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In der Ecke kettete der Mann uns an die Mauer. Binat sah mich an, als er sie beruhte, aber ich schüttelte den Kopf. Es war nicht der richtige Augenblick, um einem Mann zu zeigen, was ihm blühte, wenn er eine Kriegerin der Midanna ungebeten berührte.

Wir standen mit dem Gesicht zur Wand. Ich wußte nicht, ob es draußen hell oder dunkel war, denn es gab keine Fenster, ich wußte nicht, wo wir uns befanden. Ich wußte nur eins: Ich würde wieder frei sein, oder bei dem Versuch sterben. Nach einiger Zeit hörten wir Schritte hinter uns. Große hölzerne Gefäße mit Wasser wurden über uns ausgeleert. Ich schloß die Augen und fühlte mich so erfrischt, als ob ich unter einem Wasserfall gestanden hätte. Auch meine Kriegerinnen seufzten zufrieden bei der Berührung von Midas gesegneter Nässe. Dreimal wurden wir so behandelt, aber das letztemal gefiel mir nicht mehr, denn man hatte das Wasser mit einem Duft verdorben, ähnlich dem im Weiberzelt auf dem Jahrmarkt. So schlecht hatten die Hosta ihre Gefangenen nie behandelt.

Wir mußten längere Zeit warten, bis wir wieder Schritte hinter uns hörten. »Ihre Kleidung ist trocken, Bariose«, sagte die Frau, die Karil genannt wurde, »aber, ihr Haar ist noch naß, so lang und schwer, wie es ist. Es wird noch einige Zeit zum Trocknen benötigen, aber ich glaube, ich lasse es bereits kämmen, dann kannst du sie einsperren.«

»Wie du willst, Karil«, entgegnete der Mann, der Bariose genannt wurde. »Schicke deine Sklavin, wenn du fertig bist.« Einen Moment später hörten wir einen behenden Schritt hinter uns, und eine Sklavin begann, Binat zu kämmen. Als sie fertig war, legte sie ihr wieder das Lederband um den Kopf. Ich schmunzelte, denn es handelte sich um unser Kriegsband. Danach behandelte sie jede von uns in der gleichen Weise, nur für Fayan mußte sie ein anderes Band suchen. Ich erinnerte mich daran, daß Fayans Band schon verschwunden war, als uns Pileth und seine Männer gefangennahmen, und wunderte mich darüber, was mit ihr geschehen war. Sie hatte nicht darüber gesprochen, wozu auch kaum eine Gelegenheit gewesen war, aber offensichtlich zog sie es vor, überhaupt nicht darüber zu sprechen, was mich irgendwie beunruhigte. Als die Sklavin verschwunden war, hörten wir wieder Schritte. Drei Männer erschienen, die uns losketteten. Einer nahm mich beiseite, während die beiden anderen meine Kriegerinnen auf die andere Seite führten. Ich mochte es gar nicht, von ihnen getrennt zu werden.

Man brachte mich zu Bariose, der eine Lederpeitsche in der Hand hielt, die er nervös gegen sein Bein schlug. Man befestigte mich an zwei Ringen an der Wand, die so hoch angebracht waren, daß ich mich auf die Zehen stellen mußte. Einer der Männer verknotete meine langen Haare unter meinem Kinn, dann entfernten sie sich.

»Du bekommst jetzt deine erste Bestrafung, Sklavin«, sagte Bariose. »Denke gut über den Grund hierfür nach, dann wird es in Zukunft vielleicht nicht mehr nötig sein, dich zu bestrafen. Eine Sklavin muß unter allen Umständen gehorchen, sonst wird sie gezüchtigt.«

Dann schlug er mit einer solchen Macht zu, daß ich gegen die Wand geschleudert wurde. Der Hieb brannte wie Feuer. Vergeblich versuchten meine Hände, sich hilfesuchend in die Wand zu krallen, aber sie fanden keinen Halt. Dann kam der zweite Hieb, der sein Feuer zu der Flamme hinzufügte, die mich bereits zu verzehren drohte, ein dritter und ein vierter. Mein Körper schüttelte sich vor Schmerz, doch ich war Jalav, die Anführerin der Hosta. Kein Laut kam von meinen Lippen. Ich weiß nicht, wann die Pein aufhörte. Als die Männer mich aus den Ringen lösten, sackte ich zusammen. Man zog mich hoch, fesselte erneut meine Arme auf dem Rücken und schleppte mich über den Boden fort.

Unbewußt bemerkte ich die Stille im Raum. Alle Augen, das sah ich wie durch einen Schleier, waren auf mich gerichtet. Ich versuchte mich aufzurichten, um wie eine Kriegerin zu schreiten, aber ich konnte nicht. Die Männer brachten mich zu einem der Käfige, in dem meine Kriegerinnen standen. In ihren Augen brannte der Haß, aber sie konnten nichts tun. Die Männer öffneten die Tür des Käfigs und stießen mich hinein. Ich stürzte auf den Boden. Meine Kriegerinnen hoben mich auf und versuchten mich zu trösten. Dann umfing mich eine wohltuende Finsternis.

6

Feilgeboten – und eine Flucht wird geplant

Verzweifelt saß ich in dem Käfig, rüttelte an den Fesseln, die nicht nachgaben, und starrte voller Wut diejenigen an, die draußen vorübergingen. Ich hätte sie allesamt umbringen können, Männer wie Frauen, nur um freizukommen, aber selbst wenn ich die Gelegenheit dazu bekommen hätte, wo waren meine Waffen geblieben?

»Jalav, was sollen wir tun?« fragte Fayan, die sich neben mich hockte. Auch ihr war das wilde, unbändige Verlangen nach Freiheit in den Augen abzulesen.

»Ich weiß es nicht«, entgegnete ich. »Aber Mida wird ihre Kriegerinnen nicht vergessen haben und uns eine Gelegenheit schicken.«

»Was machen die Schmerzen?« fragte sie. »Sie lassen langsam nach.« Größer war der Zorn über das, was man einer Anführerin der Hosta angetan hatte. Sie so zu behandeln, und dann noch am Leben zu lassen, war die allergrößte Beleidigung, die man mir hatte zufügen können. Es bedeutete, daß man sich vor meiner Rache nicht fürchtete. In der Nacht, als alle schliefen, hatte ich Mida angefleht, mir die Gunst zu gewähren, die Schmach an Bariose mit meinem Schwert zu rächen. Die Wächter am Eingang hatten erstaunt herübergesehen, als ich mich mühsam erhob, aber nichts gesagt.

Nach einiger Zeit kamen Bariose und das Weib namens Karil mit einigen anderen Männern in den großen Raum und ließen einige der Sklavinnen aus ihren Käfigen frei. Ein paar von ihnen beschäftigten sich mit einem großen metallenen Topf, der über einem Feuer hing, andere säuberten den Raum mit Wasser und Lumpen. Eins der Weiber kam mit gesenktem Blick zu uns. Zögernd sah sie mir in die Augen, erschauderte vor dem, was sie darin wahrnahm, und entfernte sich hastig. Ein widerlicher Geruch kam aus dem Topf über dem Feuer. Kleine hölzerne Töpfe wurden mit seinem Inhalt gefüllt und von den Weibern verteilt. Die Sklavinnen, die in den Käfigen geblieben waren, setzten die Töpfe an ihre Lippen. Die Männer jedoch, die genauso wie wir angekettet waren, mußten sich auf allen vieren vor den Töpfen hinknien und daraus wie wilde Tiere fressen.

Auch uns hatte man einige Töpfe in den Käfig hineingeschoben. Selbst wenn das Gebräu, das sich darin befand, nicht so ekelhaft gewesen wäre, hätten wir Hosta niemals in dieser erniedrigenden Stellung daraus gegessen. Als die Töpfe wieder abgeholt wurden, atmete ich erleichtert auf, denn der Gestank hätte selbst ein Gando umgehauen.

Die Töpfe wurden rasch gereinigt und wieder zurückgebracht. Dann stellten sich die Sklavinnen mit gesenktem Haupt und gefalteten Händen vor ihren Käfigen auf. Vier bewaffnete Männer führten sie, einzeln oder in kleinen Gruppen, durch eine Tür in der gegenüberliegenden Wand hinaus. Zuletzt kamen die Männer auch zu uns. Zuerst holten sie Fayan und Larid, dann Binat und Comir, und zum Schluß mich. Zwei Männer hielten meine Arme mit festem Griff und führten mich in einen großen, runden Raum mit vielen Türen. Als sie eine dieser Türen öffneten, schlug mein Herz heftig, denn ich erblickte am strahlend blauen Himmel Midas Licht!

So sehr war ich damit beschäftigt, in tiefen Zügen die frische Luft einzuatmen, daß ich kaum bemerkte, was mit mir passierte. Die Männer stießen mich durch die Tür, und ich befand mich wieder in einem engen Käfig, in dem ich gerade aufrecht stehen konnte. Voller Wut warf ich mich gegen die Tür, die hinter mir verschlossen wurde, aber vergeblich. Ich war wieder gefangen, diesmal unter noch schlimmeren Bedingungen.

Vor mir befand sich ein offener Platz, der von einer hohen Mauer umgeben war. Auf dem Gras in der Mitte des Platzes knieten einige Sklavinnen, bewacht von zwei der bewaffneten Männer, die uns hinausgebracht hatten. Alle anderen, auch meine Kriegerinnnen, waren in einem Käfig eingesperrt wie ich.