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Eine sorgfältige Prüfung des Seilendes brachte mich zur Überzeugung, daß es mit einem scharfen Instrument abgeschnitten worden war. Diese Tatsache und der Hinweis darauf, daß jenseits der Knoten Gefahr liege, ließ mich annehmen, daß es abgeschnitten worden war, nachdem es mein Freund zu meiner Führung ausgelegt hatte. Ich war nur an einem einzigen Knoten vorbeigekommen, während mein Freund ausdrücklich im Plural sprach und deshalb zwei oder mehr Knoten dagewesen sein mußten.

Jetzt steckte ich wieder einmal in einer richtigen Klemme. Ich wußte ja nicht, welchem Gang ich folge sollte oder welche Gefahr meiner wartete. Da ich nicht damit gewann, wenn ich blieb, wo ich war, mußte ich einem der Korridore folgen.

Ich wählte den mittleren und drang mit einem Gebet auf den Lippen in die dunkle Tiefe vor.

Der Tunnel stieg sofort ziemlich steil an, und dann endete er abrupt vor einer Tür.

Durch diese Tür konnte ich nichts hören. Schnell entschlossen wie immer stieß ich sie also weit auf und stand in einem Raum, in dem sich viele Gelbe Krieger befanden.

Der erste, der mich sah, riß erstaunt die Augen auf, und gleichzeitig spürte ich wieder jenes rasche Prickeln an meinem Finger, das mir die Anwesenheit eines Ringfreundes anzeigte.

Auch andere sahen mich nun, und eine allgemeine Bewegung ging nun durch sie, als wollten sie Hand an mich legen. Die Männer gehörten nämlich alle der Palastwache an, und mein Gesicht war ihnen gut bekannt.

Der erste, der mich erreichte, war der Ringträger. »Ergib dich mir«, flüsterte er mir zu und rief dann mit lauter Stimme: »Du bist mein Gefangener, Mann mit der weißen Haut!« Und dann drohte er mir mit seinen beiden Waffen.

Und so ergab sich also John Carter, Prinz von Helium, wie ein Schwächling einem einzigen Gegner. Die anderen bildeten nun einen Kreis um uns, stellten eine Menge Fragen, die ich zu beantworten ablehnte, und schließlich erklärte mein – was war er eigentlich? Sieger kann ich ihn ja nicht nennen, und mein Gefangenenwärter war er ja auch nicht. Jedenfalls erklärte der Mann, dem ich mich ergeben hatte, er müsse mich nun sofort in meine Zelle zurückbringen. Ein Offizier stellte noch ein paar weitere Krieger zu unserer Begleitung ab, und dann waren wir auch schon auf dem Weg dorthin, woher ich gekommen war. Mein Freund ging ganz nahe neben mir und stellte eine ganze Menge törichter Fragen über das Land, aus dem ich gekommen sei, bis seine Kameraden gar nicht mehr auf ihn und sein dummes Geplapper hörten.

Er hatte anfangs mit lauter Stimme gesprochen, war aber nach und nach immer leiser geworden, so daß es kein Aufsehen erregte, als er schließlich mit mir flüsterte. Das war eine äußerst geschickte List und bewies, wie wenig sich Talu in der Intelligenz des Mannes und in seiner Eignung für die gefahrvolle Aufgabe, die ihm gestellt war, getäuscht hatte.

Als die anderen überhaupt nicht mehr zuhörten und er sich davon überzeugt hatte, wollte er wissen, weshalb ich nicht dem Seil gefolgt sei, und da erzählte ich ihm, daß es an der Stelle, wo die fünf Korridore zusammenliefen, geendet hatte, und er vermutete, jemand müsse es wohl abgeschnitten haben, weil er gerade ein Stück Schnur brauchte, denn »diese dummen Kadabraner wären nie darauf gekommen, welchen Zweck dieses Seil hatte«, wie er sagte. Ehe wir die Stelle erreichten, an der die fünf Korridore sich vereinigten, war es meinem Freund gelungen, zusammen mit mir das Ende der Kolonne zu erreichen, und die anderen waren alle vor uns.

»Lauf in den ersten Gang rechts hinein«, flüsterte er mir zu, als wir unmittelbar vor den Korridoren standen. »Er führt zum Wachtturm an der Südmauer. Ich werde deine Verfolgung im nächsten Gang aufnehmen. Damit versetzte er mir einen aufmunternden Stoß, der mich ein Stück in den dunklen Gang hinein beförderte, und gleichzeitig tat er einen lauten Schmerzensschrei und warf sich so auf den Boden, als habe ich ihn zusammengeschlagen und sei dann entwischt. Die Stimmen der erregten Palastwachen hallten die Korridore entlang, aber sie wurden sehr schnell schwächer, als Talus Spion mit ihnen einen falschen Gang in meiner Verfolgung entlang rannte. Und ich rannte im dunklen Gang unter dem Palast von Salensus Oll um mein Leben. Ich muß ein recht seltsamer Anblick gewesen sein, denn sicher war ich noch recht blaß, weil ja der Tod praktisch noch immer neben mir her lief, aber gleichzeitig lachte ich breit, wenn ich an die Hilfsbereitschaft und den Einfallsreichtum meines namenlosen Freundes dachte, dem ich mein Leben verdankte.

Ja, das ist der Stoff, aus dem auch die Männer von meinem geliebten Helium gemacht sind. Wann immer ich einen Mann dieser Art treffe, egal welcher Rasse oder Farbe er ist, dann geht mein Herz ihm entgegen, wie es dies bei meinem neuen, heldenhaften Freund aus Marentina tat, der nur deshalb für mich Unbekannten sein eigenes Leben riskierte, weil ich das Gegenstück zu seinem Ring am Finger trug, die sein Herrscher und mein prinzlicher Freund uns an die Finger gesteckt hatte.

Der Korridor, durch den ich rannte, verlief ein langes Stück ganz gerade und endete am Fuß einer Spiralrampe, die mich in eine runde Kammer im Erdgeschoß eines Turmes brachte.

Hier arbeiteten etwa ein Dutzend Roter Männer als Sklaven. Sie polierten oder reparierten Waffen der Gelben. An den Wänden standen lange Schwertständer für gerade und Hakenschwerter, Speere und Dolche. Ich schien also in einem Arsenal gelandet zu sein, und nur drei Krieger bewachten die Sklaven.

Mit einem Blick überschaute ich den ganzen Raum. Hier gab es Waffen in Hülle und Fülle! Und hier waren auch kräftige, sehnige Rote Krieger, die mit ihnen umzugehen verstanden.

Und John Carter, Prinz von Helium, brauchte jetzt sowohl Waffen als auch Krieger.

Als ich den Raum betrat, sahen Sklaven und Wächter gleichzeitig auf. Unmittelbar neben dem Eingang befand sich ein Ständer mit geraden Schwertern, und als sich meine Hand um den Schwertgriff schloß, der sich fast sofort und von selbst meinen Fingern anbot, fiel mein Blick auf die Gesichter zweier Männer, die nebeneinander arbeiteten. Einer der Wächter trat mir entgegen. »Wer bist du?« fragte er. »Und was hast du hier zu suchen?«

»Ich komme um Tardos Mors, Jeddak von Helium, und seinen Sohn Mors Kajak zu holen!« schrie ich und deutete auf die beiden Gefangenen, die sofort aufgesprungen waren und mich aus großen, fassungslosen Augen musterten.

»Erhebt euch, Rote Männer! Ehe wir sterben, werden wir im Palast des Tyrannen von Okar noch eine Erinnerung zurücklassen, die für ewig in den Annalen von Kadabra zur Ehre und Glorie von Helium stehen wird!«

Ich hatte nämlich gesehen, daß alle Gefangenen Angehörige von Tardos Mors’ Flotte waren.

Dann waren die ersten Wächter über mir, und der Kampf war in schönstem Gang, als ich bemerkte, daß alle Roten Sklaven an den Fußboden gekettet waren.

13. Der Magnetschalter

Die Wachmänner gaben nicht im geringsten acht auf die Sklaven, denn die Roten Männer konnten sich keine zwei Fuß weit von den großen Ringen entfernen, an die sie mit kurzen Ketten gefesselt waren, obwohl jeder von ihnen die Waffe in der Hand hielt, an der er gerade gearbeitet hatte; und jedem war anzusehen, daß er nur allzu gerne in den Kampf eingegriffen hätte.

Die Gelben wandten ihre ganze Aufmerksamkeit mir zu, und trotzdem mußten sie sehr bald erkennen, daß sie zwar zu dritt, aber keineswegs zuviele waren, um das Arsenal gegen John Carter zu verteidigen. Ich wollte, ich hätte an jenem Tag mein eigenes Langschwert gehabt, das mir so gut in der Hand lag, aber ich glaube, auch mit den mir nicht sehr vertrauten Waffen der Gelben machte ich ihnen das Leben ziemlich schwer.

Anfangs war es für mich nicht ganz einfach, dem Hakenschwert auszuweichen, das die drei schwangen, aber nach ein paar Minuten war es mir gelungen, von einem der Ständer an der Wand ein zweites gerades Schwert herunterzureißen, und nun fühlte ich mich hinreichend bewaffnet.

Die drei drangen natürlich sofort auf mich ein, und hätten sie ein bißchen mehr Glück gehabt, dann wäre mein Ende recht nahe gewesen. Der vorderste machte einen heftigen Ausfall mit dem Hakenschwert gegen meine Seite, nachdem sie mich fast ganz an die Wand gedrängt hatten, aber ich wich seitlich so schnell aus, daß seine Waffe kaum mehr meinen erhobenen Arm streifte, aber mit voller Wucht in einen langen Speerständer sauste, und dort verfing sich der Haken. Ehe er ihn aus dem Durcheinander lösen konnte, hatte ich ihn schon mit meinem Schwert die Brust durchbohrt. Und dann bediente ich mich wieder einmal meiner alten, bewährten Taktik. Mit blitzschnellen Hieben und Stößen trieb ich sie vor mir her, bis sie an ihre Deckung überhaupt nicht mehr dachten. Aber da hatte ich sie schon das Fürchten gelehrt.