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»Ich glaube, du wirst bald einsehen, wie weise es von dir ist, wenn du mich unbelästigt vorbeigehen läßt, denn es würde dir gar nichts nützen, hier in den felsigen Eingeweiden von Barsoom zu sterben, nur weil du den Erbfeind deines Volkes, nämlich Thurid, Dator der Erstgeborenen, beschützen willst.

Daß ihr beide sterben werdet, falls ihr es vorzieht, euch mir zu widersetzen, beweisen all die verwesenden Leiber der vielen großen Krieger von Barsoom, die unter diesem Schwert gefallen sind – ich bin John Carter, Prinz von Helium.«

Mein Name schien die beiden Männer für eine ganze Weile zu lahmen; dann stieß der jüngere der beiden einen abscheulichen Fluch aus und drang mit gezücktem Schwert auf mich ein.

Er hatte ein Stückchen hinter seinem Gefährten Lakor gestanden, und jetzt griff der ältere Mann nach seinem Harnisch und zog ihn zurück.

»Halt!« befahl Lakor. »Wir haben noch genug Zeit zum Kämpfen, wenn wir es für klug halten, überhaupt zu kämpfen. Es kann gute Gründe für jeden Thern auf ganz Barsoom geben, mit Vergnügen das Blut eines Abtrünnigen und Schänders zu vergießen, doch laß uns Weisheit mit unserem gerechten Haß vereinen. Der Prinz von Helium hat sich aufgemacht, eine Aufgabe zu erfüllen, die wir noch vor wenigen Minuten selbst ausführen wollten.

Laß ihn also gehen und den Schwarzen erschlagen. Wenn er zurückkehrt, werden wir noch hier sein, um ihm den Weg in die äußere Welt zu verwehren, und auf diese Weise entledigen wir uns zweier Feinde; darüber hinaus ist es ein großer Vorteil für uns, wenn wir nicht die Unzufriedenheit des Vaters der Therns herausfordern.«

Während er sprach, entging mir natürlich nicht das boshafte Glitzern in seinen Augen. Seine Begründung war durchaus logisch, und trotzdem fühlte ich – vielleicht unterbewußt –, daß seine Worte ein ganz bestimmtes Ziel verfolgten. Offensichtlich sehr erstaunt wandte sich ihm der andere Thern zu, aber Lakor wisperte ihm ein paar Worte ins Ohr. Daraufhin zog sich der andere zurück und nickte zustimmend zum Vorschlag seines Vorgesetzten.

»Geh weiter, John Carter«, sagte Lakor. »Aber wisse, daß, wenn Thurid dich nicht niederschlägt, andere hier auf dich warten, die dafür sorgen werden, daß du niemals mehr das Sonnenlicht der oberen Welt erblicken wirst. Und jetzt geh!«

Während unserer Unterhaltung hatte sich Wula grollend und mit gesträubtem Fell eng neben mir gehalten. Ab und zu sah er zu mir auf und winselte dabei sehnsüchtig, als warte er auf ein Wort Von mir, das ihm erlaube, diese beiden nackten Kehlen vor ihm anzuspringen und zu zerfleischen. Selbst das Tier spürte die abgrundtiefe Schlechtigkeit hinter den glatten Worten.

Als wir an den Therns vorbei waren, öffneten sich einige Türen vom Wachraum aus, und Lakor zeigte auf die am weitesten rechts liegende. »Hier kommst du zu Thurid«, sagte er.

Als ich jedoch nach Wula rief, wollte er mir nicht gehorchen, sondern stemmte sich winselnd ein und zerrte an mir. Dann lief er rasch zur ersten Tür links, wo er ein paarmal hustend bellte, als wolle er mich drängen, ihm doch auf dem richtigen Weg zu folgen.

Ich sah Lakor fragend an.

»Das Tier irrt sich kaum einmal«, erklärte ich ihm. »Obwohl ich nicht an deinem überlegenen Wissen zweifle, Thern, glaube ich doch, daß es für mich besser ist, wenn ich auf die Stimme des Instinkts höre, die von Liebe und Treue geleitet wird.«

Dazu lächelte ich grimmig, so daß er unmißverständlich wußte, wie sehr ich ihm mißtraute.

»Wie du willst«, erwiderte der Thern achselzuckend. »Am Ende ist es ja doch völlig einerlei.«

Ich folgte also Wula in den Gang links, und dabei spitzte ich die Ohren, da ich ja den Rücken meinen Feinden zugewandt hatte. Ich hörte jedoch keine Geräusche, die auf eine Verfolgung schließen ließen. Dieser Korridor war mit einigen Radiumbirnen schwach beleuchtet; es sind dies die auf Barsoom üblichen Lichtquellen.

Diese Lampen taten vielleicht schon seit unendlichen Zeiten ihren Dienst in den unterirdischen Kammern, denn sie bedürfen keiner Wartung und sind so konstruiert, daß sie selbst in Jahrzehnten oder Jahrhunderten kaum etwas von ihrer Substanz abgeben.

Wir brauchten nicht weit zu gehen, bis wir auf immer neue abzweigende Gänge trafen, aber Wula zögerte nicht ein einziges Mal. Einmal vernahm ich an der Einmündung eines Ganges rechts von mir Geräusche, die dem Kämpfer John Carter mehr sagten als Worte meiner Muttersprache – das Klirren des Metalls vom Harnisch eines Kriegers –, und sie kamen aus dem Gang rechts von mir und ein Stück weiter drinnen.

Auch Wula hörte es, und wie ein Blitz wirbelte er herum und stellte sich der drohenden Gefahr. Seine Mähne war gesträubt; die Lefzen hatte er über die funkelnden Reihen seiner gefährlichen Reißzähne zurückgezogen, und dazu knurrte er drohend. Mit einer Geste beruhigte ich ihn wieder, und Seite an Seite drangen wir in einen anderen Korridor ein Stück ein, wo wir dann warteten.

Es dauerte nicht lange, bis wir die Schatten zweier Männer erkannten, die auf den Boden des Hauptganges aus dem Gang rechts fielen. Die beiden Männer bewegten sich äußerst behutsam vorwärts, und das metallische Klirren, das mich alarmiert hatte, wiederholte sich nicht.

Bald kamen sie an unserem Versteck vorbei, und es erstaunte mich absolut nicht, sie zu sehen – nämlich Lakor und seinen Gefährten aus dem Wachraum.

Sie tappten sehr leise dahin, und in der rechten Hand eines jeden schimmerte ein scharfes Langschwert. Fast unmittelbar vor dem Zugang zu unserem Versteck blieben sie stehen und flüsterten miteinander.

»Kann es sein, daß wir sie schon überholt haben?« fragte Lakor.

»Entweder das, oder das Tier hat den Mann auf einen falschen Pfad geführt«, erwiderte der andere. »Der Weg, den wir nahmen, ist ja wesentlich kürzer für jene, die ihn kennen. John Carter hätte allerdings entdeckt, daß es für ihn ein kurzer Todesweg gewesen wäre, hätte er den genommen, den wir ihm vorschlugen.«

»Ja«, antwortete Lakor. »Nicht einmal seine unbestreitbaren Kämpfereigenschaften hätten ihn vor dem Drehstein retten können. Sicher wäre er draufgetreten, und wenn die Grube darunter einen Boden hat, was Thurid verneint, dann hätte er sich ihm überaus rasch genähert, und das wäre seiner Gesundheit nicht zuträglich gewesen. Dieses Untier, das ihn vor diesem Pfad gewarnt und ihn auf einen besseren geführt hatte, soll verflucht sein!«

»Vor ihm liegen noch viel mehr Gefahren«, entgegnete Lakors Gefährte. »Denen entrinnt er vielleicht nicht ganz so leicht, falls es ihm jetzt gelingen sollte, unseren guten Schwertern zu entkommen. Überlege doch zum Beispiel, welche Chance er noch hat, wenn er unerwarteterweise in die Kammer der...«

Viel hätte ich gegeben, wäre es mir möglich gewesen, auch noch den Rest dieses Gespräches mitzuhören, denn dann wäre ich vor einigen der vor mir liegenden Gefahren gewarnt gewesen. Aber leider mußte ich ausgerechnet in jenem Moment, der mir dafür als der ungeeignetste erschien, heftig niesen.

3. Der Sonnentempel

Mir blieb nun nichts anderes übrig, als zu kämpfen, und ich war auch absolut nicht im Vorteil, als ich mit dem Schwert in der Hand vor den beiden Therns in den Gang hinaus sprang. Mein unzeitiges Niesen hatte sie gewarnt, und so waren sie auf mich vorbereitet. Worte wären hier reine Atemverschwendung gewesen, denn die Anwesenheit der beiden war Beweis genug für ihre Falschheit. Daß sie mir gefolgt waren, um mich aus dem Hinterhalt zu überfallen, war nur allzu offensichtlich, und jetzt mußten sie natürlich erkannt haben, daß ich sie durchschaut hatte.

Im nächsten Moment war ich auch schon mit den beiden vollauf beschäftigt. Obwohl ich allein schon den Namen der Therns verachte, muß ich in aller Fairness zugeben, daß sie geschickte Männer des Schwertes sind. Diese beiden waren keine Ausnahme; ganz im Gegenteil. Sie waren vielleicht noch geschickter und furchtloser als der Durchschnitt ihrer Rasse.