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»So können nur unwissende Wilde sprechen«, fuhr Telion mich an. »Es wäre besser für sie gewesen, man hätte sie wieder gefangengenommen und verkauft, als daß sie nun tot und unbetrauert herumliegen. Die Wachen dieser Stadt sind verdammt herzlos, Ceralt! Wie können sie nur drei Frauen, die fast noch Kinder sind, so skrupellos umbringen?« »Daß sie herzlos sind, bestreite ich nicht«, entgegnete Ceralt nachdenklich. »Ich habe schon manches von diesem Bariose gehört, und dazu zählt nicht, daß er ein mitleidiges Herz hat. Aber er war auch nie ein Verschwender. Wenn er die Mädchen wirklich gefangen hätte, dann hätte er sie höchstens vor allen Sklaven ausgepeitscht – aber getötet, nein. Damit ist ja auch ihr Preis verloren.«

»Das bedeutet, daß sie noch leben!« meinte Nidisar freudig. »Und daß Bariose vor Wut schäumt«, warf Telion genauso freudig ein. »Er hat nur behauptet, sie seien tot, um nicht zugeben zu müssen, daß ihre Flucht gelang.« »Es scheint, daß diese Hostaweiber überall viel Ärger verursachen«, bemerkte Ceralt. »Aber ich kenne zwei von ihnen, die keinen Ärger mehr machen werden.« Er sah mich an. »Morgen früh werden wir nach Ranistard reiten, Jalav, und ich hoffe, dort deine Weiber und meine Männer zu finden. Dann werden wir euch gegeneinander austauschen. Bete darum, daß ihnen inzwischen nichts geschieht!«

»Wir reiten nach Ranistard?« fragte Fayan. Als Ceralt nickte, warf sie ihren Kopf zurück und lachte heftig. Ich stimmte in ihr Lachen ein. Unsere Feinde schafften uns genau an den Ort, zudem wir um alles in der Welt hinwollten. Mida bewachte uns und leitete unsere Schritte, das war nun eindeutig klar! »Ihr solltet diesen Mädchen am besten nichts von dem Renth geben«, sagte die Alte, die mit einem Brett wiedergekommen war, auf dem drei große Behältnisse standen. »Ich weiß nicht, was ihr ihnen bereits gegeben habt, aber, Sklavin oder nicht, man sollte mit so unschuldigen jungen Mädchen nicht alles anstellen.«

Nun brachen auch die Männer in Lachen aus, weshalb die Alte ärgerlich wieder gehen wollte. Nidisar rief ihr zu: »Einen Augenblick, gute Mutter! Wir entschuldigen uns für unser Benehmen und geben dir unser Wort, daß wir diesen – unschuldigen jungen Mädchen nichts von dem Renth geben werden. Vergibst du uns?«

»Wie könnte ich drei Schelmen wie euch nicht vergeben?« antwortete sie. »Mein Mann war genauso einer. Ich hole nun noch das Wasser für die Sklavinnen.« Damit entschwand sie wieder.

Die Männer widmeten sich dem Renth. Ich hätte auch gut einen Schluck oder zwei vertragen, aber nichts wurde mir angeboten. Selbst beim Trinken blieben die Männer wachsam. Sie ließen uns nicht aus den Augen. Unsere Leinen hatten sie an den Beinen des Tisches angebunden. Die Alte brachte das Wasser für uns herein, das wir aber verschmähten. Trotzdem ließ sie uns nicht in Ruhe. Nach einer Weile kehrte sie mit einem Topf zurück, der stark nach Krautern duftete. »Ihr Rücken muß versorgt werden«, sagte sie, auf mich deutend, »damit es keine Narben gibt. Wer macht es?«

»Gib her«, sagte Ceralt. Er trug etwas auf meinen Rücken auf, das so stark brannte, daß ich aufschrie und mich abwandte. »Die Salbe brennt etwas«, sagte die Alte, »aber sie tut gut. Du solltest sie dir auftragen lassen.«

»Nein, ich will nicht«, entgegnete ich. »Ich habe nie etwas von euch Städtern verlangt, und doch mehr bekommen, als ich wollte. Ich bin ich, und möchte so bleiben, wie ich bin.«

»Deine Wünsche spielen überhaupt keine Rolle mehr«, sagte Ceralt. »Dreh dich um!«

»Nein!« erwiderte ich und sah ihn so an, wie ich Bariose angesehen hatte, wohl wissend, daß er mit der Peitsche antworten würde.

Ceralt sah mich wütend an. Die Alte kam näher und sagte: »Mein Mann hätte ihr eine tüchtige Tracht Prügel verabreicht. Da sie euch beiden gehört, sagt mir, was soll sie bekommen: Eine Einreibung oder eine Abreibung?« »Eine Einreibung«, sagte Telion und stand auf. »Laß sie uns auf der Bank festbinden, Ceralt.«

»Ein guter Gedanke«, meinte Ceralt, und holte eine Bank herbei. Dann zogen mich die beiden Männer an den Armen hoch und befahlen: »Leg dich auf die Bank und halte dich gut fest.« Dabei löste mir Ceralt die Fesseln, aber ich war nicht in der Lage, meine Arme zu bewegen, sondern mußte vor Schmerz stöhnen.

»Was hast du?« fragte Telion. »Warum wirst du so blaß?« Ich antwortete nicht, sondern schämte mich, daß ich bei solch einem kleinen Schmerz meine Beherrschung verloren hatte. »Wie lange warst du so gefesselt?« fragte Ceralt mit zusammengekniffenen Augen.

»Ich weiß nicht«, antwortete ich. »Was spielt es für eine Rolle?« »Was spielt es für eine Rolle, fragt sie«, fuhr Telion auf und brüllte Ceralt an: »Sie glaubt, wir sind so brutal wie die Männer eurer Stadtwache.«

»Bis meine Männer wieder frei sind und deine Stadt sicher ist vor ihrem Angriff, sollten wir es vielleicht sein«, entgegnete Ceralt mit einem Achselzucken. »Kümmere du dich um ihren linken Arm.«

Er nahm meinen rechten Arm, bog ihn sanft, aber beharrlich nach vorn und begann ihn einzureihen. Langsam kehrte das Gefühl in ihm zurück, als ob ich von tausend Nadeln gestochen würde. Telion tat dasselbe mit meinem linken Arm.

Dann begann auch Nidisar Fayan einzureiben. Sie wehrte sich, aber er hielt sie an ihrem Halsband fest. Als ich meine Arme wieder etwas bewegen konnte, legten Telion und Ceralt mich auf die Bank und banden mich fest. Dann trugen sie etwas aus dem Topf mit dem Kräuterduft auf meinen Rücken auf und setzten sich wieder auf ihre Bank. Mein Rücken brannte wie Feuer, aber allmählich tat es doch gut.

Die Alte brachte mehr Renth herbei, und die Männer verhandelten mit ihr wegen der Nacht und etwas zu essen. Aus dem Gespräch, das sie dann führten, erfuhr ich, wie sie zusammengekommen waren. Nidisar hatte Ceralt auf der Suche nach meinen Kriegerinnen begleitet. Bei ihrer Rückkehr in die Stadt hatten sie von einem Fremden gehört, der sich nach ungewöhnlich aussehenden, hochgewachsenen, bewaffneten, halbnackten Weibern erkundigt hatte. So fanden sie Telion, der uns suchte, um uns von einem Angriff auf Ranistard abzuhalten. Vor seiner Freilassung hatte er gehört, wie in unseren Zelten der Name Bellinard erwähnt wurde.

Nidisar hatte von Pileths Leuten erfahren, wo wir waren. Bei unserer Gefangennahme war er nicht zugegen gewesen, denn er hatte versucht, Fayan zu verteidigen, und war dabei niedergeschlagen worden. Dann wollte er uns freikaufen, als wir feilgeboten wurden, aber die Silberstücke in seinem Beutel hätten noch nicht einmal für eine von uns gelangt. Mit den Silberstücken jedoch, die Telion für die Steine bekam, die wir unseren Sthuvad bei der Freilassung schenken, und dem Erlös, den Ceralt für einen Lengapelz erzielte, den Gimin ihm mitgegeben hatte für den Fall, daß er uns damit freikaufen müßte, hatte der Handel um Fayan und mich dann geklappt. Enttäuscht waren sie, daß unsere Schwesterkriegerinnen entkommen waren, denn sie hatten die Absicht, uns alle gegen die gefangenen Männer Ceralts und eine Versicherung, daß die Stadt Ranistard in Ruhe gelassen würde, einzutauschen. Was sie offensichtlich nicht wußten, war, daß meine Kriegerinnen in ihrem Bemühen, den Kristall der Mida wieder heimzuholen, nicht nachlassen würden, selbst wenn es das Leben ihrer Anführerin kostete. Keine Midanna würde das erwartet haben.

Selbst ich hätte sie bespuckt und keine Hosta mehr sein wollen, wenn sie es getan hätten.

Die Dunkelheit brach schon herein, als die Alte mit dem Essen erschien. Das Wasser lief mir im Mund zusammen, als ich das gebratene Lellin und die anderen köstlichen Dinge sah, die sie vor den Männern hinstellte, aber niemand von ihnen dachte daran, uns etwas abzugeben. Erst als sie das meiste auf gegessen hatten, lehnte sich Nidisar zufrieden zurück, blickte Fayan freundlich an, nahm ein Stück Braten in die Hand und sagte: »Beinahe hätte ich doch meine goldhaarige Sklavin vergessen. Hier hast du auch etwas.«

Er hielt es Fayan vor den Mund und heulte laut auf, als sie zubiß, allerdings nicht in das Fleisch, sondern in seine Hand. Telion und Ceralt lachten laut auf, und Ceralt sagte: »Hast du vergessen, daß unsere Sklavinnen rohes Fleisch bevorzugen?« »Auch ich bevorzuge rohes Fleisch«, sagte Nidisar und stand auf. »Komm, meine Sklavin«, meinte er, und zog Fayan an ihren Haaren hoch. »Wir haben noch etwas zu erledigen. Wenn ich dich das nächstemal füttere, wirst du sicher wissen, welches das richtige Fleisch ist.« Dann zog er die sich wild sträubende Fayan hinaus.