefährlichen Aufstieg zu beginnen. Zu meiner Enttäuschung stellte ich fest, daß diese Reliefs im Unterschied zu denen von Helium recht abgerundete Kanten hatten, so daß praktisch ein jeder Griff bestenfalls ziemlich fragwürdig war. Zwanzig Meter über mir begann eine Reihe von vorstehenden zylindrischen Steinen, die einen Durchmesser von etwa Handbreite hatten. Sie umgaben den Turm in einem Abstand von etwa einem Meter in Bändern, die wiederum einen Meter voneinander entfernt waren. Da jeder Steinzylinder fast eine Handbreite über die übrigen Ornamente hinausragte, hatte ich eine recht praktische Außentreppe, sobald ich die unterste Reihe erreicht hatte.