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Die Sache dauerte kaum zehn Minuten; dann befahl Sorav, daß wir registriert und zu unseren Quartieren im Palast geführt werden sollten, die für die Anwärter der Palastgarde ein wenig abgesondert von den anderen Quartieren liegen.

Erst wurden wir jedoch noch in ein anderes Büro geführt, wo wir gewogen, gemessen und fotografiert wurden. Dafür hatten sie ein vollautomatisches Gerät, das fünf Kopien gleichzeitig in fünf verschiedenen Regierungsbüros produzierte. Zwei davon liegen in anderen Städten, die viele Meilen weit entfernt sind. Im Hauptwachraum des Palastes wurden wir dann dem diensthabenden Offizier übergeben.

Auch der fragte uns noch einmal kurz aus, und endlich schickte er uns mit einem Soldaten zu unserem Quartier. Es lag im zweiten Stock des Palastes in einem Flügelturm an der Rückseite des Gebäudes. Wir fragten unseren Führer, weshalb wir so weit weg vom Wachraum wohnen sollten, und er gab uns zur Antwort, die älteren Wachsoldaten hätten es sich zu schlechter Gewohnheit gemacht, mit Anwärtern Streit anzufangen, um deren Metall zu gewinnen. Dabei habe es sehr viele Todesfälle gegeben, so daß es immer schwieriger wurde, ausreichend viele Anwärter für die Palastwache zu bekommen. Deshalb hatte Salensus Oll verfügt, daß die Anwärterunterkünfte von den übrigen Wohnungen der Garde getrennt werden müßten. Sie seien verschlossen und vor Angriffen der Garden gesichert.

Das war keine erfreuliche Information, und wir mußten wohl unsere Pläne noch einmal überprüfen, da wir ja praktisch Gefangene im Palast des Salensus Oll waren, bis er Zeit hatte, uns persönlich seiner Tauglichkeitsprüfung zu unterziehen.

Und wir hatten gehofft, in dieser Zwischenzeit unsere Suche nach Dejah Thoris und Thuvia von Ptarth vorantreiben zu können! Sehr bekümmert und niedergeschlagen hörten wir das Schloß einschnappen, als unser Führer uns verlassen hatte, nachdem wir in die Stube geschoben worden waren, die wir bewohnen sollten.

Ich schaute Thuvan Dihn an, und mein Gefährte schüttelte untröstlich den Kopf. Traurig ging er zu einem der Fenster.

Er hatte noch kaum einen Blick nach draußen geworfen, als er mich zu sich rief.

»Schau mal!« sagte er aufgeregt und deutete in den Hof hinunter. Und da sah ich, als ich der Richtung seines Fingers folgte, zwei Frauen im geschlossenen Garten auf und ab gehen.

Selbstverständlich erkannte ich sie sofort – es waren Dejah Thoris und Thuvia von Ptarth!

Da waren die beiden Frauen, denen ich von einem Pol zum anderen gefolgt war, und nur fünf Meter Raum und ein paar Gitterstäbe trennten mich von ihnen.

Mit einem Schrei zog ich ihre Aufmerksamkeit auf mich, und als Dejah Thoris aufschaute, sah sie mir direkt in die Augen. Ich machte ihr jenes Zeichen der Liebe, das bei den Männern von Barsoom für die geliebte Frau üblich ist.

Zu meinem Erstaunen und Entsetzen warf sie den Kopf zurück, und um ihren feingezeichneten Mund lag ein Zug schlimmster Verachtung. Und dann wandte sie mir sogar den Rücken zu. Mein Leib ist mit den Narben aus tausend Kämpfen bedeckt, aber nie in meinem ganzen Leben hat mich etwas so unendlich geschmerzt wie der verächtliche Blick jener Frau, die ich zutiefst liebte.

Stöhnend wandte ich mich ab und begrub mein Gesicht in meinen Armen. Ich hörte, wie Thuvan Dihn laut nach Thuvia rief, aber einen Augenblick später wurde mir klar, daß er ebenso verblüfft und verwirrt war wie ich. Auch er war von seiner Tochter zurückgestoßen worden.

»Nicht einmal hören wollen sie!« rief er. »Sie haben die Hände über ihre Ohren gelegt und sind zum anderen Ende des Gartens gelaufen. Hast du von so einem Wahnsinn schon gehört? Sie müssen verhext worden sein!«

Nach einer Weile brachte ich doch wieder soviel Mut auf, daß ich zum Fenster zurückkehren konnte, denn ich liebte sie, auch wenn sie von mir nichts wissen wollte, und ich konnte meine Augen einfach nicht von ihrem lieblichen Gesicht und ihrer göttlichen Gestalt abwenden; doch als sie mich wieder sah, drehte sie sich erneut um. Ich wußte nicht mehr, was ich von ihr halten sollte. Daß auch Thuvia sich gegen ihren Vater gewandt hatte, erschien mir ebenso unglaublich. Konnte es denn sein, daß meine unvergleichlich gute und kluge Prinzessin noch immer dem alten Aberglauben anhing, von dem ich ihre Welt zu befreien versucht hatte? War es möglich, daß sie mich verachtete, weil ich vom Tal Dor zurückgekehrt war oder weil ich die Tempel und die Personen der Heiligen Therns entweiht hatte? Ich konnte mir einfach ihr seltsames Benehmen nicht erklären; die Tatsache als solche mußte ich freilich hinnehmen. Und doch war die Liebe der Dejah Thoris für John Carter das größte Wunder seines Lebens, und sie stand noch immer über allen Rassenunterschieden und hatte nichts mit Religion oder materiellen Dingen zu tun. Ziemlich traurig folgte ich ihr mit meinen Blicken. Da öffnete sich am anderen Ende des Gartens eine Tür, und ein Mann trat ein. Er drückte dem Gelben Wächter am Tor etwas in die Hand, aber die Entfernung war so groß, daß ich nicht sehen konnte, ob es Geld und wieviel es war. Dem zufriedenen Gesicht des Wächters war allerdings zu entnehmen, daß das, was er bekommen hatte, nicht wenig war. Der Wächter war also bestochen worden, und als er sich zu den beiden Frauen umwandte, wußte ich auch, wer es war – kein anderer als Thurid, der schwarze Dator der Erstgeborenen.

Er trat sehr nahe zu ihnen, bevor er sprach, und ich sah auch, daß Dejah Thoris zurückschrak, als sie seine Stimme hörte. Auf seinem Gesicht lag ein hämisches Grinsen, als er erneut zu ihr sprach. Ich konnte seine Worte nicht verstehen, wohl aber einwandfrei deutlich ihre Antwort.

»Die Großtochter von Tardos Mors kann immer sterben«, erwiderte sie, »aber um den Preis leben, den du nennst, das könnte sie nie.«

Dann fiel der schwarze Schurke vor ihr auf die Knie und kroch im Staub vor ihr herum, als er sie anflehte. Nur wenig von dem, was er so von sich gab, konnte ich verstehen, denn er schien vor Leidenschaft und Erregung zu stottern oder sonst undeutlich zu reden. Und dann wagte er vermutlich auch nicht, mit normaler Stimme zu sprechen, da man ihn ja dann hören könnte.

»Ich will dich ja vor Matai Shang retten«, sagte er. »Du kennst das Schicksal, das dich von seinen Händen erwartet. Willst du nicht lieber mich wählen als dieses Schicksal?«

»Ich wähle keines von beiden«, erwiderte Dejah Thoris. »Selbst wenn ich frei wäre zu wählen, würde ich es nicht tun, und du weißt recht gut, daß ich nicht frei bin.«

»Du bist frei!« schrie er. »John Carter, Prinz von Helium, ist tot!«

»Ich weiß es besser. Doch selbst wenn er tot wäre und ich einen anderen Mann zum Gefährten wählen müßte, dann wäre mir ein Baummann oder selbst ein großer weißer Affe noch lieber als Matai Shang oder du, du schwarzer Schurke«, antwortete sie voll Verachtung.

Dieser elende Kerl verlor nun alle Selbstbeherrschung. Mit einem gemeinen Fluch warf er sich auf die zierliche Frau und griff mit seinen brutalen Händen nach der zarten Kehle meiner Dejah Thoris. Thuvia schrie und kam ihrer Mitgefangenen zu Hilfe, und in diesem Moment wurde auch ich vor Zorn ganz irr, so daß ich in meiner unbändigen Wut so heftig an den Gitterstäben meines Fensters rüttelte, daß ich sie aus ihren Verankerungen riß, als wären es dünne Kupferdrähte. Ich sprang durch die Fensteröffnung und rannte in den Garten, und dann war ich mit einem von meiner irdischen Muskelkraft diktierten Sprung über dem schwarzen Schurken, der meiner Dejah Thoris die Kehle zudrückte. Ich sagte kein Wort, sondern riß ihm nur seine gemeinen Pranken vom schönen Hals meiner Prinzessin, und dann holte ich aus und warf ihn durch die Luft, daß er etwa zehn Meter weiter auf den Boden schlug.

Thurid schäumte vor Wut, als er auf die Beine kam und mich wie ein wahnsinnig gewordener Bulle angriff. »Gelber Mann«, schrie er, »du scheinst nicht zu wissen, an wen du deine häßlichen Hände legst, aber ehe ich mit dir fertig bin, wirst du wissen, was es heißt, einen Erstgeborenen zu beleidigen!«