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Die Nacht war erfüllt von Geräuschen, die nicht nur von den Kindern der Wildnis kamen. Meine Kriegerinnen hatten sich die Gefangenen untereinander aufgeteilt, und ich hörte deutlich ihre Lustschreie. Auch mein Blut war von den zärtlichen Berührungen des Fremden in Wallung geraten, und das Stöhnen meiner Kriegerinnen tat nichts dazu, es wieder abzukühlen. Aber ich würde lieber leiden, als mich bei ihm einzuschmeicheln. Ich war Jalav, die Anführerin der Hosta, die sich nicht von Männern manipulieren ließ. Nach einer Weile hörte ich jedoch, wie er hinter mir sagte: »Jalav, schläfst du schon?« Ich rührte mich nicht. Da sagte er lauter: »Jalav, ich hatte keine Ahnung, daß ich hier unbehelligt bleiben sollte. Du weißt doch, daß Gefangene von ihren Überwältigern genommen werden müssen. Das ist ein alter Brauch.«

Noch immer rührte ich mich nicht. Dann hörte ich, wie er langsam näherkroch. Plötzlich fluchte er leise: »Diese verdammte Leine!« Sie hielt ihn in gebührender Entfernung. Aber schließlich gelang es ihm, mich mit seinen Füßen zu berühren. »Jalav«, flüsterte er, »wenn du mich unberührt läßt, werde ich jedem laut und deutlich erzählen, daß die Midanna nicht wissen, wie man einen Gefangenen behandelt. Willst du, daß man deinetwegen die Midanna auslacht?« Das Gefühl seiner behaarten Beine, mit denen er mich berührte, war mehr, als ich ertragen konnte. Ich setzte mich auf, zog meinen Dolch aus der Beinhalterung und stach ihn außer seiner Reichweite in die Erde. Dann warf ich mich auf ihn und küßte ihn leidenschaftlich. Ich krallte mich mit verlangenden Fingern in seinen Körper, dann nahm ich ihn. Er keuchte, hechelte und trieb mich an, aber es bestand gar keine Notwendigkeit, mich anzutreiben. Irgendwann in seiner Ekstase schrie er einmaclass="underline" »Bei Sigurrs verderblichem Odem, ich muß meine Arme freihaben, um sie umarmen zu können!« Vergeblich bemühte er sich darum, schaffte es aber nicht. Als alle meine Bedürfnisse gestillt waren, ging ich wieder zu meinem Schlafleder, band meinen Dolch wieder um und legte mich befriedigt zum Schlafen nieder. Der Mann sagte kein Wort mehr, aber sein Bein lag neben meinem, als mich die Wolken des Schlafes umhüllten.

Als wir in Sichtweite von Bellinard kamen, verbargen wir uns hinter einem Hügel. Die gewaltigen Tore der Stadt standen offen, und viele Menschen strömten hinein. Die meisten kamen zu Fuß, kleine Bündel tragend, manche ritten auch auf Kand oder saßen auf seltsamen, beräderten Gefährten, die von Kand gezogen wurden. Manche davon waren überdacht, manche nicht. Die Tore von Bellinard blieben geöffnet, solange Midas Licht schien, dann wurden sie verschlossen. Wir beobachteten die Stadt einen ganzen Tag, ehe wir uns entschlossen, sie zu betreten.

Auf dem Hinweg waren wir an einigen Höhlen vorbeigekommen, in denen sich einige meiner Kriegerinnen mit den Gefangenen verbergen sollten, bis ich mit den anderen Kriegerinnen wieder zurückkam. Der Anführer der Gefangenen hatte mich während des ganzen Weges haßerfüllt beobachtet, denn ich hatte ihn nicht wieder mit auf mein Schlafleder genommen, sondern ihn meinen Kriegerinnen überlassen. Statt dessen hatte ich mir einen anderen Mann herausgesucht, der mit seinem Anführer anschließend fast in Streit geriet. Wir hatten sie trennen müssen, denn wir wollten die Männer unbeschädigt erhalten.

Als ich jetzt an ihm vorbeikam, rief mir der Anführer zu: »Jalav, du mußt mich mitnehmen nach Bellinard! Du kennst dich in den Städten nicht aus und brauchst Rat. Höre auf meine Worte, Jalav!«

Aber ich hörte nicht auf ihn, denn ich traute ihm nicht. Er brauchte nur eine Übermacht gegen uns auszusenden, die uns überraschte, bevor wir seine gefangenen Männer erledigen konnten. Er würde damit zwar keinen Erfolg haben, aber er würde es in jedem Fall versuchen. Ich wäre ein Narr gewesen, wenn ich ihm vertraut hätte.

Begleitet wurde ich von der rothaarigen, blauäugigen Larid, der braunhaarigen, braunäugigen Binat und von Fayan, die den Gefangenen wütend ansah. Wäre sie nicht mit mir geritten, hätte er vermutlich eine tüchtige Tracht Prügel von ihr bezogen. Die letzte der Gruppe war Comir, eine Kriegerin, die kaum das Alter der Mannbarkeit erreicht hatte, aber sehr begierig darauf war, mit uns zu reiten. Ihr sanftes braunes Haar glich dem von Kilin.

Comir war mit im Hort des Kristalles gewesen und hatte gesehen, was man unseren Gefährtinnen angetan hatte. Ihr Durst nach Rache war so groß wie der meine, denn eine der Ermordeten war von derselben Mutter wie sie geboren worden. Zornig hatte sie gefordert, mitreiten zu dürfen, und ich hatte es ihr erlaubt. Nun wartete sie mit den Kand auf uns. Als ich von meinem Gando abstieg, stellte sich mir die schwarzhaarige Gimin in den Weg. Gimin hatte sich Hoffnungen gemacht, selbst Anführerin zu werden, obwohl sie mich noch nicht herausgefordert hatte. Dies würde aber früher oder später wohl geschehen. Für die Zeit meiner Abwesenheit hatte ich Gimin zur Anführerin ernannt, denn ich hoffte, daß dieser Vorgeschmack der Führerschaft sie in der einen oder anderen Richtung beeinflussen würde. Ob dies der Fall war, würde ich bei meiner Rückkehr feststellen. Nun gab ich ihr den Zügel meines Gando und sagte: »Es ist Zeit, daß wir aufbrechen, Gimin. Wir werden sehen, was sich tun läßt, und sobald wie möglich zurückkommen. Sollten wir innerhalb von fünf Tagen nicht zurück sein, werdet ihr weiter nach Ranistard reiten und mit ihm verfahren, wie ich es euch gesagt habe. Sende uns keine Kriegerin nach Bellinard nach, denn du wirst in Ranistard jedes Schwert brauchen. Der Kristall muß in jedem Fall zurückgeholt werden!« »Ich höre, Jalav«, sagte sie, während sie mich mit ihren grauen Augen musterte. »Du bietest mir dein Amt an, ohne daß ich dafür kämpfen muß. Eine Anführerin, die sich ihren Platz aber nicht im Kampf erworben hat, kann nicht stolz darauf sein. Wir werden bei deiner Rückkehr noch darüber zu entscheiden haben.«

»Einverstanden«, entgegnete ich und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Möge Mida dich in diesem fremden Land behüten.«

»Und dich auch, Jalav«, entgegnete sie. »Sei vorsichtig, denn es würde mir schwerfallen, jemanden herauszufordern, der bereits an Midas Seite sitzt.« »Sollte es einen Weg dazu geben, Gimin«, lachte ich, »du würdest ihn sicher finden. Führe die anderen zu den Höhlen, sobald wir fort sind.«

Damit sprang ich auf den Rücken des Kan, das ich mir ausgesucht hatte, und hob die Hand zum Abschiedsgruß. Da wir weder Speer noch Schild trugen, hatten die Kand wenig Mühe, uns nach Bellinard zu tragen. In weniger als einer Stunde kamen wir vor den Toren der Stadt an. Das Volk, das sich dort staute, glotzte uns neugierig an, kümmerte sich dann aber nicht weiter um uns. Die Männer waren meist klein und abgearbeitet, also ohne Interesse für eine Kriegerin. Die Frauen machten den Anschein, als seien sie von ihrem Leben noch enttäuschter. Kein Wunder, bei solch müden Männern. Als wir durch die weit offenstehenden Tore ritten, sahen wir den Grund für den Stau. Dort standen bewaffnete Männer, die die Habseligkeiten derjenigen durchsuchten, die hinein wollten. Rechts wartete ein Paar geduldig darauf, daß ihr Bündel kontrolliert wurde, links wurde eines der bedachten Gefährte von drei bewaffneten Männern durchsucht. Als ich mein Kan mitten hindurchlenken wollte, hielt mich einer der Bewaffneten auf.

»Halt!« brüllte er, »Bellinard darf von niemandem ohne Genehmigung der Torwachen betreten werden, auch nicht von so einem hübschen Kind wie dir. Vielleicht willst du etwas hineinschmuggeln, he?«

»Wie will sie etwas hineinschmuggeln, Dominar«, sagte ein anderer, der hinzutrat. »Sie und ihr Kan sind ja fast nackt.« Alle Wachen brachen in ein wieherndes Gelächter aus. Sie trugen den gleichen kurzen Rock wie alle Stadtbewohner, aber darüber eine Rüstung aus Metall und Leder, die, so nahm ich an, sie vor Pfeilen und Schwerthieben schützen sollte. Sie bedeckte zwar den Oberkörper und die Kehle, ließ aber merkwürdigerweise den Kopf ungeschützt.