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Doch kaum hatte ich hundert Schritte zum weiter entfernten Tor getan, als das Stampfen marschierender Truppen, das Klirren von Metall und das Quieken der Thoats jenseits der Stadtmauer mir sagten, daß sich die Kaolianer schon zum anderen Tor bewegten. Nun durfte ich keine Zeit mehr verlieren. Im nächsten Moment konnte sich schon das Stadttor öffnen, um die Truppenspitze auf die vom lauernden Tod gesäumte Straße hinauszuschicken.

Ich kehrte also zu dem gefährdeten Tor um, rannte in riesigen Sprüngen die Lichtung entlang und bediente mich wieder einmal meiner irdischen Muskelkraft, die mich gleich zu Anfang auf Barsoom berühmt gemacht hatte. Für einen kräftigen, gestählten Erdenmann sind Sprünge von hundert Fuß Weite auf dem Mars keine Unmöglichkeit.

Die Grünen, an denen ich entlangrannte, starrten mich erst entgeistert an; dann war natürlich das ganze Geheimnis gelüftet, und nun versuchten mich einige der Krieger aufzuhalten und mir den Weg zum Tor abzuschneiden.

Und schon schwang auch das große Portal auf. Die Truppenspitze der Roten erschien. Etwa ein Dutzend Grüne hatten inzwischen einen Punkt zwischen mir und dem Tor erreicht, aber die meisten wußten kaum etwas davon, wen sie aufzuhalten versuchten. Ohne meine Geschwindigkeit auch nur um eine Spur herabzusetzen, tat ich einen Satz mitten unter sie, und als die ersten unter meinen Schwertstreichen fielen, erinnerte ich mich der zahlreichen Kämpfe, die ich Schulter an Schulter mit Tars Tarkas, Jeddak von Thark, dem mächtigsten und tapfersten aller grünen Männer auf dem Mars, durchgestanden hatte. Wir hatten gemeinsam unsere Feinde niedergemäht, bis deren Leichen höher sich türmten, als ein stattlicher Mann groß war.

Als mir unmittelbar vor dem geschnitzten Stadttor von Kaol ein paar von ihnen zu nahe kamen und ich mit meinem Schwert nicht mehr richtig ausholen konnte, sprang ich einfach über ihre Köpfe hinweg und bediente mich der Taktik der grausamen, häßlichen Baummänner vom Tal Dor, indem ich auf die Köpfe meiner Feinde einschlug, als ich über sie hinwegsetzte.

Aus der Stadt stürmten die Roten Krieger heraus, und aus dem Dschungel kamen die Grünen, und ich befand mich mitten im schönsten, blutigsten Kampf, den man sich nur vorstellen konnte. Diese Kaolianer sind tapfere, edle Kämpfer, und die grünen Marsmänner der Äquatorialzonen sind keine Spur weniger kriegerisch als ihre kalten, grausamen Verwandten der gemäßigten Zone. Gar manchmal hätte sich eine Gelegenheit für beide Seiten geboten, sich ehrenvoll aus diesem Kampf zurückzuziehen, um die Feindseligkeiten zu beenden, aber keine der beiden Seiten gab nach. Ich hatte eigentlich nur mit einem kleinen Scharmützel gerechnet, aber das schien sich nun zu einer Schlacht auszuwachsen, die mit der völligen Vernichtung mindestens der einen Seite enden würde.

Nachdem nun einmal die Kampfeslust in mir geweckt war, machte mir dieser Blitzkrieg auch ungeheuren Spaß. Die Kaolianer klatschten mir wiederholt Beifall, wenn mir wieder ein besonders glücklicher Schwertstreich gelungen war.

Es mag manchmal den Anschein haben, als bilde ich mir auf meine kämpferischen Fähigkeiten zuviel ein; man möge es mir deshalb nachsehen, weil ja der Kampf mein Lebensberuf ist. Ist man dazu berufen, Pferde zu beschlagen oder Bilder zu malen und kann man das besser tun als andere, die Pferde beschlagen oder Bilder malen, dann wäre man ein Narr, nicht darauf stolz zu sein. Deshalb bin auch ich stolz darauf zu wissen, daß auf den beiden Planeten kein größerer Kämpfer je gelebt hat als John Carter, Prinz von Helium. An diesem Tag übertraf ich mich selbst, denn ich wollte einen Weg zu den Herzen – und zur Stadt – der Kaolianer gewinnen. Ich wurde auch nicht enttäuscht.

Wir fochten, bis die Straße rot vom Blut und mit Leichen gepflastert war. Der Kampf wogte hin und her, aber das Stadttor von Kaol war nie wirklich in Gefahr.

Ab und zu war mir eine winzige Atempause vergönnt, und da konnte ich mit den Kaolianern, die neben mir fochten, ein paar Worte wechseln. Einmal legte mir der Jeddak Kulan Tith persönlich die Hand auf die Schulter und fragte mich nach meinem Namen.

»Ich bin Dotar Sojat«, erwiderte ich, denn ich erinnerte mich des Namens, den mir vor vielen Jahren die Tharks verliehen hatten nach den beiden ersten ihrer Krieger, die ich getötet hatte. Das ist dort so Sitte.

»Du bist ein mächtiger Krieger, Dotar Sojat«, sagte er zu mir, »und wenn dieser Tag vorüber ist, werde ich wieder mit dir im großen Audienzsaal sprechen.«

Dann ging der Kampf wieder weiter, und wir wurden getrennt, aber mein Herzenswunsch war der Erfüllung nahe. Mit frischem Eifer und fröhlicher Seele schwang ich mein Langschwert, bis der letzte grüne Krieger genug davon hatte und sich durch den Wald zu seinen Seegründen zurückzog.

Erst als der Kampf vorüber war, erfuhr ich, weshalb die Truppen der Roten an diesem Tag auszogen. Kulan Tith schien den Besuch eines mächtigen Jeddak aus dem Norden zu erwarten, einen starken und den einzigen Verbündeten der Kaolianer, und es war sein Wunsch gewesen, den Verbündeten eine volle Tagesreise von Kaol entfernt zu empfangen.

Jetzt war natürlich der Marsch der Begrüßungstruppe verzögert worden, und erst am folgenden Morgen konnten die Krieger erneut aufbrechen. Man hatte mich nach dem Kampf nicht zu Kulan Tith gebeten, doch er hatte einen Offizier geschickt, der mich suchen und zu einem bequemen Quartier bringen sollte, welches in jenem Teil des Palastes lag, der für die Offiziere der königlichen Garden reserviert war.

Dort verbrachte ich zusammen mit Wula eine behagliche Nacht und erhob mich am Morgen gestärkt und erfrischt nach den Mühen der vergangenen Tage. Wula hatte mir im gestrigen Kampf energisch beigestanden, und der Instinkt und das Training der marsischen Kriegshunde hatte sich wieder einmal als äußerst nützlich erwiesen. Die grünen Horden von den Seegründen hielten sich meistens große Meuten dieser Tiere.

Selbstverständlich waren auch wir beide nicht ganz unbeschädigt durch den Kampf gekommen, aber die wunderbaren Heilsalben der Barsoomianer hatten genügt, uns über Nacht so gut wie neu zu machen.

Ich frühstückte zusammen mit mehreren Offizieren, die sehr höfliche und aufmerksame Gastgeber waren, etwa so wie die Edlen von Helium, die berühmt sind für ihre ausgezeichnete Erziehung und ihre blendenden Manieren. Das Mahl war noch nicht zu Ende, als ein Bote von Kulan Tith ankam, um mich zu ihm zu bringen.

Der Jeddak stand auf, als ich den Audienzsaal betrat und stieg von der Estrade herunter, auf welcher der herrliche Thron stand. Er ging mir sogar entgegen, und das ist eine ganz ungeheure Ehre, die sonst nur anderen Regenten erwiesen wird.

»Kaor, Dotar Sojat!« begrüßte er mich. »Ich habe dich zu kommen gebeten, weil ich dir den Dank der Leute von Kaol aussprechen will. Hättest du in deiner heroischen Tapferkeit uns nicht gewarnt, dann wären wir ganz bestimmt in die ausgelegte Falle gegangen. Erzähle mir mehr von dir selbst. Aus welchem Land kommst du, und was brachte dich an den Hof von Kulan Tith?«

»Ich komme aus Hastor«, antwortete ich, und das war nicht einmal eine Lüge, denn in dieser südlichen Stadt, die zum Staatsgebiet von Helium gehört, besaß ich einen kleinen Palast.

»Eigentlich bin ich rein zufällig im Land Kaol, da mein Flieger am südlichen Rand eures großen Forstes abstürzte und zerschellte. Als ich mich der Stadt näherte, um Eingang zu finden, entdeckte ich die im Hinterhalt lauernden grünen Horden, die auf deine Truppen warteten.«

Wenn Kulan Tith sich wunderte, welches Geschäft mich in einem Flieger zum Rand seiner Länder geführt haben mochte, so ließ er sich das nicht anmerken und bestand auch nicht auf einer Erklärung, die ich ihm gar nicht gerne gegeben hätte.

Während meiner Audienz beim Jeddak betrat hinter mir eine andere Gruppe den Saal, so daß ich deren Gesichter nicht sehen konnte. Kulan Tith ging an mir vorbei, um sie zu begrüßen und lud mich ein, ihm zu folgen, damit er mich den anderen vorstellen könne. Ich drehte mich also um und hatte die größte Mühe, mein Mienenspiel unter Kontrolle zu halten, denn vor mir standen meine intimsten Erzfeinde Matai Shang und Thurid, die aufmerksam Kulan Tiths Lobreden auf mich lauschten.