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»Sagt er dir gar nichts, Mädchen?« fragte Nidisar amüsiert. »Ist dir nicht bewußt, daß alle Frauen in diesem Haus Sklavinnen sind?«

»Das begreife ich nicht«, entgegnete ich. »Sind nicht alle Frauen in den Städten Sklavinnen?«

»Er glaubt, daß wir genauso sind wie sie«, erklärte Fayan und lachte herzlich. Meine anderen Kriegerinnen stimmten ein. Ich weidete mich an Nidisars Verblüffung und der seiner Freunde. Das Sklavenweib hatte die Augen erhoben, aber ich glaubte,auf ihren Wangen eine leichte Schamröte zu entdecken. Hätte ich nicht gewußt, daß die Frauen in den Städten keine Seele besitzen, dann würde ich ihr verraten haben, daß man einem Sklavenhalter nur die Kehle durchzuschneiden braucht, um frei zu sein. Aber ich gab ihr diesen Rat nicht, denn solche ohne Seele haben auch nicht den Mut, ihn zu befolgen. »Du kannst nun den Renth bringen«, sagte Nidisar zu der Sklavin. Dann rückte er näher an mich heran und fragte: »Wieso glaubst du, anders zu sein als diese Sklavin? Seid ihr nicht beide Weiber?«

»Das stimmt«, entgegnete ich, »wir sind beide Weiber, aber Männer sind auch alle Männer, und besteht nicht trotzdem ein Unterschied zwischen ihnen? Die einen sind mager und schmächtig und ohne Kraft, und die anderen sind groß und stark, eine Freude für jede Kriegerin. Warum siehst du keinen Unterschied zwischen mir und jener Sklavin? Glaubst du, sie würde den Speer genauso gut werfen wie ich?« »Nein, das nicht«, erwiderte er und tätschelte meine Wange. »Aber ich würde dich gerne wie sie zu meinen Füßen knien sehen. In dieser Beziehung mache ich keine Unterschiede zwischen Frauen, obwohl die einen bessere Sklavinnen sind als die anderen.«

»An mir würdest du wenig Freude als Sklavin haben«, sagte ich. »Du würdest ewig in Furcht leben, an meiner Seite einzuschlafen, weil ich mich irgendwann befreien würde.« Unser Gespräch wurde unterbrochen, als drei Sklavinnen, gekleidet wie die erste, den Renth hereinbrachten. Ich nahm einen der merkwürdig geformten Behälter, in denen er sich befand, und kostete. Er schmeckte fast wie ungegorener Daru, etwas süßer, aber nicht schlecht.

»Nun, wie schmeckt er dir?« fragte Nidisar mich mit einem Lächeln.

»Nicht schlecht«, entgegnete ich und trank den Rest aus. »Besser würde er allerdings noch zusammen mit einer Portion Nilno schmecken.« »Entschuldige, daß ich daran nicht gedacht habe«, sagte er und bestellte sechs Portionen Nilno. In der Zwischenzeit leerten wir erneut unsere Gefäße.

Bis das Nilnofleisch kam, hatten wir einigen Renth getrunken. Danach rückten meine Kriegerinnen und die Jäger enger zusammen. Fayan hatte sich den großen Rothaarigen ausgesucht. Allerdings wanderten auch Nidisars Augen öfter zu ihr hin. Er würde aber, das wußte ich, bei ihr keine Chance haben. Wer zuerst davon sprach, weiß ich nicht mehr, aber plötzlich warfen wir unsere Dolche in einem Spiel. Comir stand als erste auf. Sie war noch sehr jung und kaum an die Wirkung von Daru gewöhnt. Sie blickte schwankend auf die Zielscheibe an der Wand, wollte werfen und ließ den Dolch fallen, ohne es zu merken. Wir alle brüllten vor Lachen, als sie auf dem Boden herumkroch und ihn vergeblich suchte. Einer der Jäger fand ihn für sie. Sie nahm ihn entgegen und fiel ihm dann in die Arme. Er trug sie weg, ohne daß ich ihr zur Hilfe kam. Das sollte ihr eine Lehre sein, wenn sie am Morgen mit schmerzendem Kopf aufwachte und feststellen mußte, daß sie von einem Mann ohne ihre Einwilligung genommen worden war. Zukünftig würde sie sich besser in acht nehmen. Binat warf als nächste. Sie traf direkt in den Mittelpunkt der Scheibe. Der Jäger, der ihr folgte, traf dagegen lediglich die Wand. Dann wäre Fayan an der Reihe gewesen, aber sie war nirgends zu sehen. Der Rotharige, mit dem sie sich abgegeben hatte, stand jetzt mit Binat zusammen. Ich nahm an, daß sie jemand anderen gefunden hatte, der sie mehr interessierte. Also warf ich meinen Dolch aus kurzer Entfernung auf die Scheibe, als mir jemand unerwarteterweise auf die Schulter tippte. Es war derjenige von den Torwachen, der mich später noch treffen wollte. »Ein guter Wurf«, sagte er.

»Die Scheibe ist auf diese Entfernung wohl kaum zu verfehlen«, entgegnete ich.

»Das stimmt«, lachte er. »Magst du noch etwas Renth? Ich bin Pileth, Hauptmann der Wache des Hohen Senats.« »Ich bin Jalav«, sagte ich, »und habe nichts gegen Renth.«Pileth war mit sechs Männer der Wache gekommen. Er führte mich an meinen Platz zurück. Mit Genugtuung merkte ich, daß Nidisar verschwunden war. Pileth hatte dunkles Haar, dunkle Augen und ein scharfgeschnittenes Gesicht. Er gefiel mir sehr viel besser, also bedauerte ich es nicht.

Als eine Sklavin uns neuen Renth brachte, stieß jemand sie an, so daß sie etwas davon über meinen Arm verschüttete. Pileth wurde wütend, und die Sklavin warf sich jammernd vor ihm auf den Boden, als ob sie an dem Versehen schuld sei. Dies machte mich zornig. Ich stand auf, nahm den Becher mit Renth und leerte ihn über dem Mann, der die Sklavin gestoßen hatte. Er sprang wutentbrannt auf, aber meine Hand am Schwert besänftigte seinen Zorn sofort.

Pileth bestand darauf, den verschütteten Renth von meinem Arm mit der Zunge abzulecken. Dies brachte mein Blut in Wallung, und ich hatte deshalb nichts dagegen, als er mich sanft zu einer Tür im Hintergrund des Raumes zog. Durch diese Tür waren, das hatte ich beobachtet, nicht nur die Sklavinnen hereingekommen, die uns bedienten, sondern ab und zu auch Männer verschwunden, die nach einer Weile höchst befriedigt wieder herauskamen. Als wir durch die Tür traten, sah ich einen Mann, der eine Sklavin am Haar hinter sich her zog. Die Frau wimmerte, machte aber keinen Versuch, seinem Griff zu entkommen. Der Mann schob sie durch eine der vielen engen Türen, die es dort gab, und zog die Tür hinter sich zu.

Die meisten anderen Türen waren ebenfalls geschlossen, einige standen aber offen. Pileth ging durch die nächste offenstehende, zog mich hinein, schloß die Tür und verriegelte sie. Der Raum, in dem wir uns befanden, war sehr klein und lediglich mit einem Lengapelz auf dem Boden und einer Kerze in einem Kasten an der Wand versehen.

Als Pileth begann, sich auszuziehen, legte ich auch mein Schwertgurt ab. Er begann, mich mit den Händen zu liebkosen, so wie Fideran es oft getan hatte. Es stimmt schon, einen Mann zu benutzen, dessen Hände gefesselt sind, bereitet nur das halbe Vergnügen. Nebenan weinte eine Frau, aber ich achtete nicht darauf, sondern widmete mich nur noch meinem Vergnügen mit Pileth.

4

Der Palast des Hohen Senats – und seine Kerker

Als ich erwachte, war Pileth bereits gegangen. Er war verärgert gewesen, was ich aufrichtig bedauerte, denn er hatte mir viel Spaß bereitet. Die Gegenwart meines Dolches hatte jedoch dafür gesorgt, daß die Anführerin der Hosta nicht von einem Mann empfing. Ich war sicher, daß auch er seinen Spaß gehabt hatte. Trotzdem hatte er sich ziemlich schnell wieder entfernt. Er saß noch draußen in dem größeren Raum mit den anderen zusammen. Auch Larid und Binat befanden sich bei ihnen. Der Jäger, der bei Larid saß, brüllte gerade: »Mehr Renth! Und Renth für jeden! Ich besitze jetzt soviel, daß ich in Renth baden kann.«

Alle lachten über seine Worte, nur Pileth stand auf und sagte mit eiskalten Augen: »Mich würde interessieren, woher dein plötzlicher Reichtum stammt. Auch der Hohe Senat könnte daran interessiert sein.«

»Keine Angst«, lallte der Jäger. »Was ich hier habe, ist genug für mich und den Hohen Senat zusammen.« Damit öffnete er seine Faust. In ihr lagen zwei der Steine, die die Midanna den Männern geben, um ihnen die Schmach, daß sie von ihnen genommen wurden, etwas zu versüßen. Larid mußte sehr zufrieden mit dem Mann gewesen sein, daß sie ihm sogar zwei Steine gegeben hatte. Ich trug selbst auch einige dieser Steine unter meiner Stammesbekleidung verborgen und bedauerte, daß ich nicht auch Pileth einen oder zwei davon gegeben hatte. »Mehr als genug, das stimmt«, sagte Pileth. »Aber ich habe noch nicht vernommen, von wem du die Steine bekommen hast.«»Von diesem lieblichen Kind hier«, sagte der Mann und schlang seinen Arm um Larid. »Ich habe schon oft behauptet, daß die Frauen mich eigentlich bezahlen müßten, weil ich so gut bin. Diese hier hat es endlich eingesehen.« Alle lachten über seine Bemerkung, nur Pileth und seine Leute nicht. Er sah mich kalt an, dann sagte er: »Davon habt ihr nichts gesagt, als ihr heute morgen das Tor passiertet. Ich war selbst dabei zugegen.«