Выбрать главу

Die Entfernung zwischen Barriere und Pol war nicht allzu groß, und ein schneller Flieger konnte sie an sich in wenigen Stunden zurücklegen. Man nahm deshalb an, daß schreckliche Katastrophen über jene hereinbrachen, die das ›Verbotene Land‹ erreichten, denn so wurde es von den Marsbewohnern der äußeren Welt genannt. Ich nahm daher Geschwindigkeit weg, als wir uns der Barriere näherten, denn ich wollte vorsichtig und bei Tag über diese Eisfelsen wegfliegen, um mich zu orientieren, damit ich nicht in eine Falle rannte, falls es wirklich am Nordpol ein bewohntes Land geben sollte. Ich konnte mir vorstellen, daß es dort vielleicht eine Stelle geben könnte, die Matai Shang eine gewisse Sicherheit vor John Carter, Prinz von Helium, verleihen konnte.

Wir flogen im Schneckentempo und nur ein paar Fuß hoch über dem Boden dahin und ertasteten uns buchstäblich unseren Weg durch die Dunkelheit. Beide Monde waren untergegangen, und die Nacht war kohlschwarz, denn der Himmel war bewölkt. Wolken gibt es auf dem Mars nur in den Zonen an den Polen.

Plötzlich stand wie aus dem Boden gewachsen ein weißer Turm in meinem Weg. Ich warf das Seitensteuer blitzschnell herum und schaltete die Maschine auf Rückwärtsgang, aber es war zu spät, die Kollision war nicht mehr zu vermeiden. Es krachte, als wir auf den Eisturm knallten.

Der Flieger drehte sich halb um sich selbst, und die Maschine blieb stehen; der geflickte Treibstofftank riß auf, und wir stürzten zwanzig Fuß tief auf den Boden.

Zum Glück wurde bei diesem Absturz aus geringer Höhe keiner von uns verletzt, und als wir uns aus den Trümmern des Wracks herausgearbeitet hatten, kam gerade der kleinere Mond wieder über den Horizont herauf. In seinem Licht entdeckten wir, daß wir uns am Fuß einer mächtigen Eisbarriere befanden, die von großen Granitfelsen daran gehindert wird, sich weiter nach Süden auszubreiten. Welch ein Schicksal! Da hatten wir nun diese riesige Strecke ohne Zwischenfall hinter uns gebracht und unsere Reise fast vollendet, und nun waren wir auf der verkehrten Seite der Eisbarriere gestrandet! Ich sah Thuvan Dihn an, doch der schüttelte den Kopf.

Den Rest der Nacht verbrachten wir vor Kälte zitternd in unseren Schlafseiden und Pelzen auf dem Schnee, der den Fuß der Eisbarriere bedeckte.

Bei Tagesanbruch hatten sich meine schwer angeschlagenen Lebensgeister wenigstens ein bißchen wieder zum gewohnten Optimismus durchgerungen, obwohl es, wie ich zugeben muß, recht wenig Grund dafür gab.

»Was werden wir nun tun?« fragte Thuvan Dihn. »Wie sollen wir dieses unzugängliche Eis übersteigen?«

»Erst müssen wir beweisen, daß es unzugänglich ist«, erwiderte ich, »aber das werde ich kaum zugeben, ehe ich nicht den ganzen Globus umkreist habe und abgeschlagen wieder auf diesem Fleck stehe. Je früher wir aufbrechen, desto besser ist es, denn eine andere Möglichkeit sehe ich nicht. Wir werden auch mindestens einen Monat brauchen, um diese kalten, beschwerlichen Kilometer zurückzulegen, die wir vor uns haben.«

Fünf Tage lang wanderten wir über das gefrorene, eisstarrende Land zu Füßen der Eisbarriere. Schreckliche Pelztiere griffen uns bei Tag und Nacht an. Nicht einen Augenblick konnten wir uns vor diesen wilden Dämonen des Nordens sicher fühlen.

Unser gefährlichster und ausdauerndster Feind war der Apt. Das ist eine riesige, weißpelzige Kreatur mit sechs Beinen, von denen vier kurz und dick sind und das Tier mit erstaunlicher Geschwindigkeit über Eis und Schnee tragen. Zwei weitere sind zu beiden Seiten des langen, kräftigen Halses an den Schultern angewachsen und enden in weißen, unbehaarten Händen, mit denen diese Tiere ihre Beute fangen und festhalten.

Kopf und Maul gleichen ungefähr den Flußpferden der Erde, nur daß beim Apt vom Unterkiefer aus zwei mächtige, gebogene Hörner fast bis zur Brust reichen.

Die beiden riesigen Augen riefen meine größte Neugier hervor. Sie reichen vom Schädeldach als große, ovale Flecken bis zu den Wur zeln der Hörner, so daß diese Waffen tatsächlich aus den unteren Teilen der Augen herauswachsen. Und diese Augen bestehen aus etliehen tausend Ozellen.

Das war eine ganz bemerkenswerte Augenkonstruktion für ein Tier das auf grellschimmernden Eis- und Schneeflächen jagt. Da wir einige dieser Tiere erlegten, konnte ich die Augen genauer untersuchen, und da stellte ich fest, daß jeder Ozellus sein eigenes Augenlid hat. Das Tier kann ganz nach Belieben jedes einzelne Facettenauge unabhängig von allen übrigen schließen, wenn ich auch davon überzeugt war, daß dieses Tier den größten Teil seines Lebens in dunklen unterirdischen Höhlen zubrachte. Auf diese Art konnte es sich gegen grelles Tageslicht schützen.

Dann begegneten wir dem größten Apt, den wir je gesehen hatten Dieses Tier maß an den Schultern volle sechs Meter und war so glatt, sauber und schön, daß ich hätte schwören mögen, es sei erst kürzlich ordentlich gebürstet und getrimmt worden.

Er stand mit etwas schiefgelegtem Kopf da und sah uns entgegen, als wir uns ihm näherten. Wir hatten nämlich herausgefunden, daß es eine beträchtliche Zeitverschwendung war, wenn wir diese Tierrier sen, die von dämonischer Wut besessen zu sein scheinen, in einem weiten Bogen umgingen. Selbst wenn sie sich nämlich die Bäuche vollgeschlagen haben und nichts mehr in ihnen Platz hat, töten sie aus Freude am Töten.

Dieser Apt nun griff uns nicht an, sondern schaute uns dumm entgegen, drehte sich um und trottete davon. Das hätte mich ja an sich sehr erstaunt, wäre nicht um seinen Hals ein breiter goldener Kragen gelegen, den ich im dicken Fell schimmern sah.

Auch Thuvan Dihn sah ihn und faßte ebenso wie ich Hoffnung für uns beide. Nur ein Mensch konnte ihm einen solchen Kragen umgelegt haben, und da noch keine uns bisher bekannte Rasse von Marsmenschen versucht hatte, dieses Riesentier zu zähmen, mußte er einem Volk gehören, von dessen Existenz wir nichts wußten. Vielleicht waren es die fabulösen Gelben Männer von Barsoom. Diese einstmals sehr mächtige Rasse hielt man für ausgerottet, obwohl manche Theoretiker der Meinung waren, sie könnten im eisigen Norden noch existieren.

Wir folgten dem riesigen Tier. Wula begriff sehr schnell, was wir wollten, und so war es nicht nötig, uns besonders zu beeilen, denn der Apt setzte in großen Sprüngen über das Eis und entschwand sehr schnell unseren Blicken.

Etwa zwei Stunden lang folgten wir der Spur entlang der Eisbarriere, und dann bog sie direkt in das rauheste, unwegsamste Gelände ab, das ich je gesehen hatte.

Riesige Granitblöcke versperrten uns immer wieder den Weiterweg. Wir drohten in tiefe Eisrinnen zu stürzen, falls der Fuß nur einmal ausrutschte, und vom Norden her wehte ein leichter Wind, der uns einen unbeschreiblichen Gestank entgegentrug, der uns vor Übelkeit würgen machte.

Weitere zwei Stunden verbrachten wir damit, über Felsblöcke zu klettern, und wir legten dabei nur ein paar hundert Meter bis zum unmittelbaren Fuß der Eisbarriere zurück.

Dann bogen wir um eine Felskante aus Granit und standen nun auf einem ebenen Stück schneebedeckten Landes von einigen Morgen Ausdehnung, das von jenen Eisbergen begrenzt war, die uns seit Tagen ärgerten und soviel Mühe bereiteten. Unmittelbar vor uns sahen wir den dunklen Eingang zu einer Höhle.

Dieser Höhle entströmte der schreckliche Gestank. Als Thuvan Dihn neben mir vor der Höhle stand, rief er erstaunt: »Bei all meinen Ahnen! Daß es mir beschieden ist, die sagenhaften Höhlen Carrions zu sehen! Sind sie das wirklich, dann haben wir auch den Weg über die Eisbarriere gefunden.

Die alten Chroniken der ersten Historiker von Barsoom, und diese Chroniken sind so alt, daß wir sie für Mythologie gehalten haben, berichten davon, daß die Gelben Männer sich vor den rasenden grünen Horden zurückgezogen hatten, als diese die Küsten der austrocknenden Seen verließen und auf ihren Raubzügen die Festungen der herrschenden Rassen überfielen.