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»Daran habe ich gar nicht mehr gedacht«, entgegnete Nidisar nachdenklich. »Vielleicht sollte ich das Angebot annehmen.« Er kam zu mir herüber und baute sich vor mir auf. »Ich bin noch nicht fertig mit dem Essen«, sagte ich, »deshalb sollte Nidisar woanders warten. Möglichst in einem Stall mit Gandod, denn das ist der geeignete Platz für ihn.« »Was für ein Temperament!« sagte Nidisar, dann fuhr er fort: »Wie ich sehe, sitzt du hier mit gekreuzten Beinen, um zu essen. Fayan habe ich das nicht erlaubt, denn eine Sklavin sollte in der Gegenwart ihres Herrn knien. Deine Herren müssen wahrhaft großmütig sein.«

Offensichtlich wollte er Telion und Ceralt gegen mich aufbringen, deswegen lächelte ich nur schwach. »Du solltest besser auf deine Worte achtgeben«, warnte ich ihn. »Niemand weiß, was Mida vorhat. Sollten die Speere noch einmal um die Wette geworfen werden, wer weiß, wer dann der Sklave ist und wer der Freie.«

»Nun, bis dahin hat es noch Zeit«, sagte Nidisar. »Ich erlaube Fayan zum Beispiel auch nicht, ihren Schurz anzubehalten, wenn wir alleine sind. Angezogen rebelliert eine Sklavin viel eher, und das ist schlecht.«

»Davon habe ich auch schon gehört«, warf Ceralt nachdenklich ein. »Unsere Sklavin neigt tatsächlich sehr zur Rebellion. Was meinst du, Telion?«

»Solcher Rebellion muß vorgebeugt werden«, entgegnete Telion ernst. »Sie sollte sich ihr Recht auf Kleidung erst einmal verdienen.«

»Also ist es abgemacht«, sagte Ceralt. »Runter mit dem Schurz, Sklavin!«

Man sagt, daß es verschiedene Wege gibt, dem Lenga seinen Pelz abzunehmen, aber der eine ist angenehmer als der andere. Gefesselt mit drei starken Männern zu kämpfen, ist auch nicht gerade angenehm. Wenn eine Kriegerin unbewaffnet ist, fängt sie den Lenga am besten in der Falle. Deswegen warf ich den Rest meines Fleisches beiseite, legte mich in die weichen Felle zurück und sagte: »Vielleicht möchte Nidisar mir dabei behilflich sein?«

Nidisar sah mich verwirrt an, Telion schien erstaunt, und Ceralt runzelte verwundert die Stirn. Ich bewegte meine Hüften, so wie ich es bei der Sklavin in dem Zelt auf dem Jahrmarkt gesehen hatte. »Komm, Nidisar«, sagte ich, »ich kann mich doch nicht wehren. Ich bin gefesselt. Mach mit mir, was du willst.«

Ich weiß, daß ich den Männern gefalle, und daß sie mir kaum widerstehen können. So ging es Nidisar auch. Er kniete sich neben mich. Ich legte meine Hand auf seine breite Schulter, um ihn näher an mich heranzuziehen, da hielt mich Ceralt am Handgelenk fest.

»Für ihr Benehmen sollte sie nicht auch noch belohnt werden, Bruder«, sagte er zu Nidisar. »Sie war ungehorsam, also muß man sie bestrafen.«

»Ich werde sie bestrafen, sobald ich mit ihr fertig bin«, murmelte Nidisar.

»Nein«, sagte Ceralt und zog Nidisar von mir fort, »eine Sklavin muß umgehend für ihren Ungehorsam bestraft werden, sonst hat die Strafe keine Wirkung mehr, verstehst du.« Nidisar stöhnte und stand auf. »Hoffentlich ist meine eigene Sklavin jetzt bereit, eine Belohnung zu empfangen«, sagte er, »sonst muß ich sie bestrafen.« Damit eilte er aus dem Zelt. Ich wollte mich wieder aufrichten, aber Ceralt hinderte mich daran. Ärgerlich sagte er: »Ich werde es nicht dulden, daß du ungehorsam bist!« Mit diesen Worten drehte er mich herum, so daß ich auf dem Gesicht zu liegen kam, und zog meine Stammeskleidung herunter. Seine tastende Hand stellte fest, daß Nidisar mich erregt hatte, was seinen Ärger noch vergrößerte. Er drehte mich wieder herum und sagte: »Dieses Mal bin ich zuerst an der Reihe. Du wirst deinen Spaß an mir haben, Jalav. Doch, obwohl dich schon ein anderer angeheizt hat, mußt du noch etwas warten, denn es ist noch Renth da.« Ich schnaubte verächtlich, als er sich abwandte, und versuchte, meine Leine von dem Pfahl, an dem ich angebunden war, zu lösen, aber sie war außerhalb meiner Reichweite. Also mußte ich liegenbleiben, den Blicken der Männer preisgegeben, die gemächlich ihren Renth tranken und sich über mich unterhielten.

Als Ceralt fertig war, wischte er sich den Mund ab und kam zu mir. Diesmal zog er sich nicht aus, als er mich vor Telions Augen nahm. Anschließend war Telion an der Reihe, interessiert beobachtet von Ceralt. Das Bitterste war, zu sehen, wie die Männer sich an meiner Scham weideten. Schließlich löschten die Männer die Kerzen und legten sich an meinen Seiten zum Schlaf nieder. Während ich in die Dunkelheit starrte, kam mir der Gedanke, daß ich Mida vielleicht auf irgendeine Weise beleidigt hätte und nun auf diese Art dafür bestraft würde, ehe ich ihr wieder dienen durfte. Sollte dies der Fall sein, so wäre das Maß meiner Strafe aber bestimmt voll, denn wieder hatte ich unter Ceralt geschrien. Niemals würde ich ihm wieder in die Augen sehen können. Es dauerte lange, bis ich endlich einschlief.

9

Die Reisegesellschaft – und eine interessante Begegnung

Die Karawane bewegte sich nur langsam vorwärts, aber nicht so langsam, daß uns der Marsch keine Mühe gemacht hätte. Ich mußte wieder hinter den Kand von Telion und Ceralt herlaufen. Fayan neben mir hinter dem Kan von Nidisar. Wir hatten uns nur kurz angesehen, als wir uns am Morgen trafen, dann waren wir zu unseren eigenen traurigen Gedanken zurückgekehrt. Die Männer waren im ersten Morgengrauen aufgewacht. Telion hatte meine Leine so weit gelockert, daß ich selbst essen konnte. Aber ich war wütend, denn die Leine hatte mich zurückgehalten, so daß ich nicht an Telions Gewand herankam, um mich des kleinen Metallstückchens zu bemächtigen, um damit meine Fesseln zu lösen.

Als wir aus dem Zelt herauskamen, warteten die Kand der Männer bereits, zusammen mit einer großen Anzahl weiterer Männer, von denen einige Ketten trugen. Letztere hatten schnell die Zelte zusammengefaltet und sie auf ein Gefährt ohne Bedachung gelegt. Auch den Pfosten aus unserem Zelt vergaß man nicht mitzunehmen.

Mehr als sechsmal fünf Zelte wurden abgebaut, das konnte ich beobachten, ebenso, daß eine Gruppe junger Sklavinnen auf ein bedecktes Gefährt stiegen. Dann setzte sich die Karawane in Bewegung, begleitet von einer Anzahl bewaffneter Männer. Das Tageslicht, das hinter dichten Wolken hervorkam, war ebenso düster wie meine Stimmung. Jetzt zogen wir nach Ranistard, aber was nutzte es, wenn ich gefangen war? Als das Licht der Mida am höchsten stand, wurde Rast gemacht. Telion und Ceralt stiegen von ihren Kand ab und banden mich kniend an einen Baum. Meine Fesseln erlaubten es nur, die Hände bis in Hüfthöhe zu bewegen. Dann setzten sie sich mit Nidisar abseits und aßen von dem mitgebrachten Fleisch. Fayan war in der gleichen Weise wie ich fünf Schritt entfernt angebunden worden. Ich bedauerte es nicht, daß ich nicht mit ihr zusammen war, denn ich hätte ihr kaum Mut machen können. Nach einiger Zeit erregten einige Tierlaute meine Aufmerksamkeit. Zuerst hörte ich den Ruf eines Lellin, danach ertönte der Ruf eines Wrettan, der hoch oben in den Wipfeln nistet. Zunächst glaubte ich, ich hätte mich getäuscht, aber dann ertönten die Rufe dieser gefiederten Kinder der Wildnis erneut, und mich durchflutete große Freude. Ich schaute hinüber zu Fayan und sah, daß sie auch die Rufe gehört und verstanden hatte. Ich hob meine Arme, soweit es ging, und fragte sie in der geheimen Fingersprache der Midanna: »Siehst du sie?« Sie antwortete in der gleichen Weise: »Nein.«

Wir hatten beide die Erkennungsrufe der Hosta gehört, und doch konnten wir niemanden sehen. Ich sehnte mich nach dem Anblick meiner Kriegerinnen, doch war mir das Wissen um ihre Gegenwart Trost genug, um die grauen Wolken um mich zu verjagen. Mida hatte uns nicht verlassen! Die Männer, die weder etwas gehört noch gesehen hatten, kamen kurz darauf, um uns etwas Fleisch zu bringen. Ich hatte große Sorge, daß Fayan im Wissen, daß sie von den Hosta beobachtet wurde, sich wieder weigern würde, gedemütigt zu werden, und dadurch unabsichtlich ihre Gegenwart preisgab. Aber Fayan war eine tapfere und loyale Kriegerin, die selbst auf Kosten ihres Stolzes ihre Schwestern nicht verriet. Sie kniete vor Nidisar und aß ihm aus der Hand, widerstrebend zwar, aber gehorsam, und empfing dann mit geschlossenen Augen seine »Belohnung«. Als wir wieder aufbrachen, atmete ich erleichtert auf.