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Nidisar ging voran. Wir kamen an vielen Zelten vorbei, manche offen, manche geschlossen, bis wir schließlich zu einem kamen, das gold-weiß gestreift war. Die anderen Zelte hatten nach verdorbenem Gemüse und Fleisch, Stoffen, Öl oder Gewürzen gerochen, aber dieses hier roch nach gar nichts. Es war allseitig verschlossen, und nur wenige Leute gingen hinein. »Ich bin in wenigen Augenblicken wieder zurück«, sagte er und verschwand. Als er wieder zurückkam, trug er ein goldenes Armband mit funkelnden Steinen am linken Arm. Er schien sehr stolz auf seinen Erwerb zu sein, rieb es an seinem Gewand blank und zeigte es mir dann.

»Ich habe mir schon lange so etwas gewünscht«, sagte er, mit tiefer Befriedigung in der Stimme. »Ist es nicht jeden Preis wert, der dafür verlangt wird?«

»Es sieht nicht schlecht aus«, sagte ich und fragte mich insgeheim, wozu es wohl von Nutzen sei. Das Metall war zu dünn, um selbst die Klinge eines Dolches abzuwehren, und es funkelte derart, daß es, außer in absoluter Dunkelheit, immer die Position eines Kriegers verraten würde. Vielleicht, so überlegte ich, wollte er damit einen Feind blenden, so daß er ihn leichter mit dem Schwert treffen konnte.

»Ich habe auch etwas für dich«, sagte er, griff in sein Gewand und zog einen Kamm heraus, der offensichtlich aus dem gleichen Metall wie sein Armreif gemacht war. »Der wird sich in deiner pechschwarzen Mähne gut ausmachen«, sagte er. Ich sah mir den Kamm näher an, dann lächelte ich. »Die Kämme, die ich benutze, sind dreifach so stark wie dieser hier, aus gutem, festem Holz, und brechen trotzdem gelegentlich ab. Dieser hier würde sofort zerbrechen.«

»Nein, nein, Jalav«, lachte er, »dieser Kamm hier wird nicht benutzt, er wird getragen. Hast du noch nie einen Kamm in dein Haar gesteckt?«

»Niemals«, sagte ich und bemerkte, daß der Tag sich inzwischen seinem Ende neigte. »Hast du jetzt alles erledigt, was du wolltest? Es wird Zeit, daß wir weitergehen.« »Du läßt dich wohl niemals von einem Vorhaben abbringen«, sagte Nidisar enttäuscht. »Ich möchte dir gerne einmal zeigen, wie man einen solchen Kamm gebraucht. Komm mit, es dauert nur einen Moment.«

Er übergab Larid den Zügel meines Kan und zog mich zu einem großen, grellfarbigen Zelt in der Nähe. Es war gleichfalls ringsum geschlossen. Ich hatte viele Männer hineingehen sehen, aber nur wenige herauskommen. Ich war nicht sicher, ob ich es überhaupt betreten wollte, aber bevor ich meine Zweifel äußern konnte, hatte Nidisar mich schon hineingeschoben, und dann konnte ich nur noch staunen.

Die Fläche, auf der wir standen, maß etwa zehn mal zehn Schritt. Sie wurde von vielen kleinen, farbigen Kästen, die oben offen waren, erleuchtet, so daß die Hitze der Kerzen abziehen konnte. Die Wände des Zelts waren mit pastellfarbenen Seidentüchern behängt, der Boden mit eingefärbten Tierfellen belegt. Darauf lagen große, schwarze, ausgestopfte Säcke aus Tuch, deren Zweck mir nicht klar war. Über einem kleinen, runden, schwarzen Balken in der Mitte des Raumes hing eine Schnur mit einer Anzahl Metallteile. Als Nidisar daran zog, machten sie ein schwaches, klingelndes Geräusch.

Daraufhin erschien hinter einem Vorhang ein Sklavenweib, wie ich es noch nie gesehen hatte. Sie war nicht sehr groß, aber schlank und gelenkig, und bewegte sich so mühelos, als gleite sie über öl. Sie war mit bunten Seidentüchern bekleidet, durch die man aber ihren ganzen Körper sehen konnte. An der Stelle, wo die Midanna ihre Stammesfarben tragen, trug diese Frau schmale, goldene Ketten, die so angebracht waren, daß ein Mann, der sie benutzte, damit vermutlich ihre Bewegungen dirigieren konnte. Ich hatte den Eindruck, daß, wenn sie sich dagegen wehren wollte, die Ketten ihr starke Schmerzen zufügen würden.

Ihre Füße waren bloß. Ihr Haar trug sie hoch aufgesteckt. Es wurde hier und da von kleinen Metallteilen zusammengehalten. Ihr Gesicht war sehr hübsch. Als sie Nidisar erblickte, lächelte sie und bewegte sich langsam auf ihn zu. Während sie näherkam, war ein seltsamer Geruch zu spüren, so stark und süß, wie er mir nie zuvor begegnet war. Er glich nicht im entferntesten den Gerüchen in dem anderen Zelt, und beleidigte doch auch meine Sinne.

»Mein lieber Nidisar«, sagte sie und legte leicht ihre Hand auf seinen Arm, »bist du schon so bald zu uns zurückgekehrt? Es ist uns immer eine Freude, dich zu Gast zu haben.« »Ich bin diesmal zu einem ganz anderen Zweck zurückgekommen, Melai«, entgegnete er und tätschelte vertraulich ihren Rücken. »Ich möchte nur, daß du Jalav den Gebrauch eines Haarkamms, wie du ihn trägst, erklärst. Dein Pavillon war nahe, sonst hätte ich dich nicht gestört.« »Es ist keine Störung«, erwiderte sie, dann wandte sie mir ihre Aufmerksamkeit zu. Ihre Augen bekamen einen verwunderten Ausdruck. »Sie ist noch sehr jung«, sagte sie bewundernd, »aber schon eine reife Frau. Ich kann dich zu deiner Wahl beglückwünschen, Nidisar. Aber warum trägt sie all diese Waffen? Sie hat doch wohl nicht die Absicht, sie zu benutzen?«»Jalav ist sehr erfahren im Gebrauch von Waffen«, meinte Nidisar, und ich glaubte mehr Verdruß als Zustimmung herauszuhören. »Sie sollte sich auch im Gebrauch von anderen Dingen üben. Deswegen habe ich ihr diesen Kamm hier gekauft. «

Er zog erneut den Kamm hervor und reichte ihn der Frau, die ihn bewundernd betastete. »Er ist sehr schön«, sagte sie. »Du hast großes Glück, Jalav. Komm zu mir, mein Kind, und nimm das Lederband aus deinem Haar.«

Ich legte die Hand auf meinen Schwertgriff und sagte: »Ich werde weder das Lederband abnehmen, noch habe ich Lust, meine Zeit hier noch länger zu vergeuden. Kommst du, Nidisar, oder müssen wir ohne deine Führung zurechtkommen?« Nidisar schien aufgebracht, nahm aber wortlos den Kamm von dem Sklavenweib zurück, steckte ihn ein und folgte mir aus dem Zelt. Ich war belustigt darüber, daß Nidisar mich mit einen von diesen Frauen gleichsetzte.

Er wählte einen Weg in die Stadt, der durch äußerst baufällige Behausungen hindurchführte. Dabei sprach er von der Gasse der Flickschuster, der Gasse der Küfer und der Gasse der Schmiede und nannte weitere Bezeichnungen, die mir ähnlich sinnlos erschienen. Wir stolperten über Abfälle, die im Wege lagen, und mußten eine Menge Männer beiseite schieben, die zuviel Daru genossen hatten, folgten ihm aber weiter, um die Stadt gründlich kennenzulernen.

Endlich kamen wir auf eine breitere Straße, auf der keine Abfälle herumlagen. Die Männer, die dort ritten oder gingen, zeigten auch keine Anzeichen von Daru-Besessenheit. Viele von ihnen trugen eine Rüstung aus Metall und Leder, wie die Männer am Stadttor sie getragen hatten. Alle betrachteten uns sehr neugierig. Dann erblickten wir wieder das unwahrscheinlich große Gebäude, das wir zuvor schon gesehen hatten. »Der Sitz des Hohen Senats«, sagte Nidisar. »Ist dieser Palast nicht sehr beeindruckend?«

»Ist das dort auf der rechten Seite ein weiteres Tor?« fragte ich. »Ja, das ist ein Stadttor«, antwortete er, dann kam er näher an mein Kan heran. »Du hast nun alles gesehen, außer der Straße der Jäger, in der ich wohne. Das habe ich bis zuletzt aufgehoben, als Bestes. Komm mit mir, Jalav, und ich werde dich mit gutem Renth bewirten. Den Geschmack wirst du dein Leben lang nicht mehr vergessen.«

In seinen Augen war zu lesen, was er wollte. Er war nicht unattraktiv, und ich hätte ihn unter anderen Umständen gern auf mein Schlafleder genommen, aber nun war zunächst der Umstand des zweiten Tores zu bedenken. Also sagte ich: »Das hat Zeit. Ich möchte zunächst noch mehr sehen.« Ärgerlich entgegnete er: »Wie du willst. Zunächst der Palast. «

Er war aus glattem, rötlichem Stein erbaut und hatte an allen Seiten viele Fenster. Durch seinen geöffneten Eingang, der von zwei bewaffneten Männern bewacht wurde, konnte man einen vielfarbigen Stoff auf dem Boden liegen sehen, über den viele Leute ohne sichtbares Ziel hin und her eilten. Ich spürte kein Verlangen, mir solch einen Ort näher anzusehen, und wandte mich dem Tor zu, das auf seiner rechten Seite lag. Es war von etwa der gleichen Größe wie das erste, aber viel weniger benutzt, nur von Männern, die in Leder und Metall gekleidet waren. Diese trugen, im Gegensatz zu den anderen, auch Kopfbedeckungen aus Leder und Metall. Mir war nicht ganz klar, warum die Männer am ersten Tor nicht so etwas getragen hatten, vermutlich, weil sie nur mit harmlosen Männern und Weibern zu tun hatten. Andererseits sollte man niemals annehmen, daß jemand harmlos ist. Auch die Hadat sehen sehr harmlos aus, bis sie angreifen. Ich konnte nur hoffen, daß die Bewacher von Ranistard ähnlich sorglos sein würden.