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ganze Armee aus dem Boden stampfen, die die paar vernichten würde, die ihm noch treu ergeben sind. Meine eigenen Leute sind sehr loyal, und das kleine Tal von Marentina hat an den Hof von Salensus Oll seit mehr als einem Jahr keinen Tribut mehr geleistet. Er kann uns auch nicht dazu zwingen, denn ein Dutzend Männer sind in der Lage, den schmalen Weg nach Marentina gegen eine Million Krieger zu halten. Aber jetzt zu euren eigenen Angelegenheiten. Wie kann ich euch helfen? Mein Palast steht zu eurer Verfügung, wenn ihr mir die Ehre erweisen wollt, nach Marentina zu kommen.«

»Wenn wir unsere Arbeit getan haben, werden wir gerne deine Einladung annehmen«, erwiderte ich. »Aber vorläufig kannst du uns damit helfen, daß du uns den Weg beschreibst zum Hof von Salensus Oll und uns rätst, wie wir Zugang zur Stadt erhalten, oder zum Palast, oder zu jenem Platz, wo unsere Freunde gefangen gehalten werden.«

Talu musterte ein wenig unsere glatten Gesichter, Thuvan Dihns rote Haut und meine weiße.

»Erst müßt ihr nach Marentina kommen, denn euer Aussehen muß verändert werden, ehe ihr darauf hoffen könnt, in eine der Städte von Okar zu gelangen. Ihr müßt gelbe Gesichter und schwarze Barte haben, und eure ganze Aufmachung muß so werden, daß ihr kein Mißtrauen erregt. In meinem Palast lebt ein Mann, der euch das Aussehen eines ganz echten Gelben Mannes verleihen kann, wie Salensus Oll persönlich nicht echter aussehen kann.«

Das schien ein recht kluger Rat zu sein, und da wir auf andere Art sicher niemals Zugang zu Kadabra, der Hauptstadt von Okar, finden konnten, machten wir uns mit Talu, Prinz von Marentina, auf den Weg zu seinem kleinen, felsumschlossenen Land.

Der Weg war außerordentlich beschwerlich, und mich wunderte es gar nicht mehr, daß Marentina wenig Angst vor einer Invasion haben mußte, da es ja weder Thoats noch Flieger gab. Nach einem anstrengenden Marsch erreichten wir aber unser Ziel, auf das ich einen ersten Blick werfen konnte, als ich in etwa einer Meile Entfernung von der Stadt auf einer Anhöhe stand.

Eine Stadt aus marsischem Beton erstreckte sich in ein tiefes Tal; jeder Platz, jeder offene Raum und jede Straße war mit Glas überdacht. Rund um die Stadt herum gab es überall Schnee und Eis, aber davon war keine Spur auf den Kuppeln aus Kristallglas zu bemerken, welche die ganze Stadt überwölbten.

Dann sah ich auch, wie diese Menschen gegen die Unbilden des arktischen Klimas kämpften und wie sie umgeben von ewigem Eis in Luxus und Behaglichkeit lebten. Ihre Städte waren richtiggehende Gewächshäuser, und als ich diese Stadt näher kennenlernte, wuchsen mein Respekt und meine Bewunderung für die großartige wissenschaftliche und technische Geschicklichkeit dieser von der übrigen Welt abgeschlossenen Nation ins Ungemessene.

In dem Augenblick, als wir die Stadt betraten, warf Talu seine Pelzüberkleider ab, und das taten wir auch. Ich sah, daß seine Erscheinung sich wenig von jener der Roten Rasse auf Barsoom unterschied; unter seinem Lederharnisch, der dick mit Edelmetall und Juwelen bedeckt war, konnte er in der warmen, feuchten Luft der Stadt recht gut nackt einhergehen.

Drei Tage lang waren wir Gäste des Prinzen Talu, und er erwies uns jede Höflichkeit und jede Aufmerksamkeit, die sich denken und ermöglichen ließ. Natürlich zeigte er uns auch alles, was uns in seiner großen Stadt interessierte.

Das Atmosphärenwerk von Marentina kann in den Städten des Nordpolgebietes alles Leben unendlich lange erhalten, wenn es überall sonst auf dem sterbenden Mars schon erloschen ist, weil es keine Atmosphäre mehr gibt. Vom riesigen Zentralwerk sind also die Polargebiete unabhängig. Ich kann mich nur noch allzu gut an jene Panne im Zentralwerk erinnern, die mir Gelegenheit gab, Leben und Glück in einer fremden Welt, die ich so sehr lieben gelernt hatte, zu erhalten.

Der Prinz zeigte uns auch das Heizsystem; hier werden die Sonnenstrahlen in riesigen Reservoiren unter der Stadt gespeichert, und es bedarf zur Aufrechterhaltung einer angenehmen Wärme und eines ewigen Sommers in diesem glorreichen Garten nur geringer Mengen. Der Verkehr rollte auf breiten Straßen dahin, die mit dem ockerfarbenen Gras der toten Seegründe besät waren. Es gab daher keinen Lärm rollender Räder. Außerdem gibt es zahlreiche kleine Schweber, mit denen der größte Teil des Verkehrs in den Ländern nördlich der Eisbarriere bewältigt wird.

Die breiten Reifen dieser Schweber, die auch auf dem Boden fahren können, sind gummiähnliche Gasbeutel, die mit dem achten barsoomischen Strahl, dem der Antriebskraft, gefüllt sind. Das ist eine außerordentlich bemerkenswerte Entdeckung der Marsleute, die es den Völkern ermöglicht, große Flotten riesiger Luftschiffe zu unterhalten, welche dem Roten Menschen der äußeren Welt eine deutliche Überlegenheit verleihen. Dieser Strahl schleudert das eigene oder reflektierte Licht des Planeten in den Raum hinaus, und wenn er eingcfangen und gespeichert wird, ist er die Tankfüllung der barsoomischen Luftschiffe.

Die Grundflieger, auch Schweber genannt, haben in ihren automobilradähnlichen Tanks nur soviel Treibstoffvorrat, daß die Maschine angetrieben und gesteuert werden kann. Sie haben Hinterradantrieb, und die Hauptarbeit leistet ein kleiner Propeller am Heck. l.s ist ein köstliches Erlebnis, in diesen bequemen Schwebern zu fahren, die sich leicht wie Federn über den weichen, moosigen Straßen von Marentina bewegen. Sie fahren oder schweben zwischen prächtigen Bäumen mit wundervollen Blüten dahin, die für die Vegetation auf Barsoom so charakteristisch sind.

Gegen Ende des dritten Tages hatte der Hofbarbier – mir fällt keine passendere Bezeichnung für ihn ein – bei Thuvan Dihn und mir eine solche Verwandlung bewirkt, daß unsere eigenen Frauen uns nicht mehr hätten erkennen können. Unsere Haut war von derselben zitronengelben Farbe wie seine eigene, und dichte schwarze Kinn- und Backenbärte klebten fest in unseren Gesichtern. Selbstverständlich hatten wir auch die kompletten Waffengürtel der Krieger von Okar, welche unsere Verwandlung abrundeten. Und wenn wir uns außerhalb der geheizten Stadt aufhielten, trugen wir einen schwarz-gelb gestreiften Anzug aus Orlukpelz.

Talu gab uns die genauesten Anweisungen für unsere Reise nach Kadabra, der Hauptstadt der Nation von Okar; ›Okar‹ ist der Rassenname der Gelben Männer. Unser guter Freund begleitete uns sogar ein ganzes Stück und versprach uns seine Hilfe, so wir ihrer bedürften.

Zum Abschied streifte er mir einen seltsam gearbeiteten Ring über den Finger mit einem tiefschwarzen, glanzlosen Stein, der fast wie bituminöse Kohle aussah; in Wirklichkeit ist es aber der kostbarste, unbezahlbar wertvolle Stein von ganz Barsoom.

»Aus dem Mutterstein wurden noch drei weitere geschnitten«, erklärte er mir. »Diese drei Steine sind in meinem Besitz und werden von Edelmännern meines Vertrauens getragen. Alle wurden in geheimer Mission an den Hof von Salensus Oll geschickt Solltest du einem von ihnen auf fünfzig Fuß in die Nähe kommen, so wirst du ein schnelles Prickeln in den Fingern spüren, am kräftigsten an jenem Finger, an dem du den Ring trägst. Der andere mit dem Gegenstück zu deinem Ring hat dasselbe Gefühl. Es wird hervorgerufen von elektrischen Stromstößen, die immer dann auftreten, wenn ein anderer aus demselben Mutterstein geschnittener Ring in den Wirkungsbereich des einen kommt. Du wirst dann wissen, daß ein Freund in der Nähe ist, an den du dich um Hilfe wenden kannst, wenn du sie brauchst.

Sollte dich ein anderer Ringträger um Hilfe bitten, sollst du sie ihm nicht versagen. Sollte dir der Tod drohen, so verschlucke ihn lieber, ehe du ihn in die Hände der Feinde fallen läßt. Behüte ihn mit deinem Leben, John Carter, denn eines Tages könnte er mehr für dich bedeuten als dein eigenes Leben.«