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Sie taten nur einen schnellen Blick. Entsetzt sahen sie den Leichnam von Salensus Oll, dessen Blut den Boden rot gefärbt hatte, und sie sahen auch die zahlreichen Leichen der Edlen, die im Kampf mit mir gefallen waren, und dann beobachteten sie ein paar Augenblicke lang den Kampf, der an der anderen Tür sich abspielte.

Sie versuchten nicht einmal den Saal zu betreten, sondern schauten nur schnell in alle Ecken. Plötzlich veränderte sich die Miene von Matai Shang zu einer Maske kalter Wut, und Phaidors Lippen umspielte ein kaltes, spöttisches Lächeln.

Dann waren sie wieder verschwunden, aber ich hörte noch, wie Phaidor höhnisch lachte.

Den Grund von Matai Shangs Wut oder Phaidors höhnischer Freunde begriff ich nicht, nur das eine wußte ich, daß beides nichts Gutes für mich zu bedeuten hatte.

Im nächsten Augenblick hockte ich schon auf den Rücken der Gelben Männer, und als die Roten Männer von Helium mich über den Schultern ihrer Feinde sahen, ertönte ein gewaltiger Kampfschrei, in dem jeder andere Lärm unterging.

»Für den Prinzen von Helium!« schrien sie. Und wie hungrige Löwen über ihre Beute herfallen, so fielen sie voll neugestärkter Kampfeslust über die nun allmählich schwächer werdenden Krieger des Nordens her.

Die Gelben standen nun zwischen zwei Feinden und kämpften mit der Verzweiflung der Hoffnungslosen. An ihrer Stelle hätte ich ebenso gekämpft, wenn auch nur aus dem Grund, daß ich möglichst viele Feinde mitnehmen wollte, wenn ich selbst schon sterben müßte. Es war ein glorreicher Kampf, eine richtige Schlacht im Kleinformat. Der Ausgang schien ganz eindeutig festzustehen, als plötzlich aus dem Korridor hinter den Roten Kriegern eine große Formation Gelber heranstürmte.

Jetzt wendete sich das Blatt, und die Männer von Helium schienen jene zu sein, die zwischen zwei Mühlsteine geraten waren. Sie mußten sich jetzt den weit überlegenen Angreifern zuwenden, so daß ich mich den Resten der Gelben im Hochzeitsraum nun allein gegenüber sah.

Ich hatte alle Hände voll zu tun, und ich machte mir schon ernsthaft Gedanken darüber, ob ich sie wirklich alle erledigen könnte. Langsam drückten sie mich immer weiter in den Raum hinein, und dann schloß und verriegelte einer die Tür; aber damit hatten sie auch Kantos Kan und seine Männer ausgeschlossen.

Das war ein raffinierter Schachzug, denn nun war ich der Gnade von einem Dutzend Verzweifelter und Wütender ausgeliefert; ich konnte von nirgends her Hilfe erwarten, aber auch meine Freunde hatten keine Fluchtmöglichkeit, falls die neuen Gegner allzu übermächtig waren.

Ich habe aber schon viel schwierigere Situationen erfolgreich durchgestanden als an jenem Tag, und ich wußte auch, daß Kantos Kan sich mit seinem Häuflein Männer durch hundert gefährliche Fallen und mehr gekämpft hatte. Deshalb kam es mir gar nicht in den Sinn, verzweifelt zu sein.

Nur an Dejah Thoris mußte ich immer wieder denken, und ich sehnte mich nach der Minute, da der Kampf zu Ende war und ich sie nach so langer Zeit wieder einmal in die Arme schließen konnte. Und dann würde sie mir jene Liebesworte zuflüstern, die ich so viele Jahre hatte entbehren müssen.

Während des Kampfes hatte ich nicht einmal für einen flüchtigen Blick dorthin Zeit gehabt, wo ich sie vermutete. Ich wunderte mich allerdings darüber, daß sie mich nicht mehr anfeuerte und daß sie auch die Hymne von Helium nicht mehr sang. Mir genügte allerdings das Wissen, für sie zu kämpfen, denn das mobilisierte meine besten Kräfte.

Es wäre sehr ermüdend, alle Einzelheiten dieser blutigen Schlacht zu schildern, wie wir uns durch die ganze Länge des Saales kämpften, bis endlich zu Füßen des Thrones mein Schwert das Herz des letzten Gegners durchbohrte.

Mit einem Freudenschrei drehte ich mich um, streckte die Arme aus und wollte meine Prinzessin an meine Brust drücken, meine Lippen auf die ihren pressen und von ihr den süßen Lohn für die beschwerlichen Abenteuer empfangen, die ich allein ihretwegen bestanden hatte, als ich ihr vom Süd- zum Nordpol folgte.

Aber der Freudenschrei erstarb auf meinen Lippen, und meine Arme fielen schlaff und wie lahm herunter. Wie einer, der unter der Bürde der Sterblichen zusammenbricht, taumelte ich die Stufen zum Thron hinauf.

Dejah Thoris war verschwunden.

15. Der Lohn

Etwas verspätet fiel mir nun ein, daß ich ja ganz flüchtig ein schwarzes Gesicht gesehen hatte, das zwischen den Portieren hinter dem Thron von Salensus Oll herausgespäht hatte.

Warum hatte mich dieses üble Gesicht nicht zu größerer Vorsicht gewarnt? Warum hatte ich mich während der – zugegeben – stürmischen Entwicklung der Dinge nicht um diese drohende Gefahr gekümmert? Es war müßig, jetzt reuige Überlegungen anzustellen, denn damit konnte ich dieses neue Problem nicht lösen. Wieder einmal war Dejah Thoris in die Klauen ihres Erzfeindes Thurid gefallen, in die des üblen schwarzen Prinzen der Erstgeborenen. Meine ganze mühsame Arbeit, alle Kämpfe waren umsonst gewesen. Und jetzt wußte ich auch, was der Ausdruck sinnloser Wut im Geten hatten.

Sie hatten die Wahrheit gekannt oder mindestens vermutet, und der Hektor der Heiligen Therns, der ja meine Prinzessin für sich selbst haben wollte, war in das Hochzeitsgemach gekommen, um Salensus Oll vermutlich an der, wie er sich selbst vorsagte, blasphemischen Perfidie gegen den Hohenpriester zu hindern. Und bei dieser Gelegenheit hatte er festgestellt, daß Thurid ihm den Preis vor der Nase weggestohlen hatte.

Phaidors Vergnügen bestand darin, daß sie den grausamen Schlag gegen mich genoß, und darin fand auch ihr eifersüchtiger Haß auf die Prinzessin von Helium Genugtuung.

Mein erster Gedanke war der, hinter die Wandverkleidungen und Portieren der Estrade zu schauen, denn dort hatte ich Thurid gesehen. Ich riß die kostbaren Wandgehänge von ihren Befestigungen, und nun sah ich dahinter eine schmale Tür.

Hier mußte Thurid mit seiner Beute entkommen sein, denn hier fand ich auch ein winziges, juwelenbesetztes Schmuckstück, das Dejah Thoris gehörte, denn es trug die Insignien der Prinzessin von Helium. Ich drückte meine Lippen auf dieses Kleinod und rannte den gewundenen schmalen Korridor entlang, der sanft zu den tiefergelegenen Galerien des Palastes abfiel.

Ich brauchte nicht lange zu gehen, bis ich zu dem Raum kam, in dem Solan Wache gehalten und gearbeitet hatte. Seine Leiche lag noch dort, wo sie gefallen war, nichts deutete darauf hin, daß in der Zwischenzeit jemand den Raum betrat. Trotzdem wußte ich, daß es zwei Personen waren: Thurid, der schwarze Prinz und Dejah Thoris. Unentschlossen blieb ich einen Augenblick stehen, denn ich wußte nicht, welchen der verschiedenen Ausgänge ich wählen sollte. Ich versuchte mich an das zu erinnern, was Thurid wiederholt hatte, als er bei Solan gewesen war, und ganz langsam, wie durch einen dichten Nebel, kamen die Weisungen Solans zurück, die er dem schwarzen Prinzen erteilt hatte.

»Durch jene Tür«, hatte Thurid zitiert und dabei auf ein Tor des großen Raumes gedeutet, »dann folge ich einem Korridor und gehe an drei davon rechts abzweigenden Korridoren vorbei. Im vierten gehe ich solange geradeaus weiter, bis ich dorthin komme, wo drei Gänge aufeinander treffen. Hier folge ich wieder dem rechten, halte mich aber sehr eng an die linke Wand, um nicht in die Grube zu fallen. Am Ende des Korridors komme ich zu einem Spiralgang, auf dem ich nach unten gehe, nicht nach oben. Dann führt der Weg weiter über einen Korridor ohne Abzweigungen.«

Sofort machte ich mich auf den Weg und achtete nicht einmal der Gefahren, die, wie ich doch wußte, dort lauern mochten.

Ein Teil dieses Weges war so schwarz wie die Sünde, aber der größte Teil davon war ausreichend oder gut beleuchtet. Die dunkelste Stelle war die, wo ich mich eng an die linke Wand halten mußte, um nicht in die Grube zu stürzen. Dazu hätte nicht viel gefehlt, denn fast wäre ich mir der Gefahr zu spät bewußt geworden.

Es führte nämlich nur eine schmale Leiste, die kaum von Fußbreite war, an dieser schrecklichen Höhle entlang, in die ein Unwissender unweigerlich fallen mußte. Ich atmete erleichtert auf, als ich glücklich drüben war, und dann geleitete mich ein schwacher Lichtschimmer, bis ich am Ende des letzten Korridors in gleißendes Sonnenlicht hinaustrat, das von Schnee und Eis zurückgeworfen wurde.