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Du hast mir gesagt, daß eine gewisse Ankündigung das beste Mittel zur Verurteilung dieses Gefangenen sei und mir gleichzeitig die Erfüllung meines sehnlichsten Herzenswunsches ermöglicht.«

Thurid nickte.

»Dann will ich jetzt vor meinen versammelten Edlen diese Ankündigung machen«, fuhr Salensus Oll fort »Seit einem Jahr sitzt keine Königin mehr auf dem Thron neben mir, und es gefällt mir nun, ein Weib zu nehmen, von dem man sagt, es sei die schönste Frau von ganz Barsoom. Niemand wird dieser Behauptung widersprechen können.

Edle von Okar, zieht eure Schwerter und erweist Dejah Thoris, der Prinzessin von Helium und künftigen Königin von Okar, die gebührende Ehre, denn am Ende der üblichen zehn Tage wird sie die Gemahlin von Salensus Oll werden.«

Die Edlen zogen ihre Schwerter und hoben sie einer uralten Sitte gemäß hoch über ihre Köpfe. Dejah Thoris aber sprang auf, hob beschwörend die Hand und rief laut, daß sie sich dagegen zur Wehr setze.

»Ich will nicht die Gemahlin von Salensus Oll werden, denn ich bin schon Frau und Mutter. John Carter, Prinz von Helium, lebt noch. Ich weiß, daß er lebt, denn ich hörte eine Unterhaltung zwischen Matai Shang und seiner Tochter Phaidor mit an. Matai Shang erzählte seiner Tochter, er habe ihn in Kaor am Hof von Kulan Tith, Jeddak, gesehen. Ein Jeddak heiratet keine verheiratete Frau, und Salensus Oll wird es nicht wagen, so sehr gegen alle Ehegesetze zu verstoßen.«

Salensus Oll wandte sich an Thurid, und sein Blick gefiel mir gar nicht.

»Ist das die Überraschung, die du mir bereiten wolltest?« schrie er.

»Du hast mir versichert, jenes Hindernis, das zwischen mir und jener Frau steht, sei leicht zu beseitigen, und jetzt finde ich, daß es ausgerechnet unüberwindlich ist. Was hast du dazu zu sagen, Mann?«

»Und wenn ich dir John Carter in die Hände liefere, Salensus Oll, würdest du dann nicht auch sagen, daß ich mein dir gegebenes Versprechen mehr als ausreichend erfüllt habe?« antwortete Thurid.

»Sprich nicht wie ein Narr!« fauchte ihn der wütende Jeddak an. »Ich bin kein Kind, mit dem man spielen könnte!«

»Ich spreche nur wie ein Mann, der weiß, was er sagt«, antwortete Thurid. »Und ich weiß wirklich, daß ich das tun kann, was ich versprochen habe.«

»Nun, dann liefere mir John Carter doch innerhalb von zehn Tagen aus, oder du selbst hast jenes Ende zu erleiden, das ich ihm zudenken würde, befände er sich in meiner Gewalt«, schnappte der Jeddak der Jeddaks und sah sehr finster drein.

»Du brauchst keine zehn Tage zu warten, Salensus Oll«, entgegnete Thurid. Dann wandte er sich zu mir um und deutete auf mich: »Hier steht John Carter, Prinz von Helium!«

»Du Narr!« brüllte Salensus Oll. »Narr! John Carter ist ein weißer Mann. Dieser Bursche hier ist ebenso gelbhäutig wie ich. John Carters Gesicht ist glatt, denn Matai Shang hat ihn mir genau beschrieben. Dieser Gefangene hat einen Kinn- und Schnurrbart, der ebenso groß, dicht und schwarz ist wie jeder andere in Okar. Schnell, Wächter, werft diesen schwarzen Irren in die Gruben, denn er opfert gerne sein Leben für einen schlechten Scherz an eurem Herrscher!«

»Halt!« rief Thurid und sprang vorwärts; ehe ich noch vermuten konnte, was er vorhatte, griff er nach meinem Bart und riß mir das ganze falsche Gebilde vom Gesicht und Kopf. Und darunter kam meine glatte, gebräunte Haut ebenso zum Vorschein wie mein kurzgeschnittenes schwarzes Haar.

Im nächsten Moment herrschte im Audienzsaal von Salensus Oll ein schrecklicher, chaotischer Tumult. Krieger zogen ihre Schwerter und drängten mir entgegen, weil sie fürchteten, ich könnte ihren Jeddak der Jeddaks umbringen wollen. Andere waren nur neugierig auf den Mann, dessen Name von einem Pol zum anderen eine Legende war, und sie drängten sich ebenfalls heran.

Als nun meine Identität enthüllt war, sprang Dejah Thoris auf, und ihr Gesicht drückte noch ungläubiges Staunen aus. Aber dann bahnte sie sich einen Weg durch die Masse Bewaffneter, und niemand vermochte sie aufzuhalten. Im nächsten Augenblick lag sie in meinen Armen, und aus ihren Augen leuchtete mir das Licht ihrer großen Liebe entgegen.

»John Carter! John Carter!« jubelte sie, als ich sie an meine Brust drückte, und mit einem Schlag wurde mir nun klar, weshalb sie im Garten neben dem Turm nichts von mir hatte wissen wollen. Welch ein Narr war ich doch gewesen! Wie konnte ich vernünftigerweise erwarten, daß sie mich unter meiner großartigen Maskierung erkennen würde, mit der sich der Barbier von Marentina soviel Mühe gegeben hatte? Erkannt hatte sie mich nicht, das war alles. Und als sie das von einem Fremden gemachte Liebeszeichen sah, fühlte sie sich beleidigt, und mit Recht. Ach, welch ein Narr war ich doch gewesen!

»Dann warst also du es, der mit mir vom Turm aus sprach!« rief sie.

»Wie konnte ich ahnen, daß mein geliebter Virginier sich unter einem finsteren Bart und hinter einer gelben Haut versteckte?«

Der Name ›Virginier‹ war einer ihrer liebevollsten Kosenamen für mich. Sie wußte, daß ich ihn sehr liebte und mich immer danach sehnte, ihn von ihren reizenden Lippen und ihrer sanften Stimme gesprochen zu hören. Und als ich ihn nach diesen unendlich langen Jahren nun wieder vernahm, verschleierten Tränen meine Augen, und ich vermochte kaum zu sprechen, so sehr war ich gerührt. Ich hielt die geliebte Frau noch immer fest an mich gedrückt, als der vor Wut rauchende Salensus Oll sich zu uns durchdrängte.

»Ergreift diesen Mann!« brüllte er, und zahlreiche Kriegerhände rissen uns auseinander.

Nun, den Edlen von Okar tat es gut, John Carter zu entwaffnen, denn mindestens ein Dutzend von ihnen spürten meine harten Fäuste, und niemand konnte mich daran hindern, mir den Weg zum Thron freizukämpfen, wohin Salensus Oll Dejah Thoris geschleppt hatte. Dann waren aber nicht viel weniger als hundert Krieger über mir, und ich ging kämpfend zu Boden. Ehe sie mich jedoch bewußtlos geschlagen hatten, hörte ich jene Worte von Dejah Thoris’ Lippen, die mich für alles Leiden entschädigten.

Sie stand neben dem riesigen Tyrannen, der ihren Arm umklammert hatte und deutete auf mich, der ich allein gegen eine übergroße Übermacht kämpfte.

»Glaubst du, Salensus Oll«, rief sie, »daß es die Frau eines solchen Mannes je danach gelüsten könnte, sein Andenken zu entehren und einen geringeren Sterblichen zu ehelichen, und wäre er auch tausendmal tot? Gibt es auf einer der Welten noch einen zweiten John Carter, Prinz von Helium? Ist es möglich, daß noch irgendwo ein anderer Mann lebt, der sich so wie er durch eine kriegerische Welt kämpft, sich wilden Tieren und Horden wilder Menschen stellt und das alles nur aus Liebe zu einer Frau?

Ich, Dejah Thoris, Prinzessin von Helium, bin sein. Er hat um mich gekämpft und mich gewonnen. Bist du ein tapferer Mann, dann wirst du auch seine Tapferkeit ehren und ihn nicht töten. Mach ihn zu einem Sklaven, Salensus Oll, wenn du unbedingt willst, aber schone sein Leben. Ich wäre lieber neben ihm eine Sklavin als neben dir die Königin von Okar.«

»Weder Sklavin noch Königin diktiert einem Salensus Oll«, erwiderte der Jeddak der Jeddaks. »John Carter soll eines natürlichen Todes in der Grube des Überflusses sterben, und am Tag seines Todes wird Dejah Thoris meine Königin.«

Ihre Antwort vernahm ich nicht mehr, denn man versetzte mir einen solchen Schlag auf den Kopf, daß ich das Bewußtsein verlor. Als ich wieder zu mir kam, waren nur noch ein paar Wächter bei mir im Audienzsaal, die ihre Schwertspitzen auf mich gerichtet hatten und mir befahlen, aufzustehen.

Dann führte man mich durch lange Korridore in einen Hof, der fast im Mittelpunkt des Palastgeländes lag.

In der Mitte dieses Hofes war eine tiefe Grube, an deren Rand sechs Wächter mich erwarteten. Einer von ihnen hatte ein langes Seil in den Händen.

Wir waren etwa noch fünfzig Meter von diesen Männern entfernt, als ich plötzlich ein merkwürdiges Prickeln in einem meiner Finger spürte. Erst war ich sehr verblüfft darüber, doch dann fiel mir die Gabe des Prinzen Talu von Marentina ein, jener Ring, den ich im Tumult meiner Abenteuer fast vergessen hatte.