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Das Arsenal im Erdgeschoß des Turms war ganz leer und verlassen denn die Okarianer waren längst in den Hof geflohen, und so sah also keiner, daß ich den Spiralweg zum darunterliegenden Geschoß weiterrannte.

Ich lief so schnell wie meine Beine mich trugen den Korridor entlang zu jener Stelle, wo die fünf Korridore abzweigten und wählte den Gang, der zum Raum des alten habgierigen Mannes führte. Ich schenkte mir die Formalität des Anklopfens und stürmte hinein. Am Tisch saß der alte Mann; als er mich sah, sprang er auf und zog sein Schwert.

Ich warf ihm nur einen flüchtigen Blick zu und rannte zum Schalter; so schnell ich auch war, der alte Mann war vor mir dort. Wie er das gemacht hatte, kann ich nicht sagen, denn kein auf dem Mars heimisches Lebewesen kann sich mit jener wundervollen Geschwindigkeit bewegen, die ein Vorteil meiner irdischen Muskeln ist. Wie ein Tiger fauchte er mich an, und ich verstand recht gut, weshalb man ausgerechnet Solan für diese wichtige Aufgabe ausgewählt hatte.

Nie im Leben ist mir ein solcher Schwertkämpfer begegnet, und eine solche Beweglichkeit, wie sie der greise Knochensack zeigte, war mir unbegreiflich. Er war gleichzeitig an vierzig Stellen, und ehe ich noch eine Möglichkeit gefunden hatte, mich auf ihn als Gefahr einzustellen, hatte er schon einen Affen aus mir gemacht, fast schon einen toten Affen.

Es ist doch immer recht merkwürdig, wie überraschende Bedingungen Fähigkeiten mobilisieren, die man gar nicht zu haben glaubte. An jenem Tag erfuhr ich nämlich, was Schwertkampf heißt und welche Meisterschaft ich erreichen konnte, wenn ich gegen einen so alten, ausgekochten Zauberer der Klinge wie Solan anzutreten hatte. Fast schien es, als könne er mich besiegen, aber dann wurden auch in mir eine Menge Möglichkeiten lebendig, die vorher geschlafen zu haben schienen. Ich focht, wie ich nie geglaubt hätte, daß ein menschliches Wesen fechten kann. Daß dieses königliche Duell ausgerechnet in einem Kellerraum gekämpft wurde, tat mir schrecklich leid, denn gerade dieser Kampf hätte eine große Zuschauermenge von Kennern verdient, die ihn zu würdigen verstanden hätten. Aber so geht es doch häufig und anscheinend auf allen Welten die größten, wunderbarsten Leistungen werden selten in angemessener Umgebung vollbracht. Und dabei wäre doch ein solches Ereignis auf Barsoom, dem Planeten blutigster Kämpfe, am fachkundigsten bewundert worden.

Ich kämpfte also, um den Schalter zu erreichen, Solan, um dies zu verhüten. Obwohl wir kaum mehr als einen Meter davon entfernt kämpften, kam ich keinen Fingerbreit vorwärts; er konnte mich aber ebenso wenig zurückdrängen, wenigstens nicht während der ersten fünf Minuten des Kampfes.

Dabei wußte ich aber genau, daß ich in den nächsten Sekunden diesen Schalter umgelegt haben mußte, wenn ich die Flotte von der Vernichtung retten wollte. Ich griff also wieder einmal auf eine alte Taktik zurück und stürmte voran; ebenso gut hätte ich gegen eine dicke, solide Ziegelwand stürmen können, so stur hielt Solan seinen Grund.

Einmal war ich sogar nahe daran, von ihm aufgespießt zu werden, doch das Recht war schließlich auf meiner Seite, und ich glaube noch immer, daß dieses Bewußtsein einem Mann ein ungeheures Selbstvertrauen verleiht, jedenfalls ein viel größeres als wenn man weiß, daß man für eine ungerechte Sache kämpft.

Als ich das nächste Mal gegen Solan anrannte, tat ich das mit neu aufpoliertem Selbstvertrauen, und jetzt blieb ihm nichts anderes mehr übrig, als sich meiner Taktik unterzuordnen. Das hatte zur Folge, daß ich innerhalb weniger Sekunden in Reichweite des Schalters kam. Wenn ich nun auf die Deckung meines Schwertes verzichtete und meine Brust seinem Schwert darbot, dann beschwor ich einen raschen Tod herauf; ich sah jedoch keine andere Möglichkeit und mußte es wagen, weil ich nur so die heranrasende Flotte zu retten vermochte. Ich verrenkte mich also ziemlich und stieß mit meiner Schwertspitze so gegen den Schalter, daß er aus seiner bisherigen Stellung gerissen wurde.

So erstaunt und entsetzt war Solan darüber, daß er vergaß, den tödlichen Stoß gegen meine Brust zu führen und laut schreiend den Schalter wieder in die alte Stellung zurückzudrehen versuchte; doch er hatte noch nicht einmal die Hand richtig danach ausgestreckt, als ihm schon meine Schwertspitze das Herz durchbohrte.

14. Die Wogen des Kampfes

Aber Solans letzter lauter Schrei war nicht ganz zwecklos gewesen. Einen Moment später barst eine Gruppe von mindestens zehn Mann Palastwachen in den Raum. Es war mir gerade noch gelungen, den Schalter soweit zu verderben, daß man ihn nicht so ohne weiteres mehr in die alte Stellung zurückdrehen konnte. Der Magnet der Zerstörung war also mindestens für einige Zeit unwirksam gemacht. Die Ankunft der Palastwachen hatte mich gezwungen, mich im erstbesten Korridor zu verstecken, den ich erreichen konnte, aber leider war es keiner von denen, die ich schon kannte.

Die Soldaten mußten gehört oder gesehen haben, wohin ich verschwunden war, denn ich war erst ein kurzes Stück weitergekommen, als ich Verfolger hinter mir hörte. Ich hatte keine Lust, mich mit einem Kampf gegen diese Männer aufhalten zu lassen, da doch überall in der ganzen Stadt Kadabra Kämpfe stattfanden, mit denen für meine Leute und mich viel mehr erreicht werden könnte, als mit dem nutzlosen Abschlachten dieser Männer in einem Korridor unter dem Palast.

Sie kamen mir aber immer näher und kannten ja auch den Weg. Bald mußten sie mich also einholen, außer ich fand einen Platz, an dem ich mich verstecken konnte, bis sie vorüber waren. Dann konnte ich auf dem kürzesten Weg entweder zum Turm zurückkehren, oder auch einen Ausgang zur Stadt finden.

Der Korridor war sehr steil angestiegen, verlief aber nun eben, gerade und hell erleuchtet soweit ich sehen konnte. Sobald meine Verfolger dieses gerade Stück erreichten, sahen sie mich ja, und ich hatte keine Aussicht mehr, ihnen unentdeckt zu entkommen.

Zum Glück entdeckte ich eine ganze Reihe von Türen, die an beiden Korridorseiten lagen, und alle sahen gleich aus. Ich versuchte es mit der ersten Tür, durch die ich in ein kleines, sehr luxuriös eingerichtetes Zimmer kam; es schien das Vorzimmer eines Audienzsaales oder eines anderen offiziellen Raumes zu sein.

Dieser Tür gegenüber war eine andere Tür, an der schwere Vorhänge hingen. Dahinter vernahm ich das Summen von Stimmen. Ich huschte sofort hinüber, schob die Vorhänge auseinander und schaute in einen großen Raum hinein.

Etwa fünfzig prächtig gekleidete Edelmänner und Hofleute standen vor dem Thron, auf dem Salensus Oll saß. Der Jeddak der Jeddaks sprach zu den Edelleuten:

»Die Stunde ist nun gekommen, und wenn auch die Feinde in den Mauern Okars sind, so wird doch nichts und niemand Salensus Oll daran hindern können, seinen Willen durchzusetzen. Die große Zeremonie muß entfallen, damit nicht ein Mann unnötig der Verteidigung entzogen wird. Nur die fünfzig Edelleute, welche von unseren Gebräuchen vorgeschrieben sind, werden Zeugen sein dafür, daß Okar eine neue Königin erhält.

Diese kleine Zeremonie wird uns nicht lange aufhalten, so daß wir in den Kampf zurückkehren können. Sie, die jetzt noch die Prinzessin von Helium ist, wird dann vom Turm der Königin herabschauen und Zeugin der Niederlage ihrer früheren Landsleute werden. Dann wird sie erst die Größe ihres Gatten erkennen.«

Nun wandte er sich an einen Höfling, dem er etwas zuflüsterte. Der Mann eilte zu einem kleinen Tor am entgegengesetzten Ende des Raumes und öffnete es weit. »Weg frei für Dejah Thoris, die künftige Königin von Okar!« rief er laut.

Zwei Mann der Leibgarde erschienen, welche die unfreiwillige Braut zum Altar zerrten. Ihre Hände waren ihr noch am Rücken gefesselt, damit sie keinen Selbstmordversuch unternehmen konnte. Ihr Haar war ungeordnet und ihr Busen wogte. Offensichtlich hatte sie sich trotz der Fesselung erbittert zur Wehr gesetzt.