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Nachdem mir unser Freund zum Abschied diesen Rat gegeben hatte, kehrte er nach Marentina zurück, und wir machten uns auf den Weiterweg nach Kadabra zum Hof von Salensus Oll, Jeddak der Jeddaks. Am Abend dieses Tages erblickten wir das riesige Glasdach der Stadt Kadabra. Sie liegt in einer Mulde in Polnähe und ist von felsigen, schneebedeckten Hügeln umgeben. Vom Paß aus, über den wir das Tal betraten, hatten wir eine herrliche Aussicht auf diese Großstadt des Nordens. Die Kuppeln aus Kristallglas funkelten im Sonnenlicht, das sich auch in den eisbedeckten Außenmauern fing, die sich um die ganze Stadt ziehen und einen Umfang von guten einhundert Meilen haben.

In regelmäßigen Abständen sind in diese Mauer Tore eingelassen, durch die man in die Stadt gelangen kann. Sie waren jedoch, wie wir schon aus dieser Entfernung feststellen konnten, alle geschlossen, und Talus Rat entsprechend verschoben wir unseren Einzug in die Stadt bis zum folgenden Morgen.

Wir fanden auch die Höhlen in den Hügeln, von denen er gesprochen hatte, und in einer von ihnen suchten wir Unterschlupf für die Nacht. Unser warmer Orlukpelz gestattete uns einen behaglichen, erfrischenden Schlaf, und wir wachten am folgenden Morgen kurz nach Sonnenaufgang auf.

In der Stadt herrschte schon reges Leben, und aus den Toren kamen Gruppen Gelber Männer. Wir hielten uns haargenau an die Instruktionen unseres Freundes aus Marentina und blieben einige Stunden lang versteckt, bis eine Gruppe von etwa einem halben Dutzend Krieger auf dem Pfad unterhalb unseres Versteckes vorübergeritten war und auf dem Weg, den wir gekommen waren, in den Hügeln verschwanden.

Wir warteten noch eine Weile, bis wir sicher sein konnten, daß sie unsere Höhle nicht mehr sahen; Thuvan Dihn und ich krochen aus der Höhle heraus und folgten ihnen, um sie einzuholen, sobald sie tief im Hügelland waren.

Als wir uns in ihrer unmittelbaren Nähe befanden, rief ich laut den Führer an, der die ganze Gruppe halten ließ und sich zu uns umdrehte. Das war nun der kritische Augenblick. Konnten wir diese Männer täuschen, dann war alles übrige verhältnismäßig einfach.

»Kaor!« schrie ich.

»Kaor!« erwiderte der Anführer der Gruppe.

»Wir sind von Illall«, sagte ich und nannte damit die am weitesten abgelegene Stadt von Okar, die wenig Verkehr mit Kadabra hat. »Gestern erst kamen wir an, und heute früh berichtete uns der Kapitän des Tores, daß ihr auszieht, um Orluks zu jagen. Diesen Sport können wir in unserer eigenen Umgebung nicht ausüben, und so sind wir euch nachgeeilt, um euch zu bitten, daß ihr uns auf die Jagd mitnehmt.«

Der Offizier fühlte sich geschmeichelt und erlaubte uns gerne, daß wir uns ihnen für den Tag anschließen dürften. Die Vermutung, sie könnten auf Orlukjagd sein, erwies sich als richtig; Talu hatte uns erklärt, dies würde in neun von zehn Fällen zutreffen, wenn ein Trupp in der Richtung, die wir nach Kadabra nahmen, die Stadt verließ. Dieser Weg führt nämlich direkt zu jenen Ebenen, auf denen sich dieses elefantenhafte Tier vorwiegend aufhält.

Soweit es die Jagd betraf, war der Tag ein Mißerfolg, denn wir sahen nicht ein einziges Orluk. Das war jedoch für uns recht günstig, denn die Leute aus Kadabra waren über ihr Mißgeschick sehr bekümmert und wollten die Stadt unter keinen Umständen durch das Tor betreten, durch welches sie ausgezogen waren, da sie gegenüber dem Kapitän vom Tor mit ihrer Geschicklichkeit in der Jagd auf dieses gefährliche Tier allzu sehr geprahlt hatten.

Wir näherten uns Kadabra also einige Meilen von dem Punkt entfernt, an dem die Gruppe am Morgen weggeritten war. Wir brauchten daher keine unangenehmen Fragen jenes Torkapitäns zu befürchten, von dem wir behauptet hatten, er habe uns der Gruppe nachgeschickt.

Unmittelbar vor der Stadt fiel mein Blick auf ein hohes, schwarzes, turmähnliches Ding, das sich einige hundert Fuß in die Luft erhob und in einer verworrenen Masse von Abfall zu stehen schien, der jetzt teilweise zugeschneit war.

Ich konnte es natürlich nicht wagen, diesbezügliche Fragen zu stellen, denn wäre ich wirklich ein Gelber gewesen, hätte ich vermutlich wissen müssen, was dieses Ding war. Ehe wir jedoch das Tor erreichten, erfuhr ich, was ich wissen wollte.

Wir standen kurz vor dem Tor, als einer aus der Gruppe einem anderen etwas zurief und gleichzeitig zum südlichen Horizont deutete. Ich folgte der Richtung seines Hinweises, und meine Augen entdeckten den Rumpf eines großen Schiffes, das hinter dem Kamm der Hügel hervorkam und sich schnell näherte.

»Gibt es denn noch immer Narren, welche die Geheimnisse des verbotenen Nordens enthüllen wollen?« sagte der Offizier mehr zu sich selbst als zu uns. »Werden sie denn nie von ihrer fatalen Neugier geh e i l t ? «

»Hoffen wir, daß das nie der Fall ist«, erwiderte einer der anderen.

»Denn wie sollten wir uns sonst Sklaven und Vergnügen verschaff e n ? «

»Richtig. Trotzdem sind es dumme Tiere, die immer wieder in eine Region vorstoßen, aus der noch keiner zurückgekehrt ist.«

»Bleibt stehen, damit wir das Ende dieses Schiffes beobachten können«, schlug einer vor.

Der Offizier schaute zur Stadt hinüber. »Die Wache hat es schon gesehen, und deshalb können wir bleiben, falls man uns braucht.«

Ich sah einige hundert Krieger aus dem nächstgelegenen Stadttor kommen. Sie bewegten sich recht gemütlich, als hätten sie keinerlei Eile. Ich bemerkte auch bald, daß sie sich tatsächlich Zeit lassen konnten.

Nun schaute ich wieder zu dem Schiff hinüber. Es bewegte sich sehr schnell der Stadt entgegen, und deshalb war ich sehr erstaunt, als ich bemerkte, daß die Propeller stillstanden.

Das Schiff hielt schnurgerade auf den Turm zu. In letzter Minute sah ich, daß der Versuch unternommen wurde, die Maschine in den Rückwärtsgang zu bringen, aber es flog geradeaus weiter, als werde es von einer unwiderstehlichen Kraft angezogen.

Auf Deck herrschte erregte Geschäftigkeit; Männer rannten hin und her, besetzten die Kanonen und machten die kleinen Einmannrettungsflieger los, von denen auf jedem größeren Schiff eine ganze Flotte vorhanden ist. Immer näher kam das Schiff diesem schwarzen Turm; nun mußte es jeden Moment anprallen, aber da sah ich schon eine ganze Wolke der kleinen Einmannflieger vom Deck des Mutterschiffes aufsteigen.

Sie stoben wie ein ganzer Libellenschwarm davon, aber sie waren noch nicht richtig vom Mutterschiff freigekommen, als sie ihre Nasen samt und sonders auf den Turm ausrichteten. Und auch sie rasten nun mit unheimlicher Geschwindigkeit demselben Ende entgegen, welches das Mutterschiff erwartete.

Und dann kam die Kollision. Nach allen Richtungen wurden die Menschen vom Deck des Schiffes geschleudert, während das Schiff selbst erbarmenswürdig angeschlagen abstürzte und den Wrackhaufen am Fuß des Turmes um ein weiteres großes Schiff bereicherte. Dem großen Schiff folgte der ganze Schwärm der Einmannflieger, die alle ohne Ausnahme an den Turm geprallt waren.

Ich bemerkte, daß die Wracks die Turmmauer entlangkratzten, und ihr Fall war nicht so schnell, wie freier Fall eigentlich hätte sein müssen. Und nun ging mir schlagartig eine Erkenntnis auf. Jetzt konnte ich mir erklären, warum niemals ein Schiff oder ein Flieger von jenseits der Eisbarriere zurückgekehrt war.

Der Turm war ein ungeheuer starker Magnet, und ein Schiff, das auch nur an den Rand des Wirkungsbereiches dieses Magneten kam, wurde unwiderstehlich angezogen, denn auf Barsoom bestehen diese Schiffe großenteils aus Aluminiumstahl, so daß nichts die Vernichtung dieser Schiffe aufhalten konnte.

Später erfuhr ich dann, daß der Turm unmittelbar auf dem magnetischen Pol des Mars errichtet ist. Ob das jedoch die einzige Erklärung für die unberechenbare Anziehungskraft dieses Turmes ist, kann ich nicht sagen. Ich bin ein Kämpfer und kein Wissenschaftler. Und jetzt kannte ich auch den Grund für die lange Abwesenheit von Tardos Mors und Mors Kajak. Diese unerschrockenen, tüchtigen Krieger hatten den Geheimnissen und Gefahren des gefrorenen Nordens getrotzt, um Carthoris zu suchen, der so lange verschollen war, daß das Haupt seiner schönen, wundervollen Mutter Dejah Thoris, Prinzessin von Helium, vor Kummer gebeugt war. In dem Augenblick, als der letzte kleine Flieger auf dem Schrotthaufen gelandet war, schwärmten schwarzbärtige Gelbe Krieger über die Wracks und nahmen alle gefangen, die nur leicht oder gar nicht verletzt waren, und töteten mit einem Schwertstoß die, welche verwundet waren oder von denen man annahm, daß sie sich kräftig zur Wehr setzen würden.