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Man zog uns vom Boden hoch, band die Lederleinen an die Halsbänder, die wir trugen, und übergab uns an die drei Männer. Als Telion mich näher betrachtete, stieß er einen überraschenden Laut aus. »Was ist mir ihr geschehen?« fragte er. »Sie wurde wegen Ungehorsams ausgepeitscht«, erklärte ihm der erste Wächter. »Allerdings war die Peitsche umwickelt, so daß keine Narben zurückbleiben werden. In Zukunft wird es deine Entscheidung sein, in welcher Form sie bestraft wird.« »Ich würde niemals ein so junges Mädchen auspeitschen«, sagte Telion.

»Du bist ein Narr«, entgegnete der Wächter. »Ein Narr, weil du glaubst, sie sei noch ein Mädchen, und ein Narr, weil du so viel gutes Silber für sie bezahlst. Das sind zwei Wilde, verstehst du, die euch bei der ersten Gelegenheit die Kehle durchschneiden werden. Ich möchte sie noch nicht einmal geschenkt haben.« »Es hat sie dir auch niemand als Geschenk angeboten«, sagte Ceralt. »Würdest du nun das Tor öffnen?« Der Wächter schnaubte verächtlich und entfernte sich. Unsere Leinen wurden den drei Männern übergeben, und Nidisar untersuchte sorgfältig Fayans Rücken. Er schien erfreut darüber zu sein, daß er keine Spuren von Schlägen aufwies. Fayan schaute ihn merkwürdig an, so wie man wohl ein Werkzeug von Mida ansieht. Dann wurden wir aus dem Tor geführt. Als wir zwischen den Behausungen hindurchgingen, wurden wir von vielen Stadtleuten begafft. Die Straßen schienen mir breiter als beim erstenmal zu sein, und doch drückten sie wie beim erstenmal auf mein Gemüt. Endlich kamen wir in eine Straße, die noch enger und schmutziger zu sein schien als die anderen. Zerlumpte Gestalten streckten ihre leeren Hände aus und wurden von den Männern davongejagt. Manchen dieser Gestalten fehlte ein Arm oder ein Bein, manchen auch ein Auge. Ich wunderte mich, daß sie so leben wollten. Einst hatte ich mit Lidin gekämpft, der berühmten Anführerin des Stammes der Summa, den erbitterten Blutfeinden der Hosta. Sie kämpfte ausgezeichnet, doch es gelang mir, ihren Schwertarm abzuhauen. Da hatte sie vor mir gestanden, das Blut schoß aus ihr heraus, und hatte gesagt: »Du kämpfst gut, Anführerin der Hosta. Ich grüße dich.« Dann hatte sie sich selbst entleibt. Diese Männer hier zogen es aber offensichtlich vor, ohne ihre Glieder weiterzuleben.

Schließlich nötigten uns die drei Männer in ein kleines schmutziges Haus. Wir betraten einen engen Raum, der nur durch ein paar Kerzen erleuchtet wurde. In ihm standen einige von den Gestellen, die die Männer beim letztenmal »Tisch« und »Bank« genannt hatten. Nidisar setzte sich auf eine der Bänke und befahl Fayan: »Knie dich neben mir nieder!« Fayan sah ihn verwundert an. Da sagte er: »Der Boden ist der richtige Platz für eine Sklavin.«

Ich machte es mir neben Fayan bequem, aber das mißfiel Ceralt, der meine Leine in der Hand hielt. Hart zog er daran, so daß ich fast aufs Gesicht fiel, da meine Arme noch immer auf dem Rücken gefesselt waren, und zwang mich, neben ihm zu knien.

»Dies ist die Stellung, die du künftig einzunehmen hast«, sagte er. »Ich werde dir schon beibringen, wie sich eine gehorsame Sklavin zu benehmen hat.«

»Gut gesagt«, krächzte eine Stimme hinter mir. Eine alte, unsäglich fette Frau war hineingewatschelt gekommen und nickte zustimmend. »So sprach mein Mann, gesegnet sei sein Andenken, als er noch lebte. Keines meiner Widerworte ließ er ungestraft. Ich war genauso wild wie diese da, und, glaubt es mir, genauso hübsch, aber er hat mich gezähmt – im Bett, wenn ihr es genau wissen wollt. Was darf ich euch bringen, junge Herren?«

»Renth«, befahl Ceralt. »Drei Flaschen vom besten.«

»Und zwei Kannen Wasser für die Sklavinnen«, fügte Nidisar hinzu. »Wir wollen sie nicht vergessen.«

»Aber sicher nicht«, meinte Telion. Er grinste und musterte mich von oben bis unten. »Da gibt es noch manches, was wir bei ihnen nicht vergessen werden.«

»Welchem von euch gehört sie?« fragte die Alte, sich heftig kratzend.

Ceralt lachte. »Sie gehört beiden von uns, gute Mutter«, sagte er. »Mein Freund hier und ich teilen sie uns redlich.« »Das ist nicht klug«, bemerkte die Frau. »Zwei Männer können sich manches teilen, aber eine Frau gehört nicht dazu.« Dann wandte sie sich zum Gehen und sagte: »Ich hole den Renth.«

Als sie verschwunden war, sagte Nidisar mit unterdrückter Stimme: »Diese Kneipe ist gut für uns geeignet. Es kommen nur noch wenige hierher, und die Alte schläft meist, wenn sie nicht bedient. Wir können die Zimmer oben für wenige Kupferstücke haben und die Stadt im Morgengrauen ohne Schwierigkeit verlassen.«

»Was uns auf die Frage bringt, Jalav«, sagte Ceralt, »wo sich deine Weiber nun befinden. Ich will die Wahrheit wissen. Glaube nicht, du könntest mich hereinlegen.« »Du hast sie doch vor viel kürzerer Zeit als ich gesehen«, entgegnete ich. »Warum kehrst du nicht zu ihnen zurück?« »Das bin ich«, brüllte Ceralt und ballte die Fäuste. Dann gewann er seine Selbstkontrolle zurück und sagte in gefaßterem Ton: »Ich bin mit fünfzig Jägern aus dieser Stadt zurückgekehrt. Aber sie waren nicht mehr dort, wo ich sie verlassen hatte.«

»Noch waren irgendwelche Spuren zu finden«, warf Nidisar ärgerlich ein. »Ich kann es nicht glauben, daß mehr als fünf Dutzend Weiber und fast zwei Dutzend Gefangene so spurlos verschwinden können.«

»Sie sind Kriegerinnen der Hosta und keine von euren Sklavinnen«, sagte ich lachend. »Ihr würdet sie nicht entdecken, selbst wenn es doppelt so viele wären.« Dann fragte ich Ceralt: »Wieso haben sie dich freigelassen ? Ich kann mir nicht vorstellen, daß es dir gelang, zu entfliehen.«

Er lief rot an und zog noch fester an der Leine, mit der er mich hielt. »Diesen Einfall hatte das Mädchen Gimin«, fauchte er. »Sie meinte, daß sie keine von ihren Weibern in die Stadt schicken könnte, daß ich aber sehr wohl in der Lage sei, Nachforschungen nach euch anzustellen. Dabei versicherte sie mir, daß, wenn ich sie hinterginge, ich niemals einen meiner Männer wiedersehen würde. Als ich mit den Jägern aus der Stadt zurückkam, war sie verschwunden.«

»Meinst du denn, sie hätte auf euren Angriff warten sollen?« fragte ich belustigt. »Du kannst davon ausgehen, daß jeder deiner Schritte scharf beobachtet wurde. Meine Kriegerinnen werden jetzt bereits weit weg sein.«

»Das ist mir klar«, entgegnete Ceralt ärgerlich. »Was ich wissen will, ist, wohin sie geritten sind. Sind sie wieder in die Heimat zurückgekehrt, oder wo sind sie?« »Etwa in Richtung Ranistard?» warf Telion ein. Er schien genauso verärgert wie die beiden anderen Männer. »Die Anführerin der Hosta ist nun Gimin«, sagte ich. »Sie gibt nun die Befehle, was zu geschehen hat.« Fayan kicherte vergnügt. Ceralt zog mich an der Leine eng an sich heran und sah mich mit blitzenden Augen an. »Du solltest dich nicht über mich lustig machen, Kind«, grollte er. »Du bist nun vollständig in meiner Gewalt, und kein Hahn würde einen Ton danach krähen, was ich mit dir mache. Ich will sofort wissen, wo meine Männer sind, oder du wirst erfahren, was wahre Schmerzen bedeuten.«

»Tu, was du willst«, entgegnete ich. »Ich weiß nicht, wo die Hosta sind, und mir macht es nichts aus, meinen Kriegerinnen zu folgen, die bereits den Weg in die Freiheit gefunden haben.«

Ceralt schwieg eine Weile, dann ließ er mich los. Ich sank auf die Knie zurück und konnte zum erstenmal wieder ungehindert atmen. Als ich mich umsah, schienen alle Männer wieder ernüchtert zu sein. Nidisar streichelte Fayans Haar. »Sind sie wirklich alle drei tot?« fragte er. »Wie konnte das geschehen?« »Sie konnten zunächst entkommen«, sagte ich. »Später erzählte mir dieser Mann Bariose, daß man sie gefaßt und erschlagen habe. Das beweist, daß Mida sich um ihre Kriegerinnen kümmert. «